Kompliziertes Thema. Ich tue mir da immer schwer mit - der Beisreflex setzt ein.
Meine Erfahrungen im Hobby sind:
- Play-Empowerment wird von 19 von 20 SpielerInnen nicht gerne gesehen, je mehr desto "überforderter" sind einfach viele.
- In meinem Dunstkreis bewegt sich niemand (mehr) der auch nur gewillt ist ein GM-loses Spiel (erneut) zu probieren.
- Meine Eigenerfahrung besagt: GM-lose Spiele sind anders. Ein klassisches Rollenspiel ist es eher nicht, da ist man schon näher am therapheutischen Rollenspiel oder am Psychodrama. Zumindest eben in meiner Erfahrungswelt - das darf bei anderen gerne anders sein.
- Ein GM-loses Spiel klappt besser je mehr GMs am Tisch sitzen und schlechter je mehr "klassische" Spieler vertreten sind.
- Narzisten gibt es unter den Spielern durchaus häufiger als unter den GMs, nicht jedoch auffallend häufiger als unter den SLs.
Letztlich werden aber - wie man obig zum Teil gut nachlesen kann - mal wieder Äpfel mit Birnen verglichen. Beides ist Obst, aber eben nicht das selbe. Irgendjemenad hat mal als erster den Vergleich mit den Ballsportarten aufgebracht, als Rollenspiel mit Ballspiel verglichen: wenn ich Freunde zum Ballspielen einlade habe ich ein Problem; einer kommt zum Fußball, einer zum Basketball und einer zum Golf. Sind alles Ballspiele ... ähnlich ist es hier. Zu behaupten das eine sei besser als das andere ist schwierig. Zu behaupten das eine sei anders als das andere ist korrekt.
Ich bin mir ziemlich sicher:
- das so ziemlich alle aus dem Hobby "Rollenspiel" in der Lage sind an einem "traditionellen" Rollenspiel Spaß zu haben.
- das eher eine Minderheit an einem GM-losen Spiel (sofort) Freude haben dürfte.
- das es jedoch gar keine konkurrierenden Spiele sein müssen, da Golf und Basketball auch nicht zwangsläufig in Konkurrenz stehen.
Für mich selbst ist es nichts, einfach und allein aus dem Grund heraus, dass ich nicht gerne spiele. Aber eben sehr gerne meistere. Und die Rückmeldung die ich bekomme gibt mir da eingfach recht: ich scheine wohl ein ziemlich begabter GM, aber ein absolut nervtötender Spieler zu sein ... naja ... mancha sind eben auch super Schiedsrichter und nutzlose Feldspieler, oder eben gute Trainer.
Das ist aber wie in der Schule: manche Schüler können sehr gut mit Lernzirkeln und selbständigem Lernen umgehen ; für nicht eben wenige ist Frontalunterricht deutlich zielführender. Ohne hier irgendjemanden diskriminieren zu wollen ... könnte es auch sein, dass GM-loses Spiel eventuell umso besser funktioniert, je höher der Bildungsabschluss der Zielpersonen ist? Oder aber: je weniger stressig/fordernd die berufliche Tätigkeit? Oder beides? Nur ein paar Fragen. Zumindest kenne ich niemanden aus der hart arbeitenden "Arbeiterklasse", aber auch niemanden mit einer stress-belasteten Führungsfunktion der/die in ihrer Freizeit dann auch noch Lust hat sich mit einem GM-losen Spiel einzulassen. Kann aber auch nur mein persönlicher Eindruck sein. Meine Spieler wollen in der Regel bespielt werden, letztlich also konsummieren. Währe also mal eine interessante Frage, ob die Fans der GM-losen Spiele auch generell ein anderes Konsumverhalten aufweisen ... spielt ihr gerne PC-Spiele, also solche, die euch ja quasi auch allles vorgeben, oder eher solche, die sich innerhalb der Regeln frei entfalten können. Zum Beispiel lieber Civi als DragonAge?
Letztlich ist die klassische Runde wohl eher nicht deshalb immer noch (gefühlt?) dominant, weil die armen armen Horden der geknechteten Spieler noch nicht befreit wurden, sondern wohl eher weil ein Großteil der Spieler es eben so will. Wie wohl auch Fleischkonsum der Mehrheit wichtiger erscheint als Veganismus, um mal ein anderes Beispiel zu nennen. Insofern sind "Gefühlsausbrüche" auch hier eher unangebracht. Niemand verurteilt einen GM-losen-Spiel-Verfechter, aber zumindest in meiner Erfahrungswelt sind nicht wenige Individuen dieser Spielgattung ähnlich missionarisch unterwegs, wie der typische Veganer - was eine Diskussion eben schwierig gestaltet. nicht alle, aber (gefühlt) sehr viele.
Ich bekenne mich zum klassischen Spiel - ich habe das andere ausprobiert und für mich war es nichts, bin aber nicht abgeneigt es nochmal zu probieren, schließlich spiele ich auch immer mal wieder ein Brettspiel.