Autor Thema: Der SL muss sich an die Regeln halten, weil... je nun, weil was?  (Gelesen 153843 mal)

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Offline Erg

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Da der Nachbarthread inzwischen das ebenfalls interessante Thema "Railroading" behandelt, mach ich halt doch einen neuen auf... den Fünften oder Achten (ich habe den Überblick verloren), der diesen Themenbereich behandelt...

Im Nachbarthread wurde unter dem Blickwinkel diskutiert, daß die unten aufgeführten Punkte die Norm darstellen, und die Verfechter einer Abweichung von Dieser haben dargelegt (versucht, darzulegen), welche Vorteile mit der Abweichung verbunden sind (sein können), was dann von den verfechtern der Norm widerlegt (zu widerlegen versucht) wurde.

Die Norm:
1. Der SL muß sich an die Regeln halten
2. Regeln dürfen nur im Gruppenkonsens geändert werden

Mich würde interessieren, warum das die Norm sein soll.

Warum es die Norm ist, kann ich mir erklären. Warum es eine gute Idee sein soll, hingegen weniger.
Wie kommt man auf diese Idee ? Die meisten von uns dürften bereits in ihrer Kindheit mit den Spiele-"Klassikern" in Kontakt gekommen sein, darunter Memory, Mensch ärgere Dich nicht, Monopoly, Mühle, Dame, Halma, Maumau, Canasta etc. Und da haben sie gelernt, daß die Regeln für alle gelten, und man sie nicht einseitig ändern kann.
Was haben diese Spiele gemeinsam ? Es sind Wettkampf-Spiele, am Schluß gibt es einen Gewinner, der Rest hat verloren. Bei solchen Spielen ist "die Norm" sehr sinnvoll (unabdingbar, möchte ich sagen), schließlich sollen unterschiedliche Siegchancen bei Spielbeginn, wenn es sie überhaupt gibt, ausschließlich von unterschiedlichen Fähigkeiten der Mitspieler abhängen (möge der Beste gewinnen).
Nun ist Rollenspiel aber kein Wettkampfspiel (möglicherweise kann man es so betreiben, dann muß man am "klassischen" Grundkonzept aber gehörig rumbasteln), deswegen ist die Übertragung der "Norm" auch nicht durch einen Analogieschluß zu begründen (zumindest nicht durch einen Angemessenen).

Bevor ich angefangen habe, mich in den Gefilden des  :t: zu tummeln, bin ich nie auf die Idee gekommen, man könne fordern, der SL möge sich stets an die Regeln halten. Ich lasse ihm freie Hand beim Festlegen der Rahmenbedingungen der Regelanwendung. Welchen Sinn ergibt es da, ihn für die weiter Abhandlung des Geschehens den Regeln zu unterwerfen ? Das wäre, als würde ich meinem Gegner im Schach erlauben, die Figuren aufzustellen, wie es ihm gefällt, und dann streng nach FIDE-Regeln weiterspielen. Da werde ich nur sehr selten gewinnen. Wetteifern mit dem SL ist nun mal recht sinnlos.
Wetteifern mit anderen Spielern ist hingegen nicht so extrem selten (sagen mir meine Erfahrung und die immer wieder auftauchende Forderung nach "Balancing" zwischen Klassen oder Rassen). Es ist also durchaus sinnvoll, die Spieler den Regeln zu unterwerfen.

Nun stellt sich die Frage, wer diese Regeln festlegen soll. Die "Norm" sagt: Die Gruppe, und nur die Gruppe. Dann ist jeder Mitspieler daran beteiligt und alles ist gut, ansonsten ist alles schlecht. Das kann ich nicht so ganz nachvollziehen (ok, das ist gelogen. Ich kann es fast gar nicht nachvollziehen). Als Spieler unterwerfe ich mich den Regeln des Spiels, weil ich mitspielen will. Manche gefallen mir, andere sind ganz passabel und wieder andere finde ich schlicht bescheuert. Das hängt eigentlich in keiner Weise von der Quelle der Regeln ab. Eine schlechte Regel gefällt mir nicht besser, nur weil meine Gruppe sie beschlossen hat. Ich unterwerfe mich ihr, weil ich mitspielen will, oder lasse es bleiben und spiele nicht mit. Genau wie bei den Regeln, die sich irgendein Autor ausgedacht hat, oder ein SL oder meine große Schwester, wenn sie mir glaubhaft machen kann, sie könne die Regeleinhaltung durchsetzen.
Aber wenn das nicht die Gruppe macht, wo bleiben Spieler-Mündigkeit und Demokratie ? Wenn ich mich aus freien Stücken einer Situation unetrwerfe, in der über meinen Kopf hinweg entschieden wird, die ich aber jederzeit wieder verlassen kann, wenn mir die Entscheidungen nicht gefallen, ist das kein Aufgeben meiner Mündigkeit, sondern deren Ausübung. Und Demokratie mag als Herrschaftsform für Staaten ideal sein (das will ich hier nicht vertiefen), daß sie für die Entscheidung über Rollenspielregeln ideal sei, ist nicht so ohne Weiteres vorauszusetzen.

Deshalb: wie kommt man auf die Idee, die Einhaltung der "Norm" sei wünschenswert ? Welche Vorteile bringt sie im Spiel ?



Offline KhornedBeef

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Hä?
Also, die Norm sollte sein dass die Gruppe sich auf etwas einigt. Egal was. Die Gruppennorm sozusagen. Wer sollte das sonst bestimmen, wenn nicht die Gruppe selber.
Alles andere habe ich hier nur als kontrovers erlebt,d.h. die von dir beschriebene Norm mit den zwei Vorschriften sehe ich nicht.
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ErikErikson

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DIe Gruppe bestimmt ja eh. Der SL hat ja keine gesonderte Machtposition. Ich als Spieler habe persönlich null Bock, jede Regeländerung durchzuexerzieren und entweder durchzuwinken oder mein Veto abzugeben. Ich lasse den SL erstmal machen. Dennoch, wenns mir dann nicht passt, dann beschwer ich mich, geh heim oder sonstwas. Und dann kommts halt drauf an, wer sich in der Gruppe durchsetzt.

In der Realiät hat die Regierung Polizei und Armee, um mich auf Spur zu halten, die hat der SL nicht.

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Die Einigung, dass der SL die Regeln nach Belieben brechen darf, ist natürlich eine Sozialnorm der Gruppe. Insofern gehen moralische oder ethische Einwände komplett fehl. Zwei Gründe, weshalb Regelbrechen trotzdem problematisch sein kann:

1. (prozedurale) Fairness
Die Wahrnehmung von Fairness im gegenseitigen Umgang wird maßgeblich von Transparenz, klaren & konsistenten Regeln und einer Mitwirkung von allen Beteiligten geprägt. Der einseitige Regelbruch durch den SL verstößt zumindest mal gegen die klaren & konsistenten Regeln sowie die Mitwirkung aller Beteiligten. Wenn zudem noch verdeckt gewürfelt wird, kommt noch mangelnde Transparenz hinzu. Ein SL, der sich nicht an die Regeln hält, wird entsprechend schnell als "unfair" wahrgenommen. Daher kommen die ganzen Rufe nach "Spielleiter-Willkür". Das sind im Kern Vorwürfe an mangelnde Fairness.

2. Situationskontrolle
Wenn uns etwas stört, dann ist das noch nicht so schlimm. Schlimm wird es, wenn wir ein störendes Element nicht beseitigen können. Wenn wir keine Situationskontrolle haben. Ein SL, der die Regeln nach Gutdünken bricht, der wird in den Spielern jenes OHnmachtsgefühl mangelnder Situationskontrolle auslösen, welches Stress verursacht. Das mögen die Leute nicht und opponieren dagegen.

In beiden Fällen geht es um Fragen der Wahrnehmung, Werte und Priorisierung. Das ist der Grund für das große Spektrum persönlicher Präferenzen.

Offline Erg

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...
Also, die Norm sollte sein dass die Gruppe sich auf etwas einigt. Egal was. Die Gruppennorm sozusagen. Wer sollte das sonst bestimmen, wenn nicht die Gruppe selber.
...

 Zum Beispiel der älteste Mitspieler, oder meine große Schwester. Warum soll die Gruppe sich einigen ? (Ist ein anderes Verfahren derart undenkbar, daß meine Frage unverständlich ist ?)

...
Alles andere habe ich hier nur als kontrovers erlebt,d.h. die von dir beschriebene Norm mit den zwei Vorschriften sehe ich nicht.

Du wendest Punkt zwei aber an, und ich gehe davon aus, daß Du Punkt eins voraussetzt

Offline Issi

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Zitat
Bevor ich angefangen habe, mich in den Gefilden des  :t: zu tummeln, bin ich nie auf die Idee gekommen, man könne fordern, der SL möge sich stets an die Regeln halten. Ich lasse ihm freie Hand beim Festlegen der Rahmenbedingungen der Regelanwendung.


Dito- In keinem Regelwerk das ich je gelesen habe, in keiner Gruppe in der ich je gespielt hätte, wurde das so festgesetzt, nirgends.
Dieses Phänomen liest man nur im Internet. Es kommt mMn. nicht von den Autoren des Systems, die ja immer wieder betonen, das es unterschiedliche Spielstile gibt, und das man ihre Regelm diesem anpassen kann.*

Anhänger des "Der Spielleiter hat nix zu melden" präsentieren sich als neue Norm.
Und -auf Leute die dem SL mehr Freiheiten lassen, findet meiner Ansicht nach eine regelrechte Hatz statt.
Mit dem Ziel anzuzweifeln, abzuwerten und zu verunsichern.

So  etwas würde mir umgekehrt, und auch in dieser Art und Weise niemals einfallen.

Das es eine neue Norm ist, kann ich nicht bestätigen. Die meisten die ich kenne, machen Rollenspiel wie es
ihnen Spaß macht. Und das ist auch gut so.

Ps. Mir war immer klar, dass Wir mit dem SL zusammen eine Gruppe sind. Und sogut wie alles zusammen besprechen.
Aber das er immer, und zu allem das Einverständnis der Gruppe braucht, halte ich ein Bißchen für überzogen.

Achtung- ich wette jetzt kommt gleich die Inquisition........ ~;D


* Es mag Systeme geben, bei denen per Regeln festgelegt ist, dass der SL keine Entscheidungen ohne die Spieler treffen darf.
Wenn das so ist, dann kenne ich sie nicht, verzeiht mir.
Aber das impliziert ja nicht, dass ich mit den Systemen die ich kenne, automatisch falsch spiele.
Quasi: willkürlich, unmündig, regelfern, despotisch

« Letzte Änderung: 6.09.2016 | 15:44 von Issi »

Offline KhornedBeef

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Zum Beispiel der älteste Mitspieler, oder meine große Schwester. Warum soll die Gruppe sich einigen ? (Ist ein anderes Verfahren derart undenkbar, daß meine Frage unverständlich ist ?)
Ja, logo, darum auch "sollte". Dass de facto Leute bei grauenhaften Runden mit despotischer SL bleiben, ist mir klar. Aber eine aufgeklärte, gleichberechtigte Runde sollte eben aushandeln, was sie machen wollen, wie bei allem anderen.
Zitat
Du wendest Punkt zwei aber an, und ich gehe davon aus, daß Du Punkt eins voraussetzt
Ich wende Punkt zwei gerade jetzt an? Sorry, Faden verloren.
Und du kannst zwar davon ausgehen dass ich Punkt eins voraussetze, evlt. hast du das auch in einem anderen Thread bei mir lesen können, aber was hat das mit einer Norm zu tun? Ich bin ja nicht der Normenkönig.
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Luxferre

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Für mich ist das grundlegende Regelgerüst der kleinste gemeinsame Nenner in einer Gruppe.
Der Rest sind keine harten Fakten, sondern softe, teilweise sensible, teilweise scheißegale Vorlieben.

Ich mag es, wenn der SL sich an diese Grundregeln hält und nicht alle naslang etwas Unmögliches aus dem Zauberhut zieht.
Bei einmaligen Gegnern oder speziellen NSC ist mir das dann auch wieder egal, weil es immer etwas außer der Norm gibt. Passt scho.
Das funktioniert aber nur in einer Gruppe, wo Vertrauen und Freundschaft herrscht.

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Anhänger des "Der Spielleiter hat nix zu melden" präsentieren sich als neue Norm.
Und -auf Leute die dem SL mehr Freiheiten lassen, findet meiner Ansicht nach eine regelrechte Hatz statt.
Mit dem Ziel anzuzweifeln, abzuwerten und zu verunsichern.

Obwohl ich nachvollziehen kann, wie Du zu diesem Eindruck kommst, empfinde ich das als deutlich übertrieben. Das Tanelorn ist halt der Ort, an dem sich die meisten "Indievögel" versammeln. Das geht erstens einher mit gewissen Präferenzen und zweitens mit einem sehr ausgeprägten Selbstbewusstsein. Hier ist ausnahmsweise die Minderheit in der Mehrheit.

Es gibt jedoch diverse Leute im Forum, mich vielfach eingeschlossen, die zum hiesigen Forenmainstream kontroverse Positionen beziehen. Das ist möglich, auch in zentralen Fragen wie dem Spielstil. Natürlich weht Dir bisweilen ein ebenso rauer Tor wie vielstimmiger Chorus entgegen, wenn Du Dich weit weg vom Mainstream der Meinung des Forums bewegst. Aber das sollte wenig verwundern. Wenn Du im Stadion von St. Pauli stimmgewaltig Fanlieder des HSV trällerst, wirst Du auch keine ungetrübte Begeisterung erleben.

Hinzu kommt, und das ist nun wieder sehr threadrelevant: es ist ja erst die Beschäftigung mit diesen Themen, welche das Bewusstsein schärft. Wenn also jemand "da draußen" bestimmte Sachverhalte gar nicht reflektiert, wird ihm womöglich auch kein Mangel bewusst. Liest man ja hier im Thread schon mehrfach. Kein Wunder.
« Letzte Änderung: 6.09.2016 | 15:02 von Wellentänzer »

Offline 1of3

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Wir müssen hier einige Dinge beachten:

1.) Die SL ist eine Regel. Es gibt eine Regel, die sagt: Es gebe eine Position namens Spielleitung und wer diese Position inne hat, tue folgendes... Es gibt also zweifelsfrei Regeln, die eine SL niemals ändern kann. Wer sagt, die SL soll Regeln ändern können, hat eine eingeschränkte Idee von Regeln, wohl in etwa alles, was mit Würfeln zu tun hat.

Tatsächlich müssen wir Regeln so verstehen, wie wir Regeln immer verstehen, wenn wir über Spiele sprechen: Diejenigen Dinge, welche die Teilnehmenden tun sollen. Es ist also auch eine Regel, dass wer nicht SL ist, einen Charakter besitzt. Es ist Regel, wer eine Szene startet. Wer beschreibt, was in der Szene zu sehen ist. Usw.

Beachte, alle diese Regeln können wir ändern. Jeder kann zwei oder mehr Charaktere haben, wie in Ars Magica. Wir können zwei SLs haben mit unterschiedlichen Aufgabenbereichen oder wir machen was ohne SL usw.

Rollenspiele haben für gewöhlich auch als Regel, dass etablierte Fakten gültig sind.


2.) Rollenspiel ist ein Gespräch. Die Regeln sagen, wer welche Gesprächsanteile hat. Du darfst jederzeit einseitig davon zurücktreten, diese Rechte wahrzunehmen. Dies ist keine Änderung und kein Bruch der Regeln. Du kannst z.B. einen Charakter, der dir gehört, an jemand anderes ausleihen. Oder auswürfeln, was dein Charakter tut, obwohl du frei entscheiden dürftest.


3.) Ich habe schon gelesen, dass die SL über den Regeln stünde, weil sie doch z.B. sagt, was man gegen welche Schwierigkeit würfeln soll oder welche Werte NSCs haben. Nein. Wenn die Regeln sagen, dass die SL solches festlegen darf, ist dies eine Anwendung der Regeln. Es gibt Rollenspiele, wo die SL beides nicht darf. Dann darf sie eben nicht.


4.) Jeder am Tisch kann notwendig zu jedem Zeitpunkt die Bullshit-Karte ziehen, also ein Veto gegen jede beliebige Sache einlegen. Dies basiert darauf, dass das Spiel nur läuft, weil alle zustimmen. Dies ist nicht Teil der Regeln. Es bedeutet, dass die betreffende Person eine Nachverhandlung der geltenden Regeln fordert. Dies muss man der SL nicht zugestehen, da durch das konensuale Zustandekommen der Runde grundsätzlich jeder in dieser Position ist.


5.) Was nicht veröffentlicht ist, ist nicht gültig. Auch in diese Richtung meine ich Kommentare gelesen zu haben. Wenn ich mir also z.B. ausgedacht habe, Karl Heinz der Mörder ist, aber während des Abends umentscheide, dass doch Karl Gustav der Mörder war, kann dagegen niemand etwas sagen. Ich sollte allerdings sicher stellen, dass dies nach Lage der etabierten Fakten immer noch plausibel ist. Ansonsten wird wahrscheinlich jemand Bullshit callen.


6.) Wenn alle die Traglast-Regel immer ignoriert haben, ist sie nie Regel gewesen.
« Letzte Änderung: 6.09.2016 | 15:10 von 1of3 »

Chiungalla

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Es gibt zwei Alternativen zu "die Gruppe einigt sich". Dabei sei an dieser Stelle noch erwähnt, dass es unterschiedliche Arten gibt sich zu einigen. Das kann unter Umständen schon eine begründete Annahme aufgrund von langjähriger Erfahrung miteinander sein. Nur wird es halt peinlich, wenn man sich bei dieser Annahme vertut.

Auf jeden Fall ist die erste Alternative, dass der Spielleiter die Regeln nicht bricht.
Die zweite Alternative ist, dass der Spielleiter die Regeln bricht ohne das es ihm von der Gruppe erlaubt wurde.

Und bei der zweiten Alternative ist er halt einfach nur ein Mitspieler der sich bei einem gemeinsamen Spiel nicht an die Regeln hält. Und oft genug bricht er sie sogar noch heimlich ohne das Wissen der Spieler. Es gibt also nicht einmal eine reale Chance für die Spieler den SL rechtzeitig darauf hinzuweisen das sie das nicht okay finden. Natürlich kommt jetzt der eine oder andere und sagt "das gehört halt dazu" oder "das haben wir schon immer so gemacht", aber letztendlich ist das dann meiner Meinung nach einfach nur schummeln. Und es bleibt auch dann noch schummeln, wenn ich glaube damit den Spielspaß aller zu fördern. Das gibt bestenfalls mildernde Umstände. Und ich sehe auch nicht wie man sich da effektiv rausreden könnte. Dies gilt umso mehr, wenn die Spieler erwarten das die Regeln gelten und allgemeingültig sind.

Die verbleibenden Zweifel ob der Spielleiter nicht vielleicht doch ohne Mandat die Regeln brechen darf sind glaube ich einfach historisch gewachsen. Es hat (und vor allem hatte) in vielen Runden, Regelwerken u.s.w. einfach Tradition dem Spielleiter dieses Recht einzuräumen. Tradition ist aber selten ein gutes Argument für einen Standpunkt.

Am besten ist aber eh kurz darüber zu reden was die einzelnen Teilnehmer so wollen und erwarten. Spart einem am Ende viel Kummer nicht nur auf dieser Baustelle.

Offline Issi

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Zitat
Hinzu kommt, und das ist nun wieder sehr threadrelevant: es ist ja erst die Beschäftigung mit diesen Themen, welche das Bewusstsein schärft. Wenn also jemand "da draußen" bestimmte Sachverhalte gar nicht reflektiert, wird ihm womöglich auch kein Mangel bewusst.
Jeep.
Da hast Du wohl Recht.
Für jemanden von Außen wirkt das erstmal ziemlich fremd,
jetzt nicht nur für mich, wie Du siehst.

Aber Spaß macht es trotzdem.
Und man lernt jede Menge ;)


PS: Hier gibt es eine so Große Vielzahl von Rollenspielen, das man allgemeingültig gar nicht diskutieren kann.
Gerade deshalb bin ich verwundert. Und dachte auch es gibt hier mehr Toleranz.
Wenn ein bestimmtes System besagt: "Die SL ist ein weiterer Mitspieler, und Sowohl Spieler als auch SL kennen alle Regeln und dürfen nur zusammen darüber entscheiden. - Dann wunderbar! Und wenn es funktioniert noch besser!
Dann ist das etwas Neues, vielleicht ein noch nicht so bekanntes System was mir fremd ist.
Wenn nun aber ein Anhänger dieses Systems mir erzählt, dass ich total falsch und ungerecht spiele, bin ich etwas verdutzt. Da ich ja  ein ganz anderes System spiele, als er, mit anderen Regeln und einer anderen Gruppe und einem anderen Spielstil.

Ich muß doch nicht gleichspielen mit ihm um richtig zu spielen, oder?
Ich darf doch auch anders richtig spielen.





« Letzte Änderung: 6.09.2016 | 15:39 von Issi »

Offline Erg

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Die Einigung, dass der SL die Regeln nach Belieben brechen darf, ist natürlich eine Sozialnorm der Gruppe. Insofern gehen moralische oder ethische Einwände komplett fehl. Zwei Gründe, weshalb Regelbrechen trotzdem problematisch sein kann:

1. (prozedurale) Fairness
Die Wahrnehmung von Fairness im gegenseitigen Umgang wird maßgeblich von Transparenz, klaren & konsistenten Regeln und einer Mitwirkung von allen Beteiligten geprägt. Der einseitige Regelbruch durch den SL verstößt zumindest mal gegen die klaren & konsistenten Regeln sowie die Mitwirkung aller Beteiligten. Wenn zudem noch verdeckt gewürfelt wird, kommt noch mangelnde Transparenz hinzu. Ein SL, der sich nicht an die Regeln hält, wird entsprechend schnell als "unfair" wahrgenommen. Daher kommen die ganzen Rufe nach "Spielleiter-Willkür". Das sind im Kern Vorwürfe an mangelnde Fairness.

2. Situationskontrolle
Wenn uns etwas stört, dann ist das noch nicht so schlimm. Schlimm wird es, wenn wir ein störendes Element nicht beseitigen können. Wenn wir keine Situationskontrolle haben. Ein SL, der die Regeln nach Gutdünken bricht, der wird in den Spielern jenes OHnmachtsgefühl mangelnder Situationskontrolle auslösen, welches Stress verursacht. Das mögen die Leute nicht und opponieren dagegen.

In beiden Fällen geht es um Fragen der Wahrnehmung, Werte und Priorisierung. Das ist der Grund für das große Spektrum persönlicher Präferenzen.

zu 1. Der regeltreue SL garantiert aber keine prozedurale Fairness. Ich würde sogar sagen, daß die Anwendung von Regeln jeweils nur einen kleinen Teil der Prozedur bildet, die Festlegung der Rahmenbedingungen einen wesentlich größeren. Regeltreue beim SL schafft also u.U. nur die Illusion der Fairness. Dann könnte ich auch fordern, der SL möge sich beim Regelbrechen schlicht nicht erwischen lassen.

zu 2. Ob ich etwas Störendes ändern kann, ist aber auch bei einer Gruppenentscheidung nicht gesagt. Ich muß die Gruppe ggnfls. überzeugen. Ich könnte ggnfls. auch den SL überzeugen.

Ja, logo, darum auch "sollte". Dass de facto Leute bei grauenhaften Runden mit despotischer SL bleiben, ist mir klar. Aber eine aufgeklärte, gleichberechtigte Runde sollte eben aushandeln, was sie machen wollen, wie bei allem anderen...

Und warum sollte man wünschen, eine Gruppe möge aufgeklärt und gleichberechtigt sein ?

Nebenbei: es bleiben auch Leute bei ganz fabelhaften Runden mit "despotischer" SL
...
Ich wende Punkt zwei gerade jetzt an? Sorry, Faden verloren.
Und du kannst zwar davon ausgehen dass ich Punkt eins voraussetze, evlt. hast du das auch in einem anderen Thread bei mir lesen können, aber was hat das mit einer Norm zu tun? Ich bin ja nicht der Normenkönig.

Ich muß mich entschuldigen, mich nicht klarer ausgedrückt zu haben. Du kannst mir nicht folgen, ich kann Dir nicht folgen. Leider sehe ich im Moment nicht, wie ich das ändern kann.

Offline KhornedBeef

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zu 1. Der regeltreue SL garantiert aber keine prozedurale Fairness. Ich würde sogar sagen, daß die Anwendung von Regeln jeweils nur einen kleinen Teil der Prozedur bildet, die Festlegung der Rahmenbedingungen einen wesentlich größeren. Regeltreue beim SL schafft also u.U. nur die Illusion der Fairness. Dann könnte ich auch fordern, der SL möge sich beim Regelbrechen schlicht nicht erwischen lassen.

zu 2. Ob ich etwas Störendes ändern kann, ist aber auch bei einer Gruppenentscheidung nicht gesagt. Ich muß die Gruppe ggnfls. überzeugen. Ich könnte ggnfls. auch den SL überzeugen.

Und warum sollte man wünschen, eine Gruppe möge aufgeklärt und gleichberechtigt sein ?
[...]
Ich will eigentlich fast immer, dass Menschen aufgeklärt sind. Aber ich will mich nicht rausreden. Ich versuche das zu praktizieren und auch keine Leute an die Wand zu quatschen, wenn ich könnte. Aber wenn ich jetzt z.B. mit rollenspielfremden Kinder oder so Spiele, würde ich ja auch ein paar Sachen erstmal mit "ist so" erklären und dann später nochmal drüber reden lassen.
Ich wollte mich aber eigentlich damit davon abgrenzen, dass Leute einfach nicht wissen, dass man anders spielen kann, dass Leute Angst haben, aus ihrem einzigen Freundeskreis zu fliegen, das Leute finanziell abhängig sind vom SL usw. Dann kommen auch andere Normen zustande.
Zitat
Nebenbei: es bleiben auch Leute bei ganz fabelhaften Runden mit "despotischer" SL
Jo kann sein. Und wenn sich alle einen Despoten wünschen, passt das wunderbar in den Nachbarthread :)
Zitat
Ich muß mich entschuldigen, mich nicht klarer ausgedrückt zu haben. Du kannst mir nicht folgen, ich kann Dir nicht folgen. Leider sehe ich im Moment nicht, wie ich das ändern kann.
Ist irgendein kleineres Missverständnis und wir waren zu beschäftigt damit Standpunkte zu erklären. Ich wollte nur gesagt haben (in die Kerbe hauen ja auch andere) dass die wahrgenommene Norm ja vielleicht nicht so verbreitet ist.
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Offline Nebula

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Der SL soll sich an die Regeln halten, da diese für alle gelten.

Stell dir einen 100 Meter lauf vor und der SL stellt dir das Ziel 🏁 bereits bei 80 Meter auf weil er die Regeln bricht. Ist das dann trotzdem ein Erfolg mit verbundenem Glücksgefühl?  Oder der andere SL stellt das Ziel bei 120 Metern und legt dir noch Hürden auf die Rennbahn?

Das finde ich persönlich mist.

Regeln sind für alle gleich.

Sollte mir ein SL vorher sagen, dass er alles dreht und bricht um alles schwerer zu machen, würde ich es 1x testen und dann wohl aussteigen, falls sich mein Widerwillen bestätigt.

Offline sangeet

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Ich halte mich an die Regeln. (SL)  ...

Wobei ich auch schon mal anno 93 einen Spieler eine Probe hab so oft würfeln lassen, bis sie misslang .. im interesse der Geschichte. Das würde ich heute auch nicht mehr tun. (Hatte immer erschwerendere Situationen erfunden...) Naja er sollte gerettet werden.
Alles schließt Nichts mit ein.

Offline Issi

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Zitat
Jo kann sein. Und wenn sich alle einen Despoten wünschen, passt das wunderbar in den Nachbarthread.

Genau das ist doch das Problem. Es braucht nicht viel um als Despot zu gelten.......du musst nur einen Zentimeter weit links stehen...
Es reicht  schon, dass Du andeutest, eventuell auch alleine Dinge entscheiden zu dürfen, wenn es denn wirklich dringlich wäre, ........
und Tada!
Schon bist Du in der "Despoten"-schublade.
Auch wenn Du in Wahrheit  immer jedes noch so kleine Problem mit der Gruppe besprichst und ein überaus empathischer SL bist.
Zitat
Ich wollte mich aber eigentlich damit davon abgrenzen, dass Leute einfach nicht wissen, dass man anders spielen kann, dass Leute Angst haben, aus ihrem einzigen Freundeskreis zu fliegen,
Das Gleiche gebe ich gerne zurück. Da wird einfach mal ein Teufel an die Wand gemalt, und der ist wie tatsächlich schon gelesen habe "böse". Obwohl sich die Gruppen in der Spielpraxis, was den gegenseitigen Umgang Empathie und Wertschätzung angeht´, und da bin ich mir sicher, kaum unterscheiden würden.
« Letzte Änderung: 6.09.2016 | 16:40 von Issi »

Offline Bad Horse

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Mal ein Beispiel: In einer unserer Ars-Magica-Runden hat der SL entschieden, dass Zauber XY auf eine bestimmte Art und Weise nicht funktioniert - das war im Regelwerk schwammig ausgedrückt, also war die Entscheidung okay. Ich hätte das zwar gern so gemacht, aber wenn es nicht geht, dann geht es nicht. Dann kam Spielerin B., in die der SL verknallt war, und auf einmal funktionierte Zauber XY doch auf diese Art und Weise. Das fand ich nicht mehr okay.

Warum? Der SL darf doch auslegen, wie der Zauber funktioniert? Klar, darf er. Aber die tiefer liegende Regel sagt: Alle Zauberregeln gelten für alle Charaktere gleichermaßen. Wenn A mit Creo Corpus und einem erfolgreichen Wurf ein Knochenschwert erschaffen kann, dann darf das auch B. Und diese Regel wurde hier gebrochen, und das war nicht okay.

Das sind die Regeln, die der SL nicht brechen sollte. Das Regelwerk liegt nicht ohne Grund da, es dient als Basis der möglichen und nicht-möglichen Handlungen, und als Basis dessen, was ich als Handlungsspielraum für meinen Char ansehe. Wenn diese Basis nach Gutdünken verändert wird, ist das nicht okay. Schon gar nicht, wenn es je nach Spielerverändert wird.

Mir ist klar, dass das vermutlich keiner der "SL soll Regeln ändern können"-Vertreter so propagiert. Das ist aber der Hintergrund, warum ich sehr, sehr mißtrauisch gegenüber unilateralen Änderungen bin.
Zitat von: William Butler Yeats, The Second Coming
The best lack all conviction, while the worst are full of passionate intensity.

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Ein Pao ist eine nachbarschaftsgroße Arztdose, die explodiert, wenn man darauf tanzt. Und: Hast du einen Kraftsnack rückwärts geraucht?

Offline Bad Horse

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Äh, noch mal ne ketzerische Frage: Warum muss sich denn der Spieler an die Regeln halten?  ;)

Ich meine, der könnte doch auch zur Steigerung der Spannung mal ignorieren, dass er jetzt eigentlich gnadenlos verkackt hätte, oder?
Zitat von: William Butler Yeats, The Second Coming
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Korrekter Imperativ bei starken Verben: Lies! Nimm! Gib! Tritt! Stirb!

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Offline Skele-Surtur

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Die Spielleitung muss sich im allgemeinen an die Regeln halten, damit die Spielwelt konsistent ist. Das ist bitter notwendig, damit man erfahrungsbasierte Erfolgs- und Misserfolgsprognosen abgeben kann, was wiederum notwendig ist, um als Spieler handlungsfähig zu bleiben.

Ein zu diskutierendes Recht, die Regeln zu ändern liegt nach meiner Wahrnehmung dann vor, wenn die Regeln ihren Zweck nicht erfüllen, eine Situation nicht geregelt ist, bzw. die Anwendung der Regel zu einem spielstilunkompatiblen Ergebnis führt.

Das ist mMn ersten eingängig und andererseits trivial. Natürlich kann die Regel auch lauten: "Der SL macht, was er gerade für richtig hält". Aber erfahrungsgemäß können 99% der Spielleiter damit gar nicht umgehen und es kommt in erster Linie Mumpitz dabei heraus. Daher liegt meine Standardeinstellung immer auf "Alle Regeln gelten immer für alle"  und das wird erst geändert, wenn ich mir sicher bin, dass der SL das handhaben kann.
Doomstone ist die Einheit in der schlechte Rollenspiele gemessen werden.

Korrigiert meine Rechtschreibfehler!

Offline Maarzan

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Der Spielleiter muss sich an die Regeln halten, weil es zwischen anständigen, wohlsozialisierten Leuten üblich ist Vereinbarungen offen auszuhandeln und dann auch einzuhalten.
Und bis auf seine extra zugewiesene Rolle ist auch der Spielleiter nur ein weiterer Spieler am Tisch. Das Gewicht seines besonderen Aufwands liegt dann in seinem Extragewicht, wenn die Startvereinbarungen diskutiert werden - oft genug direkt von ihm schon so vorgeschlagen. Danach ist er aber eben genauso an sein Angebot (was dann geschriebene Regeln plus erklärte Hausregeln beinhaltet) gebunden wie seine Mitspieler.
Storytellertraumatisiert und auf der Suche nach einer kuscheligen Selbsthilferunde ...

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Aber die tiefer liegende Regel sagt: Alle Zauberregeln gelten für alle Charaktere gleichermaßen. Wenn A mit Creo Corpus und einem erfolgreichen Wurf ein Knochenschwert erschaffen kann, dann darf das auch B. Und diese Regel wurde hier gebrochen, und das war nicht okay.

Das sind die Regeln, die der SL nicht brechen sollte.

Genau. Und weshalb ist Frau Pferd dann so sauer? Weil sie unfair behandelt wurde. Es gab 1. keine situationsübergreifend klaren & konsistenten Regeln, 2. war die Lösung intransparent (vermutet wurde, dass der SL aufgrund persönlicher Gefühle entschieden hatte - aber das blieb nebulös) und 3. bestand unzureichender eigener Einfluss auf die Entscheidung. Wird es nun klarer, Erg?

Offline Erg

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Wir müssen hier einige Dinge beachten:

1.) Die SL ist eine Regel. Es gibt eine Regel, die sagt: Es gebe eine Position namens Spielleitung und wer diese Position inne hat, tue folgendes... Es gibt also zweifelsfrei Regeln, die eine SL niemals ändern kann. Wer sagt, die SL soll Regeln ändern können, hat eine eingeschränkte Idee von Regeln, wohl in etwa alles, was mit Würfeln zu tun hat.

Tatsächlich müssen wir Regeln so verstehen, wie wir Regeln immer verstehen, wenn wir über Spiele sprechen: Diejenigen Dinge, welche die Teilnehmenden tun sollen. Es ist also auch eine Regel, dass wer nicht SL ist, einen Charakter besitzt. Es ist Regel, wer eine Szene startet. Wer beschreibt, was in der Szene zu sehen ist. Usw.

Beachte, alle diese Regeln können wir ändern. Jeder kann zwei oder mehr Charaktere haben, wie in Ars Magica. Wir können zwei SLs haben mit unterschiedlichen Aufgabenbereichen oder wir machen was ohne SL usw.

Rollenspiele haben für gewöhlich auch als Regel, dass etablierte Fakten gültig sind.


2.) Rollenspiel ist ein Gespräch. Die Regeln sagen, wer welche Gesprächsanteile hat. Du darfst jederzeit einseitig davon zurücktreten, diese Rechte wahrzunehmen. Dies ist keine Änderung und kein Bruch der Regeln. Du kannst z.B. einen Charakter, der dir gehört, an jemand anderes ausleihen. Oder auswürfeln, was dein Charakter tut, obwohl du frei entscheiden dürftest.


3.) Ich habe schon gelesen, dass die SL über den Regeln stünde, weil sie doch z.B. sagt, was man gegen welche Schwierigkeit würfeln soll oder welche Werte NSCs haben. Nein. Wenn die Regeln sagen, dass die SL solches festlegen darf, ist dies eine Anwendung der Regeln. Es gibt Rollenspiele, wo die SL beides nicht darf. Dann darf sie eben nicht.


4.) Jeder am Tisch kann notwendig zu jedem Zeitpunkt die Bullshit-Karte ziehen, also ein Veto gegen jede beliebige Sache einlegen. Dies basiert darauf, dass das Spiel nur läuft, weil alle zustimmen. Dies ist nicht Teil der Regeln. Es bedeutet, dass die betreffende Person eine Nachverhandlung der geltenden Regeln fordert. Dies muss man der SL nicht zugestehen, da durch das konensuale Zustandekommen der Runde grundsätzlich jeder in dieser Position ist.


5.) Was nicht veröffentlicht ist, ist nicht gültig. Auch in diese Richtung meine ich Kommentare gelesen zu haben. Wenn ich mir also z.B. ausgedacht habe, Karl Heinz der Mörder ist, aber während des Abends umentscheide, dass doch Karl Gustav der Mörder war, kann dagegen niemand etwas sagen. Ich sollte allerdings sicher stellen, dass dies nach Lage der etabierten Fakten immer noch plausibel ist. Ansonsten wird wahrscheinlich jemand Bullshit callen.


6.) Wenn alle die Traglast-Regel immer ignoriert haben, ist sie nie Regel gewesen.

Zweifelsohne sind alle von Dir Angeführten interessante und bedenkenswerte Punkte. Ich bin aber kein Freund übermäßiger Begriffsaufweichung. Letztlich kann ich jedes Merkmal eines Spieles als Regel auffassen (z.B. daß Rollenspiel ein Gespräch sein möge), und in manch einem Kontext mag das nützlich und erhellend sein. Hier nicht. Ich gehe davon aus, daß die Grenzen des hier von mir verwendeten Regelbegriffs im Kontext der bisher zu diesem Themenbereich geführten Diskussion hinreichend klar sind, sich sinnvoll mit meiner Fragestellung und meinen Bemerkungen dazu auseinanderzusetzen. Natürlich kann ich mich diesbezüglich irren, allerdings bezweifle ich stark, das eine Ausweitung des Begriffs die Sache dann besser macht. Sollte ich jemals eine wissenschaftliche Abhandlung zu diesem Thema verfassen, werde ich natürlich Begriffsdefinitionen mitliefern. Wenn ich mal viel Zeit habe, und mir gar nichts Besseres einfällt, formuliere ich meinen Eingangsbeitrag vielleicht unter Verwendung Deines Regelbegriffs um. Not anytime soon.

Offline Issi

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Zitat
Mir ist klar, dass das vermutlich keiner der "SL soll Regeln ändern können"-Vertreter so propagiert. Das ist aber der Hintergrund, warum ich sehr, sehr mißtrauisch gegenüber unilateralen Änderungen bin.
Das verstehe ich gut.
Klingt auch echt kitschig.
Wenn ich mal die Regel- Entscheidung eines Spielleiters erlebt habe, dann immer nur dann, wenn sie absolut nötig waren.
Wenn die Regeln nicht funktionierten. Das wurde auch von den Spielern so abgesegnet. Die hätten ja auch sagen können, oh wie blöd!
Was sie im Zweifelsfall auch lautstark tun würden.- Und dann wäre auch diskutiert worden. Aber es hatte alles Hand und Fuß und machte Sinn.
Fairness und Regeln sind mir auch super wichtig.
Und ich finde auch jeder SL sollte sie einhalten, so gut wie nur möglich. Wenn ich jedoch sagen würde immer, wäre das für mich schlichtweg unrealitisch. Weil kein Regelmacher alle Eventualitäten im Kopf haben kann.
Deshalb muß als SL auch meinen gesunden Menschenverstand gebrauchen dürfen.
Und wenn es gar nicht anders geht. Z. B. mitten im Abenteuer, auch mal alleine entscheiden.
Außerdem muß er eine gewisse Freiheit in der Abenteuergestaltung haben.

Zitat
Die Spielleitung muss sich im allgemeinen an die Regeln halten, damit die Spielwelt konsistent ist. Das ist bitter notwendig, damit man erfahrungsbasierte Erfolgs- und Misserfolgsprognosen abgeben kann, was wiederum notwendig ist, um als Spieler handlungsfähig zu bleiben.

Ein zu diskutierendes Recht, die Regeln zu ändern liegt nach meiner Wahrnehmung dann vor, wenn die Regeln ihren Zweck nicht erfüllen, eine Situation nicht geregelt ist, bzw. die Anwendung der Regel zu einem spielstilunkompatiblen Ergebnis führt.

:d Sehe ich genauso, Danke!

Zitat
Der Spielleiter muss sich an die Regeln halten, weil es zwischen anständigen, wohlsozialisierten Leuten üblich ist Vereinbarungen offen auszuhandeln und dann auch einzuhalten.
Das stimmt. Und was die Verhaltens- Regel betrifft, zählt auch der "Gruppenvertrag." Wenn da drin steht, dass die SPL nicht wollen, dass der SL auch alleine Regelbrechen darf. Dann darf er es laut Gruppenvertrag nicht. Punkt.
Wenn die Gruppe ihm dieses Recht aber nicht ab sondern sogar zuspricht, dann darf er es. Dann ist es die Regel.Punkt.*

Wenn Du mich jetzt fragst was von beiden die Norm ist, sagt mein persön. Umfeld das Zweite. - Die haben sich über das erste auch  mal richtig aufgeregt. Und sagen so Quatsch! Du musst uns doch nicht für jeden Schei* um Erlaubnis fragen! Du bist der Spielleiter!
(Hauptsache Spannung, Spaß und gute Aktion)
Ich hab mir auch schon anhören müssen: "Würfel gefälligst verdeckt, das weiß meine Figur nicht. Und ich wills auch nicht wissen! ;D


* So und jetzt kommt meine Frage: Ich suche nämlich nach dem Despoten? Wo ist der denn jetzt?

Mein Fazit bis jetzt: DER SL MUSS SICH AN DIE REGELN HALTEN WEIL?...........Es im Gruppenvertrag steht.

Und warum steht es im Gruppenvertrag?...................................Weil die Spieler nicht wollen, dass der SL mehr Recht hat als ein Spieler
Und warum soll der SL nicht mehr Rechte haben als die Gruppe?.................weil er diese Rechte missbrauchen oder falsch einsetzen  könnte.


« Letzte Änderung: 6.09.2016 | 18:23 von Issi »

Offline 1of3

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Letztlich kann ich jedes Merkmal eines Spieles als Regel auffassen (z.B. daß Rollenspiel ein Gespräch sein möge)...

Korrekt. Und um das anders zu sehen, bist du irgendwie 10 Jahre zu spät, denn das Problem ist nämlich, wenn jemand dir sagt, die SL dürfe die Regeln nicht brechen, benutzen sie in etwa diesen Regelbegriff. Spätestens seit mal jemand gesagt hat: System is means by which we negotiate the contents of the shared imaginary space.