Pen & Paper - Spielsysteme > Pathfinder/3.x/D20
The Forge of Combat -- Hammer, Arm und Amboss
Feuersänger:
Auch wenn's eigentlich schon ein etwas älterer Hut ist, stelle ich fest, dass das Stichwort hier im Board noch nicht erfasst ist. Das hier hat auch nichts mit der Indie-Forge zu tun. Vielmehr geht es um diesen, vermutlich ca 4 Jahre alten Text:
https://docs.google.com/document/d/1i5hWkHXHOetRlpLOmxbpoEWod77psN0JcwFvxClNrGc/edit
Kurzfassung:
Im Prinzip - und so erklärt sich auch die Betitelung als "Forge" - gibt es in Pathfinder (und artverwandten Systemen) drei kampfbezogene Rollen: Hammer, Arm & Anvil [Amboss].
Der Amboss debufft den Gegner und hindert ihn, sich zu entfalten; etwas derber könnte man sagen: er packt den Feind bei den Eiern;
Der Arm verleiht dem Hammer mehr Kraft (bufft ihn also, und evtl auch den Amboss);
Der Hammer schließlich macht den Sack zu; er nimmt den Feind nachhaltig aus dem Kampf (z.B. indem er ihn zu sämigem Mus verreibt).
Manche Charaktere können mehrere Rollen (mehr oder weniger gut) ausfüllen; es ist aber auch möglich sich komplett auf eine Rolle zu konzentrieren. Umgekehrt können natürlich auch mehrere SCs die gleiche Rolle ausüben, was ja quasi zwangsläufig der Fall ist wenn die Gruppe aus mehr als 3 SCs besteht. Es mag die Folgerung nahe liegen, dass je ein Hammer, Amboss und Steigbü Arm die ideale Zusammenstellung sei, jedoch ist es in der Praxis sicher wünschenswert, gewisse Redundanzen vorzuhalten.
Der Artikel ergeht sich noch weiter über die Bedeutung von z.B. Initiative, Positionierung und Ressourceneinsatz, was ich aber jetzt in diesem Kurzabriss erstmal ausspare. Kurz und gut, der Artikel wird für den 3.5- oder PF-Veteran vermutlich wenig Neues bereithalten, aber es ist ja auch mal schön, wenn man seine Vorgehensweise in so einem Text wiedererkennt. ^^ Und wer nicht so tief in der Materie drin ist, kann vielleicht doch noch was lernen.
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Mal einen Reality Check in Form eines Vergleichs mit unserer aktuellen Party -- wir spielen seit geraumer Zeit mit 3 SCs, und sind damit bisher sehr erfolgreich -- vielleicht auch, weil wir die drei Rollen gut aufgeteilt haben:
- Paladin: Hammer. Mit recht überschaubaren Zweitkompetenzen, aber hämmern tut er sehr gut.
- Bardin: Arm / Sekundär-Amboss. Sie bufft was das Zeug hält, und würgt gelegentlich den Gegnern einen fiesen Debuff rein.
- Inquisitor (ist ein Multiclass-Char): Amboss / Sekundär-Arm / Aushilfs-Hammer.
Wobei der "Inqui" extrem vielseitig ist und dank professionellem Powergaming auch sehr gut ist in so ziemlich allem, was er tut (auch als Skillmonkey etwa). Wohingegen ich meinen Paladin bewusst so gestrickt habe, dass er halt stabil ist und Arsch tritt und damit gut. Die Bardin wiederum geht voll in ihrer Supportrolle auf und führt so gut wie nie Angriffe aus, fungiert aber hervorragend als Force Multiplier.
Soweit alles töfte, allerdings haben unsere heutigen Kämpfe auch aufgezeigt, wie sehr "auf Kante" unsere Gruppe genäht ist. Wir (auf Stufe 7) hatten es mit einer Kombination aus Chuuls und Rorkouns zu tun. Chuuls hauen ziemlich kräftig zu, versuchen zu grappeln und können gegrappelte Gegner lähmen. Rorkouns spucken Schleim, der getroffene Opfer verstrickt [entangle]. Obendrein mussten wir damit rechnen, unter Wasser gezogen zu werden wenn wir uns grapplen ließen. Um das zu verhindern, habe ich mir von der Bardin ein Grease auf die Rüstung geben lassen -- das Freedom of Movement des Kleinen Mannes. ;D
Unser Inqui kam irgendwie nicht richtig aus dem Quark - die meiste Zeit war er damit beschäftigt, sich einen kuschelbedürftigen Chuul aus den Barthaaren zu halten. Er geriet regelmäßig in den Grapple, aus dem er sich zwar zuverlässig wieder befreien konnte ehe es brenzlig wurde, aber dabei gingen eben seine Züge rein reaktiv drauf. Immerhin hat er auch das Biest beschäftigt, ohne dass es ihm wirklich gefährlich werden konnte.
Zu Beginn eines Kampfes hat die Bardin nicht richtig aufgepasst - wupp, konnte ein Chuul sie angreifen, und ist nur dank einer Natürlichen 1 nicht gegrappelt worden. Dennoch hatte sie gefährlich viele HP verloren. Hätte sie danach beim wegtumblen eine AoO gefressen -- und das war eine knappe Sache, die sie nur dank ihrer Elfenstiefel geschafft hat -- wäre für sie Übungsende gewesen. Dies geschah ausgerechnet gleich in der ersten Runde eines Encounters, bevor sie Buffs verteilen konnte. Wäre sie hier wirklich KO gegangen, hätte es für die ganze Gruppe übel ausgehen, ja sogar im TPK enden können. Denn dann (ohne Grease) hätte der Paladin den Grapple-Versuchen nichts entgegenzusetzen gehabt, und hätte dann nur einmal seinen Paralyse-Save verkacken müssen -- Zack, Feierabend. Und selbst ohne Paralyse hätte er sich aus dem Grapple schwerlich befreien können.
Insofern ist es halt manchmal weird, wie stark sich in PF manchmal Schein und Sein unterscheiden. Für den unwissenden Laien mag unser Kampf wie ein einseitiger Durchmarsch unsererseits ausgesehen haben. Aber unter der Haube war halt doch auch ein gerüttelt Maß Glück dabei, dass von unserer Seite kein entscheidender Wurf verkackt wurde. Daraus folgend betrachte ich das eigentlich eher als knappen, womöglich haarscharfen Sieg, der sich aber eben nicht in den Hitpoints widerspiegelte, sondern allein an den Save-or-Sucks hing.
Einerseits wäre da also ein vierter Spieler nicht schlecht, um etwas mehr Spielraum zu schaffen - andererseits würden wir damit die eigentlich schöne Konstellation aufgeben, dass jeder in einer der drei Rollen unangefochten der Beste ist. Denn wenn eine Rolle doppelt besetzt ist, können da natürlich nicht beide die Numero Uno sein.
P.S.: wobei ich da nochmal betonen muss, dass das schon Jammern auf sehr hohem Niveau ist. Immerhin sind wir rechnerisch (weil nur zu dritt) Party Level 5-6, während der Hauptencounter ein CR von 11 oder 12 hatte.
Ainor:
--- Zitat von: Feuersänger am 1.02.2018 | 20:53 ---Einerseits wäre da also ein vierter Spieler nicht schlecht, um etwas mehr Spielraum zu schaffen - andererseits würden wir damit die eigentlich schöne Konstellation aufgeben, dass jeder in einer der drei Rollen unangefochten der Beste ist. Denn wenn eine Rolle doppelt besetzt ist, können da natürlich nicht beide die Numero Uno sein.
--- Ende Zitat ---
Dann könnte man ja auf das 4E Modell mit vier Rollen umsteigen. Dann hat jeder wieder seine Nische :)
Anders ausgedrückt: Ich halte 3E für zu komplex um so eine einfache Rollenverteilung zu machen, und deshalb sind solche Modelle im Endeffekt willkürlich. Nehmen wir z.B. den Barden: er hat viele schöne Controller/Amboss Fähigkeiten. Aber sobald man gegen Untote kämpft funktionieren die fast alle nicht mehr. Er kann (zumindest in PF) ein effektiver Arm(bzw. Leader) sein. Ich hatte mal einen in einer hochstufigen Gruppe, zusammen mit mehreren TWF Kriegern. +6/+6 in der ersten Runde hat viele Kämpfe entschieden. In einer anderen Gruppe war der einzige Hammer ein schlagkräftiger Paladin. In dem Fall war der bestmögliche Support der Paladin in Angriffsposition zu teleportieren.
Ähnliches gilt für die phyischen Battlefield control spells des Druiden. Für normale Nahkampfgegner verheerend, aber gegen teleportierende Dämonen nicht wirklich nützlich.
Weiterhin ändern sich die Dinge mit steigenden Stufen. Die Autoren schreiben so generelle Dinge wie "Heilung im Kampf funktioniert nicht", was einfach ab Stufe 11 nicht mehr stimmt denn da kommt Heal ins Spiel. Auf mittleren Stufen können Caster durchaus als Hammer funktionieren, weil ihre Sprüche Gegner einfach platt machen, aber auf niedrigen Stufen nicht. Ebenso hat das bei mir auf sehr hohen Stufen auch fast nie funktioniert weil die Hauptgegner so viele Saves/Resistenzen/Immunitäten hatten dass typischerweise nur Waffenagriffe wirklich helfen.
Oder auch kurz: 4E mag so designed sein dass jeder Charakter eine bestimmte Rolle füllt. In 3E funktioniert das über den Lauf einer ganzen 1 - 20 Kampagne so nicht.
Feuersänger:
Nunja. Du setzt ja die Nischen schon korrekt gleich: Arm ist Leader, Hammer ist Striker, Amboss ist Control. Was bliebe also? Richtig, Defender. Allein, es _gibt_ in PF keine Defender-Nische, weil es keine vernünftigen Defender-Werkzeuge gibt. Keine Aggro-Mechanik etwa. Das meiste, was in PF so in Richtung Tanking geht - etwa Reach/Trip Builds - ist mechanisch nichts anderes als Control. Die ein-zwei Ausnahmen die es gibt sind nicht zuverlässig, weil sie gegen etliche Gegner überhaupt nicht ziehen.
Jenseits davon gibt es in Pathfinder eigentlich kein mechanisches Tanking, absgesehen von der simplen Strategie, einfach so viel Schaden zu machen dass der Gegner es sich nicht leisten sollte, einen zu ignorieren. Aber dennoch kann der Feind sich jederzeit darüber hinwegsetzen, einfach am Fighter vorbeimarschieren, halt die paar HP von der AoO fressen, und den Magier zusammenknüllen. Wenn er das nicht macht, sondern sich brav am Fighter festbeisst, ist das eher Softskills des DMs (evtl einem Gentleman's Agreement zwischen SL und Spielern) und Genrekonventionen zu verdanken. Und nicht irgendeiner Defender-Mechanik.
Ich vermute, das wird mit ein Grund sein für dieses - relativ neue - Drei-Nischen-Modell. Weil es eben in PF - jedenfalls nur mit Paizo-Material - keinen Defender im 4E-Sinne gibt. Das ist ja auch keine neue Lücke die sich plötzlich in PF aufgetan hat -- über weite Strecken der D&D-Geschichte gab es einfach keine Tanking-Mechanik. Lediglich in 3.5 gab es den (eher unpopulären) Knight und ganz am Ende der Entwicklung den Crusader. Letzterer ist aber auch wirklich der einzige, der konsequent Aggro ziehen und Gegner binden kann.
Zu deinen anderen Punkten -- da ist natürlich was dran; nicht jedes Werkzeug ist gegen jeden Gegner gleich effektiv. So gut wie alles kann irgendwie ausgekontert werden. Es gibt auch einige Weisheiten die im Internet immer gerne perpetuiert werden, aber am Spieltisch manchmal einfach nicht greifen. Etwa, dass AC sinnlos ist und eine starker Angriff die beste Verteidigung ist -- da ist zwar grundsätzlich was dran, aber ich hab es auch schon erlebt, dass meine Companions gefallen sind wie die Fliegen und ich als Last Man Standing den Kampf nur gewinnen konnte, indem ich meine AC auf "Untreffbar" aufbuffte und, buchstäblich mit dem Rücken zur Wand, die Gegner in mühevoller Kleinarbeit runtergrindete. Elegant war das nicht, aber in dem Moment die einzige Möglichkeit.
Vigilluminatus:
Im offiziellen Stuff gibt's tatsächlich keine so tollen Defender ... wenn man 3PP zulässt, hat man von DSP ja immerhin den Warder von Path of War, der diese Zone hat, innerhalb derer er Feinde angreifen kann, die auf seine Verbündeten gehen. Der Interceptor Path des Psychic Warriors geht wohl auch in die Richtung mit seinem Bull Rush gegen Feinde, die seine Verbündeten angreifen.
Und Spheres of Might von den Drop Dead Studios hat den Sentinel als Tank mit seiner Guardian Challenge (Angriffsmali für Kreatur, wenn sie nicht ihn angreift) und Sentinel's Imposition (AoO auf Gegner, der nicht ihn angreift) plus etwas Damage Reduction. Generell die Guardian Sphere (Delayed Damage Pool=Schaden wird gespeichert, man erleidet ihn erst im eigenen Turn mit Zeit zum Heilen bis dahin, Challenges=Taunts, Patrols=wie die Zone des Warders) und teilweise die Shield Sphere (Blockade schützt hinter dir Stehende vor area attacks, Cover Ally gibt nebenstehendem Ally deinen Schildbonus) haben ein paar Sachen in der Hinsicht. Und die Protection Sphere aus Spheres of Power hat die Guardian Aegis, die Feinden ebenfalls Angriffsmali gibt, wenn sie nicht den Träger der Aegis (der aber nicht der Zauberer selbst sein muss), sondern seine Verbündeten angreifen.
Sind alles ganz nette Aggros, wenn man 3PP zulässt ... nur bis auf den Delayed Damage Pool der Guardian Sphere nicht viel, das beim Schadeneinstecken hilft, dem zweiten wichtigen Teil eines Tanks. Da wird doch vom Spieler erwartet, dass er sich AC und DR besorgt.
Feuersänger:
Jop, das meinte ich als ich schrieb "nicht mit Paizo-Material". Der Warder ist ja mehr oder weniger ein Remake des Crusaders, und ein sehr gelungenes, möchte ich meinen. Wobei der ja auch vor allem ein Control-Tank ist. Bei den anderen Klassen die du beschreibst sind auch ein paar schöne "Aggro-Tanks" dabei.
Die haben dann halt auch grünes Licht, sich hohe Verteidigungswerte zuzulegen. ;) Das ist ja im Standard-D&D so der häufige Irrtum, dass ein Tank schwer zu treffen sein müsste. Aber wenn er die Gegner nicht zwingen kann, ihn anzugreifen, und die merken dass sie ihm nicht wehtun können -- suchen sie sich doch umso lieber ein leichteres Ziel.
In unserer aktuellen Runde etwa spiele ich einen Paladin mit eher niedriger AC -- den Schaden, den ich einstecke, heile ich aus einem Reservepool (LoH natürlich), der meine eigentlichen HP um ein mehrfaches übersteigt. Das weiß der Feind aber nicht, und kann sich bis zur Erschöpfung abarbeiten. xD
Der Crusader in 3.5 hat ja auch so einen Delayed Damage Pool -- der obendrein den Effekt hat, die eigenen Angriffe zu verstärken, während er sich füllt. Und dazu hat er auch noch Tools, die dem Gegner keine gute Option lassen - nämlich nur, entweder ihn oder niemanden anzugreifen. Da weiß ich jetzt nicht auswendig, ob der Warder sowas auch zu bieten hat.
Naja, anyway -- da meiner Erfahrung nach leider die meisten SLs schon rote Flecken im Gesicht kriegen, wenn man nur nach 3PP fragt, bleibt der Status Quo im Regelfall bei "In Pathfinder gibt es keine Defender". :6
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