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[Homebrew] Fate-Konzentrat
Alexandro:
Ich hatte schon seit einiger Zeit die Idee von einer Fate-Version, welche in der Komplexität irgendwo zwischen Turbo und Core liegt. Jetzt kam vor kurzem Condensed raus und ich dachte eigentlich, das wäre genau was für mich - nur um dann festzustellen, dass dort (aus meiner Sicht) genau an den falschen Stellen gespart wurde.
Also doch nochmal ans Reißbrett und den Entwurf meines eigenen Homebrew weiter ausarbeiten, den ich hier vorstellen möchte. Um nicht viel erklären zu müssen beziehe ich mich erstmal auf Fate Core und erkläre nur die Punkte, in denen sich die Regeln von Fate Core unterscheiden.
Aktionen
Es gibt nur noch drei Grundaktionen Überwinden, Vorteil erschaffen und Widerstand (ehemals Verteidigen) – lässt sich auch schön als UVW abkürzen. Jede Fertigkeit kann alle drei Aktionen durchführen (es gibt keine Tabelle mehr, welche Aktion mit welcher Fertigkeit geht und welche nicht). Angriff fällt raus, das ist jetzt einfach Überwinden und Stress wird ausgegeben, um den Erfolg einer Überwinden-Aktion zu verhindern – jede Stressleiste hat eine oder mehrere Fertigkeiten in Klammern, welche beschreibt, welche Überwinden-Aktionen durch diese aufgefangen werden können, klassisch sind das:
Körperlicher Stress (Kämpfen)
Geistiger Stress (Provozieren)
Aber es können auch andere Stressleisten im Spiel vorkommen, z.B.:
Konzernsicherheit (Täuschung)
Verdammte Rostlaube! (Handwerk)
Diese Stressleisten ersetzen mehrteilige Herausforderungen und (einen guten Teil von) Wettstreiten und rücken beide näher an die Konflikte, so dass stufenloser zwischen den dreien gewechselt werden kann (im Grunde das Automatikgetriebe, im Vergleich zur Gangschaltung von Fate Core).
[Da das angreifen von Gegnern eine Überwinden-Aktion ist, kann man Gegner ohne Stresskästchen sogar dann ausschalten, wenn man eigentlich einen Fehlschlag gewürfelt hat – sofern man bereit ist, für einen so belanglosen Gegner den großen Haken zu akzeptieren]
Alexandro:
Konflikte
Einseitige Konflikte („Herausforderungen“): Die Spieler versuchen (alleine oder gemeinsam) ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Sobald sie einen Erfolg haben und die Gegenseite diesen nicht mit Stress abfangen kann, gelingt die Aktion.
Beispiel: Während sich der Rest der Gruppe ein Feuergefecht mit der Polizei liefert, versucht ein Charakter den etwas zu billig gekauften Fluchtwagen wieder zum Laufen zu kriegen. Das ist ein Wurf auf „Handwerk“ und der Situationsaspekt „Rostlaube!“ (mit einem 1er und einem 2er Stresskästchen). Sobald der Charakter ein +3 Ergebnis (oder zwei +2 Ergebnisse bei unterschiedlichen Würfen) erzielt, ist der Wagen (zumindest für eine Weile) funktionsfähig und die Gruppe kann fliehen.
Beidseitige Konflikte („Wettstreite“): Wie oben, aber sobald die Spieler ihren Wurf gemacht haben, macht die Gegenseite ihren Wurf und versucht ihrerseits eine Stressleiste der Spieler anzugehen. Im Gegensatz zu der Art wie Wettstreite in Fate Core funktionieren, müssen die Stressleisten nicht gleich lang sein – es gewinnt nicht immer die Partei, die als erstes drei Erfolge erzielt, sondern die Chancen können zu Gunsten oder Ungunsten der Spieler verschoben sein.
Beispiel: Die Gruppe versucht sich (durch eine Kombination von Charme, gefälschten Papieren und gutem Alten Einbruch) Zugang zu einer streng geheimen Konzernanlage zu verschaffen. Die Konzernsicherheit hat eine Stressleiste (genannt „Konzernsicherheit(Täuschung)“) und jeweils ein 1er, 2er, 3er und 4er Stresskästchen – kein Zuckerschlecken. Gleichzeitig versucht die Konzernsicherheit, da sie von einem ihrer Spione im verfeindeten Konzern einen Tipp bekommen hat, dass eine Aktion gegen sie geplant ist, ihrerseits herauszufinden, wer eigentlich für diesen Auftrag angeheuert wurde, um auf diese Gruppe von Kriminellen gefasst zu sein. Die Gruppe hat eine Stressleiste namens „Identitätslos(Nachforschung)“ mit einem 1er und 2er Kästchen (sie sind in keinem Computersystem registriert, aber wenn man etwas hartnäckig ist und gewissen Leuten die richtigen Fragen stellt, dann kann man trotzdem etwas über sie herausfinden). Welche Seite auch immer zuerst einen Erfolg hat, der vom Gegner nicht durch Stress ausgeglichen werden kann, der gewinnt den Konflikt – entweder die Gangster schleichen sich unbemerkt in die Anlage ein oder der Sicherheitsdienst ermittelt ihre Identitäten und brieft die Wachleute entsprechend, was die ganze Sache von „sehr schwierig“ in Richtung zu „fast unmöglich“ verschiebt.
Free-for-All Konflikte: Bei einseitigen und beidseitigen Konflikten würfelt jede Seite pro Austausch nur einmal, egal wieviele Teilnehmer daran beteiligt sind (mehr Teilnehmer können trotzdem das Ergebnis beeinflussen, indem sie Teamwork benutzen, s. Fate Core S.182). Bei einem Free-for-All kann dagegen jeder Charakter und NSC einen eigenen Wurf machen, um zu versuchen die Ziele der Gruppe zu erreichen. Free-for-Alls sind dann sinnvoll, wenn es mehrere Ziele gibt (z.B. unterschiedliche Gegner mit jeweils eigenen Stressleisten), die in beliebiger Reihenfolge überwunden werden können. Trotzdem kann pro Austausch nur ein Wurf für ein bestimmtes Ziel gemacht werden (wenn mehrere Charaktere dasselbe Ziel verfolgen, kommen wieder die Teamwork-Regeln zum Einsatz).
Alle drei Arten von Konflikten können in einer Szene nach Belieben gemischt werden: die alten Regeln, nach denen Wettstreite enden, sobald ein Konflikt eingeleitet wird, finden in diesen Regeln keine Anwendung mehr.
Beispiel: Ein Teil der Gruppe ist in einem Feuergefecht (Free-for-All) mit den anrückenden Polizisten, während einer von ihnen versucht den Fluchtwagen wieder flott zu kriegen(Einseitiger Konflikt). Sobald letzteres gelingt wird das Feuergefecht fortgesetzt, während gleichzeitig der Fahrer versucht die Polizeiwagen abzuhängen (Beidseitiger Konflikt).
Alexandro:
Weitere Details zu Konflikten
Direkte Konfrontation: Bei einem beidseitigen Konflikt, bei dem beide Kontrahenten dieselbe Fertigkeit für Überwinden und Widerstand einsetzen (z.B. ein Armdrücken oder ein Wettrennen), kann man die Austausche auch weglassen und beide Würfe direkt miteinander vergleichen – wer immer das höhere Ergebnis erzielt, verursacht die Differenz in Stress bei seinem Kontrahenten.
Stress auflösen: Die o.g. Systeme gehen davon aus, dass die Aktion unter einem gewissen Zeitdruck erfolgt. Ist das nicht der Fall, so kann die Stressleiste entweder ganz weggelassen oder um ihr höchstes Stresskästchen reduziert werden.
Beispiel: Unser Ganove will seine Alte Rostlaube wieder flott machen. Allerdings nicht mitten im Überfall, sondern einen Tag zuvor, in seiner Garage. Diese Aktion erfordert trotzdem einen Wurf, allerdings steht hier kein Stress im Weg und ein einfacher Erfolg reicht aus, um dieses Ziel zu erreichen.
Alexandro:
Fertigkeitsliste
Ich verwende standardmäßig die folgenden 10 Fertigkeiten:
Charisma
Handwerk
Kämpfen
Kraft
Nachforschung
Provozieren
Relexe
Täuschung
Wille
Wissen
Alle Fertigkeiten können (üblicherweise mit Überwinden oder Vorteil erschaffen) zur Wahrnehmung verwendet werden. Die rein „passiven“ Fertigkeiten Empathie und Wahrnehmung entfallen damit.
Ebenso beinhaltet jede Fertigkeit Kontakte aus dem relevanten Feld (welche mittels Vorteil erschaffen ins Spiel gebracht werden).
Neue Fertigkeit: Reflexe (im wesentlichen Athletik-Ersatz, soweit das nicht über Kraft Sinn macht)
Charisma, Provozieren und Täuschung werden als Widerstand gegen den Einsatz dieser Fertigkeiten des Gegners angewendet (Wille als Generalwiderstand gegen geistige Angriffe entfällt).
Heimlichkeit wird in Täuschung integriert (welches damit körperliche und geistige Irreführung beinhaltet): Schleichen und Verstecken ist eher Überwinden, während Vorteil erschaffen die soziale Komponente beinhaltet.
Kämpfen beinhaltet sowohl Nah- als auch Fernkampf
Gestrichene Fertigkeiten
Athletik: wird mit Kraft oder Reflexe abgehandelt
Diebeskunst: Handwerk oder Wissen
Empathie: Wahrnehmungs-Äquivalent von Charisma
Fahren: üblicherweise Reflexe (wenn es überhaupt gewürfelt wird)
Heimlichkeit: Überwinden von „Täuschung“
Kontakte: jede Fertigkeit
Ressourcen: die höchste Fertigkeit ist idR auch der Broterwerb des Charakters
Schießen: mit Kämpfen abgehandelt (erfordert Fernkampfwaffe)
Wahrnehmung: jede Fertigkeit
La Cipolla:
Ich mag die Grundidee dieses Hacks sehr gerne, gerade die "Flexibilisierung" der Stressleisten. Mir gefällt auch, dass die unterschiedlichen "Konfliktarten" eigentlich eher wie Richtlinien herüberkommen, um die Stressleisten zu benutzen. (Wäre das hier ein Buch, fände ich die Strukturierung wohl ziemlich schrecklich. ;D Geht in einem Forenthread aber natürlich klar!)
Anfangs habe ich mich über den Begriff "Konflikt" gewundert, weil es ja scheinbar auch "Konflikte" ohne Gegenseite geben kann. Ich glaube sogar, man könnte den Begriff komplett weglassen und einfach mit dem Stress-Begriff arbeiten. Herausforderung, Wettstreit und Konflikt sind ja letztlich allen voran Gerüste, um ganze Szenen aufzubauen, und hier geht es eher um die Frage, wie man gewisse Konstellationen generell abbildet.
Fallen die Konsequenzen denn ganz weg? Bzw. werden sie auch "flexibilisiert"?
Ich muss noch überlegen, ob ich das Ganze spielen wollen würde. Es ist schon noch mal deutlich "rutschiger" als bspw. Turbo und kann ohne erfahrene Spielleitung ordentlich schiefgehen, würde ich tippen. Fertigkeiten würde ich definitiv anders machen, aber viel subjektiver als in Fertigkeitslisten wird unser Hobby ja auch kaum. ^^
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