Sodele, es ist soweit.
Hier kommt nun der erste Versuch einer Rezension nach dem
neuen Muster.
Vorab sei noch gesagt, dass ich mich vordergründig erstmal an Schnellstarter halten werde aus dem einfachen Grund, dass diese nicht ganz so umfangreich sind wie ein Grundregelwerk, Quellenbuch oder Abenteuerband.
Ich wünsche viel Spaß beim Lesen und würde mich über Feedback und (konstruktive) Kritik freuen.
Rezension Was haben wir hier? Typ: Schnellstarter; Softcover
Sprache: deutsch
Umfang: 60 Seiten
Genre: (High) Fantasy
Kosten: Nix ( PDF gratis downloadbar)
Sprache & OptikDer Schnellstarter ist insgesamt recht verständlich geschrieben und gut zu lesen- wenn man von gelegentlichen Orthographie-Fehlern absieht. Diese stören den Lesefluss aber nicht wirklich. Allerdings verwendet es manche typischen Begriffe ein wenig anders als in anderen Systemen, was beim Lesen zuweilen etwas verwirrt. Während in anderen Systemen "Talente" meist irgendwelche besonderen Fähigkeiten oder Begabungen darstellen sind hier Talente unterteilt in Fertigkeiten, Fähigkeiten & Kenntnisse sowie Haupt-und Sekundärtalente- was imho unnötig ist und beim Lesen eher verwirrt als dass es der Übersichtlichkeit dient.
Grafisch gefällt mir der Schnellstarter gar nicht schlecht. Es gibt selbstredend andere Genre-Vertreter mit einer höheren grafischen Qualität, aber insgesamt finde ich das hier schon sehr solide. Stilistisch weist der Schnellstarter unterschiedliche Grafikstile auf, und ein paar der Bilder gefallen mir weniger gut als die anderen, da sie leicht verwaschen wirken und nicht so detailliert sind wie die anderen. Aber -wie schon gesagt- insgesamt kann sich der Schnellstarter von seiner optischen Seite her durchaus sehen lassen.
Der Schnellstarter im Überblick
Vom Aufbau her geht der Schnellstarter einen etwas ungewöhnlichen Weg: Es werden zunächst mal die Regeln vorgestellt, inclusive etwaiger Zusatzregeln, bevor man dann nach etwa 20 Seiten etwas über die Spielwelt von Sarôsta erfährt. Dieser Abschnitt ist jedoch sehr kurz ausgefallen, er umfasst gerade mal 8 Seiten, von denen 7 für eine kurze, aber gute Vorstellung der 14 verschiedenen spielbaren Völker drauf geht. Dann gibt es noch 1 Seite wo man etwas über die Götter und Religion so wie 2,3 allgemeine Dinge erfährt- und das war's zur Spielwelt.
Die Regeln sind zunächst nicht schwer: Es ist ein W12-Pool-System, das mit Erfolgen arbeitet (ähnlich wie die WoD oder Shadowrun). Dabei muss man jedoch den Schwierigkeitsgrad
unterwürfeln, um Erfolge zu erzielen. Der durchschnittliche SG dabei ist 6, kann sich aber durch Modifikatoren erleichtern oder erschweren.
Es mutet jedoch ein bisschen komisch an, dass man bereits hier am Anfang Regeln für Geschwindigkeit(en) und (Bewegungs)Reichweiten hat?! Wozu?
Für eine Probe würfelt man eine Anzahl an Würfeln, die der Summe aus Attribut und Skill entsprechen. Alle Würfel, die eine Zahl <6 zeigen sind 1 Erfolg und im Normalfall reicht 1 Erfolg, um die Probe zu bestehen. Zeigen alle Würfel eine 12, dann ist das ein kritischer Patzer. Einen kritischen Erfolg (alle Würfel zeigen eine 1) gibt es hingegen nicht.
Das Regelsystem, das zunächst noch einfach anmutet, wird im weiteren Verlaufe des Schnellstarters schnell und zunehmend komplexer. Angefangen bei den Sekundärtalenten: Das sind (besondere) Spezialisierungen, bei denen der SG 7 und nicht 6 ist (höhere Chance auf Erfolge) und zudem dürfen hierbei 1er nachgewürfelt werden (sie "explodieren"), wodurch man noch mehr Erfolge erzielen kann.
Besitzt man das entsprechende Sekundärtalent nicht, kann man auf ein Haupttalent ausweichen.
Beispiel: Reiten ist hier wohl ein Sekundärtalent, wenn man das nicht hat kann man auf Körperbeherrschung stattdessen würfeln (lassen). Dann steigt jedoch der SG auf 5.
Allerdings gibt es hier einen Widerspruch im Regelwerk: Zunächst heißt es nämlich, dass man eine Probe nicht ablegen kann, wenn das Haupttalent nicht vorhanden ist. Andererseits heißt es aber, dass wenn das Haupttalent nicht vorhanden ist, man nur mit den Eigenschaftswürfeln (=Attributswürfeln) würfeln darf.
=> Äh, ja was denn nun?!
Darüber hinaus gibt es gleich 2 Arten von Erschwernissen & Erleichterungen (Achtung!): Einerseits kann sich a) der MW (Mindest-oder Maximalwurf) verändern, also der grundlegende SG. Andererseits kann sich aber auch b) die Anzahl an Mindesterfolgen verändern, die man benötigt um die Probe zu schaffen. Veränderungen bei a) treten vor allen Dingen durch äußere Einflüsse auf wie z.B. (schlechte) Sichtverhältnisse. Veränderungen bei b) hingegen treten durch die "Objektbeschaffenheit" auf: Man braucht weniger Erfolge, um ein altes, verrostetes Schloss zu öffnen als eines mit drei verschiedenen Sicherungsmechanismen. Das macht das System natürlich nochmal komplexer, auf der anderen Seite finde ich diese beiden unterschiedlichen Anpassungen an Schwierigkeitsgrade durchaus interessant und passend, zumal ich das bislang aus keinem anderen System kenne.
Das alles fällt übrigens noch in das Kapitel mit den "Allgemeinen Proben", das dann auch noch die Rubriken "Heilung" (normal&magisch) sowie "Behinderungen" abdeckt. Ich persönlich hätte die Heilung ja zum Kampfkapitel gesteckt, das im Anschluss folgt und die magische Heilung zum Kapitel "Magie", das nach dem Kampf(Kapitel) kommt.
Abgesehen davon, dass der Abschnitt mit "Behinderungen" einen weiteren Beweis für die zunehmende Komplexität des Regelwerkes darstellt, störe ich mich an der Begrifflichkeit bzw. dem Wort "Behinderung" etwas. Belastung wäre imho passender-nicht nur in sozialer Hinsicht.
Zurück zur-hier schon mehrfach angesprochenen-zunehmenden Komplexität des Regelwerks: Behinderung(en) hat unterschiedliche Auswirkungen auf verschieden(st)e Bereiche. Solange der "Behinderungsgrad" 1-4 beträgt, gibt es keinerlei Einschränkungen. Ab 5-7 gibt es
leichte Einschränkungen: Attacke und Parade sind um 1 Pkt. erschwert und die INI wird um 2 gesenkt. Außerdem sind bestimmte körperliche Fertigkeiten um 1 Pkt. erschwert. Dann gibt es darüber hinaus noch mittlere und schwere Einschränkungen, die dann nochmals andere regeltechnische Konsequenzen aufweisen.
Ich liste hier jetzt mal weitere Punkte aus dem Regelwerk auf, die die (zunehmende) Komplexität des Regelwerkes darstellen. So gibt es:
- gezielte Treffer & verschiedene Trefferzonen
- verschiedene Rüstungsteile für verschiedene Trefferzonen
- Rüstungspunkte für Rüstungen
- diverse, verschiedene Wundmali, die je nach ge-bzw. betroffener Körperregion unterschiedliche regeltechnische Auswirkungen haben
- Regeln zum Ersticken
- zahlreiche, sonstige Modifikatoren
- separate Patzertabelle für den Kampf
KampfAuch der Kampf gestaltet sich zunächst simpel. Es würfelt jeder Kampfbeteiligte INI, der mit der höchsten INI beginnt. Jeder hat pro Kampfrunde 1 freie und 2 komplexe Aktionen. Ausweichen z.B. ist eine freie Aktion, während Attacke & Parade eine komplexe Aktion darstellen. Man kann also noch ausweichen, wenn man seine ATT & PAR schon verbraucht hat.
Attacke & Parade werden stets als vergleichende Proben abgehandelt- das kann u.U. in ziemlichen Würfelorgien ausarten. Hier wäre so etwas wie ein passiver Verteidigungswert für den Verteidiger vermutlich sinnvoller (gewesen). Bei einem Gleichstand (Angreifer & Verteidiger haben gleich viel Erfolge) wird zuerst die Körperkraft verglichen -und sollte die auch gleichhoch sein, dann gewinnt der Verteidiger. Etwas umständlich in meinen Augen- man könnte auch gleich sagen, dass bei Gleichstand der Verteidiger gewinnt.
Beim Schaden wird dann noch ein Trefferzonen-Würfel mit gewürfelt, der angibt, welche Körperregion man getroffen hat (es sei denn, man hat einen gezielten Angriff vorgenommen). Schaden wird zuerst vom Rüstungswert der Rüstung abgezogen- und wenn dann noch Schaden übrig ist, wird er auf dem Schadensmonitor des Charakterbogens notiert.
MagieKein Fantasy-System ohne Magie- so auch in Sarôsta. Magie wird durch 3 Grundwerte definiert: Wirkungsart, Wirkungsbereich und die Eigenschaft (Attribut). Beim Zaubern fungieren dann immer Wirkungsart & Wirkungsbereich zusammen. Warum man da dann aber 3 Werte braucht, wenn doch letzten Endes nur 2 eine Rolle spielen, erschließt sich mir nicht so ganz. Wieder etwas unnötig umständlich...
Regeltechnisch verbraucht ein Zauber im Kampf beide komplexe Aktionen. Und Metall ist Gift für Magier bzw. erschwert das Zaubern nicht unerheblich.
Magie hat zudem Grenzen. Während einige Grenzen durchaus plausibel sind (tot ist tot, es gibt keine Nekromantie, schade) muten andere Grenzen etwas komisch an, wie z.B. dass man eine Person wahren Glaubens
tm magisch nicht beeinflussen können soll, weil sein Glaube ihn quasi magisch immun macht. Man kann also Geweihte nicht dazu zu bringen, mittels Magie gegen ihren Glauben zu agieren. Hm.
Andererseits heißt es, man kann magische Angriffe abwehren, wenn sie den Geist oder die Sinne (des Betroffenen) beeinflussen würden.
Äh...ja wie jetzt? Was heißt das für Geweihte? Sind die nun immun gegen (magische) Beeinflussung-oder nicht?
Zauberei ist darüber hinaus sehr gefährlich. Bei allen Zauberproben wird ein 1W12 Zufallswürfel mit gewürfelt; und wenn der eine 7-12 zeigt, dann treten irgendwelche Nebenwirkungen auf-auch bei einer erfolgreichen Probe.
Das AbenteuerIm Schnellstarter ist ein ca. 15 seitiges Abenteuer vorhanden. Das Abenteuer ist eher investigativ denn explorativ ausgelegt, denn es geht in 1. Linie darum, einen Mordfall aufzuklären. Der Rahmen ist durchaus angemessen für ein Abenteuer in einem Schnellstarter und sollte sich in einem One Shot gut bewerkstelligen lassen. Es gibt eine überschaubare Anzahl an Verdächtigen & Zeugen, so dass hier wenig Gefahr besteht, die Übersicht zu verlieren. Etwas schade ist nur, dass es einige Gerüchte zum Ort und den Verdächtigen gibt, die aber erst auf der letzten Seite des Abenteuers auftauchen. Zudem gibt es da ein paar Hintergrundinfos (zu gewissen Personen) bei denen es nicht schaden würde, wenn man die schon zu Anfang hätte. Darüber hinaus gibt es leider keinerlei Setting-Infos zum Abenteuer, auch schade.
Das Abenteuer an sich ist aber ganz solide ausgestaltet.
Zudem startet das das Abenteuer in einem Luftschiff; es ist aber sonst nichts darüber bekannt, dass es in der Spielwelt von Sarôsta Steampunk-Elemente gibt oder geben würde. Auch sonst präsentiert sich Sarôsta als klassisches High Fantasy RPG, weshalb die Szene etwas komisch anmutet.
SonstigesEs finden sich dann noch 4 vorgefertigte Charaktere samt ausgefüllten Charakterbögen (in Farbe). Jeder Charakter hat allerdings 3 Seiten Charakterbögen und verfügt zudem über eine wahre Fülle an Fertigkeiten. Dafür sind die Charakterbögen schön übersichtlich gestaltet. Vorteile und Nachteile sowie ne kurze Hintergrundinfo zu den Charakteren runden die Charakterbögen ab.
Pro & ContraPro- gute, solide Grafiken
- breite Auswahl an spielbaren Völkern (14 Stück)
- einfache Grundregelmechanik
- interessante Regeln zu Erschwernissen & Erleichterungen
- kleine Textkästen mit Erklärungen helfen beim Verständnis
- grundsolides Abenteuer
- eigenes Wiki, eigene Homepage und eigene FB-Seite
Contra- strukturell verbesserungswürdig (nicht gleich mit zig Regeln ins Haus fallen; zudem: erst Setting, dann Regeln)
- keine oder nur unzureichende Infos zum Setting (es gibt zwar einen Hinweis auf die Homepage, aber sowas gehört in den Schnellstarter!)
- Regelsystem für einen Schnellstarter zu detailliert und zu komplex
- Regeln erscheinen teilweise unnötig umständlich
- Widerspruch bei den Regeln
- keine Settinginfos zum Abenteuer
- Gerüchte & Hintergrundinfos zum Abenteuer erst auf der letzten Seite des Abenteuers
- seit 2017 offensichtlich Stillstand in der Entwicklung
Fazit & GesamteindruckKleine Anekdote vorweg: Ich war damals auf dem GRT 2017- extra wegen Sarôsta. Das hatte damals mein Interesse geweckt, und ich wollte eines von den kostenlosen Schnellstarter-Heftchen zu Sarôsta abgreifen und leiten. Auf dem GRT waren dann aber beide Exemplare recht schnell vergriffen und ich ging etwas betrübt mit leeren Händen nach Hause.
Was also habe ich nun- im Nachhinein betrachtet- verpasst ?
Fazit: Das hier ist ein Schnellstarter, dem man zunächst mal anmerkt, dass er offensichtlich um jeden Preis damals zum GRT 2017 fertig werden musste (Orthographiefehler, Struktur). So wirken manche Sachen/Bereich wie reingequetscht oder noch in letzter Sekunde dazu addiert, gemäß dem Motto: "Hauptsache das ist auch noch drin". Auf der anderen Seite merkt man ihm aber auch an, wie viel Herzblut der Autorin da drin steckt.
Die Autorin selbst hat in einem Interview mal gesagt, dass sie sehr von DSA angetan/geprägt ist- und das merkt man Sarôsta auch an- in positiver wie in negativer Hinsicht. Negativ merkt man das in erster Linie am viel zu komplexen Regelsystem und daran, dass einige Sachen einfach nur unnötig (komplex) geregelt sind. Ich meine es ist ein Schnellstarter. Der darf ruhig regeltechnisch ein wenig in die Breite oder Tiefe gehen, aber nicht in einem solchen Umfang, wie wir ihn hier haben. Das ist viel zu viel Kleinkram und Micromanagment in regeltechnischer Hinsicht für einen Schnellstarter. Bei einem Schnellstarter muss es einfach und überschaubar sein, es muss flutschen. Wozu brauche ich da verschiedene regeltechnische Auswirkungen von Belastungen? Oder wozu muss ich da wissen, wie weit mein Charakter laufen kann? Es geht um Rollenspiel und nicht um Table Top.
Sarôsta ist von den Regeln her sehr detailliert- mir zu detailliert für einen Schnellstarter (s.o.). Es wird relativ schnell klar, dass Sarôsta regeltechnisch sehr viel Wert auf Realismus legt (Trefferzonen, Rüstungspunkte, Belastungsregeln, etc.)und ich weiß auch, dass es Leute gibt, die genau so etwas mögen und auf so etwas Wert legen. Aber selbst wenn: Für einen Schnellstarter ist es einfach einen Tacken too much. Und dafür fehlen auf der anderen Seite ganz klar Informationen zum Setting, die praktisch nicht vorhanden sind.
Auf der anderen Seite versprüht Sarôsta aber auch einen gewissen Charme. Das ist so ein bisschen der Charme, der mich überkommt, wenn ich das Cover von einer alten DSA-Box sehe. Und das meine ich durchaus positiv. Zudem scheinen die 14 spielbaren Völker in gewisser Weise eine Mischung der Völker aus "Die Vergessenen Chroniken" und "Elyrion" darzustellen und zumindest bei den beiden fand & finde ich die verschiedenen Völker sehr interessant und spannend.
Im Endeffekt haben wir hier also einen Schnellstarter mit etwas zu viel Crunch und zu wenig Fluff. Etwas abspecken und weniger beim Regelumfang und dafür mehr Settingdetails würden dem Schnellstarter auf jeden Fall gut tun. Einfach ein paar Seiten vom Regelumfang streichen und durch ein paar Seiten Settingbeschreibung (auch zum Abenteuer) ersetzen, und das Teil hier genügt deutlich mehr den Anforderungen an einen Schnellstarter. Sein Charme rettet ihn quasi noch in den "guten" Bereich.
So bleibt unterm Strich ein guter Schnellstarter mit Abzügen/Abstrichen in der B-Note.
Gesamteindruck:
GUT (-)Ach ja, mich würde es trotz des etwas zu groß geratenen Regelumfangs reizen, Sarôsta mal auszuprobieren. Ich könnte mir das auch gut hier in Form eines kleinen Forenspiels vorstellen. Falls da jemand Interesse haben sollte, dann kann er/sie sich gerne schon bei mir (auch via PM) melden. Ich denke, ich werde dazu beizeiten auch noch einen Thread im Forenspiel-Channel aufmachen.