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Rumpels dumme Fragen zur OSR
Achamanian:
--- Zitat von: Kriegsklinge am 2.11.2016 | 08:16 ---
Ich persönliche mag OSR-Spiele hauptsächlich wegen der "anything goes"-Ästhetik. Ebenso wie Regeln waren damals auch die Welten wild zusammengewürfelt, und so ein Fantasy-SF-Horror-Pulp-Surrealismus-Lovecraft-Hillbilly-Mix ist einfach mehr meine Idee von Fantastisch als Tolkien pur oder Ritterfilm-Mittelalter plus Elfen. An den Regeln gefällt mir, dass sie einfach sind und tatsächlich viel Flexibilität erlauben. Man kriegt mit diesen Regeln relativ leicht ein gemeinsames Fabulieren hin, in dem alle Elemente Platz finden und keine Spielerhandlung und keine Settingidee ausgeschlossen ist, eben gerade weil die Regeln darauf verzichten, das Spiel sehr stark zu lenken und zu formen, also zB die Spieler zu animieren, bestimte Themen oder eine gewisse Dramaturgie zu verfolgen.
--- Ende Zitat ---
Dein erster Punkt ist ja genau auch das, was mir an der OSR Spaß macht bzw. mich anzieht. Ich frage mich aber, und und wie viel das etwas mit den Regeln zu tun hat oder ob es nicht eher daher kommt, dass einfach die Assoziation "Frühzeit des Rollenspiels = anything goes, weil man wusste eh noch nicht so genau, welche Klischees gelten und welche nicht, konnte frei Schnauze einführen, was einem passt, und hat notfalls irgendeinen Würfelwurf dafür festgelegt."
Den zweiten Punkt - Regeln ermöglichen gut ein gemeinsames Fabulieren, weil sie nicht so viel abdecken - erkenne ich so aber erst mal nicht. Denn dem wenigen abgedeckten steht ja andererseits eine ungeheure Enge des durch die RAW erlaubten an anderer Stelle entgegen. Zaubern können halt nur die und die Klassen, und zwar nur die und die Zauber, und ich habe zwar inzwischen verstanden, dass nicht nur Diebe schleichen können, aber wenn nur Diebe die Fertigkeit dafür haben und alle anderen irgendwas würfeln, was die SL spontan festlegt, dann ist die SL ja ganz massiv in der Verantwortung, dass die Spotlightwünsche des Diebspielers nicht total der allgemeinen Willkür zum Fraß vorgeworfen werden.
Kurz: Wahnsinnig viel frei Schnauze ist ja schön und gut, aber wahnsinnig viel frei Schnauze und ein paar Sachen in totaler Regel-Engführung? Okay, das hat natürlich auch was (vielleicht das, was du mit "Collagenartig" ansprichst) - durch das Zusammenstecken disparater Elemente und relativ willkürlich auf den Raum der Fiktion verteilter Elemente kommt irgendwie immer wieder Schräges und Unerwartetes zustande. Leuchtet mir ein. Gleichzeitig ist gefühlt sehr wenig Raum dafür da, die Kernelemente an eine geringfügig andere Vorstellung anzupassen. Zwerge, die Zaubern? Gibt's nicht. Zumindest nicht als SC.
Weiß nicht, bin da sehr hin- und hergerissen zwischen dem Charme von: "Hier habt ihr ein paar Einschränkungen und einen großen Haufen Macht-was-ihr-wollt, generiert was daraus, das so verrückt sein darf, wie ihr wollt!" Andererseits wüsste ich z.B. nicht, wie ich Labyrinth Lord für mein Heartbreaker-Setting aus dem anderen Thread hier verwenen sollte, ohne die kompletten Regeln neu zu schreiben.
Ich sehe mir gerade im Vergleich wieder OpenQuest an, das ja was Ähnliches für BRP macht, und vielleicht ist der Unterschied, dass bei dem alles irgendwie geht, wenn man es plant und will, während bei der OSR alles Mögliche geht, ob man es jetzt gerade geplant hat oder nicht. Die offene Generierung bei OpenQuest regt zum eigenen Vorkonzeptionieren an, die festen Klassen bei der OSR, einfach mal was zu nehmen und im Spiel herauszufinden, was das jetzt kann und macht.
Vielleicht hat die Anything-Goes-Ästhetik der OSR also irgendwie doch was mit den Regeln zu tun. Allerdings glaube ich, dass es sich in Wirklichkeit gar nicht so sehr um eine "Alles-ist-erlaubt"-Ästhetik handelt, sondern um eine "Allerlei ist erlaubt, und Allerlei nicht"-Ästhetik, die einen durch die Mischung aus Offenheit und Einschränkungen vielleicht sehr anregen kann, die einem aber auch große Steine in den Weg legt, wenn es darum geht, bereits vorhandene Konzepte umzusetzen.
Wandler:
Warum geht Anything goes nicht in jedem System?
Achamanian:
--- Zitat von: Wandler am 2.11.2016 | 11:43 ---Warum geht Anything goes nicht in jedem System?
--- Ende Zitat ---
Na ja, geht natürlich irgendwie in jedem System, die Systeme machen es einem halt unterschiedlich schwer oder einfach.
Ich vermute aber auch, dass die Anything-Goes-Ästhetik eben mehr mit der nostalgischen Erinnerung an eine Zeit, weil alles noch ging, weil die Bilder im Kopf noch nicht so klar verfestigt waren, zu tun hat, die dann eben von vielen mit den OSR-Regeln assoziiert wird, und weniger damit, dass die OSR die denkbar beste Anything-Goes-Werkzeugkiste darstellt.
Chruschtschow:
@Rumpel:
Sehe ich ähnlich. Wenn ich ein OSR-System zur Hand nehme, dann rutsche ich immer schnell in dieses verklärte Nostalgiegefühl, "wie wir früher mal gespielt haben". Unabhängig davon, ob wir das wirklich so machten. Spiele ich es aber, zwackt es an allen Ecken und Enden. LL habe ich begeistert gelesen und drin geschwelgt, es dann mal gespielt und das Regelheft danach im Rollenspieltreff für den nächsten liegen lassen. Mit BtW geht's ein bisschen besser, aber selbst da empfinde ich das bisschen Systemrumpf nicht gerade als Unterstützung. Und bei DCC wende ich mich ob des Würfelarmageddons angewidert ab. ;)
Ich hatte schon den Eindruck, dass Spieldesign damals kein großes Thema. "Oh, wir wollen, dass Gefolgsleute manchmal auch weglaufen. Geben wir ihnen einen Moralwert und würfeln mit 2W6 drunter." Ein Blick auf andere Würfelmechaniken im System? Ach was. Und das zieht sich in einem durch. Da ist nichts vereinheitlicht, alles erscheint - und so passt es auch gut zu den kolportierten Anekdoten, wann wie wo sich die Leute trafen und wie sie spielten - wie ein zusammengekritzelter Haufen Hausregeln.
Also für mich ganz klar: OSR ist ein Spielgefühl, die Regeln sind da eher was zweitrangiges. Leicht und anpassbar sind dann für mich die beiden Hauptkriterien.
Kowalski:
OSR ist halt das Gefühl wenn man als Werkzeug nur einen Hammer hat, dann ist die Welt voller Nägel.
Und man kann virtuos mit dem Hammer umgehen, da geht vieles.
Nur haben wir einen Haufen Werkzeuge hinzuerfunden. Jetzt haben wir den Luxus auch mal Schrauben oder Baumstämme verarbeiten zu können.
Es ist spezialisierter, oft elegenter, weniger einengend.
Aber ab und zu möchte man trotzdem mit Gusto drauflos hämmern was das Zeug hält.
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