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Was ändert sich, wenn man vom Tisch an den Bildschirm wechselt?

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Blechpirat:
Ich habe jetzt einen ganzen Haufen Corona-bedingte Online-Runden gespielt, und bin sehr, sehr glücklich, dass ich so mit Leuten spielen kann, die ich sonst nur ein paar Mal im Jahr spielen kann.

Aber es gibt schon so ein paar Unterschiede, die ich erkenne - und mich interessiert, ob ihr das auch beobachtet.

1. Rollenspiel der Spieler untereinander:
Das war bei uns sehr unausgeprägt, bis wir das auf der Metaebene diskutiert haben, und extra betont haben, dass wir das wieder wollen. M.E. hängt das damit zusammen, dass im Online-Rollenspiel der SL noch stärker die "Sprecherlaubnis" erteilen muss, was dazu führt, dass man den SL doch eher mit NSC/Plot-Themen anspricht, statt Redezeit für Interaktion mit PCs zu wollen.

2. Müde/Unaufmerksame Spieler "einbinden"
Es fällt mir viel schwerer als sonst, müde oder unaufmerksame Spieler eingebunden zu halten. Mir ist nicht klar, was der Hintergrund ist - könnte mit der schwächeren Signalstärke der non-verbalen Kommunikation zu tun haben, oder mit dem anderen Sitzen: Viele holen sich das Spiel auf das Sofa und rutschen da in ihre "Fernseh-lage", statt am Küchentisch auf meinen harten Stühlen zu sitzen.

3. Timing
Es fällt mir als SL schwerer als sonst, dass Pacing "schnell" zu halten. Könnte wieder mit den abgeschwächten non-verbalen Signalen zu tun haben - kann ich nicht sagen. Aber die Spieler aus einer Szene rauszuholen, solange sie noch "heiß" ist, fällt mir schwerer. Die Szene plätschern mehr so aus, wenn ich nicht hart in den Redefluss reingrätsche, was ja sehr unhöflich ist. Dieses non-verbale "Komm mal zu Punkt!" klappt nicht so gut.

Habt ihr ähnliche oder ganz andere Erfahrungen?

JS:
Ich machte eher gegenteilige Erfahrungen:

- Das Rollenspiel untereinander funktioniert bei uns sehr gut, allerdings mit den Spielern, die das auch am Tisch schon pflegen und sich gut kennen. Kein Unterschied zum Tisch also.

- Müde/unaufmerksame Spieler fallen online noch mehr auf als offline, finde ich. Aber auch sie sind eigentlich so, wie man es vom Tisch kennt. Dort fällt es dann leichter, sie mehr einzubinden, jedoch ist das mMn auch immer eher eine Mühsal und weniger ein Spielgewinn. Oftmals stimmen sie am Tisch ja auch nur den anderen zu, wenn sie sich ertappt fühlen; richtige Aktion kommt von ihnen selten. Grundsätzlich stelle ich aber fest, daß Online-Rollenspiel mehr auf aktive und aufmerksame Spieler angewiesen ist als das altbekannte Tischrollenspiel.

- Mit dem Timing kommen wir gut zurecht, allerdings kommt es auch gelegentlich mal zu ungewollten Pausen, weil die Spieler nicht sehen, ob der SL schon fertig ist, oder weil sie nicht merken, daß ihre Aktivität nun gewünscht ist. Das ist aber von Gruppe zu Gruppe unterschiedlich und kann gelernt und gesteuert werden.

Letztlich reduziert sich meine Erfahrung bisher auf:
Aktive, spielfreudige Spieler/innen sind online ein Gewinn; es ist mit ihnen wie am Tisch und rollenspielerisch dabei noch deutlich intensiver.
Schnarcher, Abgelenkte und Stille sind offline dagegen auffälliger; sie sind auch schwieriger einzubinden als am Tisch, wo allerdings das Einbinden auch schon nicht so der Brüller ist.

Pyromancer:
Ich zitiere mich mal aus dem Nachbarthread:
Meine Stammrunde spielt jetzt schon eine Weile per Videochat, und ich beobachte ein Phänomen: Die lauten, aktiven Vielredner reden noch mehr als vorher. Und die, die am Tisch schon eher leise sind und seltener etwas sagen, die sagen noch weniger.
Viele nichtverbale Mittel zur Aufmerksamkeitssteuerung oder zum Unterbrechen von Monologen funktionieren per Videochat nicht. Als Notlösung bleibt rücksichtsloses Reinreden und damit Unterbrechen der Kommunikation insgesamt, weil dann keiner mehr irgend etwas versteht. Das ist nicht schön.

Woodman:
Was das Reden ansich angeht, dafür ist etwas Übung und Disziplin aller Beteiligten nötig, die gesamte Kommunikation hat einen kleinen Lag, den es am Tisch so nicht gibt, und man muss sich darauf trainieren den zu berücksichtigen.

Ginster:
Bei mir ist es ganz klar:

+/- ein viel größerer Fokus auf die Battlemap als vorher, einfach weil roll20 dort so viele Möglichkeiten bietet.
++ viel mehr Bild/Handoutunterstützung, auch hier, weil es leicht und schnell zu handhaben ist.
- Überschattung von Technikproblemen, kostet manchmal Zeit

Pyromancers Beschreibung entspricht auch meiner Erfahrung, in meiner Stammrunde ist das jedoch zum Glück weniger ein Problem.

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