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Chiarina sieht Film Noir

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Chiarina:
Laura (1944, Regie: Otto Palminger)

Der Film beginnt mit den polizeilichen Ermittlungen zum Mord an der New Yorker Werbeagentin Laura Hunt (Gene Tierney). Die Frau wurde am Eingang ihrer Wohnung durch einen Schuss in ihr Gesicht getötet. Der zuständige Inspektor ist Mark McPherson. Er befragt zunächst den zynischen, älteren und elitären Waldo Lydecker, einen Radiokolumnisten, der Laura seit langem liebt. Als nächstes geht McPherson der Spur Shelby Carpenters nach. Shelby ist ein reicher Lebemann mit einem etwas zweifelhaften Ruf, der Laura eine Beschäftigung in ihrer Werbeagentur zu verdanken hat. Dort versucht er, durch die Arbeit seinem Leben einen Sinn zu geben. Einen ersten Erfolg konnte er durch eine Werbekampagne erzielen, für die er das Model Diane Redfern gewinnen konnte. Mit Shelby hat sich Laura kürzlich verlobt, aber auch ihre reiche Tante Ann Treadwell hat ein Auge auf ihn geworfen.

Eine Weile lang können wir als Zuschauer den Fortschritt der Ermittlungsarbeit verfolgen. Viel spannender ist aber, dass Inspektor McPherson am Tatort so sehr von einem Portrait Laura Hunts gefesselt ist, dass er es schließlich kauft.

Nachdem die Hälfte des Films vergangen ist, taucht einigermaßen überraschend Laura auf. Sie ist gar nicht tot, sondern kommt von einem verlängerten Wochenendurlaub zurück. Schnell stellt sich heraus, dass das Opfer aufgrund des zerstörten Gesichts nicht korrekt identifiziert wurde. Eigentlich ist es das Model Diane Redfern. Die Ermittlungen müssen nach dieser neuen Sachlage von neuem aufgerollt werden. Dabei kommen sich McPherson und Laura näher. Am Ende muss McPherson Laura gegen einen Mordversuch Lydeckers beschützen. Es stellt sich heraus, dass es bereits der zweite ist. Lydecker hat auch Diane Redfern umgebracht, weil er dachte, es handele sich um Laura. Der besessene und krankhaft eifersüchtige Lydecker konnte es nicht ertragen, seine Liebe einem anderen zu überlassen.

Generell macht es der Plot des Films McPherson nicht leicht. Immer wieder stößt der Polizist auf falsche Spuren, die auch an den Zuschauer einige Ansprüche stellen. Dies im einzelnen aufzudröseln halte ich an dieser Stelle für unnötig.

Bemerkenswert sind McPhersons erwachende Gefühle gegenüber dem häufig in Szene gesetzten Portrait der scheinbar ermordeten Laura. Liebe zu einer Toten? Ich hätte in dem Zusammenhang gern etwas mehr über McPhersons Innenleben erfahren, der Kriminalplot lässt dafür aber leider nicht viel Raum.

Bemerkenswert ist auch eine sehr schöne Szene, in der McPherson Laura auf dem Polizeirevier verhört. Er schaltet dazu zwei grelle Lampen ein, die ihr ins Gesicht leuchten. Das ausgeleuchtete Gesicht Lauras ist aber nicht das einer Verbrecherin, sondern das der glamourösen Göttin. Wenig später schaltet McPherson die Lampe wieder aus und der Star im Scheinwerferlicht wird zur Versuchung im Halbdunkel. Deutlicher kann man kaum demonstrieren, was eine femme fatale ausmacht.

Trotzdem ist Laura keine kalte, berechnende Frau und Lydecker und Shelby sind Karikaturen, die als Lebensgefährten für sie kaum in Frage kommen. Daher darf sie am Schluss auch mit McPherson glücklich werden. Der Film hat einen winzigen sozialkritischen Touch, weil er zeigen will, wie zwei Menschen aus ganz unterschiedlichen Milieus trotzdem miteinander glücklich werden: McPherson ist als Polizist ein wenig Underdog und sagt zu den Frauen „Puppe“ und „Biene“. Mit solchen Männern lässt sich Laura eigentlich nicht ein. Hier erkennt sie aber letztlich, dass der Polizist ihr ehrlich zugetan ist und das macht über alle Standesgrenzen hinweg den Ausschlag.

Der Film Noir ist relativ deutlich zu erkennen. McPherson arbeitet oft mit schonungslosen Gegenüberstellungen und Schockmomenten, denen er die Verdächtigen aussetzt. Die Plotidee des falsch identifizierten Opfers ist einigermaßen hart. Immerhin ist der Fehler auf das völlig zerstörte Gesicht der Toten zurückzuführen. Das wird nicht gezeigt, schon die Vorstellung reicht aber für ein wenig Gänsehaut. Am Ende wird gezeigt, wie Lydecker von einem Kollegen McPhersons erschossen wird und kläglich stirbt.

Insgesamt würde ich sagen: Empfehlenswert. Intelligente Handlung, genretypische Elemente, eine hübsche Frau und ein Polizist der Sorte „Harte Schale, weicher Kern“.

Vielen Dank an First Orko, der den Film am Anfang dieses Stranges empfohlen hat.

Chiarina:
Murder, my sweet (dt.: Mord, mein Liebling, 1944, Regie: Edward Dmytryk)

Das ist die Verfilmung eines Philip Marlowe Krimis von Raymond Chandler.

Der Film ist in eine Rahmenhandlung gebettet. In ein Verhörzimmer der Polizei wird Privatdetektiv Philip Marlowe gebracht. Er hat einen Verband um den Kopf, auch seine Augen sind verdeckt. Nach einigen Wortwechseln beschließt er seine Geschichte zu erzählen. Der Großteil des Films stellt als Rückblick seinen Bericht dar.

Ein Clou des Films besteht darin, dass Marlowe in zwei Fällen ermittelt aber irgendwann erkennt, dass sie miteinander zu tun haben.

Für den riesenhaften Ex-Sträfling Moose Malloy soll Marlowe dessen verschwundene Freundin Velma Valentino suchen, die ehemals in einem Nachtclub als Sängerin arbeitete.

Dann erhält Marlow einen Auftrag des dandyhaften Lindsay Marriot. Marlowe soll Marriot bei der Geldübergabe für den Rückkauf einer gestohlenen Jade-Halsbandes als Leibwächter beistehen. Bei der Aktion bekommt Marlowe allerdings einen Schlag über den Schädel und Marriott wird umgebracht. Als Marlowe wieder zu sich kommt sieht er noch halb betäubt, wie eine junge Frau vom Tatort flieht. Marlowe bekommt eine Warnung von der Polizei. Er soll sich aus dem Fall heraushalten und Jules Amthor, der als „Heiler“ bezeichnet wird, aus dem Weg gehen.

Dann erscheint Ann Grayle in Marlowes Büro. Sie will wissen wo das Jade-Halsband ist. Marlowe begleitet Ann zum palastartigen Haus ihres Vaters Llewellyn Grayle und lernt dort neben ihm auch ihre Stiefmutter Helen kennen. Helen ist viele Jahre jünger als ihr Mann Llewellyn und beauftragt Marlowe damit, das Halsband und Marriotts Mörder zu finden. Dann taucht überraschend Jules Amthor im Haus der Grayles auf. Marlowe warnt ihn vor der Polizei.

In einem Nachtclub trifft sich Marlowe dann wieder mit Malloy, der ihn zwingt, ihn ins Haus von Jules Amthor zu begleiten. Marlowe erkennt hier, dass Malloy als Schläger für Amthor arbeitet. Die beiden Fälle beginnen sich zu vermischen. Marlowe beschuldigt Amthor, gemeinsame Sache mit Marriott gemacht und einen Erpresserring betrieben zu haben. Amthor will von Marlowe wissen, wo das Halsband ist. Da es Marlowe nicht weiß, wird er niedergeschlagen und unter Drogen gesetzt. Es folgt eine wundervoll surrealistische Halluzinationsszene mit kreiselnden Deckenleuchten, Blicken durch gesprungenes Glas, vielen Hell-Dunkel-Kontrasten und einiger filmischer Tricks mehr, die für 1944 sicherlich beachtlich waren. Etwa drei Minuten begleiten wir als Zuschauer Marlowe in seinem Drogenwahn. Marlowe erwacht schließlich in der fragwürdigen Privatklinik Amthors, kann fliehen und taucht bei Ann Grayle unter. Jetzt erkennt er in Ann die Frau, die am Ort von Marriotts Ermordung auftauchte. Ann bestreitet, mit dem Verbrechen irgendetwas zu tun zu haben.

Marlowe fährt mit Ann zum Strandhaus der Grayles. Hier wohnte Marriott zuletzt. Die beiden kommen sich näher, streiten sich dann, aber schon taucht Anns Stiefmutter Helen auf und Ann verlässt das Haus. Helen erzählt Marlow, dass sie das Halsband Amthor geben wollte. Er hat ihr versprochen, dass er im Gegenzug über Helens Untreue Stillschweigen bewahren würde. Leider sei das Halsband vor der Übergabe gestohlen worden. Helen behauptet, Amthor habe Marriott umgebracht. Sie bittet Marlowe, Amthor in das Strandhaus zu locken, wo sie ihn dann ermorden will. Marlowe willigt zum Schein ein, begibt sich zu Amthors Haus und findet ihn dort tot. Offenbar wurde er von jemandem mit großen Kräften erschlagen. Sein Verdacht fällt naheliegender Weise auf Malloy und er ahnt wohl auch hier schon, dass es sich bei seiner Velma um Helen Grayle handelt. Marlowe geht in sein Büro, wo Malloy bereits auf ihn wartet. Malloy ist aggressiv, aber Marlowe beschwichtigt ihn, indem er ihm erzählt, er werde ihn zu Velma bringen.

Einen Abend später fahren Marlowe und Malloy ins Strandhaus der Grayles. Marlowe geht vor und will Malloy ein Zeichen geben, wenn er nachkommen soll. Im Haus wartet Helen, zeigt Marlowe das Halsband und erzählt seinen Diebstahl nur vorgetäuscht zu haben. Sie wurde von Marriott erpresst und wollte die fingierte Übergabe nutzen um Marriott zu töten. Marlowe vermutet, dass auch er getötet worden wäre, wenn nicht Ann dazwischen gekommen wäre. Dann erscheinen Ann und ihr Vater. Als Helen Marlowe töten will, erschießt ihr Mann sie. Malloy eilt herbei und erkennt in der toten Helen seine gesuchte Velma. Malloy und Grayle schießen aufeinander, Marlowe geht dazwischen und wird vom Mündungsfeuer geblendet.

Damit ist Marlowes Bericht beendet. Die Polizisten lassen ihn gehen, weil seine Aussage sich mit der von Ann, die bei der Schießerei anwesend war, deckt. Weil es Monate dauern wird, bis er wieder sehen kann, begleitet ihn ein Polizist nach Hause.  Aber auch Ann war bei Marlowes Bericht anwesend. Sie folgt ihm und dem Polizisten zum Auto, komplimentiert den Polizisten weg und setzt sich zu Marlowe ins Auto. Marlowe glaubt, den Polizisten neben sich sitzen zu haben und erzählt ihm, er werde sehen müssen, wie er sich während seiner Augenprobleme die Zeit vertreibe. Dann aber riecht er, dass es Ann ist, die neben ihm sitzt und er sagt, scheinbar noch immer dem Polizisten zugewandt, er werde es mit Küssen versuchen, ob er nicht direkt mit ihm anfangen könne? Lächelnd küssen sich Ann und Marlowe.

Der Film ist toll gefilmt und selten langweilig. Die Halluzinationsszene ist sehenswert. Marlowe zeigt starke Nerven, Helen ist eine wirklich bösartige femme fatale, die Gangster sind brutal. Der Fall ist etwas verwickelt, aber auch wenn man nicht jede Schlussfolgerung Marlowes und falschen Geständnisse seiner Verdächtigen nachvollziehen kann, bekommt man doch ganz gut mit, was los ist. Der Beschützer der Unschuldigen und Underdogs, zu dem Marlowe hier einiger Filmkritiker zufolge stilisiert worden sein soll, lässt sich in meinen Augen allerdings nur selten erkennen. Marlowe wird vielmehr selbst als Detektiv vorgestellt, der knapp bei Kasse ist und jeden Job nehmen muss. Die linke Gesinnung des Regisseurs konnte ich aber stärker im wirklich anrührenden Geständnis von Llewellyn Grayle erkennen, der davon erzählt, wie er sich immer in die Vorstellung hineingeträumt habe, seine Frau hätte ihn auch geheiratet, wenn er weniger wohlhabend gewesen sei. Grayle ist hier ganz typisch der "arme, reiche Mann"... dennoch eine tolle und überzeugend gespielte Szene. Ich habe nur ein Problem mit dieser idiotischen Ganovensprache, die auch Marlowe verwendet. Das soll wohl cool und irgendwie witzig sein... vielleicht war es das 1944 auch. Mir kommt das leider sehr aufgesetzt vor... abgesehen von kleinen Highlights wie diesem hier:

„Mike Florian hatte den Laden bis 1939, er starb 1940 als er gerade ein Glas Bier trank. Seine Freundin Jessie trank es für ihn aus.“

Kann man sich anschauen.

Kurna:
Bin zufällig gerade in der U-Bahn auf Werbung gestoßen zu folgendem Buch:
Film Noir
von Paul Duncan und Jürgen Müller
Taschen-Verlag

Ich kenne es nicht, aber vielleicht wäre es ja eine passende literarische Ergänzung zu deinem Trip durch den Film Noir.

Chiarina:
Ministry of Fear (dt.: Ministerium der Angst, 1944, Regie: Fritz Lang)

1944 wird Stephen Neale aus der Nervenheilanstalt Lembridge entlassen. Er sehnt sich nach Gesellschaft und will mit dem Zug nach London, trotz der Bombenangriffe, die die Nazis gegenwärtig dort durchführen. Weil sein Zug eine Weile auf sich warten lässt, besucht er eine Wohltätigkeitsveranstaltung auf dem Bahnhofsvorplatz, die die „Mütter der freien Nation“ veranstaltet haben. Neale nimmt an einem Ratespiel teil: Für einen Shilling darf er das Gewicht eines Kuchens schätzen. Der Teilnehmer, dessen Schätzung der Wahrheit am nächsten kommt, gewinnt den Kuchen. Dann besucht er eine Wahrsagerin, die er irgendwann auffordert: „Vergessen Sie die Vergangenheit, verraten sie mir die Zukunft!“ Mit diesem Satz hat er offenbar zufällig ein Schlüsselwort getroffen. Die Wahrsagerin verrät ihm das wahre Gewicht des Kuchens und sonst nichts mehr. Neale ist verwirrt, geht aber zum Kuchenstand und rät ein zweites Mal. Als er das von der Wahrsagerin angegebene Gewicht nennt, händigt man ihm den Kuchen aus. Bevor er zum Zug geht, kommt allerdings ein Mann, der zielstrebig zur Wahrsagerin geht. Wenig später wendet sich eine Frau vom Kuchenstand an Neale und bedauert, dass sie sich geirrt habe. Der Kuchen habe ein anderes Gewicht, der andere Herr sei näher dran, sie müsse ihm den Kuchen wieder abnehmen. Neale fragt, welches Gewicht der andere Mann denn angegeben habe und kann den Beleg vorweisen, dem sich entnehmen lässt, dass er mit seiner ersten Schätzung noch näher dran war. Neale kann den Kuchen behalten und setzt sich in den Zug. Dieses ganze Vorspiel deutet darauf hin, dass in dieser Torte irgendetwas versteckt ist, was eine Untergrundbewegung an sich bringen oder irgendwohin bringen will. Die „Mütter der freien Nation“ scheinen in irgendwie in diese Machenschaften verwickelt zu sein.

Im Zug setzt sich ein Blinder zu Neale. Dessen Behinderung ist aber nur gespielt. Neale teilt ein Stück des Kuchens mit ihm, verdächtiger Weise isst der Blinde aber kaum, sondern zerbröselt einen Großteil des Kuchens. Wenig später muss der Zug halten. In der Nähe fliegen Bomber der Nazis einen Luftangriff auf eine Munitionsfabrik. Während Neale noch aus dem Fenster späht, bekommt er von dem Blinden einen Schlag über den Kopf. Der Mann stiehlt die Torte und rennt davon. Neale kommt wieder zu sich und verfolgt ihn. Der Mann sucht in einer ruinösen Hütte Zuflucht, die aber kurz darauf von einer Bombe getroffen wird und in die Luft fliegt. Neale schaut sich in dem zerbombten Gebäude um, findet aber im Schutt nur noch die Pistole des Mannes.

In London besucht Neale ein Detektivbüro. Wir erfahren, dass jemand im Hotel sein Zimmer durchwühlt hat. Er engagiert den skurrilen und saufenden Privatdetektiv Rennit, um der Sache auf den Grund zu gehen.

Mit Rennit besucht Neale dann das Londoner Hauptquartier des Wohltätigkeitsvereins „Mütter der freien Nation“. Rennit wartet vor der Tür, Neale geht hinein und will von der Sekretärin die Adresse von Mrs. Bellane, der Wahrsagerin, herausbekommen. Die Sekretärin erteilt ihm zunächst keine Auskunft, aber als Neale ihr erzählt, dass Mrs. Bellane ihm zu einer Torte verholfen hat, die ihm eigentlich nicht zusteht, verschwindet die Sekretärin in einem Nachbarraum. Neale nutzt die Gelegenheit, den Brief zu lesen, den die Sekretärin gerade schreibt. Es ist das Schreiben einer Frau, die sich bei einer anderen Frau für Tee und Mehl bedankt. Dann wird Neale in den Nachbarraum hineingebeten und lernt die österreichischen Geschwister Carla und Willie Hofer kennen, die ebenfalls für die Organisation arbeiten. Die beiden glauben zunächst an ein amouröses Interesse Neales und rücken irgendwann mit der Adresse von Mrs. Bellane heraus, die aber nicht in Lembridge, sondern in London wohnt. Neale fragt, ob es vorstellbar sei, dass ehrenamtliche Mitarbeiter die „Mütter der freien Nation“ als Deckorganisation für irgendwelche Verbrechen nutzen könnten. Die Hofers können sich das nicht vorstellen, aber Willie bietet Neale an, ihn zu Mrs. Bellane zu begleiten. Neale ist einverstanden. Detektiv Rennit folgt den beiden heimlich.

Beim Treffen mit Mrs. Bellane macht Neale eine überraschende Entdeckung: Es ist eine hübsche, verführerische junge Frau, eine andere Mrs. Bellane als auf der Wohltätigkeitsveranstaltung in Lambridge. Trotzdem berichtet die Dame von den Einnahmen in Lambridge und ihrer Tätigkeit dort als Wahrsagerin. Irgendetwas stimmt hier nicht. Dann wird sie von einem Mann gerufen, um eine Séance zu leiten. Sie lädt Willie Hofer und Neale ein dabei zu sein. Auf den letzten Drücker kommt noch ein weiterer Gast, Mr. Cost. Neale kennt ihn aus Lambridge. Es war der Mann, der die Torte abholen wollte. Während der Séance fassen sich alle an den Händen und das Licht geht aus. Eine flüsternde Frauenstimme klingt wie Neales verstorbene Frau, die ihn namentlich als Giftmörder bezeichnet. Neale ist daraufhin außer sich, springt auf und ein Schuss fällt. Als das Licht wieder entzündet wird, befindet sich Blut an der Stirn von Mr. Cost. Er ist tot und fast alle Anwesenden betrachten Neale als seinen Mörder. Die Polizei wird gerufen und die ängstlicheren der Gäste ziehen sich in die Bibliothek Mrs. Bellanes zurück. Neale bleibt mit Willie Hofer allein. Die Pistole enthält, wie es Neale bereits sagte, nur noch einen letzten Schuss. Willie Hofer weiß allerdings nicht, ob er Neale glauben kann. Schließlich erklärt er sich einverstanden, ihn fliehen zu lassen. Damit er aber selbst nicht als Fluchthelfer belangt wird, bittet er Neale, ihn niederzuschlagen. Neale verpasst ihm einen Kinnhaken, nimmt die Pistole an sich und springt aus dem Fenster.

Auf seiner Flucht steuert Neale zuerst das Detektivbüro von Rennit an. Es ist menschenleer, aber völlig durchwühlt. Neale entdeckt bei der Gelegenheit, dass ihm auf der Straße offenbar ein Mann auflauert. Statt nach draußen zu gehen ruft er Willies Schwester Carla an. Sie erzählt Neale, dass ihn die Polizei sucht. Willie sei auf einer Wohltätigkeitsveranstaltung in Bloomsbury und schaue dort nach, ob er auf ähnliche Umtriebe wie in Lambridge stoßen könne. Als Carla erfährt, wo sich Neale befindet, kommt sie zu ihm. Kurze Zeit später ertönt Fliegeralarm. Die Menschen verschwinden in einer U-Bahn-Station. Neale trifft sich mit Carla, die ihm zwar ein Versteck organisiert hat, es ist nur aufgrund des Fliegeralarms derzeit nicht erreichbar. Den beiden bleibt nichts anderes übrig, als wie die anderen Menschen auch in der U-Bahn-Station zu verschwinden. Neale dankt Carla für ihre Hilfe und beide kommen sich etwas näher. Neale vertraut sich bei dieser Gelegenheit Carla an und erzählt ihr, dass er vor zwei Jahren verurteilt wurde, weil er seiner totkranken, leidenden Frau ein Mittel für ihren Suizid besorgt hat. Vor Gericht wurde daraufhin verfügt, dass Neale in eine Nervenheilanstalt gebracht wird. Neale berichtet davon, wie er noch immer von seinem schlechten Gewissen geplagt wird. Kurz danach kommt ein Mann in die U-Bahn-Station hinab. Es ist der Mann, der Neale schon vor Rennits Detektivbüro aufgelauert hat. Neale zieht seinen Hut ins Gesicht, der Schnüffler erkennt ihn nicht und fährt schließlich in einer U-Bahn davon.

Am nächsten Morgen gehen die Menschen wieder nach Hause. Carla bringt Neale zu einem Buchladen dessen Besitzer Neale verstecken will. Neale wundert sich, dass in der Zeitung nichts von seinem angeblichen Mord zu finden ist. Bei ihrem Gang durch den Laden werden ein paar Bücher sichtbar, deren Umschlag ein Hakenkreuz trägt. Neale schaut näher hin: Es trägt den Titel „The Psychoanalysis of Nazidom“. Sein Autor ist der Psychiater Dr. Forrester, einer der Männer, die bei Mrs. Bellanes Séance dabei waren, der auch im Sicherheitsministerium tätig ist und Propagandaschriften verfasst. Der Buchhändler weist Neale und Carla schließlich ein Hinterzimmer zu und verschwindet wieder in seinen Laden. Hier erzählt Neale Carla erneut von seinem Verdacht, dass es sich bei einigen der ehrenamtlichen Helfer der „Mütter der freien Nation“ um einen Spionagering handeln könnte. Mrs. Bellane war immerhin in der Kartei verzeichnet. Sind es noch ein paar mehr von den Teilnehmern an der Séance? Neale nennt ein paar Namen der damals Anwesenden und Carla wird unruhig, weil sich auch eine Malerin darunter befindet, die sie kennt.

Neale fährt zu dieser Malerin, trifft aber zunächst auf Mrs. Bellane. Neale nimmt einen Damenrevolver aus ihrer Handtasche und befragt sie ein wenig über die Vorgänge in Lambridge. Mrs. Bellanes Ausreden wirken nicht allzu glaubwürdig, aber Neale erfährt noch immer nicht, was es mit dem Kuchen auf sich hatte.

Währenddessen überprüft Carla die Kartei im Hauptquartier der „Mütter der freien Nation“ nach den anderen Teilnehmern der Séance. Dabei wird sie allerdings von ihrem Bruder Willie überrascht. Sie erzählt ihm, dass alle Teilnehmer an der Séance ehrenamtliche Mitglieder bei den „Müttern der freien Nation“ sind und dass sie alle von Dr. Forrester, dem Mitarbeiter aus dem Sicherheitsministerium, empfohlen wurden. Carla behauptet, dass es sich bei diesem Kreis wohl um einen Spionagering handeln müsse und will wissen, wie diese Karteikarten ins Hauptquartier der "Mütter der freien Nation" gekommen seien. Die herbeigerufene Sekretärin behauptet, Carla habe ihr diese Karteikarten selbst geschickt. Carla wird unsicher und ihr Bruder warnt sie vor voreiligen Schlüssen. Dann aber will Carla die Karteikarten Neale bringen. Das ist der Moment, in dem Willie erfährt, dass seine Schwester Neale hilft. Willie zeigt sich nicht begeistert und erzählt Carla, dass er vor zwei Jahren wegen Mord verklagt wurde. Carla korrigiert die Geschichte, so wie sie sie von Neale gehört hat. Willie will wissen, ob sich Carla in Neale verliebt habe. Carla gesteht ihm, dass sie Neale liebt.

In der Buchhandlung zeigt Carla Neale die Karteikarten. Die beiden gestehen sich ihre Ängste und finden zueinander. Dann aber hören sie, wie der Buchhändler mit Dr. Forrester telefoniert. Er soll ihm ein 20 bändiges medizinisches Werk liefern. Neale und Carla behaupten, zum Essen ausgehen zu wollen und bieten an, die Bücher abzugeben. Der Buchhändler willigt ein und verrät ihnen, dass sie sich bei der Lieferung beim Portier des Hauses melden müssen. Dr. Forrester selbst befinde sich in seiner Privatklinik vor der Stadt.

An der angegebenen Adresse angelangt stellen Neale und Carla fest, dass Dr. Forrester in dem Haus gar keine Wohnung besitzt. Der Portier behauptet, unter anderem wohne ein gewisser Mr. Travers hier, und dieser Mann habe gesagt, dass er Bücher erwarte. Der Portier lässt Neale und Carla ein. Die beiden erkennen schnell, dass das Zimmer unbewohnt ist. Neale will die Bücher auspacken und verschwinden, aber es handelt sich um eine Falle. Beim Öffnen des Koffers fliegt eine Sprengladung in die Luft.

Neale erwacht in einem Krankenbett. Er wird offensichtlich von dem Mann bewacht, der ihm schon öfter aufgelauert hat. Dieser Mann entpuppt sich als Inspektor von Scotland Yard. Neale erfährt, dass die Polizei von dem Mord an Mr. Cost bei der Séance gar nichts weiß. Jetzt denkt er darüber nach, ob möglicherweise gar kein Mord geschehen ist und ihm das ganze Geschehen nur vorgespielt wurde. Das würde auch erklären, dass Mr. Costs Wunde nicht allzu groß war.

Neale erzählt dem Inspektor, dass Mr. Forrester in den Fall verwickelt ist, der hält ihn aber noch immer reif für die Irrenanstalt. Dann will der Inspektor wissen, was Neale mit Rennit gemacht hat. Der Detektiv sei erschlagen worden. Neale weiß davon nichts und kann nur von Rennits verwüstetem Büro erzählen. Der Inspektor sagt aber, dass er wegen vorsätzlichem Mord angeklagt sei. Neale erzählt dem Inspektor jetzt davon, warum er Rennit angestellt habe und auch von der Torte, die er gewonnen hat. Der Inspektor glaubt ihm kein Wort, aber Neale bittet ihn darum, den Bombenkrater bei der Munitionsfabrik untersuchen zu können. Vielleicht finde man dann das, was in der Torte war.

Die Untersuchung findet statt. Es werden ein paar Überbleibsel des blinden Mannes gefunden, auch ein kleines Stück der Tortenschachtel, aber nichts, was Beweise für einen Spionagering liefern könnte. Schließlich stößt Neale auf ein Vogelnest in den Ruinen, in dem ein viel größeres Teil der Tortenschachtel gefunden wird. Neale zerbröselt die Kuchenreste, so wie es im Zug der Blinde getan hat, und findet eine kleine Metalldose, in der ein Mikrofilm mit Fotografien steckt. Die Bilder zeigen eine Darstellung der Schifffahrtswege nach England, die nicht durch Minen geschützt sind, und damit gefährliche Geheiminformationen, die wohl jemand den Nazis zukommen lassen wollte. Im Gespräch mit anderen Beamten erfahren Neale und der Inspektor, dass das Original dieser Aufnahmen sich in den Stahlkammern der Regierung befindet, aber am gestrigen Tag noch einmal ausgeliehen wurde. Der Inspektor vermutet, dass sie bei dieser Gelegenheit ein zweites Mal fotografiert wurden. Zwar ist Dr. Forrester schon eine ganze Weile nicht mehr im Ministerium gesehen worden, sein Schneider sei aber am gestrigen Tag hiergewesen und habe das Maß irgendeines Mitarbeiters genommen. Dieser Schneider trage den Namen Travers. Offensichtlich ist es der Mann, dem Neale und Carla die Bücher ausliefern wollten. Neale nennt den Beamten die Adresse, der Inspektor ruft bei dem Mann an und gibt vor, Maß für einen Anzug nehmen zu lassen. Am Nachmittag fahren die Männer hin.

Neale wird bei der Gelegenheit von dem Inspektor gefragt, warum er das Mädchen schütze. Gemeint ist Carla. Niemand weiß, was nach der Explosion mit ihr geschehen ist. Neale hat Angst, man würde sie – nicht zuletzt aufgrund ihrer Herkunft – mit den Spionen in einen Topf werfen. Ihren Bruder deckt er gleich mit. Der Inspektor lässt ihn vorerst gewähren.

Im Bekleidungsgeschäft lässt Neale Mr. Travers holen. Neale erkennt in ihm Mr. Cost, den Mann, den er angeblich bei der Séance erschossen hat. Der Mann hält Neale einen Moment mit einem Telefonat hin, in dem er angeblich mit einem Kunden namens Mr. Macklin spricht, dem vor einer Stunde erst ein Anzug geliefert wurde. Als aber auch der Inspektor kommt, rennt Mr. Cost in einen Nebenraum und bringt sich um. Neale hat sich die Nummer gemerkt, die Mr. Cost gewählt hat, und ein ungutes Gefühl. Er geht zum Telefon und wählt die Nummer noch einmal. Es meldet sich Carla. Ist sie doch mitschuldig? Neale legt wieder auf. Kurz darauf kommt aber ein Lieferant zurück, aus dem Neale die Adresse des angeblichen Mr. Macklins herausbekommt. Neale fährt hin, es ist ein weiteres Hotel. Vor der Tür warten bereits ein paar Nazispione und beobachten Neale, wie er das Haus betritt. Als Neale an der in Erfahrung gebrachten Tür klingelt öffnet Willie, Carlas Bruder. Neale sieht den kürzlich gelieferten Anzug und ahnt, was sich in seinen Innentaschen befindet: die zweite Fotografie des Geheimmaterials. Carla ist aber auch anwesend. Sie verrät Stephen jetzt, dass ihr Bruder für die Bombe im Koffer zuständig war, nicht Dr. Forrester. Willie gibt das zu. Die erfolgreichen Nachforschungen von Neale und Carla hätten seine lukrativen Spionagedienste beinahe zunichte gemacht.

Jetzt kommt meine Lieblingsstelle: Nach Willies nicht allzu reumütigem Geständnis klagt Neale ihn an: „Und dafür hätten Sie ihre Schwester getötet!“, woraufhin Willie lächelnd erwidert: „Sie haben ihre Frau getötet. Das tut man nun ´mal, wenn es die Umstände erfordern.“ Das ist der größtmögliche Schlag in die Magengrube für Neale.

Dann geht es zuende. Die Männer ringen, Willie versucht Neale zu erschießen, Carla wirft einen großen Kerzenständer nach ihm, der Kampf geht ein paarmal hin und her, dann bekommt Carla die Pistole in die Finger und gibt sie nicht wieder her. Willie will mit seiner Jacke fliehen, löscht das Licht und rennt in den Gang, aber Carla erschießt durch die Zimmertür hindurch ihren Bruder.

Neale und Carla wollen gehen, aber der Aufzug kommt. In ihm befindet sich Dr. Forrester. Über das Treppenhaus kommen andere Mitglieder der Verschwörung. Neale und Carla fliehen aufs Dach. Es kommt zu einem Schusswechsel. Neale kann einen Gegner ausschalten, aber irgendwann wird seine Munition knapp und er muss das Magazin wechseln. In diesem kritischen Moment schießt jemand überraschend von unten aus dem Treppenhaus Neales Gegner nieder. In der hellerleuchteten Tür wird schließlich der Inspektor sichtbar, der die Auseinandersetzung entschieden hat. Dann ist die Szene auch schon vorbei.

Der letzte Schnitt zeigt Neale und Carla im Auto. Sie fahren im Auto durch eine sonnige Landschaft am Meer entlang und sprechen über ihre bevorstehende Hochzeit. Als Carla das Gespräch auf die Hochzeitstorte kommen lässt, bleibt Neale ein wenig das Lachen im Halse stecken.

Ich finde den Film großartig geplottet! Er bietet eher Handlungskino, weniger Charakterstudie, aber die Story ist dafür sehr, sehr toll! (Sie ist von Graham Greene). Deswegen ist meine Zusammenfassung auch sehr ausführlich geworden. Der Film wird öfter kritisiert, teilweise sicherlich berechtigt. Die Figuren sind vielleicht ein wenig blass und ein paar Dinge sind einfach nicht rund: Was zum Beispiel ist eigentlich mit Detektiv Rennit passiert? Auch die letzte Szene ist ganz schlecht geschnitten und wirkt wie nachträglich an den Film drangepappt. Sie passt nicht zum Rest des Films. Wo spielt diese Szene? Ist hier plötzlich der Krieg vorbei? Ein paar Details wirken auch ein wenig unglaubwürdig (die halbe Torte im Vogelnest). Das ist aber alles halb so wild, denn das hier ist ein richtig toller, intelligenter Spionagethriller. Was hier an kleinen Hinweisen und nachträglich aufgelösten Fingerzeigen über den gesamten Film hinweg verschlüsselt und nach und nach aufgelöst wird, sieht man nicht so häufig. Ich habe ihn gern zweimal gesehen, bis ich alles verstanden habe. Das geht mir selten so. Der Film dauert gut 83 Minuten. Für diese Fülle bräuchte es heute zwei Staffeln.

Ist es aber auch ein Film Noir? Die Femme Fatale spielt jedenfalls nur eine Nebenrolle, der saufende Detektiv auch. Gut allerdings, dass Neale seine Gewissensbisse aufgrund des Todes seiner verstorbenen Frau hat. Das bringt der Figur eine ganze Menge Intensität.

@ Kurna: Danke für den Buchtipp. Ich will erst noch ein paar Film Noir sehen, bevor ich theoretische Abhandlungen darüber lese, aber wenn´s soweit kommen sollte, werde ich dran denken.

Kurna:
Gern geschehen.

Ich verfolge deine Rezensionen hier auf jeden Fall sehr gerne. Deshalb hatte ich auch gleich an diesen Strang denken müssen, als ich zufällig die Werbung für das Buch gesehen hatte.

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