Wenn ich einen Charakter wähle, denn ich nicht gerne spiele, bzw. es mir unangenehm ist, diesen darzustellen, warum spiele ich ihn dann?
Siehst du und
genau hier ist das Missverständnis das ich ansprechen möchte. Es geht eben nicht darum, dass ein Spieler etwas spielen soll, dass er nicht spielen möchte. Darüber müssen wir in meinen Augen keine Sekunde reden, das ist für mich absolut selbstverständlich.
Mir geht es um eine in meinen Augen falsch aufgefasste Notwendigkeit, dass der Spieler getestet werden muss anstatt dem Charakter. Sowohl bei neuen Spielern aber ganz ganz ganz besonders oft bei Hardcore-Rollenspielern™ erlebe ich es so, dass nicht der Charakter sondern eben der Spieler getetestet wird.
Wenn der Spieler gefordert wird ("Du als Spieler musst mich als SL überzeugen durch diese Tür zu kommen") dann hat dieses Extrem für mich nichts mit dem Rollenspiel zu tun, das ich spielen oder leiten wollen würde. Klar muss sein - in der Realität wird der Spielleiter normalerweise die Rolle bei seiner Entscheidung immer noch berücksichtigen, sie tritt aber ganz stark in den Hintergrund bis sie in manchen Runden irrelevant wird. Das ist auch kein theorethisches Gebrabbel, so etwas kommt wirklich vor: Minimale Sozialwerte - erreicht mehr in sozialen Aktionen als alle anderen am Tisch. Genau das Extrem hatten wir gerade in einem anderen Forum zur Diskussion.
Wenn der Charakter gefordert wird ("Dein Spielercharakter besitzt die Fähigkeiten den Nichtspielercharaktere zu überzeugen - würfel") dann kann auch ein Spieler, der kein keine Argumente ausformulieren möchte, die fiktive Aktion begründen. Eine erfolgreiche Probe rechtfertigt dann seine Handlung. Klar muss sein - auch hier wird der Spielleiter umgekehrt die Beschreibung miteinfließne lassen: "Bring dich um" wird er anders handhaben als "Lass mich durch diese Türe", im Gegensatz zum anderen Spielstil steht hier aber die Befähigung des Charakters (Werte) im Vordergrund.
Keiner der beiden Spielstile hat ins Extreme getrieben für mich etwas mit Rollenspiel zu tun. Entweder man berücksichtigt nicht den "Spiel"-Teil oder den "Rollen"-Teil. Beide Extreme habe ich aber schon erlebt und werden leider manchmal als einzig wahre Art das Spiel zu spielen propagiert. Wir halten fest: Beides kann gespielt werden, beides kann Spaß machen und Mischformen mit unterschiedlichen Gewichtungen für eines der beiden dürfte dem Spielstil der meisten Runden entsprechen, vor allem auch je nach System. Wenn man also alles spielen kann ist es ja nur interessant darüber zu reden wie es jemand mit einem anderen Stil so macht und warum es bei ihm eben auch funktioniert.
Gerade bei Sozialcharakteren erlebe ich es so häufig wie in keinem anderen Aspekt, dass aber der Spieler getestet wird, selbst wenn man sich in anderen Aspekten mehr auf die Fähigkeiten des Charakters verlässt (Viele meinen zu wissen wozu man wen überreden kann, aber wenige maßen sich an zu wissen wie Magie oder ein Schwertkampf in einem System nun genau funktioniert). Oft höre ich dann "Ich
kann das nicht spielen" - mit der Erwartungshaltung, dass der Spieler eben getestet wird. Wie handhaben ich das also in meinen Runde: Ich erkläre den Spielern klar davor, dass die Fähigkeiten eines Charakters wichtig sind und an einen Sozialcharakter die selben Anforderungen gestellt werden wie an alle anderen Rollen und umgekehrt aber auch nicht mehr! Ich erwarte von einem Spieler der einen Sozialcharakter spielt nicht mehr Ausschmückung als von jemanden der mit seinem Hammer Orks totknüppelt.
Was ist also geschehen als wir tatsächlich begonnen haben uns vom "Teste den Spieler" zu lösen? Plötzlich hatten Spieler Spaß an Sozialcharakteren die diese nicht "spielen konnten" und manchmal auch "nicht wollten." Denn was manche Spieler nicht wollten war das stundenlange Monologe halten, das von anderen Spielern exzerziert wird und nicht der Sozialcharakter und seine Fähigkeiten in der Spielwelt. Ich begann auch die vielplappernden Spieler mal zu stoppen wenn sie grade im Redefluss waren und ihr Charakter das aber nicht tun würde und lies sie würfeln. ... Tada... plötzlich haben auch die leiseren Spieler sich mehr zu Wort gemeldet. Mir hat das leiten mehr Spaß gemacht und den Spielern hat das spielen sichtlich mehr Spaß gemacht.
Man kann sich Mühe geben, jeder so gut er eben kann.
Ich bin halt dafür, dass jeder soviel Charakterspiel beiträgt wie es ihm Spaß macht
Genau hier sehe ich nämlich den Unterschied zwischen deiner und meiner Einstellung. Ich kann einen Schauspieler am Tisch haben, der vielleicht keinen Bock hat Charakterspiel hat.
Könnte er vielleicht besser als jeder andere am Tisch. Es ist mir aber egal wenn ich das Gefühl habe er trägt für mich trotzdem etwas bei. Vielleicht hat der am Dungeon Crawl Kämpfen Spaß und wenn das für mich vereinbar ist mit dem Spiel das ich leiten will sehe ich kein Problem darin.
Edit: TL;DR, Wems zu lang war: Boba Fett hats in wenigen Worten genauso auf den Punkt gebracht.