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13th Age Glorantha

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Waldviech:
Ich glaube, es wird wohl weniger der Schnabel sein als eher der Donald, durch den die meisten hier kulturell geprägt sind. Die Durulz sind halt nicht nur Enten, sondern sehen auf den meisten Illustrationen auch aus wie von Carl Barks gezeichnet. Und ich denke, es dürfte der dadurch unvermeidbare Disney-Eindruck sein, die vielen die Enten verleidet. Eine Durulz-Siedlung sieht nun einmal aus wie Entenhausen im Jahr 50 vor Christus.
Ich persönlich finde die Enten zwar jetzt nicht schlimm oder zu albern (ein Durulz-Krieger dürfte UM LÄNGEN gruppenverträglicher sein als all die Windlingen, Schelme oder Fischmalks anderer bekannter RPGs), kann aber nachvollziehen, dass sie einigen zu viel sind.

Ginster:

--- Zitat von: korknadel am 22.11.2018 | 14:04 ---Ein klassisches Setting, in dem es Drachenmolche (deren Priester ständig die Farbe wechseln), pflanzliche Elfen und Skorkpionmenschen gibt.

--- Ende Zitat ---

Deshalb die Anführungszeichen. Ich meine ein Setting, in dem Menschen die dominierende Spezies sind und die SC üblicherweise Menschen. Außerdem ist "klassischer als Mouse Guard" und "klassisch" auch ein nicht geringer Unterschied.

Scimi:
Glorantha ist halt keine "ernste" Welt — wie viele alte Settings kombiniert es starke, zeitlose, epische Ideen, durch die es sich so lange halten konnte mit dummen, kultigen, gonzo Ideen, durch die es sich so lange halten konnte.

Für mich wäre das ein völlig anderer Fall, wenn jetzt heute jemand mit einem Bronzezeit-Setting mit Enten um die Ecke käme. Aber die Enten sind so alt wie ich. Ich habe von Leuten gelesen, die die Biester hassen, für ihre Runde aus dem Setting gestrichen haben und sich weigern, ihre Existenz anzuerkennen. Ich habe von Leuten gelesen, die die Enten lieben, dazu unglaublich viel Material und Illustrationen zu geschaffen haben und sich alle Mühe gemacht haben, die Enten als interessante und ernstzunehmende Rasse und Kultur zum Leben zu erwecken. Ob ich die gut oder schlecht finde oder sie mir eigentlich egal sind, die Enten sind seit Dekaden Teil von Glorantha und Teil der dazu gehörenden Spielerkultur. Wenn ich Glorantha nicht nur als Ideensteinbruch für mein Bronzezeit-Rollenspiel nehmen will, sondern da irgendwo mitlesen, mitreden und mitmachen will, habe ich halt die Enten.

Ich kenne die andere Perspektive von Star Trek, wo ich es den Machern immer hoch angerechnet habe, dass all der Blödsinn aus der Anfangszeit des Settings, egal wie hanebüchen, ganz selten geretconned und meistens irgendwie integriert wurde. Da gibt es auch immer Newcomer und Außenseiter, die bestimmte Dinge doof finden und sich fragen, warum das so sein muss. Und die Antwort ist meistens: "Weil Captain Kirk das damals genau so erlebt hat, ich war dabei, ich habe es gesehen." Ich verstehe, warum viele Elemente lächerlich sind, aber ich fände es lächerlicher, sowas unter den Tisch fallen zu lassen und zu tun, als wäre es nie passiert. Das bereichert ja auch irgendwo — ich hatte einen Lachanfall, als die Orioner bei Star Trek: Discovery in einer Einstellung ganz klar einen original Ceti-Aal aus dem 2. Kinofilm auf dem Grill hatten, den die meisten unbedarften Zuschauer wahrscheinlich nichtmal wahrgenommen haben.  ;D



Zu guter Letzt ist es ja nicht so, dass die Enten in Glorantha eine coole, integrierte Rasse wären. Was ich bisher an Settingmaterial gesehen habe ist, dass die anderen Leute in der Welt die Enten größtenteils doof und peinlich finden, sich über ihre Kultur, ihre Bewegung, ihre körperlichen Eigenschaften, ihre Sprache und ihre Namen lustig machen und Enten es schwer haben, außerhalb ihrer Gebiete ernst genommen zu werden. Umgekehrt sind Enten kein Witz, sie können mörderische Krieger sein, sie sind für ihre Nachbarn wichtige Verbündete im Kampf gegen Untote und Chaos und bei Verhandlungen mit Tiermenschen und sie haben ihren Stolz und lassen sich nicht gern beleidigen. Was schnell mal zu Situationen führt, wo man die Enten braucht und aus Notwendigkeit mit ihnen abgibt, obwohl man sie eigentlich für lachhaft und in jeder Hinsicht unterlegen hält.

Das ist sicher nicht der Grund, warum die Enten in dem Setting existieren. Ich finde es aber trotzdem ganz interessant, weil es in Glorantha anscheinend ein großes Thema ist, dass es unter den Kulturen und Nationen keine Guten und keine Bösen gibt. Aber jede Menge kulturelle Unterschiede, die groß genug sind, dass sich darüber alle möglichen Leute hassen, bekriegen und ganz schlimme Dinge antun können. Aber wenn das wahre Böse auftaucht und der Fortbestand der Welt auf der Kippe steht, dann ist die einzige Chance, alle Unterschiede und Konflikte zu überwinden, um gemeinsam überleben zu können:


--- Zitat ---"The tattered remains of the world seemed to have no chance for unified action against the forces of chaos. They were isolated by unbridgeable gaps ... There was a unity between them in their wish for survival, and this unquenchable desire brought individuals across time and space, order and chaos to confront the final dissolution of the world. It did not matter from whence they were drawn or where it occurred. They fought their last desperate fight against overwhelming odds, motivated by their survival and determined to do their utmost. In this way they combined forces and unconsciously aided each other against their own fears. They were alone, yet they found themselves with others like themselves and gained strength."
--- Ende Zitat ---

Und ich denke, das können die Enten auch ein Stück weit an den Tisch bringen. Wenn jemand eine Ente spielt. Oder sich das Abenteuer um Enten dreht. Und daran objektiv überhaupt nichts auszusetzen ist — die Ente ist ein vernünftiges Gruppenmitglied, nützlich und mit ordentlichen Werten. Das Entenabenteuer ist spannend und durchdacht, die Darstellung der Enten plausibel und ernst. Und trotzdem finde ich das doof. Nicht einfach albern, sondern wirklich störend. Das geht so weit, dass es mir das Spiel kaputtmacht, dass ich da wirklich Probleme mit habe. Ich meine, Fantasy, schön und gut, Minotauren und Zentauren, ok, aber ENTEN??! Bitte! Was soll der Mist? Und dann kann ich mir darüber klar werden, dass ich mich da von Vorurteilen emotional auf eine Art berühren lasse, die rational durch nichts gerechtfertigt ist.

Das war mein Erlebnis mit meiner ersten Berührung mit Glorantha, das King of Dragon Pass-Computerspiel, das mir in irgendeinem Bundle oder Sonderangebot aufs Tablet gefallen ist. Ich spiele meinen Stamm von Barbaren, kümmere mich um meine Rinder, vermittle zwischen meinen Kriegern und Bauern, nehme (meist kriegerische) Beziehungen zu den Nachbarstämmen auf, lerne Göttersagen für Heroquests. Und ich habe gar keine Ahnung vom Setting, erlebe die Welt, so wie mein Stamm langsam seine Umgebung erforscht, finde alte Artefakte, kämpfe gegen Tiermenschen, finde echt seltsame Pflanzenelfen und Steampunk-Zwerge, begreife, dass die Mondkultisten irgendwie die Bösen sind … und dann, plötzlich: Enten. Motherfucking Enten! Ich schaue echt blöd auf die Illustration, lese den Text. Immer noch Enten. Ich handle nach meinem ersten Impuls und gehe die Enten kriegerisch an. Blöde Idee, mein Dorf wird von einer Entenarmee zerstört. Und ich frage mich immer noch, warum ich so (eigentlich untypisch) aggressiv auf Fremde reagiert haben, die sich verhältnismäßig respektvoll und vernünftig mir gegenüber verhalten haben, nur weil es Enten waren, während ich unangenehmeren Leuten mehr habe durchgehen lassen in der Hoffnung (oder dem Ehrgeiz), sich auf Dauer doch noch irgendwie mit denen einigen zu können.

Ich kann die Enten immer noch nicht leiden, habe aber den Verdacht, dass das an mir liegt, nicht an den Enten…  ;)

korknadel:
Danke, Scimi, für diesen wunderschönen Post!

Ich finde ja, dass man Glorantha anmerkt, dass Greg Stafford aus der bay area und aus den 60ern kommt. So manches an Glorantha riecht für mich nach LSD, was bei mir gar keine negativen Assoziationen hervorruft.

Ginster:

--- Zitat von: Scimi am 22.11.2018 | 15:03 ---Ich kann die Enten immer noch nicht leiden, habe aber den Verdacht, dass das an mir liegt, nicht an den Enten…  ;)

--- Ende Zitat ---

Was anders kann und will ich auch gar nicht behaupten.

Aber danke für die Ausführungen. Ich werde das mal sacken lassen und weiterlesen, vielleicht mache ich ja noch meinen Frieden mit den Enten. Hat auch schon mit schrägeren Dingen funktioniert.

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