Hier würde mich die Gestaltung eines Hybrids wirklich interessieren. Oder die Ausgestaltung des Wechsels zwischen Vogelperspektive und Charaktersicht.
Zunächst zur Verdeutlichung:
Unter Vogelperspektive verstehe ich, dass die Schlacht komplett simuliert wird. Jede Einheit wird regeltechnisch abgebildet und am Ende kommt ein Ergebnis raus, das von den Rahmenbedingungen abhängt (und je nach System mehr oder weniger Glückssache ist).
Meist können die Charaktere hier nur großen Einfluss haben, wenn sie in irgendeiner Form an der Führung beteiligt sind.
Sind sie "nur" Befehlsempfänger, müssten sie schon überlebensgroß sein, damit sich ihr Einwirken großartig bemerkbar macht - und in dem Moment muss man sich fragen, ob man sich nicht doch auf die Charaktere und ggf. ähnlich mächtige Gegenspieler konzentriert, weil die normalen Einheiten relativ unwichtig sind.
In der extremsten Form der Charaktersicht wird der ganze Schlachtverlauf festgelegt und die Charaktere sind den Ereignissen aus ihrer Froschperspektive ohne großen Einfluss ausgesetzt.
Das wird aber meiner Erfahrung nach eher selten gemacht.
Die Regel sind Hybriden, in denen auf der einen Seite die Kommandoebene verkürzt betrachtet wird, indem der Kommandeur dafür würfelt und die Charaktere - so sie nicht in der Führung sind - eine Reihe von regeltechnisch meist auch verkürzt dargestellten Scharmützeln austragen, deren Ausgang dann Boni oder Mali für den Kommandeur liefert. Manchmal beeinflusst sich das auch wechselseitig: Ein guter Kommandeur bringt seine Truppen nicht in aussichtslose Situatioenn und wenn die sich wiederholt durchsetzen, hat es der Kommandeur immer leichter, so weiter zu machen.
Hier erfolgt also eigentlich kein richtiger Wechsel zwischen den Perspektiven; sie laufen parallel und können sich wie gesagt gegenseitig beeinflussen.
Der kleine Nachteil aus simulationistischer Sicht ist der, dass die Charaktere bei diesen Hybriden übermäßigen Einfluss haben - wenn es für die Charaktere gut läuft, läuft die ganze Schlacht gut und umgekehrt.
Je nach Ausmaß und davon abhängig, wer und was die Charaktere sind, kann das durchaus plausibel sein, für eher bodenständige Charaktere und große Schlachten ist es mMn aber etwas gewöhnungsbedürftig.
Man kann auch das reguläre Kampfsystem beibehalten und lediglich eine strategische Ebene drübersetzen - dann agieren die Charaktere immer im normalen Kampfsystem, wenn sie betroffen sind und die anderen Einheiten auf strategischer Ebene.
So hat z.B. früher bei Battletech die Operation Genda funktioniert: Die Con-Leitung hat die strategische Ebene betrieben und sich ergebende Gefechtsaufstellungen auf einer großen Tafel ausgehängt. Die betroffenen Einheiten haben das dann ausgetragen und das Ergebnis an die Führung gemeldet. Einige Leute von der Führung sind dann auch rumgegangen und haben versucht rauszufinden, wie bestimmte Gefechte gerade laufen, um den fog of war am Strategie-Tisch etwas zu reduzieren.
Aber es war halt Battletech, was bedeutet, dass man i.d.R. nach anfänglichem Leerlauf ein Gefecht fertig gespielt hat und ein zweites anfangen konnte, bevor der Con zu Ende war...
Wir sind da mal mit einem schweren Verband aufgelaufen, der aufgrund seiner Zusammenstellung schnell auf strategischer Ebene Wellen geschlagen hat (unsere Seite: Muahahahaha. Gegenseite: Alder was?!?) und das Ende vom Lied war, dass der Gegner völlig überreagiert und uns mit allen verfügbaren Einheiten zugeschmissen hat.
Unterm Strich war das toll, weil wir damit unserer Seite extrem viel strategische Bewegungsfreiheit rausgeholt haben, aber wir waren eben auch zwei Tage bis zum zeitbedingten Abbruch durchgehend mit unserem ersten Gefecht beschäftigt, weil ständig Gegner nachgerückt sind.
Kurz: Das kann man machen, muss man aber schon wollen...das ist in Sachen Zeit- und Arbeitsaufwand das Niveau der DSA-Aktion mit dem Ritter.
Wer da Spaß dran hat, kann das als Kampagnenabschluss o.Ä. aufziehen, aber da müssen wirklich alle Spieler voll dahinter stehen, sonst ist das reine Quälerei.
Jetzt haben wir aber noch nicht vom Rein- oder Rauszoomen gesprochen, denn bei allem, was bisher geschrieben wurde, gibt es nur eine Zoomstufe für die jeweilige Perspektive.
Im Grunde bräuchte man mindestens drei Zoomstufen (und mehr wären schon wieder zu fummelig):
Auf höchster Zoomstufe wird das normale Kampfsystem verwendet: X Charaktere kämpfen gegen Y Gegner und fertig. Der Kommandeur agiert nicht auf dieser Zoomstufe, jedenfalls nicht in seiner eigentlichen Funktion. Wenn er angegriffen wird, kann man dafür natürlich auch so weit reinzoomen.
Die mittlere Zoomstufe fasst mindestens die Gegner zu Einheiten zusammen. Eventuell werden auch die Charaktere hier schon in irgendeiner Form umgerechnet, aber meiner Erfahrung nach funktioniert es ganz gut, wenn nur die Gegner sich verändern (weil man dann parallel Einzelgegner und Einheiten behandeln kann). Das wäre also die Baustelle für die Hordenregeln von Deathwatch oder modifizierte Schwarmregeln.
Auf dieser Stufe kann ich auch NSC-Einheiten gegeneinander antreten lassen, um den Schlachtverlauf zu simulieren - das ist aber je nach Regelsystem ein ziemlicher Zeitfresser.
Eine Zoomstufe höher wäre dann "traditionell" die Gesamtperspektive. Hier arbeiten viele Massenkampfsysteme mit extremen Vereinfachungen und Verkürzungen: Es wird alles in einen großen Topf geworfen und dann entscheiden wenige oder gar ein einziger Wurf über den Ausgang.
Auf dieser Zoomstufe tauchen die Charaktere in der Regel nicht mehr auf und die Auswirkungen der Schlacht auf sie werden dann "nur" z.B. mittels einer Tabelle bestimmt.
Hier wäre es mMn angebracht, nicht ganz so weit rauszuzoomen und lediglich eine weitere Zusammenfassungsebene zu basteln.
Dann werden von größter zu mittlerer Zoomstufe (NSC-)Einzelpersonen zu Einheiten und eine Stufe höher Einheiten zu Großverbänden.
Damit habe ich den Vorteil, dass ich die Schlachtbereiche ohne SC-Beteiligung komplett zusammenfassen und recht flott abhandeln kann, während ich bei den SCs meistens auf mittlerer Ebene unterwegs bin und noch weiter reinzoomen kann.
Idealerweise folgen die zwei rausgezoomten Stufen sehr ähnlichen Regeln wie der Kampf zwischen Einzelpersonen, dann kann man da nahtlos und ohne großes Rechnen wechseln.
Ich bastele z.B. gerade spaßeshalber ein abstraktes Kampfmodul für Systeme ohne Massenkampfregeln und mit eher suboptimalen Kampfregeln, mit dessen Hilfe man die größte und die mittlere Zoomstufe einheitlich abhandeln kann (ist allerdings hauptsächlich auf den Feuerkampf ausgerichtet). Dabei wird auf mittlerer Zoomstufe mit Bonuserfolgen für Einheiten je nach in einer Runde verbliebener effektiver Stärke gearbeitet. D.h. man kann mit Einzelcharakteren durchaus eine Einheit aufreiben; dabei ist aber unerlässlich, die konstant unter Feuer zu halten. Sobald die Einheit sich mal halbwegs sortiert hat und ungestört agieren kann, hat man als Einzelner ein echtes Problem.
Theoretisch könnte ich da noch eine gleichgeartete Zoomstufe draufsetzen; dann wandert der Effekt eine Stufe höher und für Einheiten gegen Großverbände gilt das, was untendrunter für Charaktere gegen Einheiten gilt. Damit kann man dann theoretisch ebenfalls den Kampf einiger weniger gegen einen Großverband abbilden, aber die werden dann eben ziemlich chancenlos umgemoscht, sofern da nicht ein extremer Unterschied in Fähigkeiten und Ausrüstung besteht, der je nach Setting nicht zustande kommen wird.
Wird man also in der Regel nicht machen, weil so eine Zusammenfassung schlicht sinnlos ist.
Man nutzt ja auch andere Massenkampfregeln nur dann, wenn auf beiden Seiten ein Minimum an Masse vorhanden ist
Jetzt habe ich so gut wie nichts über konkrete Regeln geschrieben.
Mein bevorzugter Ansatz ist aber rausgekommen: Ich würde die Regeln auf jeder Zoomstufe möglichst gleich lassen wollen und für die zu Einheiten zusammengefassten Gegnern an passender Stelle Boni bzw. Mali vergeben.
Das kann man mit dieser Methode aber erst dann sinnvoll angehen, wenn das Fundament steht, also das reguläre Kampfsystem. Solange du da noch am Basteln bist, bringt es dir nichts, schon auf die anderen Zoomstufen zu schielen.
Nur wenn das Kampfsystem sehr abstrakt und/oder verkürzend ist, kann man das von Anfang an ganzheitlich erstellen.