Medien & Phantastik > Lesen
Reading Challenge 2019
Menthir:
#2
Thomas Becker, Wilhelm Bleek, Tilman Mayer - Friedrich Christoph Dahlmann - ein politischer Professor im 19. Jahrhundert
(Aus der POPSUGAR-Challenge: A book set on a college or university campus)
Insgesamt ein gelungener Rundumschlag in Hinblick auf Wirken und Rezeption Dahlmanns. Besonders erfreulich ist der Dahlmann angemessene breite, fachübergreifende Ansatz des Werkes, der andeutungsweise das Problem der großen Spezialisierungen der Moderne beschreibt.
Dahlmanns Wirken wird in diverse Zusammenhänge gesetzt, die Edition ist nicht unkritisch, die Meinungen begründet und nicht zu gleichförmig.
Insgesamt ist die Qualität der Beiträge hoch, lediglich der Beitrag von Prof. Lucian Hölscher "Die Göttinger Sieben und die Entstehung der Öffentlichkeit im deutschen Vormärz" fällt hinten runter. Grund liegt in diversen faktischen Fehlern und einer allgemein schwachen Eigenkorrektur. Auch der Lektor scheint diesen Text nicht mehr bearbeitet zu haben. Überschrift und Inhalt passen nur grob zueinander. Aus meiner bescheidenen Erfahrung wirkt es so, als habe der gute Professor fast den Einsendeschluss verpasst und das wurde noch kurzfristig eingepasst. Leider ist der Beitrag dröge geschrieben, hat kaum Erkenntnisgewinn und ist eben qualitativ dem sonstigen Werk nicht angemessen, was insgesamt bedauerlich ist und stärker wirkt, weil die anderen Texte gut oder gar sehr gut sind.
In Hinblick auf Aktualität ist vor allem das Grußwort der damaligen Ministerin für Innovation, Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen Svenja Schulze (jetzige Umweltministerin des Bundes) zu erwähnen. Dieses fasst die Bedeutung Dahlmanns und den Wunsch nach wissenschaftlicher Qualität und Reflexion in Zeiten auch universitärer Schnelllebigkeit sehr gut zusammen.
Insgesamt ist es ein kurzer und gut lesbarer Überblick über das Wirken Dahlmanns. Ich kann die Lektüre empfehlen.
7,5 von 10 Punkten
Menthir:
#3
Martin Rackwitz - Kiel 1918 - Revolution - Aufbruch zu Demokratie und Republik
(aus der POPSUGAR-Challenge: A book you think should be turned into a movie)
Zuerst möchte ich beantworten, warum ich glaube, dass daraus (nicht alleine aus dem Stoff, sondern aus der Art und Weise wie der Autor dieses Thema anpackt) ein Film gemacht werden sollte. Die Heransgehensweise in der ersten Beschreibung des Aufstandes ist chronologisch, fast Bulletin-artig und da eine Betonung auf die mundpropagandistische Übertragung von Informationen und die nur schwachen Korrektive der ebenfalls ideologisch gefärbten Tageszeitungen liegen, hat sich in meinem Kopf sofort eine cineastische oder zumindest dokumentarfilmische Möglichkeit gebildet, die Atemlosigkeit und das Chaos der Tage der Revolution darzustellen. Gerade diese Wechselwirkung zwischen politischen Machtkämpfen, den Versuchen den Aufstand zu kontrollieren, der Kontrollverlust auf der Höhe des Aufstandes wäre interessant in einer hektischen wie filmischen Aufarbeitung. Dem Autor gelingt es, dieses hektische Gefühl, die Überforderung aller Beteiligten (von den Reichsgranden bis zu den Arbeitern), die Ziellosigkeit, das Überbordende und deswegen auch irgendwann Scheiternde einzufangen.
Rackwitz macht das geschickt, dass er erst den Rahmen steckt, aus dem das Chaos entspringt, dann einen das Chaos chronologisch erleben und teils miterleben lässt (eben nicht durch schwere Beschreibung, sondern durch den Bulletin-artigen Stil), und abschließend in den nächsten Parts diese chronologische Abfolge aufarbeitet und die Folgen daraus beobachtet und beschreibt.
Rackwitz macht sich auch die Mühe, die unterschiedlichen Positionen darzustellen, beachtet die Grundzüge der Quellenkritik und wägt die jeweiligen Positionen gegeneinander ab. Es ist kurzweilig und gut geschrieben, hat genügend Tiefe, um sich wissenschaftlich streiten zu können (wenn man will) und ist trotzdem geschlossen genug, um einfach durchgelesen zu werden.
Es ist also sowohl in seiner Konzeption, in seiner Umsetzung und in seinen Details ein stimmiges Werk. Und es ist auch politisch gefärbt, woraus der Autor keinen Hehl macht. Es ist demokratisch zu lesen. Auf eine sehr angenehme Art und Weise. Der Autor ist aber nicht nur lobpreisend, sondern auch warnend genug. Deutet gerade im Bereich derartige Umschwünge die Schwierigkeiten an; ja, implizit geht er sogar weiter.
Ohne zu weit ins Detail zu gehen: Ich war von dem Werk recht angetan.
8,5 von 10 Punkten
Clawdeen:
#4
Stephen King: Gwendys Wunschkasten
(Zählt für: 25 Bücher lesen (4/25), Popsugar (3): A book with a two-word-title)
Ich hab früher wahnsinnig gern King gelesen, irgendwo ab Love ging es dann abwärts zwischen ihm und mir. Ich mag diesen veränderten Stil, der mehr Drama als Übernatürliches enthält, nicht mehr so gern, auch wenn ich nach wie vor Fan der Figurenzeichnungen bin. 2018 war das schlechteste Buch, das ich seit langem gelesen habe, eines von King (Sleeping Beauties) und auch die beiden anderen Titel, die ich 2018 las, haben mich nicht vom Hocker gehauen. Am ehesten noch seine Kurzgeschichtensammlung Basar der bösen Träume, das aber eher aus Sicht einer Geriatrie-Krankenschwester als Leserin anstatt als Mystery-/Horror-Fan, auch wenn das böse klingt.
Bei Gwendys Wunschkasten war es auch wieder so ein ... meeh. Das ist ein wirklich dünnes Büchlein mit 128 Seiten, und es wurde wohl auch nicht allein verfasst, sondern auch von Richard Chizmar. Aber selbst wenn ich diese beiden Punkte im Hinterkopf behalte: aus der Geschichte hätte man SO viel mehr machen können. So ist sie irgendwie - passend zur Seitenzahl - nix Halbes und nix Ganzes.
#5
Dan Wells: Bluescreen (Mirador #1)
(Zählt für: 25 Bücher lesen (5/25), Popsugar (4): A book revolving around a puzzle or game)
Ich hab damals Wells' Ich bin kein Serienkiller-Debüt als Neuerscheinung gelesen. War ganz nett, aber für mich nicht sooo toll, sodass ich die Reihe nicht mehr weiter verfolgt habe. Über seine neueste Reihe Mirador bin ich nun zufällig gestolpert - und ich finds bislang echt toll!
Zentrale Figur ist Marisa, die im Los Angeles 2050 in Mirador, das mittlerweile Teil von LA ist, lebt. Quasi jeder in dieser Zukunft hat ein Djinni implantiert, mit dem man alles online erledigt. Als eine Freundin von Marisa eine digitale Droge namens Bluescreen nutzt, wird schnell klar, dass mehr hinter der Droge steckt. Und um ihrer Freundin zu helfen, muss Marisa rausfinden, was genau das ist.
Das Setting ist extrem shadowrunnig, wenn auch mit dem Fokus eines Jugendbuches. Zugleich gibt es aber zwischenmenschliche Interessen, aber nicht diesen Schnulzkram, der mir bei Jugendbuchtrilogien/-reihen seit 10 Jahren etwa so unfassbar auf den Zeiger geht.
Ließ sich sehr schnell und fluffig lesen, war spannend und entspannend zugleich, hat mir einfach echt Spaß gemacht. :)
Entsprechend hab ich mit dem 2. Band jetzt direkt schon angefangen. In dem steht eher ein Spiel im Fokus als hier, aber letztlich gilt das wohl für alle 3 Bücher, darum hab ich das erste schon mal für Popsugar gezählt.
Clawdeen:
#6
Dan Wells: Overworld (Mirador #2)
(Zählt für: 25 Bücher lesen (6/25), Popsugar (4): A book revolving around a puzzle or game)
Naaa, bahnt sich da ein kleiner Hype bei mir an? Jepp, definitiv.
Ich hab das zweite Buch der Reihe tatsächlich bereits verschlungen und bin immer noch begeistert.
Wie schon angeteasert steht das Spiel Overworld in diesem Band mehr im Fokus, immerhin geht es unter anderem um ein besonderes Turnier, das Marisas Team "Cherry Dogs" einiges an Bekanntheit und Aufstiegsmöglichkeiten bietet. Overworld ist ein virtuelles Spiel, das uns bekannten Spielchen gar nicht mal so unähnlich ist. ;) Im Kern geht es hierbei um 2 Teams, die gegeneinander im Capture-the-Flag antreten auf verschiedenen Maps, dabei noch Münzen für Setverbesserungen sammeln können usw. Hier spielt natürlich alles komplett in der VR.
Davon abgesehen werden einige Stränge und Charaktere weiter vertieft (Familie, Freunde usw.) und neue kommen hinzu.
Was ich so bemerkenswert finde an der Reihe sind die vielen kleinen Ideen, die ich eben so herrlich ins Near Future-Setting integriert finde.
Das ist so eine Reihe, die durchaus auch ihre Logiklöcher hat, über die ich aber einfach gerne hinweg sehe, weil ich den Rest so lebendig und spaßig finde.
Beispiel für ein Logikloch: Einer der Charaktere filmt ihr komplettes Leben bzw. streamt es live als Vidcast. Auch wenn hierbei diverse Male darauf verwiesen wird, dass die Figuren bei brisanten Themen auf private Nachrichten wechseln, die entsprechend nicht gestreamt werden, ist das insgesamt nicht ganz so schlüssig.
Herrlich fand ich hier auch, dass sich die Mädels des Teams (ja, mir ist jetzt erst bewusst aufgefallen, dass die Hauptfiguren alle weiblich sind; männliche Charaktere gibt es auch, aber eben nicht als Hauptfiguren) zum Beispiel erstmals live treffen statt in der VR. Die "Probleme", die man dabei so mitverfolgen kann, halte ich geradezu für klassisch - und sind hier wirklich toll umgesetzt.
Ich freu mich auf Teil 3!
Clawdeen:
#7
Dan Wells: Active Memory (Mirador #3)
(Zählt für: 25 Bücher lesen (7/25), Popsugar (5): A book that's published in 2019)
Ganz frisch erschienen (im Deutschen) der dritte und scheinbar auch letzte (?) Teil der Mirador-Reihe, in dem es diesmal in erster Linie und fast ausschließlich um Marisas Vergangenheit geht. Genauer gesagt geht es um das Geheimnis des Autounfalls, als sie 2 Jahre alt war, und seit dem sie eine Armprothese hat.
Thematisch wagt sich Dan hier im Rahmen der Reihe in ganz andere Gefilde als bislang in der Reihe (wenn auch eher Bekanntes für Near future-Leser*innen an sich), und mir hat es gefallen. Ein bisschen seltsam finde ich, dass dieser Teil in manchen Beschreibungen echt brutal ist, bei anderen wieder sehr jugendbuchartig. Und trotz des interessanten und spannenden Themas an sich gab es hier für mich auch die eine oder andere Länge.
Insgesamt mag ich die Reihe aber wirklich gern. Hat Spaß gemacht, sie zu lesen.
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