Als jemand, der versucht, seinen Kram immer irgendwie überraschend oder zumindest "ungewöhnlich" zu machen, egal ob es jetzt um Texte für Splittermond oder eigene Settings geht, die drei Viertel der Rollenspieler nicht mit der Kneifzange anfassen würden: Ich sehe nicht, wie all das auch nur ansatzweise problematisch genug sein könnte, um da aggressiv abwertend oder gar persönlich zu werden. Wenn viele Deutsche so sehr auf das stehen, was man in anderen Ländern macht, wo ist das Problem? Wir haben kein "Eigenentwicklungsehrenkreuz", das unsere nationale Kreativität misst, keine fette Konkurrenz mit den bösen Nachbarn, und in meinen Augen lebt das generell sehr internationale Hobby mindestens genauso sehr von der Kreativität im Bekannten – also von dem, was man mit fremdem Kram macht, und selbst von dem, was einzelne Spielgruppen zuhause in Aventurien oder Lorakis treiben. Rollenspiel wäre ziemlich arm dran, wenn es immer noch auf die Kreativität der hiesigen Macher angewiesen wäre, um überhaupt zu funktionieren, und genauso klingt das hier teilweise, was schon ziemlich hobby- und realitätsfremd wirkt. Sicher würde ich mich über coole deutsche Sachen freuen, aber hey, scheinbar gibt es relativ wenige Leute, die Bock aufs Machen haben, und auch relativ wenige Leute, die sowas kaufen wollen. Und? Untergang des Abendlandes? Sonst bleibt eigentlich nur noch das "nationale Ego", das geknickt sein könnte, oder halt das eigene Verständnis, zu einer elitären Gemeinschaft voller Kreativjunkies zu gehören.
Letztendlich sind halt selbst die Rollenspielproduzenten in Deutschland Fans, die machen können, was sie wollen, und das ist imho auch wichtig, um es gut zu machen.
Ich denke nicht, dass es Kritiker besser machen "müssen", auch wenn das natürlich eine Idee ist ... IRGENDJEMAND muss es definitiv besser machen, und das sollte schon jemand sein, der unzufrieden mit dem Vorhandenen ist! Konstruktiver als den konventionellen Rollenspielwald abzubrennen kann es aber etwa auch sein, die außergewöhnlichen Neuerscheinungen und die außergewöhnlichen Teile konventioneller Neuerscheinungen zu unterstützen, sei es mit Geld oder mit Feedback oder mit Kritiken oder mit dem Spielleiten auf Cons (viel wert!) oder mit simpler Konstruktivität im Internet. Dass es sowas gibt, weiß jeder, der mehr als einen ersten Blick in das Erscheinende wirft, aber da gehört natürlich dazu, nicht gleich alles abzuwinken oder in Schubladen zu stopfen. Kreativität erfordert schließlich nicht zuletzt, die eigenen Erwartungen und Annahmen hinter sich zu lassen, und in diesem Sinne Sachen zu akzeptieren, denen gegenüber man skeptisch ist.
Ich sehe auch, warum ein einseitiges Ranten hier und da sinnvoll und, vor allem, erleichternd sein kann, aber es als irgendwas anderes als genau das zu proklamieren, wird im Bestfall nichts bringen und im schlimmeren Fall die Annahme unterstützen, dass nur ein paar komische Exzentriker überhaupt an Neuentwicklungen interessiert sind.
Fuck, ich prokrastiniere schon wieder. ~_~''