Hm. Ich frage mich mal ganz ketzerisch, was eigentlich an RuneQuest attraktiv sein soll? Mir erschließt sich das nicht und hat sich noch nie erschlossen. Bei den ganzen Systemen, die auf RuneQuest basieren, empfinde ich das als gravierenden Nachteil.
RuneQuest (oder Basic Roleplaying generell) MUSS nicht jedermanns Geschmack treffen (das tut D&D, GURPS, FATE oder DSA ja auch nicht). Es muss für das eigene Verständnis was ein Rollenspielsystem spielbar macht passen.
RuneQuest ist weder ein Storytelling- oder den Spieler-mitbestimmendes-System (wie z.B. FATE oder HeroQuest - auch als HeroQuest Glorantha erhältlich).
RuneQuest ist auch kein klassisches Rollenspielsystem indem es vorrangig darum geht das Problem zu lösen und sich zu verbessern (wie. z.B. Pathfinder, D&D oder 13th Age - auch als "13th Age Glorantha" erhältlich).
RuneQuest ist ein simulationistisches System (und daher eher in einer Kategorie mit Warhammer, Harnmaster, oder Rolemaster).
Zugegeben für die Storyteller und klassischen Rollenspieler erschliesst sich der Vorteil von RuneQuest vielleicht nicht, aber für eine simulationistisches Spielsystem macht RuneQuest seine Aufgabe SEHR GUT.
Hab früher öfter mal CoC gespielt. Das System stand immer beshceuert im Weg, die Charaktere waren durchgehend luschig selbst in ihren Spezialdisziplinen und so weiter.
Zum ersten sind Cthulhu-Charaktere keine Helden und sollen es auch gar nicht sein.
Wenn ein Charakter in seinen Spezialfertigkeiten nicht gut ist wurde entweder versucht aus den Ausgangsdaten eines Charakteres ein nicht dazu passender Beruf gewählt, oder der Charakter wurde einfach nicht gut erschaffen. Dafür kann das Spielsystem nichts.
In Elric habe ich ne längere Kampagne geleitet - wenn auch mit modifizierten Charakteren. Ursprünglich hatte einer der Spieler nen Kriegerpriester von Pan Tang mit eigener Flotte, Armee und supermächtiger Magie erwürfelt, ein anderer nen einbeinigen Bettler aus Nadsokor. Wir haben das probiert, aber das war einfach nur scheiße.
Zitat aus "Sturmbringer - Charaktererschaffung; Seite 20, erster Absatz":
"Es hängt von der Entscheidung des Spielleiters ab, ob die Nationalitäten frei vom Spieler gewählt oder aber ausgewürfelt wird."
Wenn man eine bestimmte Kampagne in Kopf hat, dann gibt man den Spielern bestimmte Nationalitäten zur Auswahl die auch zusammen passen. Wenn man sie auf einer Tabelle auswürfeln lässt, sich wundert, dass nichts zusammenpasst und es dann nicht selbst modifiziert oder sich gemeinsam mit den Spielern eine Erklärung überlegt wie diese Zusammenstellung in dem Setting zusammengekommen ist, dann liegt das eher an einem unerfahrenen Spielleiter, wenn er sich Schritt für Schritt durch die Charaktererschaffung durchhangelt und lieber Zufallstabellen folgt als dem gesunden Menschenverstand.
Zugegeben: Als 1989 Sturmbringer auf deutsch erschien waren nicht viele von uns erfahrene Spielleiter...
Und so weiter. Meine Erfahrungen mit RuneQuest und den darauf basierenden Spielen waren durchweg miserabel. Ich würde gerne versuchen zu verstehen, aus welcher Richtung man das ernsthaft gut finden kann und woher auch heute noch die sehr gute Reputation kommt. I am puzzled - aber der OP ja offensichtlich auch ein bisschen.
Ich kann nicht für die Ansichten der anderen Forumsteilnehmer sprechen, aber für mich hat RuneQuest (und damit die meisten BRP-Ableger) folgende Vorteile die mich ansprechen:
- Fertigkeiten in %: Sehr einsteigerfreundlich, da jeder mit der Ansage von z.B. 70% auf Springen seine Chancen einschätzen, und sich sehenden Augen entscheiden kann ob er versuchen will von einem Häuserdach zum nächsten springen. Dazu ist keine Vorerfahrung in irgend einem Rollenspiel nötig und auch keine keine Kenntnisse von Wahrscheinlichkeitsrechnungen irgendwelcher mehrseitigen Würfel (es weiß ja schon kaum jemand, dass der Durchschnitt von 3W6 = 10,5 ist. Prozente kann jeder grob einschätzen und liegt zumeist damit gar nicht mal soweit daneben).
- Keine Charakterklassen, Erfahrungspunkte und Stufen, sondern individuelle Verbesserungen von Fertigkeiten: Jeder kann (theoretisch, wenn Spielwelt und Spielleiter es gestatten) alles machen. Einschränkungen sind nur in der Spielwelt begründet, nicht im Spielsystem.
- Kampf ist gefährlich, immer!: Egal wie erfahren und mächtig du bist, kann ein Treffer an der richtigen Stelle tödlich sein.
- Kompabilität der verschiedenen BRP-Systeme: Ich brauche Körpertrefferzonen für Sturmbringer? Dann nehme ich die Regel von RuneQuest. Ich brauche Regeln für Psi-Kräfte für Cthulhu? Dann nehme ich die von ElfQuest. Ich brauche vereinfachte Regeln für Rüstungen, Waffenschaden und nur Gesamtlebenspunkte für RuneQuest? Dann nutze ich diese Vereinfachten Regeln von Elric!/Stormbringer/Magic World!
Alles andere sind Zusatzregeln die je nach BRP-Version (oder RQ-Edition) genutzt werden können und sinnvoll sind, oder nicht.