Autor Thema: Abenteuer bodenständiger (weniger pulpig) machen  (Gelesen 8192 mal)

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ErikErikson

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Edit: Auf Tartex Wunsch habe ich den Titel geändert. Vorher ging es darm, Cthulhu Abenteuer "puristischer" zu machen.

Viele Cthulhu Abenteuer sind mit schändlichen pulpigen Anteilen durchzogen. Um diese dennoch puristisch (realistischer, bodenständiger)  zu spielen, hier einige Tipps:

-Positive Magie, also alle Magie, mit der man Mythosrituale verhindern kann, Gutes tun kann, aktiv gegen dem mythos kämpfen kann ohne Sanityverlust usw. sollte reine Scharlatanerie sein und nicht funktionieren

-Mythosbücher die Sanity-Verlust und Cthulhu Mythos geben, sollen dies erst tun, wenn man sie eingehend studiert hat. Dazu sind Wochen und Monate nötig. Also den Sanityverlust nicht für einmaliges Durchblättern vergeben.

-nicht mehr als ein Mythoswesen/ein großer Alter pro Abenteuer, nicht mehr als zwei pro Kampagne
 
-Kämpfe möglichst vermeiden, normale Reaktionen der Umwelt (Polizei, Wunden, Aufmerksamkeit der Kultisten) miteinbringen

-Kultisten sollten eine nachvollziehbare Motivation haben und als normale Menschen dargestellt werden, nicht als fanatische Irre

-Sanityverlust niedrig halten (im Schnitt ca. 0-2 Punkte pro Abenteuer), kein Sanityverlust für Sachen, die man normalerweise wegstecken kann, nur Sanityverlust für massive Traumata und krass Übernatürliches

-bei Oneshots kann man mehr auf die Pauke hauen!
« Letzte Änderung: 14.11.2016 | 14:18 von ErikErikson »

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Re: Abenteuer puristischer machen
« Antwort #1 am: 12.11.2016 | 11:53 »
-Mythosbücher die Sanity-Verlust und Cthulhu Mythos geben, sollen dies erst tun, wenn man sie eingehend studiert hat. Dazu sind Wochen und Monate nötig. Also den Sanityverlust nicht für einmaliges Durchblättern vergeben.
Ist das nicht RAW? Dachte ich immer, bin mir jetzt nicht mehr sicher... wtf?
Zitat
-nicht mehr als ein Mythoswesen/ein großer Alter pro Abenteuer, nicht mehr als zwei pro Kampagne
Also großer Alter ja (gibt es überhaupt mehr als einen großen Alten pro Kampagne da draußen, abgesehen von irgendwie Konflikten zwischen denen, wo man dann ja zwei braucht?), aber was verstehst du unter Kampagne? Ich meine, wenn man eher einzelne Abenteuer a la die mysteriöse Entdeckung des Monats aneinanderhängt, bleibt das ja nicht aus... obwohl das an sich ist ja vielleicht schon Pulpig, also gut... :)
Zitat
-Mythoskreaturen sollten nicht direkt mit den Charakteren interagieren es sei denn, um sie grausam zu töten
Das wiederum ist doch schon wieder ziemlich Pulpig? Ist nicth der "Witz" das die meisten Mythoswesen eher abgehoben sind und sich nicht bemühen Menschen zu töten, sondern eher so wie wir Fliegen töten? Nur wenn sie nerven?  ;)
Zitat
-Kultisten sollten eine nachvollziehbare Motivation haben und als normale Menschen dargestellt werden, nicht als fanatische Irre

-Sanityverlust niedrig halten (im Schnitt ca. 0-2 Punkte pro Abenteuer), kein Sanityverlust für Sachen, die man normalerweise wegstecken kann, nur Sanityverlust für massive Traumata und krass Übernatürliches
Ist "Fanatischer irrer" im Zusammenhang mit Mythoskulten nicht die einzige nachvollziehbare Motivation?  ~;D Im Ernst, ich würde eher sagen, abgesehen vom fanatischen Irrsinn sollten sie wie normale Menschen mit nachvollziehbaren Motivationen dargestellt werden.
Vielleicht sollte man zwischen aktiven Kultisten mit Zaubern etc. und Anhängern, Geldgebern etc. stärker unterscheiden. Obwohl das ja vielleicht mehr Sinn macht, wenn du Sanity so pfleglich behandeln willst... RAW sind ja die Kultisten alle jenseits von gut und böse, einfach dadurch, das sie automatisch jenseits der normativen geistigen Gesundheit enden. ;)

Allerdings weiß ich nicht, die Sanity als Mechanismus erzeugt im Spieler doch ein bisschen Angst um den Charakter auf einer Metaebene... vielleicht nimmt man das dann raus.
Außerdem, überraschend Leichen zu finden etc. würde ich nicht als etwas beschreiben, das man einfach wegstecken kann...  :-\

Rorschachhamster
DMG Pg. 81 " The mechanics of combat or the details of the injury caused by some horrible weapon are not the key to heroic fantasy and adventure games. It is the character, how he or she becomes involved in the combat, how he or she somehow escapes — or fails to escape — the mortal threat which is important to the enjoyment and longevity of the game."

ErikErikson

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Re: Abenteuer puristischer machen
« Antwort #2 am: 12.11.2016 | 12:14 »
Manche Dinge sind RAW, werden aber dennoch gerne anders gemacht.

Eine Kampagne ist ,das was als Kampagne im Laden verkauft wird. "At your door"bsp. haut dir diverse Mythos-Götter um die Ohren, und ist entsprechend pulpig. "Die mysteriöse Entdeckung des Monats aka Scubby Doo" ist die Definition von Pulp!

Menschen kommen mit Mythoskreaturen meist dann in Kontakt, wenn sie in deren gebiet eindringen, aka wenn Sie nerven.

Kultisten können durchaus Sanity besitzen, wenn Sie noch nicht zu viel Kontakt mit Mythos hatten, und können auch mit Null Sanity noch nachvollziehbar handeln.

Auch mit einem Schnitt von 0-2 Sanity pro Abenteuer kann man im ungünstigen Fall mal 7 Punkte verlieren, die Bedrohung sollte also erhalten bleiben.

Überraschend Leichen zu finden führt in meiner Vorstellung auch im häufigen Wiederholungsfall nicht zu unheilbarem Wahnsinn. Hier ist zu ergänzen, das man auch nervlich angegriffen sein kann, ohne Sanity zu verlieren.






 



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Re: Abenteuer puristischer machen
« Antwort #3 am: 12.11.2016 | 12:32 »
Überraschend Leichen zu finden führt in meiner Vorstellung auch im häufigen Wiederholungsfall nicht zu unheilbarem Wahnsinn. Hier ist zu ergänzen, das man auch nervlich angegriffen sein kann, ohne Sanity zu verlieren.
Huh, für mich war das immer die Beschreibung des Sanityverlustes - angegriffene Nerven, Stress, und Steigerungen davon. Und zum Thema "führt nicht zu unheilbarem Wahnsinn" würde ich "Falling Down" empfehlen  ;)
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DMG Pg. 81 " The mechanics of combat or the details of the injury caused by some horrible weapon are not the key to heroic fantasy and adventure games. It is the character, how he or she becomes involved in the combat, how he or she somehow escapes — or fails to escape — the mortal threat which is important to the enjoyment and longevity of the game."

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Re: Abenteuer puristischer machen
« Antwort #4 am: 12.11.2016 | 12:34 »
Wenn ich "puristisch" spielen wollte (worunter ich nicht unbedingt "wir sind ja alle soooo verloooren" verstehe), dann würde ich mich erst mal von der Idee von Kampagnen weitgehend verabschieden. Einzelabenteuer mit jeweils schön wechselnden Protagonisten, die dem Mythos vielleicht einmal im Leben durch reinen Zufall über den Weg laufen, bitte -- "Mythosdetektive" sind an sich schon "Pulp"! :)

ErikErikson

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Re: Abenteuer puristischer machen
« Antwort #5 am: 12.11.2016 | 12:41 »
Huh, für mich war das immer die Beschreibung des Sanityverlustes - angegriffene Nerven, Stress, und Steigerungen davon. Und zum Thema "führt nicht zu unheilbarem Wahnsinn" würde ich "Falling Down" empfehlen  ;)
Da liegt der Fehler. Sanityverlust ist nicht angegriffene Nerven, Stress und die Steigerung davon. Sanityverlust ist die Konfrontation mit einer unverständlichen Realität, das emotionale Begreifen, das man selbst und die Menschheit irrelevant ist, der Unwiederbringliche Verlust der eigenen Menschlichkeit. Zumindest nach meiner interpretation. Stress und normale Geisteskrankheiten sollten durchaus eine Rolle spielen, werden aber in meinem Stil besser frei ausgespielt.

Falling Down ist ein schöner Film und siehe oben.

@Nobody: DIe Kampagne "Tatters of the King zeigt sehr schön, wie man eine lange, puristische Kampagne spielen kann, und setzt auch viel von den Tipps um ,die ich hier gegeben habe.

In einer puristischen Kampagne sollten die SC immer persönliche Motive haben, sich mit dem Mythos auseinanderzusetzen. Sie sollten auf keinen Fall professionelle Geisterjäger sein, das ist purer Pulp.

« Letzte Änderung: 12.11.2016 | 12:45 von ErikErikson »

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Re: Abenteuer puristischer machen
« Antwort #6 am: 12.11.2016 | 12:45 »
Ich stimme nobody dazu. "Mythosdetektive" ist schon eher ungewöhnlich, wenn man sich an die Lovecroft-Story und Puristik halten will.

Das mit den Mythosbüchern sehe ich auch so: Sanityverlust und Cthulhu-Bonus erst nach Monatelangem lesen (RAW). Das Problem ist, dass die Abenteuer häufig genau das erfordern um aus einem bestimmten Buch ein bestimmtes Ritual abzuleiten - leider muss dass auf Grund von Sonnen-/Mond-Sonst-Was-Konstellation innerhalb der nächsten 48 Stunden passieren. Schon irgendwie etwas unsinnig

Da liegt der Fehler. Sanityverlust ist nicht angegriffene Nerven, Stress und die Steigerung davon. Sanityverlust ist die Konfrontation mit einer unverständlichen Realität, das emotionale Begreifen, das man selbst und die Menschheit irrelevant ist, der Unwiederbringliche Verlust der eigenen Menschlichkeit. Zumindest nach meiner interpretation. Stress und normale Geisteskrankheiten sollten durchaus eine Rolle spielen, werden aber in meinem Stil besser frei ausgespielt.

Hmm... ok, hier gehe ich nicht mit dir überein. Für mich ist Sanityverlust schon der Effekt als angegriffene Nerven, Stress und als Steuerung daraus dann entsprechende Geisteskrankheiten. Wenn ich mich recht entsinne ist es so im Regelwerk auch definiert.
Ein Mensch mit 0 Sanity muss halt nicht seine Menschlichkeit verloren haben, hat aber ggf. diverse Geisteskrankheiten und/oder Weltanschauungen, die dazu fühen, dass er nur schwer bis gar nicht in der Gesellschaft zurecht kommen kann. Aus diesem Grund kann soetwas zwar ein Kultist haben, ein Spieler aber nicht (da dieser ja noch halbwegs ordentlich mit der Welt interagieren soll).

Bezüglich Sanity-Verlust pro Abenteuer/Sitzung bin ich aber ganz bei dir. Hier ist weniger mehr - insbesondere, wenn die Spieler die Charaktere trotzdem entsprechend ausspielen. Gerade bei Kampagnen (z.B. HOE) ist das ein Problem, wenn man auf Grund von Sanity-Verlust die Charaktere alle austauschen muss: Die Motivation der Charaktere ist dann meines Erachtens nach inkoheränt.
Ich lasse deswegen lieber weniger Sanity verlieren, dafür können die aber gerne ausspielen. So haben meine Spieler schon mal von sich (ohne Würfelwurf und Sanityverlust) eine Spiegelphobie entwickelt. :D
« Letzte Änderung: 12.11.2016 | 12:50 von Sir Mythos »
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Re: Abenteuer puristischer machen
« Antwort #7 am: 12.11.2016 | 12:50 »
Da liegt der Fehler. Sanityverlust ist nicht angegriffene Nerven, Stress und die Steigerung davon. Sanityverlust ist die Konfrontation mit einer unverständlichen Realität, das emotionale Begreifen, das man selbst und die Menschheit irrelevant ist, der Unwiederbringliche Verlust der eigenen Menschlichkeit. Zumindest nach meiner interpretation. Stress und normale Geisteskrankheiten sollten durchaus eine Rolle spielen, werden aber in meinem Stil besser frei ausgespielt.

Falling Down ist ein schöner Film und siehe oben.

@Nobody: DIe Kampagne "Tatters of the King zeigt sehr schön, wie man eine lange, puristische Kampagne spielen kann, und setzt auch viel von den Tipps um ,die ich hier gegeben habe.

In einer puristischen Kampagne sollten die SC immer persönliche Motive haben, sich mit dem Mythos auseinanderzusetzen. Sie sollten auf keinen Fall professionelle Geisterjäger sein, das ist purer Pulp.
In der Hinsicht muß ich anderer Meinung sein.  ;D

Würde sich
Zitat
"falling down" ist die Konfrontation mit einer unverständlichen Realität, das emotionale Begreifen, das man selbst und die Menschheit irrelevant ist, der Unwiederbringliche Verlust der eigenen Menschlichkeit.
so falsch anhören? :)



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Re: Abenteuer puristischer machen
« Antwort #8 am: 12.11.2016 | 12:50 »
Das mit den Mythosbüchern sehe ich auch so: Sanityverlust und Cthulhu-Bonus erst nach Monatelangem lesen (RAW). Das Problem ist, dass die Abenteuer häufig genau das erfordern um aus einem bestimmten Buch ein bestimmtes Ritual abzuleiten - leider muss dass auf Grund von Sonnen-/Mond-Sonst-Was-Konstellation innerhalb der nächsten 48 Stunden passieren. Schon irgendwie etwas unsinnig.

Genau das. Außer in lang angelegten Kampagnen kann man das doch gar nicht benutzen, außer das Abenteuer überspringt große Abschnitte an Zeit, was auch nicht immer passend oder funktionabel für den Rest des Abenteuers ist.
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ErikErikson

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Re: Abenteuer puristischer machen
« Antwort #9 am: 12.11.2016 | 12:59 »
In der Hinsicht muß ich anderer Meinung sein.  ;D

Würde sichso falsch anhören? :)

Ich würde sagen, es ist ein Unterschied. In Falling Down verzweifelt der Protagonist an den Menschen. In Cthulhu verzweifelt man am Nichtmenschlichen. In der Tat ist der unterschied aber so obskur, das man ihn im Spiel wohl nicht merkt.   

Offline Rorschachhamster

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Re: Abenteuer puristischer machen
« Antwort #10 am: 12.11.2016 | 13:01 »
 :) Naja. Man muß ja nicht immer einer Meinung sein.

Obwohl man quasi als Umkehrung deiner Idee ein Cthulhu ohne Mythos entwickeln könnte - Menschen in Extremsituationen verlieren nach und nach den Verstand... Vietnam oder so, vielleicht.  ;)
...
Dann lieber Pulp, wenn ich's mir genau überlege.  ~;D
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ErikErikson

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Re: Abenteuer puristischer machen
« Antwort #11 am: 12.11.2016 | 13:07 »
Bei den Büchern würde ich bei Oneshots eine Ausnahme machen. Dann liest man halt nur das Ritual, das am besten vom Cultisten vorher auch markiert und mit Notizen versehen wurde, anstatt das ganze Buch. Sonst müsste man für Oneshots Bücher ganz rauslassen, was auch schade wäre.

@Rorschachhamster: Joah, könnte man. Würde ich nicht spielen wollen, da zu depremierend. Man darf halt nicht mischen, also nicht Sanity für Übernatürliches und profanes Verrücktwerden verwenden, das macht keinen Sinn. Da kommen dann so Frage auf wie: "Warum gewöhne ich mich nicht an den Anblick von Leichen, warum kann der Kultist mit null Sanity noch normal handeln usw. 
« Letzte Änderung: 12.11.2016 | 13:09 von ErikErikson »

Offline Scimi

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Re: Abenteuer puristischer machen
« Antwort #12 am: 12.11.2016 | 17:15 »
Viele Cthulhu Abenteuer sind mit schändlichen pulpigen Anteilen durchzogen. Um diese dennoch puristisch (realistischer, bodenständiger)  zu spielen, hier einige Tipps:

"Puristisch" heißt für mich vor allem, dass Abenteuer den Derleth-Mythos-Kram, der das Cthulhu-Rollenspiel durchzieht, größtenteils weglässt und sich eher an vielen der Originalgeschichten orientiert. Wobei Lovecraft selbst durchaus auch seine Pulp-Geschichten hat, z.B. The Dunwich Horror oder Cool Air.
Ich würde nicht sagen, dass es darum geht, dass die Geschichten "realistischer" oder "bodenständiger" sind, auch bei Lovecraft gibt es abgedrehten Kram (The Dreams in the Witch House, The Music of Erich Zann. Für mich ist wichtiger, dass das Abenteuer eine schreckliche Begegnung mit dem Unbekannten ist und sich nicht auf bekannte dramaturgische Abläufe und eine etablierte Mythos-Hintergrundwelt verlässt. Und dass die Charaktere unbedarfte Normalos sind, die unvorbereitet in die Situation hineinschlittern.

-Positive Magie, also alle Magie, mit der man Mythosrituale verhindern kann, Gutes tun kann, aktiv gegen dem mythos kämpfen kann ohne Sanityverlust usw. sollte reine Scharlatanerie sein und nicht funktionieren

Oder einfach gar kein "Spellcasting" für SCs.
Magie bei Lovecraft sind entweder irgendwelche schrecklichen Rituale oder gehirnverdrehende Mathematik. Sich damit zu beschäftigen kann schon das Abenteuer an sich sein und wenn man ernsthaft zaubern kann, ist man schon vorher wahnsinnig geworden.
Irgendwelche alten Formeln sprechen oder Kultrituale stören sollte immer unvorhersehbare Folgen haben.

-Mythosbücher die Sanity-Verlust und Cthulhu Mythos geben, sollen dies erst tun, wenn man sie eingehend studiert hat. Dazu sind Wochen und Monate nötig. Also den Sanityverlust nicht für einmaliges Durchblättern vergeben.

Viel von dem "Bücher, die den Wahnsinn bringen"-Thema stammt von Robert Chambers fiktionalen The King in Yellow, das beim normalen Durchlesen den Geist zerrüttet und bei dem allein der Blick auf den 2ten Akt reicht, um ihn lesen zu müssen. Bei Lovecrafts The Picture in the House muss der irre Mörder das Buch nichtmal lesen können, ein Blick auf die Holzschnitte löst in ihm sofort Kannibalenfantasien aus.

Wenn der Horror unvermutet normale Leute treffen kann, dann kann eine monatelange Exegese durch einen Literaturprofessor nicht die Voraussetzung dafür sein (außer "Institut für Sprache und Literatur" ist das Setting), dass der Horror einen holt. Dann lieber wie bei "The Ring" - einmal Video eingeschaltet und du bist dran.

Finde ich auch vom Pacing her befriedigender, wenn das Abenteuer einfach "bad stuff happens" ist und keine monatelange Zwangspause im Ablauf braucht.

-nicht mehr als ein Mythoswesen/ein großer Alter pro Abenteuer, nicht mehr als zwei pro Kampagne

Ja. Und auf bekannte Beschreibungen, Kategorisierungen und Eigenschaften verzichten. Lovecraft-Horror dreht sich um die Begegnung mit dem Unbekannten. Und durch die Beliebtheit und Verbreitung vom Mythos in der heutigen Popkultur sind viele Schrecken, die Lovecraft sich für eine Geschichte ausgedacht hatte, inzwischen zu vertrauten "Stock Charactern" und T-Shirt-Motiven.

Sich für jede Sitzung "Qwertzuiopüasdfghjklöäyxcvbnm", den Großen Alten, den es echt total noch nie gab, aus den Fingern zu saugen ist auch albern. Aber man sollte Bekanntes abändern, so dass auch erfahrene Spieler, die die ganzen Monsterkataloge auswändig kennen, nicht das Gefühl haben, zu wissen, was sie erwartet.

Die "Hideous Creature"-Folgen von Ken Writes About Stuff geben da ganz schöne Tipps zu.


-Kämpfe möglichst vermeiden, normale Reaktionen der Umwelt (Polizei, Wunden, Aufmerksamkeit der Kultisten) miteinbringen

Oder einfach das Kampfsystem rauswerfen und Kämpfe so gefährlich und chaotisch machen, wie sie im wirklichen Leben oft sind.
Bei einer Rangelei mit einem Messer in einer dunklen Gasse kann alles passieren, egal wie fähig und vorbereitet man ist. Dass ich dem anstürmenden Kultisten drei tödliche Kugeln verpassen kann, garantiert nicht, dass er mir vor dem Ableben nicht gerade noch den Schraubenzieher ins Herz rammen kann. Ein einzelner ungezielter Schuss kann töten, ein komplettes verschossenes Magazin womöglich nicht einmal treffen.

Einige Systeme machen das ganz nett mit einer hohen Varianz beim Schaden - ein Treffer kann von tödlich bis Schramme alles sein. Das Brettspiel "Villen des Wahnsinns" hat einen netten Ansatz, bei dem für jede Kampfhandlung zufällig bestimmt wird, welcher Wert dafür überhaupt zum Tragen kommt.

Wenn Kämpfe eskalierte, tödlich chaotische Situationen sind, in denen die Spieler wenig Kontoille haben anstatt von gut definierten Regelabläufen, bei denen die Spieler sehr genau wissen, was sie zu erwarten haben und wie ihre Werte da hereinspielen, dann werden die Spieler von sich aus Kämpfe vermeiden wollen und vielleicht sogar mal vor einem Monster weglaufen...

-Mythoskreaturen sollten nicht direkt mit den Charakteren interagieren es sei denn, um sie grausam zu töten

Dann werden die Mythoswesen für mich aber zu simplen Monstern, die einfach nur töten, töten, töten. Wo bleiben da der coole "Gold und Fische gegen Sex"-Deal der Deep Ones, das Raumfahrtprogramm der Mi-Go oder die nette Hexenkult-Einladung von Keziah Mason?
Und bei The Rats in the Walls übernimmt der Protagonist selbst das grausame Töten.

Aber ja, Interaktion mit Mythoswesen sollte verstörend und extrem schädlich sein. Die Farbe aus dem All finde ich ein vorbildliches Monster, bei dem die Präsenz die ganze Zeit sehr spürbar und schrecklich ist, wo aber eine finale Konfrontation nicht direkt stattfindet.

-Kultisten sollten eine nachvollziehbare Motivation haben und als normale Menschen dargestellt werden, nicht als fanatische Irre

Aber es ist doch ein Aspekt der Lovecraft-Geschichten, dass der Mythos wahnsinnig macht und nicht über für uns nachvollziehbare Mechanismen zu geistigen Erkrankungen führt. Der ganze Geistige Stabilitäts-Mechanismus dreht sich um ein Lebenspunktemodell, bei dem man Geistige Gesundheit durch geistigen Schaden verliert, auf dem Weg Psychosen sammelt und am Ende einfach seinen Verstand abgibt.

Für Horror sind außerdem mir waschechte "Irre" ohne nachvollziehbares Krankheitsbild und menschliche Monster (Jack Torrance aus "The Shining", Hannibal Lecter aus "The Silence of the Lambs", Jean-Baptiste Grenouille aus "Das Parfüm", jede Menge Slasher-Killer etc.) lieber als realistische psychische Krankheiten, die ich eher bedrückend als schrecklich finde und die aus den Monstern wieder Menschen machen.

Selbst wenn der Wahnsinn erklärbar sein könnte, sollte der schreckliche Aspekt im Vordergrund stehen. Wenn ich eine Geschichte um den Hakenhandkiller schreibe, baue ich da ja auch keinen Spezialisten für Prothesen ein, der mir erklärt, welche Alltagsprobleme der Killer hat und wie er von einer Sauerbruch-Hand profitieren könnte. Realistischerweise gibt es den Aspekt natürlich, aber thematisch spielt das für mich eher keine Rolle.

-Sanityverlust niedrig halten (im Schnitt ca. 0-2 Punkte pro Abenteuer), kein Sanityverlust für Sachen, die man normalerweise wegstecken kann, nur Sanityverlust für massive Traumata und krass Übernatürliches

Wiederspricht das nicht dem vorherigen Punkt? Wenn "kleine" Dinge wie Microagressions, Trigger im Alltag, Stresssituationen etc. keine Wirkung haben und nur kopflose Leichen und Mythoswesen mit der echten Wahnsinnsstrahlung™ die Ermittler spürbar beeinflussen, finde ich das sehr pulpig.

Das ganze Horrorgenre und auch die Originalgeschichten leben doch davon, dass Dunkelheit, unerklärte Geräusche und schlimmer Vorahnungen den Protagonisten (und den Leser/Zuschauer) Stückchen für Stückchen so in Anspannung versetzen, dass das Auftauchen des eigentlichen Monsters dann sofort zu Panik und Nervenzusammenbruch führt.

Von der Vorlage her kommend würde ich eher empfehlen, Sanityverlust sollte ungefär bei "1-2 Charaktere" pro Spieler pro Abenteuer liegen...

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Oneshots treffen den Geist der Vorlage besser, aber generell heißt "puristisch" für mich Einzelabenteuer. Einerseits finde ich die Geschichte vom Charakter, der wieder und wieder unbedarft Opfer des Übernatürlichen wird eher lächerlich. Andererseits finde ich den Schritt vom Alltagsmenschen, der in eine Horrorgeschichte hineingerät zum Mythosermittler, der sich dem Mythos aktiv stellt schon recht pulpig.

Selbst wenn die Charaktere keine Wahl haben, weil die Bedrohung im ersten Teil nicht gelöst wurde und sie weiter un Gefahr schweben, entwertet das Andauern irgendwo die Gefahr und die steigende Kompetenz der Charaktere ändert auch die Geschichte. Menschen können sich halt an viel gewöhnen und Gewöhnung machte den Hortor kaputt.

ErikErikson

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Re: Abenteuer puristischer machen
« Antwort #13 am: 12.11.2016 | 18:59 »
Das sind einige gute Punkte dabei.

Den Punkt mit den Mythosmonstern würde ich komplett streichen, der ist echt unnötig.

Viele Punkte hängen mit der Definition von puristisch zusammen, ich bin hier der Meinung ,das man da von den Vorlagen abweichen muss, sobald man das medium ändert. Lovecrafsts Geschichten lassen sich nicht völlig abbilden, und in manchen Belangen wär das einfach zu kontaproduktiv. Da würd ich aber ein Extra-Thema zu aufmachen.

Das Problem mit dem Sanityverlust durch Mikrostressoren ist, das man damit per Eieruhr abmessen kann, wann der Char wahnsinnig wird. Das mag anfangs verängstigen, aber irgendwann fügt man sichs ins Unvermeidliche und baut schonmal Char Nummer 2. Spätenstens wenn man dann den dritten Char in zwei Monaten durch hat verliert man die Beziehung zu denen, und dann kannst das Spiel eigentlich in die Tonne treten.

Zusätzlich kommen durch die Vermischung diverse Probleme auf, welche dazu geführt haben, das spätere cthuloide Systeme das Sanitysystem ausdifferenziert haben. Ich bin der Meinung, das man normale psychische Abbauprozesse durch freies Spiel am besten darstellen kann.

Der Mythosermittler, ich wiederhole mich, ist pures Gift und stets zu vermeiden. Der Charakter sollte durch persönlichen Bezug an den Horror gebunden werden, das öfftet Tür und Tor für Horror der feinsten Art. Echter Horror kommt IMO aus persönlichem Drama.

Die Kultisten würde ich deshalb immer nachvollziehbar machen, weil den nicht nachvollziehbaren Teil schon die Mythosmonster übernehmen. Ist alles nicht mehr nachvollziehbar, dann haben die SC auch keine Handhabe, irgendwie zielgerichtet auf die Bedrohung zu reagieren. Mit nachvollziehbaren Motivationen kann man die Kultisten auch selbst als Spielleiter sinnvoller steuern und agieren lassen.
« Letzte Änderung: 12.11.2016 | 19:12 von ErikErikson »

Offline Scimi

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Re: Abenteuer puristischer machen
« Antwort #14 am: 12.11.2016 | 20:59 »
Viele Punkte hängen mit der Definition von puristisch zusammen, ich bin hier der Meinung ,das man da von den Vorlagen abweichen muss, sobald man das medium ändert. Lovecrafsts Geschichten lassen sich nicht völlig abbilden, und in manchen Belangen wär das einfach zu kontaproduktiv. Da würd ich aber ein Extra-Thema zu aufmachen.

Klar. Allein, dass man beim Rollenspiel meist als Gruppe von Protagonisten agiert, ändert Vieles. Aber du gibst zu deinem "puristisch" andererseits auch wenig Definition mit außer "wenig pulpig". Wenn du schreibst "realistisch, bodenständig" muss sich das in einem Spiel um Aliens, Magie und Götter auf bestimmte Aspekte beziehen. Und "realistisch" ist sowieso eine sehr schwammige Abgrenzung.

Das Problem mit dem Sanityverlust durch Mikrostressoren ist, das man damit per Eieruhr abmessen kann, wann der Char wahnsinnig wird. Das mag anfangs verängstigen, aber irgendwann fügt man sichs ins Unvermeidliche und baut schonmal Char Nummer 2. Spätenstens wenn man dann den dritten Char in zwei Monaten durch hat verliert man die Beziehung zu denen, und dann kannst das Spiel eigentlich in die Tonne treten.

Zusätzlich kommen durch die Vermischung diverse Probleme auf, welche dazu geführt haben, das spätere cthuloide Systeme das Sanitysystem ausdifferenziert haben. Ich bin der Meinung, das man normale psychische Abbauprozesse durch freies Spiel am besten darstellen kann.

Na gut, ich komme eher von ToC her, wo zwischen Sanity und Stability unterschieden wird. Aber ein System, was geistige Gesundheit relativ fein granuliert abbildet, bietet sich dafür an, dass nicht nur die unvermeidbaren Abenteuerelemente Sanity kosten, sondern auch viele kleinere Dinge, die von Entscheidungen der Charaktere abhängen. Um so ein bisschen die Balance ins Spuel zu bringen: Gehe ich jetzt in diese Situation, die mich möglicherweise geistig angreifen wird oder verzichte ich auf Informationen, die später vielleicht wichtig sind? Ähnlich, wie man sich bei einem Fantasy-System überlegt, ob ein Kampf es wert ist.

Der Mythosermittler, ich wiederhole mich, ist pures Gift und stets zu vermeiden. Der Charakter sollte durch persönlichen Bezug an den Horror gebunden werden, das öfftet Tür und Tor für Horror der feinsten Art. Echter Horror kommt IMO aus persönlichem Drama.

Persönlicher Horror nutzt sich aber auch ab. Wenn der Big Reveal durch ist, ist der Charakter verbrannt. Wenn ich einmal knapp einem Shoggothen entkomme, ist das spannend. Wenn ich wiederholt Shoggothen entkomme, sind entweder Shoggothen Trottel oder ich habe mich durch Übung zum professionellen Shoggothenausweicher trainiert - beides finde ich pulpig.

Oder Stephen Kings "ES" - eine Geschichte, ein Monster, die Protagonisten sind unschuldige Kinder, der Horror ist sehr persönlich... aber ein paar hundert Seiten und ein paar schreckliche Erlebnisse später haben die Protagonisten ihre Erfahrungen gemacht und gehen mit Silberkugeln auf Monsterjagd...

Die Kultisten würde ich deshalb immer nachvollziehbar machen, weil den nicht nachvollziehbaren Teil schon die Mythosmonster übernehmen. Ist alles nicht mehr nachvollziehbar, dann haben die SC auch keine Handhabe, irgendwie zielgerichtet auf die Bedrohung zu reagieren. Mit nachvollziehbaren Motivationen kann man die Kultisten auch selbst als Spielleiter sinnvoller steuern und agieren lassen.

Nicht jeder Kultist ist ein kichernder, sabbernder Irrer. Und natürlich sollen sie mit einer gewissen Rationalität ihre Ziele verfolgen. Aber andererseits bedeutet Kultist werden für mich auch, seine Menschlichkeit hinter sich zu lassen. Bei Obed Marsh, Keziah Mason, Joseph Curwen, der Alte Whateley und die anderen Kultisten aus den Geschichten, bei denen allen ist nicht klar, warum die ihren Kram eigentlich machen. Womöglich hatten sie (zumindest anfangs) nachvollziehbare Gründe, aber das wird nicht thematisiert.

Kultisten müssen nicht übernatürlich sein, aber sie sollen sich schon von normalen menschlichen Antagonisten unterscheiden.

Offline KhornedBeef

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Re: Abenteuer puristischer machen
« Antwort #15 am: 12.11.2016 | 21:47 »
Ich finde auch, für die Zwecke des Threaderstellers wäre die Trennung von Stability und Sanity sehr hilfreich. Die Philosophie dahinter erklärt ToC sehr schön. Noch flexibler (durch das Abhärtungs-Konzept) ist natürlich das Sanity-Meter aus Delta Green  (bzw. Unknown Armies und Nemesis).
"For a man with a hammer, all problems start to look like nails. For a man with a sword, there are no problems, only challenges to be met with steel and faith."
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Ich vergeige, also bin ich.

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Wer Fehler findet...soll sie verdammt nochmal nicht behalten, sondern mir Bescheid sagen, damit ich lernen und es besser machen kann.

ErikErikson

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Re: Abenteuer puristischer machen
« Antwort #16 am: 12.11.2016 | 22:07 »
Ich denke wenn man nur wenig Sanityverlust einführt, kommt genau dieses Abwägen zustande. Liest man das Buch, das einem einen Verlust con ca. 5 Punkten reinhaut, oder nicht? 5 Punkte sind viel, wenn man nur im Schnitt um 50 hat, und es ist natürlich auch eine Abwärtsspirale. ich denke, bei höherem Sanityverlust kommt eher eine "Leck mich am Arsch" Haltung bei.

Einem Shoggothen sollte man natürlich nicht entkommen, das wäre in der Tat pulpig. Da suche ich noch nach einer Formulierung. Mythoskreatren sollten auf jeden Fall tödlich sein, so sie die Absicht haben, de SC zu töten. Der große Unterschied zum Pulp ist ja, das man beim Pulp gegen die Kreaturen gewinnt, und beim puristischen Spiel eben nicht, so man die direkte Konfrontation sucht.
Ich würde es also so formulieren: Bei einem Kampf mit Mythoskreaturen sollte die Chance zu siegen sehr gering sein. Genauso sollte eine Flucht schwer sein. Mythoskreaturen sollten schlicht in den meisten Belangen deutlich überlegen sein. 

King, und viele andere Horrorgeschichten leben teils davon, das der Protagonist lernt und sich dem Bösen erwehrt, wo er vorher nur dumm geschaut hat. ich denke, das sollte man bei Lovecraft  als Vorbild nicht so umsetzen, hier muss schon die Abwärtsspirale bleiben. Ich würde sagen, man kann den Charakteren schon viel Schicksalschläge zumuten, und irgendwann ist dann eben Schluss. Ich denke, das reicht durchaus für eine längere Kampagne. Mit einigen Lichtblicken, die Hoffnung schüren, das es doch wieder besser werden könnte.

Zu den Kultisten muss man sagen, das es natürlich schwer vermittelbar ist, warum sie diese destruktiven Tendenzen entwickeln. Ich würde allerdings sagen, das es schon gewinn bringt, sich Gedanken zu machen, warum sie sich dem Kult verschrieben haben. ich denke, hier sind schon plausible Motivationen möglich, die im menschlichen Rahmen bleiben, etwa Rache, starker Hass, religöser Fanatismus usw. Ich glaube, das Spiel gewinnt wenn man den Spielern hier eine nachvollziehbare Entwicklung präsentiert so dass sie verstehen können, warum der Kultist so handelt.

Die Trennung von Stability und Sanity schätze ich nicht, weil es schlicht den Regelanteil verdoppelt. Ich will mein Spiel möglichst regelarm halten. Ansonsten macht die Trennung sicher Sinn.

 
« Letzte Änderung: 12.11.2016 | 22:10 von ErikErikson »

Offline nobody@home

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Re: Abenteuer puristischer machen
« Antwort #17 am: 12.11.2016 | 23:06 »
Einem Shoggothen sollte man natürlich nicht entkommen, das wäre in der Tat pulpig.

Nun, dem einzigen Shoggothen, der im Lovecraft-Kanon direkt aufgetreten ist, sind die beiden menschlichen Protagonisten entkommen. Danach wäre "At the Mountains of Madness" also eindeutig Pulp. ;) (Obwohl, wer weiß, vielleicht war es das von Anfang an -- immerhin geht's gleich mit einer wissenschaftlichen Expedition in die Antarktis los, 08/15-Durchschnittssesselpupser wird man da kaum mitnehmen.)

Aber da kommen wir dann natürlich wieder an die Frage, wie man "puristisches" Spiel in diesem Zusammenhang definieren will. Orientiere ich mich an Lovecraft selbst, dann können die diversen Monster und Schurken auch schon mal geschlagen und vielleicht sogar vernichtet werden; nicht automatisch immer von gleich jedem, der ihnen über den Weg läuft, aber einige Protagonisten bringen das tatsächlich fertig, im Prinzip geht's also. Was dann wiederum gar nicht mal mehr so viel anders ist als bei "klassischeren" Horror-Monstern auch: daß ich (je nachdem, wieviel Ahnung wir Hollywood zuschreiben wollen) "wissen" mag, daß sich Werwölfe in Vollmondnächten verwandeln und mit Silberkugeln erlegt werden können, heißt ja auch noch lange nicht, daß ich (a) überhaupt an Werwölfe glaube, (b) tatsächlich Silberkugeln und eine Waffe zum Verfeuern derselben im Haus hätte, und (c) mir zutrauen würde, das Biest im Ernstfall auch tatsächlich tödlich zu treffen, ohne daß es vorher mich erwischt. Eine reale Begegnung mit so einem Biest wäre also wohl, selbst wenn ich sie überleben sollte, schon recht "mythosmäßig", und das noch ganz ohne Tentakel...

ErikErikson

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Re: Abenteuer puristischer machen
« Antwort #18 am: 12.11.2016 | 23:18 »
Ich denke, an der Stelle weiterzudefineren macht wenig Sinn. Selbst die Unterscheidung Pulp/puristisch ist schon höchst artifiziell und subjektiv und macht gerade noch Sinn angewendet auf Abenteuer, auf die Geschichten von Lovecraft hin nicht so sehr.
Ich finde auch die Vorgehensweise, in Lovecrafts Geschichten jetzt Hinweise zu suchen, wie man im Rollenspiel vorgehen sollte, eher ungünstig, da es geschichten sind und der Logik einer Geschichte folgen. IMO sollte man die Atmosphäre der Lovecraft geschichten im Spiel einfangen, nicht unbedingt ihren strukturellen Ablauf.
Mountains of Madness ist übrigens die eizige Lovecraft geschichte die ich nicht zu Ende gelesen habe, weil ich sie so unendlich langweilig fand, soviel also zu meiner Begeisterung darüber, sich zu sehr an den Storys zu orientieren.

Schlussendlich ist es je nach Umständen, mehr oder weniger schwer, dem Shoggoten zu entkommen, wie schwer, das soll jeder selber entscheiden. Wenn man eher puristisch spielt, sollte es zumindest eher schwer sein oder zumindest an mangelnder motivation des Shoggothen liegen.

Im Grunde geht es ja darum, das der Shoggote schlicht die meisten Trümpfe in der hand hat, und deshalb auch eher die oberhand behält. Im Pulp wird das ausgehelbelt, weil die SC halt die Protagonisten sind. Die Sache einfach laufen zu assen, sollte daher den gewünschten Erflog bringen. 



« Letzte Änderung: 12.11.2016 | 23:22 von ErikErikson »

Ucalegon

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Re: Abenteuer puristischer machen
« Antwort #19 am: 13.11.2016 | 01:13 »
Ich denke, an der Stelle weiterzudefineren macht wenig Sinn. Selbst die Unterscheidung Pulp/puristisch ist schon höchst artifiziell und subjektiv und macht gerade noch Sinn angewendet auf Abenteuer, auf die Geschichten von Lovecraft hin nicht so sehr.
Ich finde auch die Vorgehensweise, in Lovecrafts Geschichten jetzt Hinweise zu suchen, wie man im Rollenspiel vorgehen sollte, eher ungünstig, da es geschichten sind und der Logik einer Geschichte folgen. IMO sollte man die Atmosphäre der Lovecraft geschichten im Spiel einfangen, nicht unbedingt ihren strukturellen Ablauf.
Mountains of Madness ist übrigens die eizige Lovecraft geschichte die ich nicht zu Ende gelesen habe, weil ich sie so unendlich langweilig fand, soviel also zu meiner Begeisterung darüber, sich zu sehr an den Storys zu orientieren.

Zustimmung zu allen drei Punkten.

Bei der Frage, was puristisch sei, kommt man in Teufels Küche, wenn man beispielsweise versucht, Graham Walmsley, Delta Green und das deutsche Mottenkisten-Cthulhu auf einen Nenner zu bringen. Dazu kommen im Einzelfall dann noch nicht-Rollenspiel-Einflüsse wie, welche Lovecraft-Geschichten man mag, und wie viel Seven/True Detective/J-Horror/Saw man jetzt einfließen lässt oder nicht.

Statt also einen Katalog von einzelnen Regeln (wie in ToC) oder eine Liste mit spezifischen No-Gos zu machen, die man letztlich alle umdrehen und "puristisch" machen kann

- (Beispiel Regeln: "Sanity Armour" via Sources of Stability als Pulp-Regel in ToC wird in Walmsleys TFR und mit den Bonds aus DG ins Gegenteil verkehrt. Beispiel No-Go: Überfliegen von gefährlicher Literatur. In Caleb Stokes Delta Green APs kam ein Ermittlungstagebuch vor, von dem bis zum Schluss nicht gesagt und nur äußerst vage angedeutet wurde, was drin stand. Stattdessen wurde nur der Effekt auf die durchblätternden Agenten geschildert und SAN abgezogen. Da wurde noch im postmortem der Kampagne diskutiert, was es mit diesem verdammten Buch nun auf sich hatte.) -

sollte man sich um "Abenteuer puristischer [zu] machen" eher über die eigenen, groben Leitlinien klar werden und versuchen damit so konsequent wie möglich zu sein. Gute Richtlinien sind für mich:

- keine Sicherheiten (du verstehst nicht, was passiert)
- keine Kontrolle (du hast die Situation nie im Griff)
- kein Entkommen (du siegst/verlierst/läufst weg/läufst über und es macht keinen Unterschied)

Offline Scimi

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Re: Abenteuer puristischer machen
« Antwort #20 am: 13.11.2016 | 01:51 »
Definieren müssen wir irgendwas, sonst reden wir ja nur aneinander vorbei. Ich bin jetzt immerdavon ausgegangen, dass "puristisch" auf einer Skala genau gegenüber "pulpig" liegt. Und Pulp hat zumindest gewisse definierbare Merkmale, z.B. stereotype Charaktere, oberflächliche, sensationalistische Handlung, übermenschliche Helden, exotische Locations, schwarz-weiße Moral.

Meiner Meinung nach trifft es das Cover des "Eldritch Hortor"-Brettspiels für Cthulhu perfekt:

Demnach würde am anderen Ende der Skala tiefgängige Charaktere und weniger glatte Dramaturgien liegen, Alltagssetting mit normalen Leuten und moralische Graustufen. Damit es Cthulhu bleibt, brauchen wir natürlich trotzdem Monster, Götter und kosmisches Grauen.

Und die Liste aus dem Anfangspost bringt das schon ganz gut zusammen, auch wenn ich da Details anders sehe (hat natürlich auch damit zu tun, wie hoch ich den Mythosregler drehen will, damit ich mich von normalem Modern Horror absetze).

Wo ich eigentlich das Hauptproblem sehe, ist diese Kampagnensache. Weil da irgendwann das Charakterkonzept von "gut gelaunte Pianostimmerin" zur "Pianostimmerin, die zuviel weiß" übergeht und aus "dem Monster" "ein Monster" wird. Damit verschiebt sich das Ganze für mich mehr in Richting Pulp.

Das heißt nicht, dass das direkt reiner Pulp ist. Aber wenn die Zielsetzung sein soll, so weit von der Pulprichtung abzuweichen wie möglich, passt das für mich nicht.


Berge des Wahnsinns liegt übrigens für mich so ziemlich auf der Mitte der Pulp/Puristen-Skala. Einerseits sind es Elitewissenschaftler mit supermoderner Ausrüstung auf einer (für die Zeit, in der die Geschichte spielt) futuristischen Antarktisexpedition, die vor Shoggothen wegrennen (naja, sie hören das Ofeifen, sehen die Pinguine flüchten, rennen wie irre, verstecken sich in einer Felsspalte, als das Ding vorbeirauscht. Und nur Danforth bekommt einen Miniblick auf das Ding und ist danach nicht mehr derselbe). Andererseits lesen sie nicht im Nekronomikon nach, wie man das Pulver des Ibn Ghazi zusammenrührt, um damit vor einer staunenden Landbevölkerung den Sohn von Yog-Sothoth auf dem Gipfel des Sentinel Hill zu grillen...


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Re: Abenteuer puristischer machen
« Antwort #21 am: 13.11.2016 | 09:48 »
Na ja, meine persönliche Definition von "Purismus" in Sachen Mythos orientiert sich stark an dem, was ich aus dem Lovecraft-Originalkanon herauslese. Ein "puristisches" Abenteuer wäre demnach also schlicht eins, das den Spielern eine ähnliche Erfahrung vermittelt wie die ursprünglichen Geschichten auch.

Und damit knalle ich dann direkt mit der Interpretation von "Purismus" als Glauben an den übermächtig-unbesiegbaren kosmischen Einheitshorror zusammen, den's bei Lovecraft selbst in dieser Form höchstens in den Glaubensbekenntnissen der diversen Kultanhänger gibt, und halte die, wenn ich das Blatt vor dem Mund mal kurz wegnehmen darf, aus meiner Sicht entsprechend schlicht für Etikettenschwindel. Der Mann hat nun mal durchaus unterschiedliche Geschichten geschrieben -- einschließlich solcher, in denen der Horror neben anderen Elementen (Fantasy, SF, teilweise sogar recht deutliche moralische Lektionen a la "wer Böses tut oder sich zu leichtsinnig anstellt, wird irgendwann bestraft") eher zurücktritt und eine Nebenrolle spielt und/oder durchaus mal so etwas wie "pulpige Action" stattfindet --; damit läßt sich dann "der Mythos" als Gesamtkunstwerk aber auch nicht mehr auf eine simple zentrale "Horror-Botschaft" von der alles überwältigenden Ahnungs- und Hilflosigkeit der Spezies Homo sapiens reduzieren und gleichzeitig glaubhaft die Illusion aufrechterhalten, man orientiere sich noch am Originalvorbild.

(Abgesehen davon läßt sich die Frage "Ist Lovecraft Pulp?" ohnehin ruhigen Gewissens mit "Ja" beantworten. Es ist ja kein großes Geheimnis, für welche Magazine er seine Geschichten ursprünglich geschrieben hat. :))

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Re: Abenteuer puristischer machen
« Antwort #22 am: 13.11.2016 | 09:57 »
Pssst, jetzt bring die Stimmungsspieler nicht durcheinander! >;D
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Re: Abenteuer puristischer machen
« Antwort #23 am: 13.11.2016 | 10:06 »
Demnach würde am anderen Ende der Skala tiefgängige Charaktere und weniger glatte Dramaturgien liegen, Alltagssetting mit normalen Leuten und moralische Graustufen. Damit es Cthulhu bleibt, brauchen wir natürlich trotzdem Monster, Götter und kosmisches Grauen.

Ich bin viel mehr in Lovecraft als im Cthulhu-Rollenspiel drin. Was du hier aufzählst ist so ziemlich das Gegenteil von Purismus. Lovecraft hat sich nie um tiefgängie Charaktere gescherrt. Moralische Graustufen? Wo denn?

Was viel wichtiger wäre: ein sehr abstraktes Konflikt-Resolution-System, mit dem man Action-Szenen mit einmal Würfeln auflösen kann, damit sie quasi in einem Nebensatz abgehandelt werden können. Das CoC-System ist so weit von dem entfernt, was Lovecraft schreibt, dass es damit eigentlich keine Hoffnung gibt.

Man sollte auch Spannungsaufbau eher aus dem Spiel rausnehmen. Denn Cosmic Horror hat wohl in keiner Geschichte damit zu tun, dass unmittelbar - quasi am Puls dran - erzählt wird. Purismus wäre eine gentlemanhafte Distanz beim Beschreiben, was im Spiel vorgeht. Beinahe so eine Art Anti-Immersivität.

Übrigens ist das kein Trolling. Ich wäre ernsthaft an einem solchem Spiel interessiert. Ob es mittelfristig Spass machen würde, ist natürlich eine andere Frage.
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Re: Abenteuer puristischer machen
« Antwort #24 am: 13.11.2016 | 10:12 »
Der Mann hat nun mal durchaus unterschiedliche Geschichten geschrieben -- einschließlich solcher, in denen der Horror neben anderen Elementen (Fantasy, SF, teilweise sogar recht deutliche moralische Lektionen a la "wer Böses tut oder sich zu leichtsinnig anstellt, wird irgendwann bestraft") eher zurücktritt und eine Nebenrolle spielt und/oder durchaus mal so etwas wie "pulpige Action" stattfindet --;

(Abgesehen davon läßt sich die Frage "Ist Lovecraft Pulp?" ohnehin ruhigen Gewissens mit "Ja" beantworten. Es ist ja kein großes Geheimnis, für welche Magazine er seine Geschichten ursprünglich geschrieben hat. :))

Pray it, brother! Mein Eindruck ist, dass die selbsternannten Rollenspiel-Puristen ziemlich wenig Ahnung von Lovecraft haben, sondern stattdessen eher auf einer sehr allgemeinen bildungsbürgerlicher Geschmackstradition daherschwimmen. Sie wollen gar nicht puristisch spielen, sie wollen "niveauvoll" spielen. Aber mit Lovecraft hat das wenig zu tun.
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