Ist es möglich die Spieler ´geheimerweise´ zu railroaden ohne, dass die das überhaupt mitbekommen oder is das einfach unachievable??
Naja, "railroaden" im engeren Sinne wird man die Spieler wohl nicht können, ohne, dass sie es merken.
Wie findet ihr eine gute Balance zw ´alles is fix´ und ´die Spieler kontrollieren die story´? Bzw. wie ändert sich euer Planungszugang für so große Projekte wenn ihr einerseits die ganze Story vorbereitet haben wollt (auch um ausreichend Twists und Überraschungen einzubauen) aber gleichzeitig die Spieler Einfluss haben auf den Verlauf der Ereignisse??
Ich benutze für große Kampagnen gerne ein 3-Stufen-Konzept.
Im ersten Teil mache ich immer eine "Turning wheel" Kampagne. Es gibt einen roten Faden, gewisse Dinge passieren, egal ob die Spieler es wollen oder nicht, und die Ereignisse haben ein Reihenfolge. Hier können die Spieler maximal das "wie", aber nicht das "was" beeinflussen. Sie lernen gewisse NSCs kennen, wenn, wann und wo ich das will, etc. Das eignet sich imho immer sehr gut, um die Spielwelt zu präsentieren und die Handlngsstränge, die ich bespielen will in Position zu bringen. Ob das eine "sehr gute" oder "sehr schlechte" Position ist, liegt dann halt an den Spielern. Sprich, man kommt nicht um den Drachen rum, aber ob man den (dann irgendwann später) dann in seiner Höhle konfrontieren oder in Ketten auf freiem Feld abmurksen kann, hängt unter anderem davon ab, was die Spieler in diesem Stadium tun. Aber sie haben keine Möglichkeit den Drachen zu umgehen oder gleich umzubringen. Das ist dann der "Railroading"-Anteil.
Diesen Kampagnen-Teil kann man komplett vorher vorbereiten, da man ja weiß, was auf jeden Fall passieren wird.
Nachdem die Spieler die Welt kennengelernt haben, gehe ich dann zu einer "Sandbox"-Kampagne über. Ich frage meine Spieler, was ihnen gefallen hat, und wovon sie gerne mehr sehen wollen, und dann wird genau das bespielt. Das ist sehr nützlich um rauszukriegen, wie Spieler und Charaktere wirklich ticken (das geht ja nicht, wenn man sie einen Plotfaden entlangzwingt), und was ihnen Spaß macht.
Hier haben die Spieler scheinbar alle Freiheiten. Scheinbar. Wenn ich den Drachen als finalen Boss geplant habe, die Spieler mir aber sagen "He SL, lass man de Drachenplot abwickeln. Den finden wir zwar cool, aber nicht so cool, als dass wir uns ne ganze Kampagne mit dem beschäftigen wollen", dann hab ich natürlich ein Problem. Aber besser ich merke es jetzt, als wenns zu spät ist und die Spieler genervt sind. Zudem kann ich ann reagieren und die ganzen Aktionen, die eigentlich der Drache tun sollte auf einen anderen NSC "umlegen". Wenn die Spieler den örtlichen Magierkult cooler finden, dann gabs halt ein Bündnis zwischen denen und dem Drachen, und die Magier tun dann später das, was eigentlich der Drache tun sollte. Sprich, man kann den Spielern immer noch vorher geplante Plots "auf-railroaden", wenn das unbedingt nötig ist. Und wenn man sich dabei geschickt anstellt, merkt das entweder wirklich keiner, oder man fühlt sich zumindest nicht gerailroaded. Die Spieler tun, die Welt reagiert. Das wirkt organisch. Das die Welt in ihren Reaktionen gar nicht so frei ist, wie man das annehmen mag, muss ja keiner wissen.
Diesen Teil kann man natürlich kaum in seiner Gänze vorbereiten. Hier hab ich meist nur ein par Versatzstücke in petto und baue die Plots dann, wenn die Spieler mir gesagt haben, was sie bespielen wollen.
Wenn genug im Sandkasten gespielt wurde, kommt die letzten Phase: die "Nemesis"-Kampagne.
Durch das ganze Sandboxen dürfte mitlerweilen ziemlich klar sein, was den Spielern gefällt, und wo sie hinwollen. Und genau da kommt dann der finale Bösewicht rein. Ob das nun der Drache ist, oder der Magierkult, oder einfach nur die arme Sau, die die Hinterlassenschaften des von den Spielern massakrierten Drachen mit anhänglichem Kult, gefunden hat und wahnsinnig geworden ist, hängt natürlich davon ab, was in der Sandbox so gemacht wurde, aber die Freiheit, die "Nemesis" zu umgehen gibt es nicht mehr. Anstelle von "spieler tut, Welt reagiert" gilt hier nun "Nemesis tut, Spieler müssen reagieren". Die Dynamik dreht sich also um. Da die Nemesis eine aktive Kraft in der Spielwelt ist, kann man natürlich auch wieder gut "railroaden". Wenn die Nemesis der Meinung ist, dass sie den Vater eines SCs abmurksen muss, (weil das ein Twist ist, den ich seit Anfang der Kampagne geplant habe) dann wird das auch genau so passieren. Da fühlt sich dann auch niemand gerailroaded, weil eine Nemesis eben ihre eigene Agency hat und so den Spielern gewisse Dinge aufzwingen kann. (Vorzugsweise solche, die die Spieler auch spielen wollen.)
In diesem letzten Teil hole ich dann all die Dinge raus, die ich mir ganz zu Anfang so zurecht gelegt hatte und schaue was davon jetzt noch in die Welt passt, die die Spieler in der Sandbox geschaffen haben. Wenn man seine Twists recht allgemein hält, dann gibt es eigentlich immer eine Möglichkeit, sie einzubauen, ohne, dass man im engeren Sinne railroaden muss.
Hilft das was?
EDIT:
Da du die G7 erwähnt hast (ich dachte erst an die Staaten, nicht an DSA...):
Diese Kampagne ist zum Beispiel größtenteils eine turning wheel Kampagne. Liscom, Pardona, Abu Terfass...etc. machen auf jeden Fall ihr Ding. Borbi kommt auf jeden Fall zurück, man kriegt auf jeden Fall die Zeichen, etc. Durch die Nebenlinien (Arras dem Mott und Kurkum bspw.) wird ein *Bißchen* Sandbox eingestreut. Kann man bespielen, muss man aber nicht, und es hat auch nur wenig Wirkung auf die Welt im Gesamten. Irgendwo um "Rohals Versprechen" rum, wirds dann eine Nemesis-Kampagne. Borbi geht aktiv auf die Helden los, lässt Prinz Brin von Zants zerfetzen und man muss ihm letztendlich persönlich gegenüber treten, vom Krieg und den Feldschlachten gar nicht zu reden.