IM WOHNZIMMER
Nachdem Elfie versorgt ist, begebe ich mich zu den Büchern, die mir vor dem ganzen Trubel aufgefallen waren. Intressiert mustere ich die Werke, die wohl einst dem Verstorbenen gehörten. Zweifellos, er hatte ein großes Interesse an Astronomie, wenngleich es nicht die Standardwerke der Disziplin sind, die ich in dem Schrank entdecke. Leider verstehe ich nur ein paar Brocken Englisch und Latein. Defür bleibt mein Blick nehme ich an "Teleskope machen noch keinen Astronomen" hängen. Vorsichtig nehme ich das Buch, das mehrfach gelesen worden sein dürfte, aus dem Regal. Und tatsächlich: Obwohl die Bibliothek nicht so wirkt, als wäre sie in der Vergangenheit liebevoll gepflegt worden, weist dieses Buch doch kein einziges Staubkorn auf. Vorsichitg öffne ich es und beginne es behutsam durchzublättern.
Da reissen mich die Worte Hieronymus aus den Gedanken und ich zucke kurz zusammen. Rasch bemühe ich mich jedoch um einen freundlichen Gesichtsausdruck. "Ja, in der Tat macht mein Interesse noch nicht einmal vor den Sternen halt.", antworte ich lächelnd, ergänze dann aber mit mehr Seriösität in der Stimme: "Frau Professor Eisenstein meinte, ich solle mir die Bücher einmal ansehen, da sie dafür nun keinen Bedarf mehr habe. Verzeiehen Sie also bitte, falls ich zu neugierig war, Ihr Bruder hat aber wirklich einige bemerkenswerte Werke hier stehen." Hans fragenden Blick nehme ich wahr, beschließe aber, im Moment nicht darauf zu reagieren. Auch wenn wir sonst viele Interesse teilen, ist es mir bis heute nicht gelungen, ihm den Unterschied zwischen Astronomie und Astrologie begreiflich zu machen, weshalb mich seine Verwunderung in dieser Situation nicht überrascht.
Als Hieronymus Augen ein wenig zu lange auf mir ruhen, verfinstert sich mein Blick. Ich bin längst zu alt, um in solchen Situationen noch zu erröten und jemandem von niedrigerem Stand hätte ich nun wohl deutlich zurechtgewiesen. Hier scheint eine solche Reaktion jedoch unangebracht, sodass ich mir außer dem finsteren Blick und den zusammengepressten Lippen nichts anmerken lassen. Dann wechselt der alte Herr das Gesprächsthema aber zum Glück auch schon wieder.
Ich fühle mich peinlich berührt, als Hieronymus so über seinen toten Bruder herzieht. Ich kannte den Verstorbenen zu wenig, um widersprechen zu können. Oder traf das alles womöglich sogar zu? Aber warum hatte Hans dann nie davon erzählt? Mit einer Mischung aus tatsächlichem Interesse und dem Wunsch, dem abfälligen Gerede ein Ende zu bereiten, erkundige ich mich daher: "Ihr Bruder besaß eine Sternwarte? Darf ich fragen, wo sich diese befindet? Ist sie vielleicht gar öffentlich zugängiglich? Bitte verstehen Sie mich nicht falsch, nichts liegt mir ferner, als Gott zu lästern und ich wüsste auch nicht, was die Sterne mit dem Weltuntergang zu tun haben. Aber es ist doch interessant, die unzähligen Lichter am Firmament zu betrachten und nachzudenken, was es dort am Himmel wohl alles zu finden gibt."