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Fate-Charaktere: "Von der Unfähigkeit mal keine Elitetruppe sein zu können"
Hell van Sing:
Wenn ich so durch mein Rollenspielregal schaue und über meinem eigenen Setting brüte, so fällt mir doch immer wieder eines auf:
Fate Charaktere können keine Normalos sein.
In so ziemlich jedem Setting bilden sie eine Gruppe von Auserwählten, Helden oder eine Spezialeinheit, man denke nur an die Archäonauten aus Masters of Umdaar (aka absolute Badass-Relichunter), die ehemaligen Helden aus Nest, die Adler als geheime Exekutiveinheit im alten Rom oder Wölfe des Zaren bei Scherbenland. Auch bei Malmsturm oder Eis und Dampf spielt man nicht gerade den Bäckersgehilfen von nebenan. Die einzigen "Normalos" die mir einfallen sind die Helden aus Deponia wobei dort die Welt selbst so abgedreht ist dass selbst ein Zombie der es sich zur Aufgabe gemacht hat mit einer Stalinorgel Bäume zu pflanzen als "normal" gelten würde.
Aber warum ist das so? Warum gibt es bei Fate kaum "from zero to hero"-Geschichten? Warum spielen wir in den jeweiligen Welten immer eine Art Halbgott in Menschengestalt? Warum sind die meisten Gruppen in Fate immer irgendwelche Spezialeinheiten?
1. Fatecharaktere sind kompetentFate geht grundsätzlich davon aus dass seine Protagonisten schon einiges können und ist mit seiner Art Fertigkeiten zu steigern eher darauf ausgelegt dass sich die Figuren charakterlich weiterentwickeln als dass aus einer Bohnenstange ein Bodybuilder wird.
2. Fatecharaktere sind dramatischFate ist ein stark narratives System. Dementsprechend müssen die Charaktere dramatisches Potenzial aufweisen damit im Laufe des Abenteuers auch eine entsprechende Legende um die Gruppe herum gesponnen werden kann. Und "Legenden von Olaf dem Zerstörer" lassen sich nunmal besser erzählen als das "Tagebuch eines Steuerberaters".
3. Normalos machen keinen SpaßIm Rollenspiel allgemein zu betrachten ist dass man immer eine Art Anti-/Held spielt. Jemanden Besonderes. Jemand Aufregendes. Und eben NICHT den Hammel aus dem Bürojob den man morgens im Spiegel sieht. Weil man sich beim Spielen in eine andere Welt versetzen möchte. Und wenn man spielen wöllte wie der Alltag so verläuft könnte man auch gleich eben jenem nachgehen.
Die Frage dich ich mir bei alledem stelle ist aber: Ist dem so?
Müssen die Charaktere wirklich jedes Mal von Anfang an gleich die krassesten Typen sein die man auf der nörlichen Hemisphäre gesehen hat? Mitunter die spannensten Geschichten sind doch auch eben jene wenn normale Leute aus ihren Alltag herausgerissen werden und auf einmal in absonderlichen Geschichten über sich hinauswachsen müssen. Und erfüllt es einen nicht auch mit Zufriedenheit nach einiger Zeit auf seinen Charakter zu schauen, zurückzublicken und zu sagen "Puhh, ganz schön was passiert mit meinem Charakter"?
Was meint ihr dazu? Müssen wir immer Eliteeinheiten spielen? Und wie könnte man es schaffen dass endlich mal "Normalos" der Einstieg in eine Geschichte sind? Zu Helden werden sie ja im Lauf der Geschichte mehr oder minder sowieso.
trendyhanky:
--- Zitat ---Aber warum ist das so? Warum gibt es bei Fate kaum "from zero to hero"-Geschichten? Warum spielen wir in den jeweiligen Welten immer eine Art Halbgott in Menschengestalt? Warum sind die meisten Gruppen in Fate immer irgendwelche Spezialeinheiten?
--- Ende Zitat ---
Habe bisher immer Spieler kennengelernt, die am liebsten und in jedem Rollenspiel kompetente Figuren spielen wollten, die KEINE Normalos waren.
Irgendwie sind es oft die SL, die wünschen, dass alles schön bodenständig beginnt. Wahrscheinlich, damit die SC ihnen nicht das Setting zertrampeln oder aus Angst vor Kontrollverlust. Dazu halt die Sozialisation mit "zero to hero"-Systemen.
Wenn ich ganz ehrlich bin, kann ich mich echt nicht an irgendeinen Spieler erinnern, der jemals sagte "Normalos, 08/15-Figur? Geil!"
EDIT: Und auch solche Leute, die zB bei DSA Zuckerbäcker spielen (ist mir nie begegnet), sind Meiner Meinung in Wahrheit auch nur Spieler, die den Zuckerbäcker NUR spielen, weil den sonst keiner spielt. Sie fallen damit auch wieder aus dem Rahmen.
Greifenklause:
@ TrendyHanky:
Hier muss man unterscheiden zwischen "Normalos" und "08/15"-Typen.
Gib mir 10 Normalos (auch ohne sekundäre Kampferfahrungen) und ich schmiede dir daraus ne Abenteurergruppe, die sich für "Indiana Jones light" oder "Erwachsenen-TKKG" eignet.
Ich bin bekennender Fan von BauerngamingPLUS sprich: "Normos, die auch was leisten".
@ Hell van Sing
Meine Fate-Erfahrungen begrenzen sich auf ein "Kindheitsängste"-Crossover.
Ich hatte da aber zu keinem Zeitpunkt das Gefühl, dass die einzelnen Kinder "nicht normal" waren. Sie unterschieden sich untereinander, aber nicht wesentlich von ihrem Umfeld.
Es kommt immer auf den Referenzwert an und auf welchen Vergleichswerten du beispielsweise "normale" Gegner ansetzt.
Kleiner Schwank zu meinem Homebrew-DSE:
Dort sind die Abenteurer als Flüchtlinge in der Postapokalypse gestartet. Fast jeder Einzelgegner war ihnen (einzeln) überlegen.
Dennoch fühlten sie sich knackig an aufgrund diverser Fähigkeiten, die halt nicht jeder andere hatte.
Warum ich das erwähne? Bei der Idee zu letzterem hatte ich mich von meinen marginalen Fate-Erfahrungen inspirieren lassen.
Der Pistolero hat beispielsweise:
-- 1x/Sitzung freies Waffen ziehen
-- 1x/Sitzung ein zusätzlicher Angriff
Und er macht ihm einen Schweinespaß, obgleich sie bis vor kurzem noch Anfänger waren.
Der Einzelgegner mag wesentlich kampfkräftiger sein, aber er hat uU Fähigkeiten nicht, die genannter Pistolero hat.
So hat dieser auch gegen überlegene Gegner noch sein Spotlight.
Und SO kann das auch bei Fate funktionieren, glaube ich...
trendyhanky:
Der Witz bei Fate ist aber, dass egal auf welchem Powerlevel die Figuren beginnen, das Spiel immer gleich ist.
Bei DnD würde man sagen: "Baut euch Charaktere Level 10+". Oder bei DSA halt hohe Stufe.
Bei Fate Core oder gar FAE sähe eine Gruppe aus Teppichknüpfern oder Göttern genau gleich aus von den Werten.
Greifenklause:
--- Zitat von: trendyhanky am 11.10.2017 | 11:03 ---Der Witz bei Fate ist aber, dass egal auf welchem Powerlevel die Figuren beginnen, das Spiel immer gleich ist.
Bei DnD würde man sagen: "Baut euch Charaktere Level 10+". Oder bei DSA halt hohe Stufe.
Bei Fate Core oder gar FAE sähe eine Gruppe aus Teppichknüpfern oder Göttern genau gleich aus von den Werten.
--- Ende Zitat ---
Eben darauf will ich doch hinaus.
Vieles ist nur Sache des Spielgefühls und der "Umgebung".
Wenn ich eine Gruppe als Superhelden aufziehe oder als Feuerwehrleute, mag sich an den Werten nichts ändern, sehr wohl aber am Spielgefühl.
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