Weiter geht es...
Whispers in the Dark: Quickstart Rules for 5e
Pitch:
Whispers in the Dark is a quickstart ruleset with everything you need to play a game of investigative horror in gaslight era New Orleans, complete with an adventure and pre-gens. Players of D&D will be able to jump right in and enjoy a completely different gaming experience with rules that they already know..Ein paar Worte vorweg:Weltengeist stellt in seinen Rezensionen immer die Frage: "Warum habe ich dieses Werk gekauft?". Also, warum habe ich 4,50 € für ein 76-seitiges pdf ausgegeben, dass nur die rudimentären Quickstart Rules enthält?
Da muss ich ein wenig weiter ausholen bzw. eine Reise in die Vergangenheit antreten. Als um die Jahrtausendwende (20 Jahre ist das schon her...) D&D 3.0 herauskam und mit ihr die große d20-Welle begann, gab es immer wieder die üblichen Frotzeleien wie "Mit D&D kann man ja nur Hack&Slay spielen!". In einigen meiner damaligen Gruppen kam diese Variante auf: "Mit d20 kann man kein Cthulhu spielen, das funktioniert nicht richtig™!". Da ich aber mittlerweile im Besitz des in meinen Augen großartigen Buches "Cthulhu d20" war, lautete die Antwort: "Doch, man kann!".
So ein "Doch" ist allerdings relativ zahnlos, wenn man es nicht belegen kann. Also wurde es gespielt, in mehreren Gruppen, mal als Few-Shots, einmal sogar als Kampagne. Ergebnis: Viele zufriedene Gesichter, einige, die grummelnd zugeben mussten, dass es "okay" war (mehr war auch nicht zu erwarten) und natürlich auch "Nein, gefällt mir immer noch nicht!". Mittlerweile sind wir ja etwas weiter; Cthulhu muss nicht mehr "pur" gespielt werden, sondern viele Regelsysteme und Spielweisen haben Einzug erhalten und ihre Fans und "Ablehner". "Whispers in the Dark" soll eine D&D 5E-Variante werden (ein Crowdfunding erfolgt dieses Jahr) und nach einem Interview mit einem der Macher (Matt Corley) und der Feststellung, dass einer meiner Liebelings-5E-Autoren mit an Bord ist (M. T. Black), war meine Neugier geweckt.
Mein Eindruck:Wie immer ein paar "Hard Facts", die sich natürlich nur auf diesen Qucikstarter beziehen; möglicherweise ist es dann im fertigen Produkt noch ein wenig anders. 78 Seiten, das Artwork weiss im Großen und Ganzen zu gefallen, wobei ich ein wenig irritiert war über die Uneinheitlichkeit an manchen Stellen. Ein Bild im besonderen, dass ich eher dem comichaften Stil von Mutant: Year Zero zugeordnet hätte, fiel hier besonders auf, gerade im Vergleich zu den eher düsteren Bildern im Rest des Werkes.
Eine weitere wichtige Sache, die auch Chapter 1 ausmacht: Whispers in the Dark ist
kein eigenständiges Regelsystem, sondern baut auf die Basic Rules der 5E auf. Das sollte man wissen und vor allem sollte man diese kennen, denn sie sind nicht noch einmal hier abgedruckt, so dass gewisse Mechaniken dort "erlernt" werden müssen vom SL/Spieler. Da die Basic Rules aber kostenlos in einem schönen Layout als pdf abrufbar sind, sehe ich das nicht als Mangel an; ob sie die Basic Rules im fertigen Buch abdrucken werden/dürfen, wird man sehen (ich denke eher nicht).
Chapter 2 ist ein "Kann-Kapitel", welches man vielleicht nicht benötigt, ich aber trotzdem gut finde. Einerseits (alles auf einer Seite) ein kurzer Abriss, was den Mythos bzw. Yog-Sothothery ausmacht, andererseits auch ein paar Worte zu H. P. Lovecraft, wo gesagt wird, dass man seine Ansichten zu Religion, Geschlecht und "Rasse" aus der damaligen Zeit eben nicht teilt. Wie gesagt, ich hätte es nicht gebraucht, aber ein Deutlichmachen schadet sicher nicht.
Chapter 3 geht es dann los: Charaktererschaffung! Mal die wichtigsten Sachen: Es gibt keine Klassen, es gibt keine unterschiedlichen Hitpoints und der Stufenanstieg ist für alle gleich. Klingt langweilig? Kurz drüber nachdenken, was gespielt wird...es ist eben kein Fantasy-D&D und der Kampf steht nicht zwingend im Vordergrund. Es sind auch hier nur 10 Stufen (ja, die gibt es noch) vorgesehen; ob dies im Hauptwerk dann noch weitergehen wird...abwarten.
Wie setzt sich also ein Charakter zusammen? Ancestry-->Background-->Ability Scores-->Equipment-->Relationships. Da Ancestry, Background und Equipment noch in weiteren Kapiteln erläutert werden, nur kurz etwas zu den anderen beiden. Bei den Ability Scores wird ein Standard Array empfohlen, dass von den Spielern noch selbst ein wenig modifiziert werden kann. Wer möchte, kann natürlich auch irgendeine der gängigen D&D-Auswürfel/Erstellmethoden anwenden, wobei ich Point-Buy mit hohen Punktzahlen hier nicht empfehlen würde. Schon mal vorweg: Charisma als Ability sollte hier nicht vernachlässigt werden. Bei relationships geht es einfach nur darum, welche Beziehungen zwischen den Spielern herrschen. Was hält sie als Gruppe zusammen, warum arbeiten sie überhaupt miteinander. Ohne Regeln.
Chapter 4, Ancestries. Keine Überraschung: Man spielt einen Menschen. Überraschung: Es gibt "verschiedene" Menschen. Man hat die Auswahl zwischen drei möglichen Menschenarten, den "normalen" Menschen, den "Human (Lengian)" und den "Human (Deep Blooded)". Wer sich mit Cthulhu ein wenig auskennt, wird ahnen, worum es sich bei den letzten beiden handelt, nämlich um Nachfahren von menschen, die entweder vom Leng-Plateau stammen oder das Blut von "Deep Ones" in sich tragen. Sie sind also schon von vorneherein etwas übernatürlich. Dies spielt sich auch in den Spielwerten wieder, wobei es eben nicht nur Vorteile wie Dunkelsicht gibt, sondern durchaus auch Nachteile. Wenn man auf die Balance achten möchte: Common Humans stehen nicht schlechter da.
Backgrounds (Chapter 5) sind wohl das, was man beim klassischen D&D als "Klasse" bezeichnen würde. Sie geben regeltechnisch vor, welche Skills man beherrscht, welche Sprachen man spricht, in welchem Rettungswurf man geübt ist und mit wieviel Geld man startet. Insgesamt sind hier 8 Backgrounds abgedruckt; ich gehe fest davon aus, dass es später mehr sein dürften, aber ansonsten ist es auch nicht schwer, selbst welche zu erschaffen. Für den Einstieg ist hier vom Hobo über den Soldaten und den Arzt bis hin zum Künstler alles dabei, was man zum ersten Spielen braucht.
Chapter 6 widmet sich den Feats. Im Gegensatz zum Standard-D&D empfinde ich sie als nicht so stark, sondern eher als definierend für den Charakter. Es sind insgesamt 13 Stück aufgeführt; einige körperliche, einige geistige, einige soziale und eines, dessen Sinn ich nicht kapiert habe...
Als Beispiel:
True Believer
You are a firm believer in some higher power, and this gives you internal strength.
You gain the following benefits:
• Increase your Wisdom score by 1, to a maximum of 20.
• You gain proficiency in Wisdom saving throws.
• You have advantage on saving throws against being charmed or frightened.Ich fasse mal eben Kapitel 7 (Equipment) und Kapitel 9 (Magic) zusammen, bevor ich mich etwas intensiver Chapter 8 widme:
"Equipment" besteht aus Waffen (inkl. ihrem Schaden, Kosten und speziellen Regeln) und den Kosten für Alltagsgegenständen bzw. Gegenständen, die für investigative Abenteuer nötig sein könnten. Und Musikinstrumenten (keine Ahnung, warum). Das Magiekapitel...gibt es noch nicht.
Chapter 8 ist regeltechnisch sehr wichtig, denn hier geht es um "Damage, Healing & Rest". Für mich würde sich hier zeigen, ob das Buch für Cthulhu-Abenteuer, wie ich sie mir vorstelle (investigativ und auch gefährlich/tödlich), geeignet ist. Vorweg: Ich denke schon, denn die Regeländerungen zu den Basic Rules sind genau auf diese Punkte ausgelegt. Ich versuche mal, es kurz abzuhandeln:
a) Die "Rest"-Mechanik ist so abgeändert, dass eine "Short Rest" jetzt min. 8 Stunden dauert, eine "Long Rest" min. 1 Woche. Eine vollständige Heilung von Wunden ist also erst nach einer Woche Bettruhe möglich.
b) Sollte man mal dem Tod nahe gewesen sein (0 Hit Points), besteht die Chance einer dauerhaften Verletzung. Dies kann zwischen einer kleinen Narbe über einen verstauchten Knöchel (der nach 4 Tagen wieder geheilt ist) bis hin zum Koma alles mögliche sein. Bevor Aufschreie kommen: Zu 35 % passiert gar nichts.
Was fehlt noch, damit es auch wirklich Cthulhu ist? Richtig, "Sanity"! Ohne die Furcht davor, dass der SC wahnsinnig wird, ist es weder Fisch noch Fleisch!
Chapter 10 widmet sich dann "Madness & Sanity". Der "Sanity-Wert" eines SC ist eine sich ständig verändernde Ressource. Der Maximalwert setzt sich zusammen aus dem Charisma
wert plus dem Modifikator des Wisdom-Wertes (höchstens 25). Daraus leiten sich dann auch die Boni bei einem Sanity-Check ab. Beispiel: Sir Arthur Miller hat einen Charismawert von 16 und einen Modifikator durch Wisdom von +2, so hat einer einen Sanitywert von 18, was ihm einen Modifikator von +4 bei Sanitychecks einbringt,
solange er noch keine Sanitypoints verloren hat. Verringert sich der Sanitywert im Laufe des Spiels durch nichtgeschaffte Würfe, wird natürlich der neue Modifikator genommen.
Verpatzt man einen Sanitycheck, hat das zwei Auswirkungen. Einerseits den Verlust von Sanitypoints (1d4) wie auch eine sofortige "Madness". Klingt hart, aber die Madness hält oft nur für die Begegnung an oder für eine kurze Weile (Short Rest). Aber natürlich kann es auch passieren, dass ein SC eine längerfristige mentale Krankheit entwickelt, die dann nicht mehr ganz so einfach zu beheben ist...wenn überhaupt.
Hat mir insgesamt gut gefallen, bedarf natürlich immer einer Probe am Spieltisch, ob es funktioniert und wo man evtl. etwas schrauben muss.
Zum Schluss ist auch noch ein Beispielabenteuer enthalten. Hatte ich schon erwähnt, dass ich New Orleans als Ausgangsort für eine großartige Wahl halte? Kann gar nicht genau sagen, warum...aber passt für mich.
Neben dem Abenteuer sind auch Beschreibungen (kurz) bestimmter Gegenden von New Orleans vorhanden, definitiv ein Pluspunkt. Das Abenteuer selber ist sowohl auf bestimmte Ereignisse als auch auf bestimmte Orte aufgebaut. Sprich: Nach verschiedenen Zeitabschnitten passiert etwas (wenn die SC es nicht verhindern) und die Orte dienen dazu, Informationen zu sammeln und den "Fall" zu lösen.
Worum geht es? Naja, nichts besonderes im Prinzip, Slasher-Morde. Bei Opfer 1 wurden die Eingeweide herausgerissen, bei Opfer 2 fehlt der Magen, usw. Es ist an den Spielern/SC, herauszufinden, welche Verbindung zwischen den Opfern besteht, weitere Taten zu verhindern und evtl. hinter das Geheimnis der Morde zu kommen, wobei das Scheitern der SC als Möglichkeit explizit erwähnt wird. Nichts Weltbewegendes, aber grundsolide und als Einstieg sicherlich gut zu gebrauchen. Handouts sind auch dabei, keine Klagen von meiner Seite.
Mein Fazit:Ich bin gespannt auf den Kickstarter und werde zuschlagen. Habe defintiv 4,50 € schon schlechter investiert, im Gegenteil: Das macht Lust auf mehr. Bis jetzt auf jeden Fall: