Ich spiele eine Kampagne mit einer Gruppe junger Waldlandbarbaren, die sich beweisen müssen. Okay, praktisch sind es "Lederstrumpf-Indianer" ohne Musketen.
Wunsch der SpielerInnen dabei war, sie wollte die Welt vorab nicht kennen, sondern die Welt im Spiel entdecken
Das erste Abenteuer war eine Initiationsreise zu einer Höhle in den Bergen, um mit dem Totemgeist ihrer Sippe Kontakt aufzunehmen. Das machen alle jungen Männer und Frauen im Alter von 16 Jahren.
Vorbereitet hatte ich eine mit Wonderdraft gezeichnete Karte mit allem, was man so braucht: Berge, Flüsse, Seen, Wälder, richtig üble Wälder in denen man zu einem "Zombie" werden kann und eben Gebiete anderer Stämme, von denen manche freundlich, andere neutral und noch andere richtig feindlich waren.
Und dann bekam die Gruppe eine mündliche Beschreibung, wie sie die Höhle in den Bergen erreichen können. Schön mit "folgt dem Fluss bis zum zweiten nördlichen Zufluss", "da macht einen Bogen, weil dort Kannibalen wohnen", "dort richtet dem Häuptling schöne Grüße aus" usw.
Und dann habe ich die Karte mit einem Fog of War (genauer mit einem Felsenicon) zugeballert und nur das heimatliche Territorium freigelassen. Jeden halben Reisetag habe ich die SpielerInnen gefragt: "Wo wollt ihr lang?" und die entsprechende Strecke dann sichtbar gemacht.
Auf dem Weg gab es ein paar geplante Begegnungen, mit denen man in etwa rechnen konnte oder die sich direkt aus dem Vorhaben ergaben (z.B. ein paar ältere Jugendliche aus der eigenen Sippe, die den Kleinen einen Schrecken einjagen wollten; eine dämliche andere Gruppe; eine fiese andere Gruppe), und ein paar Zufallsbegegnungen. Außerdem gab es kleinere Hindernisse, die in der Beschreibung ausgespart waren (ein kleiner fieser Wald - umgehen oder schnell durch?). Und schließlich gab es den großen Plot der quer zu dem eigentlichen Vorhaben der Gruppe lief: Ein großer Trupp von Alben, die ein ganzes Dorf überfallen und die Bewohner verschleppt hatten (Besuchen wir erst unser Totem oder stellen wir uns unserm Erzfeind entgegen oder suchen wir weitere Verbündete?).
Medial habe ich die Karte mit nem Beamer an eine Leinwand geworfen.
Die ganze Sache hat extrem gut funktioniert: Die SpielerInnen hatten eine Motivation zu einer Reise von A nach B. Sie wussten ungefähr, was sie auf einer geplanten Route theoretisch begegnen würde. Es gab immer wieder Anreize oder Zwänge, von der geplanten Route abzuweichen. Das bedeutete aber die Gefahr, wichtige Landmarken zu verpassen und sich zu verlaufen, bzw. sich in eine Sackgasse zu mannövrieren. Oder aber in unbekannte, statische Gefahren zu laufen.
Dass die SpielerInnen im Spiel immer mehr Bereiche aufdecken, macht zusätzlichen Spaß. Wie auch der Reiz, was sich im Rest noch verbirgt.
Bei einer der späteren Missionen haben ich über die Karte und die "Felsen" dann noch ein Hexraster gelegt. Das machte es dann etwas einfacher zu klären, in welche Richtung die Gruppe marschieren wollte, wie weit die Entfernungen waren und wie viel Zeit die Durchquerung eines Hexes brauchte.
Wenn die Gruppe mal in zivilisiertere oder offenere Länder reisen wird, dann würde ich ihnen je nachdem gröbere oder detailliertere Karten vorlegen. Aber für das Erkunden eines fast 2000 km langen Waldlandes oder eines ganz kleinen Teils davon, funktioniert das so ganz gut.
Auch das Zusammenspiel von Motivation/Plan der Gruppe und was ihnen so in die Quere kommt. Und was man von der Geopraphie noch wissen muss: Das Land ist zwar gewaltig lang, aber nicht überall sonderlich breit. Im Westen ist das Meer und im Osten sind die Berge. Beides sieht man mitten im Wald zwar auch nicht, aber wenn man drauf stößt, wird es schon klar.