So, später als geplant dann auch ein paar Kommentare zu diesem Thema von mir:
Materialität:
Ähnlich wie D. Athair stelle ich fest: das liebste Format ist mir mittlerweile die Größenordnung B5 (Dungeon World, Der Sprawl, Malmsturm, Forbidden Lands). Ich empfinde das Format einerseits als deutlich praktischer am Spieltisch (verglichen mit A4/Letter), andererseits als deutlich geeigneter für digitales Lesen. Damit sind wir auch schon beim entscheidenden Einschnitt der letzten Jahre: Ende letzten Jahres habe ich mir ein komfortabel großes Tablet angeschafft (iPad Pro 10.5"). Seitdem hat sich die Relevanz und Attraktivität digitaler Regelwerke für mich nochmal deutlich erhöht (vorher waren sie mir auch schon wichtig, aber nur zum Vorbereiten).
Vom Umfang her stelle ich fest, dass ich mehr als 200 Seiten schon als sehr zäh empfinde und ca. 300 Seiten bereits die Schmerzgrenze markieren. Ich kann allerdings recht gut mit der D&D-artigen Aufteilung auf drei Bücher für Spieler-, Spielleiter- und Monsterinformationen leben und würde auch ein viertes Buch für Settingmaterial akzeptieren, so jedes der Bücher eben hinreichend kompakt ist (die D&D5-Bücher waren diesbezüglich mit ihren jeweils 320 Seiten schon im grenzwertigen Bereich; DCC wird eine echte Herausforderung).
Generell mag ich schöne Bücher (attraktives Layout ebenso wie attraktives Material), versuche mich aber bei den Sammlereditionen selbst zu bremsen. Es gibt bisher nur wenige Fälle, wo ich nachträglich bereue, nicht bei der Sammleredition zugegriffen zu haben (Tales from the Loop, mit Einschränkungen auch Der Sprawl)
Gestaltung:
Ich habe eine Schwäche für schöne Illustrationen und ansprechendes, aufgeräumtes Layout - allerdings hat sich meine Vorstellung davon, was attraktiv ist über die Zeit verändert. In meiner Rollenspielhochphase (2000-2005) hat mich der "Standard-High-Fantasy-Stil" wie er sich bei D&D3-5 und Pathfinder findet, durchaus angesprochen. Das ist mittlerweile nur noch sehr eingeschränkt der Fall. Stattdessen blicke ich mittlerweile etwas gnädiger und teilweise auch mit vermutlich nostalgisch verklärter Wertschätzung auf bspw. die Illustrationen meiner Rollenspielstartzeit (frühe 90er). Und einige Sachen finde ich sogar mittlerweile noch deutlich besser als damals (Broms AD&D-Illustrationen). Zudem stelle ich fest, dass gut gemachte Schwarzweiß-Illus mich durchaus begeistern können (Beispiele: die Nils Gulliksson-Zeichnungen in Forbidden Lands und die Björn Lensig-Illustrationen in Malmsturm).
Interessanterweise sprechen mich mittlerweile auch manche schräge Dinge (Troika, Silent Titans, Dolmenwood) an und sogar dieses merkwürdige Monsterhandbuch mit den Illustrationen, die wie hingekritzelt aussehen (Name ist mir gerade entfallen), spricht mich irgendwie an.
Andere Fälle sind schwieriger: dieser "Profi-Amateuer"-Stil von Dungeon Crawl Classics ist eigentlich nicht mein Geschmack. Er stört mich allerdings nicht so sehr, dass es mich vom Kauf des Regelwerks abgehalten hätte. Mit den Illustrationen in Warhammer Fantasy 4 fremdele ich gelegentlich auch ein wenig (passen für mich besser zu The One Ring), aber auch da ist das kein Grund auf das System zu verzichten.
Hoffnungslos: dieser von mir als bieder wahrgenommene Stil neuerer DSA, Splittermond und Midgard-Illustrationen hält mich - neben anderen Faktoren - aktiv vom Kauf dieser Systeme ab.
Nachteil der ganzen Illustrationssache: ich habe hier eine Reihe von Büchern oder PDFs liegen, bei denen ich mich rückblickend frage, ob mir mit einem narrativen Artbook (a la Stalenhag) nicht besser gedient gewesen wäre (Beispiele: Symbaroum, Alien)
Sprache:
Begonnen habe ich mit deutschen Regelwerken, habe dann D&D und einige andere Dinge lange mit englischen Regelwerken gespielt, und bin mittlerweile wieder an dem Punkt, wo ich lieber wieder deutsche Versionen habe. In der Praxis ist der englische Anteil zumindest unter den PDFs aber immer noch deutlich hhöher
Settings:
Meine ersten zwei intensiv bespielten Systeme waren Shadowrun und D&D. Ersteres würde ich mittlerweile gern mal wieder bespielen (nur nicht mit den aktuellen Regeln). Letzteres ist ein Problemfall: einerseits verbinde ich mit D&D(3) einen Großteil meiner schönsten Rollenspielerinnerungen und habe eine hohe nostalgische Wertschätzung für die Vergessenen Reiche, andererseits kann ich den High Fantasy-, High Magic-Kram gerade einfach nicht mehr sehen. Es hat sich damit ein Trend konkretisiert, der sich schon früher angedeutet hat: eigentlich hätte ich lieber ein niedrigeres Magielevel und auch eine flachere Machtkurve.
Ungeachtet dessen lässt sich aber festhalten: ich mag Settings mit fantastischem Einschlag - das kann Science Fantasy a la Coriolis sein, Cyberpunk a la The Sprawl/Cyberpunk 2020 oder Cyberpunk-Fantasy-Hybriden wie Shadowrun, oder eben ganz klassisch die umherziehenden Abenteurer. Nur halt mittlerweile lieber in der etwas dreckigeren Sword&Sorcery-Ausgabe.
Grundsätzlich hätte ich auch gern ein System und Setting für pseudo-historisches Spiel im 16. oder 17. Jahrhundert mit fantastischem Einschlag, sprich: mit ein wenig Hexerei und Übernatürlichem, und speziell einem starken Einfluss europäischer Sagen. Leider bin ich da bisher nicht fündig geworden (liegt vielleicht auch teilweise an den Regelpräferenzen - siehe nächster Punkt).
Besondere Schwierigkeiten in diesem Bereich:
a) meine Ansprüche an die innere Konsistenz von Kampagnenwelten sind eher gestiegen - das macht es mir schwerer, manche Dinge zu mögen, die früher noch problemlos als gut durchgegangen wären (betrifft auch die zuvor genannten Vergessenen Reiche sowie die Shadowrun-Welt).
b) die offizielle Metaplot- und Welten-Entwicklung hat sich zwischenzeitlich teilweise von meinen Vorstellungen komplett entkoppelt (Shadowrun) oder stört mich doch latent (Vergessene Reiche, Spellplague/Sundering/100 Jahre Zeitsprung)
Systeme/Regeln:
Auch wenn meine ersten zwei intensiv bespielten Regelsysteme ziemliche Regel- und Umfangskolosse waren, haben wir praktisch immer nur mit einer Teilmenge der Bücher gespielt (Shadowrun: Grundregelwerk + Kreuzfeuer + Grimoire, D&D: Classic 3 + gelegentlich Forgotten Realms Campaign-Setting). Bezeichnenderweise hat der Spielspaß deutlich abgenommen als wir angefangen haben, mehr Regelbücher hinzu zu nehmen.
Mittlerweile hat sich durch einen etwas breiteren Blick bestätigt, dass ich eher regelleichte bis mittelschwere bevorzuge. Ich befinde mich diesbezüglich allerdings immer noch in einer expansiven Phase, in der ich versuche, einen aufkeimenden Basteltrieb erstmal nach hinten zu schieben, und erst noch mehr Zeug zu lesen (und, wo möglich, auch zu bespielen).
Zudem stelle ich fest: nicht alles, was mir theoretisch gefallen könnte, hat auch wirklich geklickt (Savage Worlds, FATE); anderes dagegen schon (PbtA), selbst wenn es noch nicht ganz das ist, was ich suche.
Langfristig ist das Ziel, auf 3-5 Stammsysteme zu kommen und im Zweifelsfall auch einen Großteil vom Rest aus dem Regal zu räumen. Aber an diesem Punkt bin ich noch nicht angekommen.
Spielvorstellungen:
Ich habe festgestellt, dass ich im Kern "Abenteuerrollenspiel" bevorzuge und zwar der klassischen Spielart (ich kann allerdings mit erzählspieligen Sachen auch ganz gut leben). Das müssen keine Fantasy-Abenteuer sein - Cyberpunk-Missionen oder investigatives Rumwurtscheln im 41. Jahrhundert sind genauso gut. Aber ich mag es, wenn es in der Welt etwas für meinen Charakter (bzw. die Charaktere meiner Spieler) zu tun gibt und das Ausspielen von Alltagsszenen oder Konflikten innerhalb der Gruppe (oder mit wichtigen NSCs) eher den Kontrast dazu bildet.
Spielzeiten/Spielformat:
Ganz zu Anfang haben wir einfach von "nach der Schule" bis "wir müssen nach Hause" gespielt. Dürften üblicherweise so 6-8 Stunden gewesen sein, allerdings in unregelmäßiger Taktung. Im Studium hat sich das dann oft auf 3-5 Stunden eingependelt, fand dafür aber üblicherweise wöchentlich statt. Es gab auch ein paar Runden in meiner WG, die deutlich länger liefen, aber da ließ die Konzentration dann nach ein paar Stunden schon nach, was nicht wirklich ideal war. Mittlerweile sind wir bei ungefähr 4-6 Stunden, allerdings eher monatlich.
Nebenher lief bzw. läuft seit Studienende auch noch ein Play-by-Mail-Spiel mit meiner Stammgruppe von damals (verschiedene Kampagnen und Systeme). Leider hat da die Gruppendynamik und die allgemeine Lebenssituation zum Ausstieg einiger Spieler geführt. Aber grundsätzlich geht es weiter (aktuell bin ich SL) und das ist tatsächlich etwas, das ich auch sehr zu schätzen gelernt habe.
Live Onlinespiel hat dagegen bei einem Versuch nicht wirklich gezündet. Möglicherweise versuchen wir es irgendwann nochmal mit Roll20.
Gruppengröße:
Standardgröße waren lange Zeit 4-5 Spieler. Die bekommen wir mittlerweile leider nicht mehr zuverlässig zusammen, weshalb ich mich mittlerweile mit mir selber darauf geeinigt habe, dass ich ab 2 Spieler (+SL) spiele. Die Gruppendynamik mit mehr Spielern ist aber trotzdem schöner.