Die Nocturnum-Kampagne – Ihre Probleme und mögliche Lösungen Beim letzten Halloween-Sale konnte ich nicht widerstehen und habe die Nocturnum-Kampagne gekauft. Es handelt sich um die einzige auf Deutsch erschienene Kampagne für Cthulhu NOW
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Nach dem Lesen musste ich allerdings feststellen, dass die Kritiken Recht haben: Die Kampagne ist leider schlecht. Mich hat jedoch der Ehrgeiz gepackt, noch eine gute Kampagne aus dem Material zu stricken, denn Nocturnum besitzt viel Potential. Ich erläutere im Folgenden etwas genauer, was gut und was schlecht an ihr ist.
Was ist gut an „Nocturnum“?- Es gibt verschiedene (Mythos-)Parteien. Das finde ich immer hochinteressant, da man versuchen kann, diese gegeneinander auszuspielen. Außerdem wird klar, dass Mythos-Wesen auch nur Menschen sind
- Die Kampagne hat eine wunderbar paranoide Mystery-Grundstimmung. Ab einem bestimmten Punkt werden die Investigatoren ihrer eigenen Großmutter nicht mehr trauen.
- Sie ist actionreich ohne übertrieben pulpig zu sein2.
- Die Kampagne spielt vor der herrlich bedrohlichen Kulisse der drohenden Apokalypse. Sowohl die Phase, in der die Investigatoren Teil der wenigen Eingeweihten sind, die vom drohenden Weltuntergang wissen, als auch der Teil, in dem dies allen klar ist und die Apokalypse unabwendbar scheint, sind sehr stimmungsvoll. Diese Kulisse ist für mich sehr erfrischend.
Was ist schlecht an „Nocturnum“?- Die Kampagne braucht lange, bis sie in Fahrt kommt. Die ersten beiden Abenteuer tragen nichts zur eigentlichen Kampagne bei.
- Es gibt exzessive Spielergängelung und Charakterdemütigung in Form von Railroading, Nadelöhren, SC-Gefangennahmen, Deus-Ex-Machinas, NSCs, die den Tag retten, Aufzwingen von SC-Verhalten, Festlegung von Konsequenzen von SC-Verhalten statt eines gewissen Spektrums an Auswirkungen, und anderem Brimborium.
- Die Kampagne löst häufig ein Monster-of-the-Week-Gefühl aus. Es gibt einen Sternenvampir, Tiefe Wesen, einen Schlagenmenschen, Gezücht von Shub-Niggurath, einen Gnoph-Keh sowie noch die ganzen Eigenkreationen des Autors. Das ist viel zu viel und lenkt vom Fokus der Kampagne ab.
- Viele Szenarien sind nur dafür da, exakt einen Hinweis zu finden, der einen zum nächsten Szenario führt. Dabei handelt es sich um Hinweise, bei denen es keinen Sinn macht, dass sie nur auf diesem einen Wege zu finden sind. Daher wirken die Szenarien stark konstruiert.
- Viele Einzelszenarien sind für sich gesehen schwach bis mittelmäßig.
Was ist Geschmackssache an „Nocturnum“?- Die Kampagne ist mehr „Akte X auf Speed“ als Lovecraft.
- Es gibt viele neue Mythos-Kreaturen des Autors. Im Rahmen der Kampagne finde ich sie passend, würde sie aber nirgends sonst einsetzen.
- Es gibt kein festes Zeitlimit für den Weltuntergang, sondern das Eintreten der Apokalypse kann vom Spielleiter abgepasst werden. Das kann einerseits Spielerentscheidungen entwerten, indem diese folgenlos bleiben. Andererseits ist es auch gewissermaßen realistisch, dass es aus Charaktersicht schwer abzuschätzen ist, wann das Ende genau eintrifft. Daher wäre es gewissermaßen unfair, die Welt einfach so untergehen zu lassen, nur weil die Investigatoren zu langsam waren.
Aufgrund dieser Punkte würde grundsätzlich von der Kampagne abraten, wenn man nicht bereit ist, Zeit in die Überarbeitung zu investieren und viel zu improvisieren. Ich hoffe, meine Vorschläge helfen dabei und machen es anderen Spielleitern leichter.
Im Folgenden finden sich noch einige hilfreiche Links zu Besprechungen und Rezensionen:
- Unterforum zur Kampagne im Cthulhu-Forum
- Eine Episode des Geifenklaue Podcast zur Kampagne.
Hier wird zunächst allgemein auf Cthulhu NOW eingegangen und dann detalliert auf die einzelnen Abschnitte in der Kampagne geschaut. Dabei gibt es einmal die Sicht des reinen Lesers und die Sicht eines Spielleiters, der die Kampagne tatsächlich geleitet hat.
- Besprechung bei Cthulhu.de (findet sich nun bei Seanchui):
Teil 1
Teil 2
Hier wird die Kampagne ebenfalls aus der Sicht eines Spielleiters besprochen, der sie bereits geleitet hat. Es werden Änderungsvorschläge gemacht.
- Rezension des 1. Teils bei Cthulhus Ruf
Auch hier handelt es sich um eine Besprechung von einem Spielleiter, der die Kampagne bereits geleitet hat. Es wird vor allem auf die Probleme eingegangen, die der erste Teil hat.
- Rezension des 1. und des 3. Teils bei Reich-der-Spiele.
- Rezension aller Teile von Greifenklaue im Blutschwerter-Forum (Teil 1, Teil 2, Teil 3)
- Rezension aller Teile bei Ringbote (Teil 1, Teil 2, Teil 3)
- Rezension des 1. und 2. Teils beim Rollenspiel-Almanach:
- Rezension des 1. und des 3. Teils bei Media-Mania
Dazu ein Kommentar: Manchmal liest man, die Kampagne werde gehypt oder werde als legendär dargestellt. Ich muss gestehen, dass ich kaum positives über die Kampagne auf Deutsch finden konnte. Ganz im Gegenteil überwiegen die neutralen bis kritischen Stimmen im Internet. Wie es auf Englisch aussieht, weiß ich nicht.
Es folgen nun fünf Abschnitte der Überarbeitung:
Viel Spaß beim Lesen. Wenn ihr Fragen und Anregungen habt, immer her damit.
1„Verborgene Mächte“ kann zwar auch als Kampagne gespielt werden, es bleiben aber dennoch abgeschlossene Szenarien.2Ich hab nichts gegen Pulp, finde aber, dass dieser besser in die 1920er und 1930er passt, als in die Jetztzeit.