42. Eine zierliche 40-Jährige mit drei verloren wirkenden Sommersprossen auf der Nase steigt vorsichtig zu. Als Fahrziel gibt sie die Taxizentrale am anderen Ende der Stadt an. Ihr einziges Gepäck, eine nußbraune Aktenmappe, öffnet sie sogleich und gibt einen Haufen standardisierter Formulare frei. Aus dem Augenwinkel erahnst du die Blattüberschriften: Vom Eichamt ist die Rede, von der Straßenbauverordnung, vom öffentlichen Nahverkehr. Sie taxiert jeden Winkel deines Fahrzeuges, macht Fotos mit dem Handy und krakelt dann Zahlen in die vorgesehenen Felder. Dabei wird ihr Blick zunehmend kritisch. In den Ampelpausen stellt sie stellt dir kryptische Fragen über Stoßzeiten, Verkehrssicherheit, Reifennormung usw., die du bitte "möglichst ausführlich" beantworten magst. Beim Aussteigen wirft sie dir ein ehrliches Lächeln zu und sagt mit einem Nicken Richtung Taxameter fast spöttisch: "Zahlt die Stadt!"
43. Ein älterer Herr, etwa Ende 50, dessen grauer, wolliger Schopf unter einer Schiebermütze hervorquillt, rutscht auf der Hinterbank durch, um einem zweiten Mann Platz zu machen. Der ist etwa Ende 30, mit rotblondem Bart und modischer Brille, deren Gläser und Gestell sich kaum auf dem kantigen Gesicht abzeichnen. Der Ältere will zur Strandpromenade. Er besteht aber darauf, dass dein Taxi die Route durch den Hauptverkehr nimmt, was die Fahrt deutlich in die Länge zieht. Die Zeit überbrücken die beiden durch das Schwelgen in Jugenderinnerungen, viel Gelächter und gelegentliche, tief vertraute Küsse.
44. Ein Mann in den Zwanzigern, mit karamellbrauner Haut und einer beigen Wollmütze steigt hinten ein. Seine zwei buschigen, rabenschwarzen Brauen hängen wie drohend tief über zwei wässrigen Augen. Er sagt, heute sei sein "letzter Tag" und bittet dich, einfach nur in der Stadt herumzufahren. Dabei stellt er dir Fragen über dein Leben, primär über die groben Stationen und was du glaubst, dass du für ein Mensch bist. Wenn du ihm dieselben Fragen stellst, wird er seltsam still, murmelt etwas von einer Entscheidung, die er getroffen habe - er sei "entschlossen, zu gehen". Nach ein paar Stunden steigt er aus, nimmt eine Brieftasche heraus, die vollgestopft mit Geldscheinen ist, so als habe er sein gesamtes Geld mit einem Mal von der Bank abgehoben. Er gibt dir ein großzügiges Trinkgeld.