Autor Thema: [SoA 2. Akt] In der Pathologie  (Gelesen 32393 mal)

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[SoA 2. Akt] In der Pathologie
« am: 13.12.2017 | 22:55 »
Die Charité befindet sich zu beiden Seiten entlang der Luisenstrasse, im Bezirk Berlin-Mitte.

Dort werden auch ärztliche Leichenschauen an den Verstorbenen vorgenommen.

Nach dem Berliner Bestattungsgesetz ist jeder Leichnam zur Feststellung des Todes, des Todeszeitpunkts, der Todesart und der Todesursache von einem Arzt zu untersuchen.
« Letzte Änderung: 14.12.2017 | 00:28 von Der Läuterer »
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Offline trondetreublatt

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Re: [SoA 2. Akt] In der Pathologie
« Antwort #1 am: 3.09.2018 | 21:14 »
SAMSTAG, 17.09.1927


Früh am Sonntagmorgen liegt das pathologische Institut der Charité verlassen da.
Der imposante Ziegelbau lenkt den Blick unwillkürlich in die Höhe, wo er an stahlgrauen Wolken und Regenschleiern haften bleibt.
Ein lautloser Wind treibt das tote Laub über die verlassenen Gehwege. Ringsum ist alles still.

Nur die Schritte eines einsamen Spaziergängers klatschen durch die Pfützen, als er die Straße überquert und auf den Haupteingang zuhält. Ein Blick über die Schulter. Ein Schlüssel rasselt im Schloss. Es quietscht leise, als sich die schwere Flügeltür öffnet und mit einem vernehmlichen Klicken wieder schließt. Dann wieder Stille.



Eine Glühbirne erwacht flackernd zum Leben und schenkt dem Saal mehr Schatten als Licht. Ein Seziertisch, menschliche Skelette an den Wänden aufgereiht, eine kleine Sammlung präparierter Organe, einige Mikroskope.

Wer hätte gedacht, dass ich noch einmal selbst eins von diesen Dingern benutze...

Ein Mikrotom ist ein Schneidegerät, das zur Herstellung sehr dünner Schnittpräparate dient, welche unter dem Mikroskop untersucht werden sollen. Es schneidet unterschiedslos Haut, Sehnen, Muskeln, Knorpel. Selbst verholzte, unnatürlich vertrocknete und mumifizierte Finger bereiten dem Gerät keinerlei Schwierigkeiten. Schwieriger ist es da schon, das kreischende Geräusch auszuhalten, das es dabei produziert und diesen Anfall von Ekel in der Magengrube.

Dann wollen wir mal sehen...eine Scheibe in Hämatoxylin-Eosin, eine in Giemsa, eine nach Pappenheim...ich komme schon dahinter, was zur Hölle da passiert ist!

Die Glühbirne flackert, der Wind trägt welke Blätter am Fenster vorbei. Eine einsame Gestalt sitzt über ein Mikroskop gebeugt. Es erklingt kein Laut als nur das leise Klicken, mit dem eine verstümmelte Hand einen Objektträger nach dem andern in das Mikroskop einlegt.
« Letzte Änderung: 11.09.2018 | 21:31 von Der Läuterer »
Dr. Ludwig Gotthold Degebach
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Charakter für das Tanelorn-Forenspiel Spawn of Azathoth

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Re: [SoA 2. Akt] In der Pathologie
« Antwort #2 am: 1.10.2018 | 20:59 »
Du untersuchst die Biopsie-Probe. Doch je länger Du sie betrachtest, desto sicherer bist Du, dass es sich um eine Obduktion handelt.

Das Gewebe ist tot und keine Zellwand scheint mehr intakt zu sein.

Du arbeitest mit dem Mikroskop und untersuchst die unterschiedlichen Proben.
Du machst Versuche und konsultierst die Fachbibliothek des Hauses.

Das Material scheint bereits länger tot zu sein. Länger als nur einige wenige Stunden. Zumindest erweckt es den Eindruck.
Sehnen und Knorpel scheinen aufgelöst zu sein, die Knochen sind teilweise, wie von Säure angelöst, und entkalzifiziert.
Die meiste Flüssigkeit wurde den Fingern entzogen, so dass sie als zähe, lederige, harzige Struktur übrig geblieben scheint. Trocken. Kaum flexibel. Leicht transparent. Und von einer Farbe, die von honigfarben, über bernsteinfarben, bis Braun variiert.

Du verlierst Dich in der Arbeit. Du vergisst die Zeit. Versinkst in den Büchern.

Als Du aufwachst, liegst Du mit dem Oberkörper auf Deinem Arbeitstisch. Unter Dir drei Bücher.
Es ist hell. Du schaust auf die Uhr und reibst Dir die Augen. 1135...
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Re: [SoA 2. Akt] In der Pathologie
« Antwort #3 am: 12.11.2018 | 20:19 »
SONNTAG, 18.09. 1927

Agathe
aus AM KAISERDAMM
https://www.tanelorn.net/index.php/topic,108035.msg134686748.html#msg134686748

Abrupt hält der Wagen vor der Charieté. Während Hans den Fahrer noch mit einem fürstlichen Trinkgeld bedenkt, steige ich bereits aus und bewundere das imposante Gebäude. Hier ist also der Ort, wo täglich über Leben und Tod entschieden wird, sinniere ich. Kaum vorzustellen, wie viele Schicksale sich in diesen Mauern bereits ereignet haben. Bevor meine Phantasie überhand nimmt, reisse ich mich jedoch von dem Anblick los, blicke zu Hans und versuche mich an einem aufmunternden Lächeln. "Dann wollen wir mal. Hoffentlich ist Dr. Degenbach schon anwesend."
« Letzte Änderung: 27.11.2018 | 23:22 von Der Läuterer »
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Re: [SoA 2. Akt] In der Pathologie
« Antwort #4 am: 13.11.2018 | 09:14 »
Agathe

Die Charité ist ein Gebäude, dessen physische Präsenz allein Erfurcht gebietet. Es ist ein immens grosser Klotz... und unglaublich hässlich.
https://www.bz-berlin.de/data/uploads/2017/03/charite-3_1490127276.jpg

Nachdem Hans das Fahrtgeld im Taxi entrichtet hat, folgt er Dir in das Innere des Gebäudes.

Es ist weniger los als erwartet. Aber es ist ja auch Sonntag.
Agathe steht am Empfang und spricht mit der Rezeptionistin.
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Re: [SoA 2. Akt] In der Pathologie
« Antwort #5 am: 16.11.2018 | 22:21 »
Agathe

Mit einem "Guten Morgen.", machte ich die junge Rezeptionistin auf mich aufmerksam, während ich mich frage, weshalb sie gar nicht zu frieren scheint, mit ihrer dünnen Bluse in dem kühlen Steinbau und gleich neben dem Eingang sitzend. Kurz lächle ich sie an, dann sinken meine Mundwinkel wieder und ich ergänze mit fester Stimme: "Mein Gatte, Professor Lohenstein, und ich würden gerne Dr. Degebach sprechen. Er hat uns eingeladen." Bei diesen Worten deute ich mit einer Armbewegung zum Eingang, wo Hans gerade das Gebäude betritt.
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Re: [SoA 2. Akt] In der Pathologie
« Antwort #6 am: 17.11.2018 | 10:46 »
Agathe

"Mor...gen." Die Frau kaut und schluckt. Auf dem Pult der Frau liegt auf Butterbrotpapier eine halbe Käse Semmel. "N'tschul...di...gung."

Sie schaut in der Anmeldung nach. Mit dem Finger geht sie die Liste von unten nach oben durch.
"Ich bedauere. Der Doktor ist nicht im Haus. Er wurde nicht eingetragen."

Zuerst macht sich Enttäuschung bei Dir breit. "Und gestern?" entfährt es Dir.

"Und?" Hans hat sich unbemerkt von hinten genähert, so dass Du zusammenzuckst. Auch die Rezeptionistin zuckt unwillkürlich zusammen. "Ist der Doktor im Haus?"

"Gestern... hm?" Die Frau spricht mehr zu sich als zu Dir. "Nein. Leider auch nicht. Es tut mir leid. Auch nicht."

"Könnte es sein..." Hans mischt sich ein. "...dass er sich nicht eingetragen hat?"

Dann fährt er fort. "Aus Versehen? Vielleicht hatte er es eilig? Oder es wurde vergessen? Ich weiss natürlich, dass so etwas bei ihnen nicht vorkommt. Sie nehmen Ihren Dienst ernst." Er schaut kurz auf die Semmel. "Wann haben Sie Ihren Dienst übernommen?"

"Äh. Ich? Also. Um sechs. In der Früh." Sie wird unsicher. Hans bringt Menschen gern in derartige Situationen.

"Und zuvor!" Es ist keine Frage.

"Äh. Meine Schicht habe ich von... Herrn Wolthers übernommen. Aber er trägt auch alle Ärzte ein."

Als Hans merkt, dass das Ganze zu nichts führt, greift er in die Tasche seines Anzugs. Er hält das Taschentuch absichtlich so, dass der verschrumpelte Leichenfinger heraus rollt, und so liegenbleibt, dass er drohend auf die Frau zeigt. "Oh."

"Sehen Sie! Deshalb sind wir hier. Wer könnte uns hierbei weiterhelfen?"

Die Frau schiebt ihren Stuhl geräuschvoll mit einem Quietschen nach hinten, als sie sich die Hände vor den Mund schlägt.

Während Hans seinen Blick nicht von der Frau abwendet, siehst Du im Augenwinkel, dass der Finger sich bewegt. Zuerst geht ein leichtes Zittern durch den Finger und dann beginnt er sich langsam zu beugen.
« Letzte Änderung: 17.11.2018 | 10:54 von Der Läuterer »
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Re: [SoA 2. Akt] In der Pathologie
« Antwort #7 am: 20.11.2018 | 21:58 »
Agathe

"Lassen Sie sich ruhig Zeit.", antworte ich der Dame und lächle sie freundlich an. Am Wippen meines rechten Fußes ist zwar zu erkennen, dass das nicht ganz ernst gemeint ist. Aber nachdem wir auf die Kooperation der jungen Frau angewiesen sind, versuche ich, meine Ungeduld in Zaum zu halten.

Als ich plötzlich Hans Stimme höre, zucke ich kurz zusammen. Komisch, ich hatte ihn gar nicht hereinkommen gehört? Innerlich seufze ich, als er gleich mit der Tür ins Haus fällt, mache aber gute Mine und unterstütze seine Worte mit gelegentlichem Nicken. Als sich der Finger bewegt, wende ich meinen Blick rasch ab. Es muss meine Einbildung sein, die Nachwirkungen, der unruhigen Nacht. Also besser ignorieren.

Den Blick starr auf die Frau gerichtet, ergänze ich Hans Ausführungen: "Vielleicht könnten Sie uns einfach zu Doktor Degenbachs Büro führen? Oder uns den Weg beschreiben? Dann sehen wir ja, ob er da ist."
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Re: [SoA 2. Akt] In der Pathologie
« Antwort #8 am: 22.11.2018 | 14:41 »
Agathe

Stecken, beugen, strecken. Schnell ist der Finger unter dem Brotpapier, neben einem Stapel Papiere verschwunden.

"Das Büro des Doktors ist auf der 3. Etage. Zimmer 27. Aber er wird nicht da sein. Wenn er nicht eingetragen wurde, ist er nicht im Haus." Die Rezeptionistin scheint von ihrer Ansicht überzeugt zu sein.

"Sie haben doch sicherlich seine Anschrift?" Hans bleibt hartnäckig. "Und seine Telefonnummer? Bitte."

Die Frau schaut kurz in ihre Unterlagen und schreibt dann etwas auf und gibt den Zettel Hans.

Hans wendet sich nun wieder Dir zu "Also. Wohin jetzt, Agathe?" und schaut Dich fragend an.
« Letzte Änderung: 22.11.2018 | 14:54 von Der Läuterer »
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Re: [SoA 2. Akt] In der Pathologie
« Antwort #9 am: 26.11.2018 | 21:55 »
Agathe

"Sehen wir in seinem Büro nach.", sagt ich bestimmt. "Wenn wir schon hier sind, sollten wir sichergehen. Danach können wir immer noch ein Telefon suchen oder bei ihm vorbei schauen."

Ich hänge mich bei Hans ein und blicke noch einmal zu der Rezeptionistin. "Vielen Dank für Ihre Hilfe, Fräulein." Dann setze ich mich auch schon in Richtung der ausladenden Stiegen in Bewegung.
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Re: [SoA 2. Akt] In der Pathologie
« Antwort #10 am: 27.11.2018 | 23:18 »
Agathe

Hans schlingt seinen linken Arm um Dich "Gut. Lass uns gehen. Vielen Dank, Fräulein." und geht mit Dir durch die Halle auf die breite Wendeltreppe zu.

Stufe für Stufe geht Ihr hinauf. Du schaust hoch. Die Treppe scheint kein Ende zu nehmen.
"Komm, wir rennen." Hans lässt Deine Taille los und fasst Dich an der Hand.
"Schnell. Das wird ein Spass." Er läuft los, als kurz darauf der markerschütternde, schrille Schrei einer Frau unten zu hören ist. "Los. Beeilen wir uns."

Du schaust die Treppe hoch und Dir wird schwindelig.
http://manofdepravity.com/wp-content/uploads/2015/05/spiral_staircase.jpg
Du musst Dich am Geländer festhalten, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Du bekommst weiche Knie, während die Frau in der Halle unter Dir einen Schreikrampf bekommt.

Du fühlst Dich, als würden die Treppestufen unter Dir verschwinden und Du würdest in der Luft schweben.
https://www.nasa.gov/sites/default/files/images/477735main_hoag_hst_big_full.jpg

Nur noch gehalten von Deinen Fingern am Geländer.
https://i.redd.it/y69868no8hi11.jpg

Dir wird schwummrig.
https://i.pinimg.com/originals/68/31/f2/6831f2ee3e4c1bcb2d2d486207390b76.jpg

"Was ist mit Dir?" Hans kommt zurück. "Bist Du in Ordnung, Agathe?"
Er kommt ganz nahe und schaut Dich an.
http://espacelumiere.chez.com/galerie/mcescher_eyemezzotint.jpg
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Re: [SoA 2. Akt] In der Pathologie
« Antwort #11 am: 16.12.2018 | 22:19 »
Panisch stoße ich Hans von mir.
WAS ist das?
Ich versuche Abstand zwischen uns zu bringen.
Uns war Hans nicht schon den ganzen Tag seltsam?
Ich robbe rückwärts fort, rutsche ein paar Stufen hinab.
Und das Laufen eben war doch völlig unangebracht!

Zahlreiche Gedanken schießen durch meinen Kopf, während ich Hans von mir fernzuhalten versuche und warte, bis etwas Ruhe in meinem Kopf einkehrt.

"Hans! Mach die Augen zu!", bringe ich schließlich panisch hervor, während ich mich abwende. Erst jetzt bemerke ich den Schrei von unten. Einen Augenblick zögere ich, dann ziehe ich mich am Treppengeländer hoch. Mehr schlecht als recht stolpere die Treppe hinab, während ich versuche, aus den Schreien der Frau einen Hinweis darauf zu gewinnen, was dort unten passiert ist, bevor dann der Eingangsbereich wieder in Sicht kommt.
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Re: [SoA 2. Akt] In der Pathologie
« Antwort #12 am: 20.12.2018 | 13:40 »
Voller Panik stösst Du Hans von Dir weg.
Du willst ihn schützen.
Weg. Nur weg von Dir. Weg. In Sicherheit.
Weg, in Richtung Treppengeländer.

Doch der Handlauf erscheint in weniger als Kniehöhe zu verlaufen.
Hans stolpert. Taumelt rückwärts.

Er greift nach Deiner Hand; Entsetzen im Blick.
Deine Fingerspitzen berühren kurz die seinen.
Und Du siehst ihn über die Brüstung in die Tiefe stürzen.
https://elisagroka.files.wordpress.com/2015/01/abflug.png

Vom obersten Stockwerk, viele Etagen hinunter, zurück in die Halle.
Lange, unnatürlich lange, hallt sein Schrei in Deinen Ohren.

Dann greifen Hände nach Dir. Sie halten Dich fest und das Treppenhaus schwankt ruckartig nach links, rechts, links, rechts, links, rechts. Immer schneller. Links, rechts, links, rechts, links, rechts.

Als Du die Augen wieder öffnest, siehst Du einen Mann im weissen Kittel, der sich über Dich beugt. "Was ist mit ihr?"

Es ist Hans Stimme, die Du hörst. "Nur eine Ohnmacht. Machen Sie sich keine Sorgen, Herr Lohenstein. Nur eine Ohnmacht."

"Ich habe Ihre Frau aufs Gründlichste untersucht."

"Und meinen Glückwunsch. Ihre Frau ist schwanger."
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Re: [SoA 2. Akt] In der Pathologie
« Antwort #13 am: 14.01.2019 | 23:06 »
Agathe

Ich öffne die Augen und schließe sie sogleich wieder, da ich nur verschwommen sehe. Von weit entfernt höre ich die Stimme und begreife zunächst gar nicht, was sie sagt. Erst als ich realisiere, dass es um mich geht, reisse ich die Augen auf. "Schwanger?", wiederhole ich, ohne den Mund danach wieder ganz zu schließen, und beginne zu überlegen. Im Laufe der Jahre wurde mein Umgang mit Hans zwar immer vertrauter, die Gespräche tiefsinniger, aber auch das Liebesleben langweiliger und rarer. Ist es denn möglich?

Als mein Blick den von Hans trifft, versuche ich mich an einem Lächeln, dass jedoch eher an eine gequälte Grimasse erinnern dürfte. "Das...das erklärt vielleicht die Schwächeanfälle in letzter Zeit.", bringe ich schließlich hervor und klammere mich an diese vernünftig klingende Erklärung.

Etwas ungelenk setze ich mich auf. "Dürfte ich ein Glas Wasser haben?", wende ich mich an den Mann im weißen Kittel, der mir vertraut vorkommt, an dessen Namen ich mich aber partout nicht erinnern kann. Als er einige Meter weg ist, greife ich Hans Hand und wende mich mit leiser Stimme an ihn: "Hans, bitte erzähl mir, was passiert ist, seit wir dieses Pathologie betreten haben." Noch während ich spreche, realisiere ich, wie unhöflich es sein muss, schon wieder von einen Ängsten zu reden, statt Hans zu gratulieren, dass er wohl doch noch Vater wird. Doch die Fragen in mir sind so drängend, dass ich einfach nicht anders kann.
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Re: [SoA 2. Akt] In der Pathologie
« Antwort #14 am: 25.01.2019 | 00:06 »
Dir ist noch immer schwindelig.
Eine kühle Hand hält Deinen Kopf, während Du Dich leicht aufrichtest, und führt ein Glas Wasser zu Deinen Lippen.

"Ja, schwanger! Jetzt dürfen Sie feiern." Als Du die Augen öffnest, siehst Du ein helles Licht über Dir. Viele Menschen stehen kreisförmig und nach hinten gestaffelt um Dich, Hans, den Arzt und zwei Schwestern herum. Die Menschen klatschen. Sie applaudieren. Es wird zu einem rhythmischen Klatschen. Unterstützt von einem Stampfen.

"Es wird ein Monster Baby!" ruft der Arzt in die Menge.

"Monster Baby! Monster Baby! MONSTER BABY! Monster Baby! Monster Baby!" skandiert die Menge.

Dann führt der Arzt weiter aus "Es wird ein Kind sein, empfangen von dem Sternengezücht aus der Finsternis hinter den Sternen."

"MONSTER BABY! Monster Baby! MONSTER BABY! Monster Baby! MONSTER BABY!" hörst Du die Menge brüllen. Einige Anwesende werfen ihre Hüte in die Luft.

Hans schüttelt dem Arzt die Hand. "Sie können stolz auf sich sein, Herr Lohenstein. Sie wurden auserwählt. Meinen herzlichen Glückwunsch. Sie sind wahrlich zu beneiden."

Die Menge johlt.
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Re: [SoA 2. Akt] In der Pathologie
« Antwort #15 am: 27.01.2019 | 16:59 »
Abrupt setze ich mich auf und merke gar nicht, wie das Wasserglas überschwappt. "Stop!", rufe ich und wundere mich selbst über meine fest Stimme. Ich schütte das Wasser in Richtung des Arztes. " "Hören Sie auf. Mein Kind ist sicher kein Monster!"

Ich blicke in die Menge, zunächst wütend, dann zusehends irritiert. "Und...was heißt 'empfangen vom Sternengezücht'? Wollen Sie etwa behaupten, ich sei Hans nicht treu gewesen?!" Ich streife die Decke ab, und steige aus dem Bett. Die ersten Schritte sind unsicher, aber es dauert dennoch nur einen Augenblick, bis ich vor dem Arzt stehe und ihn herausfordernd anblicke.
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Re: [SoA 2. Akt] In der Pathologie
« Antwort #16 am: 27.01.2019 | 21:41 »
Das Licht, in das Du blickst, ist unglaublich hell. Farbige Ringe und Punkte tanzen vor Dir wie ferne Galaxien und funkelnde Sterne. Die Umgebung ist in ein undurchdringliches Zwielicht getaucht.

Ein Stimmengewirr, ein Gemurmel, ein Getuschel ist zu vernehmen, aus dem sich die Stimme des Arztes löst. "Aber natürlich nicht. Sie werden ein kerngesundes, wohlgestaltetes, hübsches Kind zur Welt bringen. Davon bin ich fest überzeugt. Machen Sie sich bitte keine Sorgen, es wird schon alles gut ausgehen. Sie können immer wieder zu mir kommen, wenn Sie es wünschen, Frau Lohenstein. Sie werden hier gut umsorgt werden."

Dann hörst Du eine andere männliche Stimme, vielleicht ist es Hans, etwas zu dem Arzt sagen, das Du nicht verstehst.

Du hörst das Knirschen und Splittern von Glas am Boden.

"Hier, bitte." Die Krankenschwester reicht Dir ein weiteres Glas mit Wasser. "Trinken Sie. Es wird Ihnen gut tun... aber bitte werfen Sie nicht mit dem Glas."

"Frau Lohenstein..." Es ist der Arzt, der wieder das Wort ergreift. "... wissen Sie, wo Sie sich im Augenblick befinden? Weshalb Sie hier sind?"

"Wissen Sie noch, wo Sie gestern waren und was Sie gemacht haben?"
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Re: [SoA 2. Akt] In der Pathologie
« Antwort #17 am: 2.02.2019 | 20:08 »
Irritiert blicke ich um mich, als der furchtbare Chor plötzlich verschwunden ist. Erst nach und nach entspannen sich meine Gesichtszüge. Ich versuche meine Atmung während mein Blick langsam durch den Raum schweift, so als müsste ich mich erst vergewissern, wo ich bin. Dann schiebe ich die Decke ein wenig beiseite und blicke meinen Körper hinab zum Bauch. Es sieht alles ganz normal aus und ich lächle beruhigt.

Als ich Hans Stimme höre, blicke ich zu ihm. Angestrengt versuche ich zu hören, was die beiden Männer miteinander sprechen, als die Krankenschwester in mein Blickfeld tritt. "Natürlich.", antworte ich abwesend und trinke einen kleinen Schluck, bevor ich ihr das Glas auch schon wieder zurück gebe und versuche, an der Frau vorbei wieder zu Hans zu blicken. Doch da scheint das Gespräch auch schon wieder beendet zu sein und der Arzt wendet sich wieder zu mir. "Ja, natürlich weiß ich, wo ich bin.", antworte ich ihm bestimmt und vielleicht ein wenig zu laut und abweisend, "Und ich weiß auch, was ich gestern gemacht habe." 

Die junge Frau blickt daraufhin irritiert und beißt unsicher auf ihrer Unterlippe herum, sodass ich ihr ein aufmunterndes Lächeln zuwerfe und mich gegenüber dem Arzt um einen versönlicheren Ton bemühe: "Wissen Sie, in welchem Monat ich bereits bin? Und können Sie sonst schon etwas sagen? Ich meine, gibt es Anzeichen, dass etwas nicht stimmen könnte oder ist alles ganz normal? Wenn alles stimmt, dann müsste ich ja auch gar nicht länger hierbleiben, oder?" Ich versuche einen Blick auf Hans zu werfen, der jedoch zwischenzeitlich ans Fenster getreten ist und mir so lediglich seinen Rücken präsentiert.

"Ach, und wäre es möglich, mit Dr. Degenbach zu sprechen? Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie das organisieren könnten."
« Letzte Änderung: 4.02.2019 | 21:58 von KAW »
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« Antwort #18 am: 9.02.2019 | 11:50 »
"Nun..." Der Arzt verzieht leicht den Mund "Ich..." und reibt sich das Kinn. "Meines Erachtens nach sind Sie zwischen der 13. bis 17. Woche, Frau Lohenstein."

Hans kommt zu Dir. "Agathe, Agathe..." Er ist überschwänglich. "Agathe, wir werden Eltern. Du wirst ein wunderschönes Kind bekommen und ich..." Er hat Tränen in den Augen und greift nach Deiner Hand. "Ich werde Vater werden."

"Meine Glückwünsche." sagen der Arzt und die Krankenschwester fast gleichzeitig, so als hätten sie es einstudiert, oder als seien beide fremd gesteuert." Beide lächeln.

Dann ergreift der Arzt schliesslich wieder das Wort. "Frau Lohenstein. Natürlich spricht nichts dagegen, dass Sie das Krankenhaus wieder verlassen. Sie sind gesund. Aber schonen Sie sich. Und sollte etwas passieren, dann rufen Sie mich an. Ich bin zumeist in der Charité zu erreichen. Oder Zuhause." Damit überreicht er Hans seine Visitenkarte.

"Und Dr. Degebach, der befindet sich in der Patholoie, wenn ich mich nicht irre."
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Re: [SoA 2. Akt] In der Pathologie
« Antwort #19 am: 9.02.2019 | 16:45 »
Ich greife nach Hans Hand, blicke ihn an und lächle. Für einen kurzen Moment scheinen all die furchtbaren Ereignisse der letzten Tage vergessen. Die Träne in Hans Augen streiche ich ihm vorsichtig weg, nur um in dem Moment zu merken, dass auch meine Augen gläsrig werden. Ich lasse die Hand los und arme Hans stattdessen. Anfangs zaghaft drücke ich immer fester, bis ich schließlich gut gehalten und geborgen fühle. "Ja Hans, es wird wunderbar.", antworte ich schließlich, nur einen Augenblick später hinzufügen: "Auch wenn es gerade nicht die beste Zeit ist. Ich...wir werden aufpassen müssen."

Anschließend stehe ich auf, mache ein paar Schritte und stelle fest, dass sich alles ganz normal anfühlt. "Ich denke mir geht es gut, ja.", erkläre ich und wende mich dem Arzt zu. "Haben Sie vielen Dank für die rasche Hilfe, Herr Doktor!" Ich schüttle ihm überschwänglich die Hand, werfe der Schwester ein "Auf Wiedersehen" zu und verlasse den Raum. Vor der Türe angekommen, bleibe ich erst einmal stehen und blicke Hans an.  "Sag, hat der Doktor sonst noch etwas zu dir gesagt? Ich meine...ach, ich will einfach alles wissen, was unser Kind betreffen könnte." Fragend blicke ich Hans an.

Anschließend blicke ich mich um, wobei mein Blick auf einen jungen Burschen fällt, dessen zielstrebiger Schritt ihn als Teil des Personals ausweist. "Entschuldigen Sie", spreche ich ihn an. "Können Sie uns sagen, wo es hier zur Pathologie geht?" Als ich Hans überraschten Blick bemerke, lächle ich. "Keine Sorge, Hans. Ich fühle mich wirklich ganz normal. Es gibt im Moment noch keinen Anlass für Schonung."
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Re: [SoA 2. Akt] In der Pathologie
« Antwort #20 am: 9.02.2019 | 23:07 »
Der junge Mann blickt Dich kurz an, lächelt, antwortet dann mit einem kurzen "Ja, kann ich." geht weiter und biegt um die nächste Ecke.

Ihr bleibt verdutzt zurück und schaut Euch fragend an.

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Re: [SoA 2. Akt] In der Pathologie
« Antwort #21 am: 24.02.2019 | 14:33 »
Verdutzt blicke ich Hans an und will dem jungen Herrn schon nach eilen, als dieser wieder zurück kommt. "Nein, nein zum Glück nicht." antworte ich dann, während ich versuche, mit seinen schnellen Schritten mitzuhalten. "Wir hoffen dort Professor Degenbach zu treffen. Kennen Sie ihn?"

Während wir uns der Pathologie nähern, wird mir ein wenig mulmig zumute und ich suche instinktiv Hans Nähe, während ich mir einrede, dass meine Nerven mich diesmal schon nicht im Stich lassen werden.
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Re: [SoA 2. Akt] In der Pathologie
« Antwort #22 am: 7.03.2019 | 14:38 »
Der junge Mann ist hurtig unterwegs und droht Euch mehrfach fast zu entwischen.

Er öffnet eine Tür, huscht rasch in den Raum dahinter, und gerade als Ihr ihm folgen wollt, lauft Ihr auch fast schon ineinander, als er den Raum wieder verlassen will. "Nein, hier ist er nicht." Er schüttelt den Kopf.

Nach einem weiteren, unnötigen Versuch, dem wuseligen Mann folgen zu wollen, wartet Ihr beim übernächsten Mal vor der Tür, nur um kurze Zeit später von ihm mit einem "Wo bleiben Sie denn? Hier entlang. Kommen Sie. Kommen Sie." konfrontiert zu werden.

Ein Gang mit mehreren Türen folgt. Eine Tür geht auf und Ihr steht in einem Labor. Hinter einem Labortisch mit einem Mikroskop, zahlreichen aufgeschlagenen Büchern und handschriftlichen Notizen, sitzt Doktor Degebach und starrt auf seine Unterlagen, als wäre er versteinert.

Er hat eine dicke Zigarre im Mund, die sich beim Nähertreten als Füllfederhalter entpuppt.

Auf einem Emaille Tablet liegen zwei verschrumpelte, ledrige Finger und ein kleiner Haufen getrockneter Hautteile neben einer Knochenschere und einem Skalpell.

Ludwig hat seine rechte Hand verbunden und sieht sehr übermüdet und mitgenommen aus. Tiefe Augenränder dominieren sein Gesicht und er sieht aus, als hätte er lange geweint.

Als er Euch kommen hört schaut er mit glasigen Augen und leerem Blick zu Euch hinüber.
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Re: [SoA 2. Akt] In der Pathologie
« Antwort #23 am: 11.03.2019 | 23:13 »
Doktor Degebach laufen Tränen über das Gesicht. "Ich bin erledigt. Am Ende. Fertig."

Er wischt mit dem linken Unterarm Unterlagen und Bücher vom Tisch, die sich auf dem gekachelten Fussboden verteilen. "Ich lebe noch und beneide doch die Toten." Wie der Nachhall seiner Worte segelt ein einiges loses Blatt ganz langsam zu Boden.

Er dreht sich auf dem Stuhl und öffnet eine Schublade zu seiner Rechten. "Wissen Sie, wie das ist?" Der Doktor weiss sicherlich nicht einmal wer Ihr seid. Ihr steht im Dunklen. "Ich war ganz knapp davor, meinen Traum verwirklichen zu können. Ganz knapp davor."

"Und jetzt kommst Du? Das ist lächerlich."

Er holt mit der linken Hand etwas hervor.

Dies etwas macht ein schweres, hartes Geräusch, als Dr. Degebach es auf den Tisch legt. Es ist ein alter Armee Revolver. "So knapp davor war ich mit Professor Dr. Sauerbruch arbeiten zu können."

"Jetzt kann ich nicht mehr arbeiten. Wie sollte ich so..." Er hebt die verbundene Hand empor. "...operieren können? WIE SOLL  D A S  GEHEN?"

"Da hätte ich auch gleich auf dem Feld zurückbleiben können. Hätte mir eine Kugel oder einen Granatsplitter eingefangen. Und fertig. Jetzt bekommt meine Frau noch nicht einmal eine kleine Rente."

"Ist das nicht witzig?"

"Ich höre Dich gar nicht lachen?"
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Re: [SoA 2. Akt] In der Pathologie
« Antwort #24 am: 17.03.2019 | 21:37 »
Langsam bewege ich mich auf Doktor Degebach zu, versuche ruhig zu sprechen. "Herr Doktor? Doktor Degebach?", versuche ich seine Aufmerksamkeit zu gewinnen, während ich mich mit langsamen Schritten nähere und das Gesicht meines Gegenübers mustere um zu erkennen, ob er weiß, wer ich bin.

"Mit Ihrem Intellekt und Ihrer Erfahrung haben Sie noch zahlreiche Erfolge vor sich. Daran gibt es überhaupt keine Zweifel. Aber, wollen Sie uns nicht von Anfang an erzählen, was passiert ist?", rede ich weiter. Ich lege ihm die Hand auf die Schulter, blicke ihn direkt an. "Dürfen wir uns setzen, Doktor Degebach?", rede ich weiter, mit ruhiger, fast beiläufiger Stimme. Nur vereinzelte Blicke zeigen, dass weder die verschrumpelten Finger noch die Waffe meiner Aufmerksamkeit entgangen ist. "Und, könnten Sie die Waffe wieder wegpacken? Sie macht mir Angst, Herr Doktor."
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