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Meine 2. Krise des Fantasy-Lesens

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Weltengeist:

--- Zitat von: Alex am 24.08.2021 | 10:17 ---Eine perfekte Zusammenfassung (auch) meines Problems, nämlich die Kunst zu entscheiden, was  relevant für die Geschichte ist und was eben nicht.

--- Ende Zitat ---

Dem kann ich nur zustimmen. Das Problem, dass sich Autoren schwer tun mit dem Weglassen, beobachte ich auch in anderen Genres. Besonders schlimm sind hier oft historische Romane: Der Autor hat natürlich jede Menge Zeug recherchiert, und dann wird es eben auf Biegen und Brechen auch noch in die Handlung eingebaut. Was besagter Handlung meist nicht gut tut.


--- Zitat von: Vecna am 24.08.2021 | 00:24 ---Ganz allgemein, unpersönlich und vielleicht unpopulär:

* So wie auch das eigene strategische Langzeitschach unter zuviel Online-Blitzschach leidet, so hat auch das bei Rollenspielern auftretende Binge-Reading von haufenweise Rollo-Texten einen negativen Einfluss auf die Lesefreude/-kompetenz bei Romanen und groß angelegten Erzählungen.

--- Ende Zitat ---

Klar, natürlich gibt es solche Leute, aber ich denke nicht, dass das mein Problem ist. Ich lese etliche Dutzend Bücher pro Jahr, und die meisten davon ohne Probleme. Doch ausgerechnet die Fantastik-Bücher (die mir ja aufgrund jahrezehntelanger Beschäftigung mit dem Genre besonders liegen sollten) machen mir in letzter Zeit zunehmend Probleme.

Crimson King:

--- Zitat von: Alex am 24.08.2021 | 10:17 ---Natürlich muss eine Fantasy-Welt sehr viel weiter ausgearbeitet sein, als es im Buch steht , aber je mehr man in die Breite (viele Völker) und die Tiefe (geschichtliche Ereignisse) geht, umso größer und unübersichtlicher wird alles.

--- Ende Zitat ---

Es gibt grundsätzlich Worldbuilding-Ansätze, die das anders handhaben und das Worldbuilding zum einen in großem Maß sukzessive betreiben und zum anderen weniger Wert auf Plausibilität legen, sondern eher darauf achten, dass die Dinge thematisch passen und die Stimmung unterstützen. In Europa und Nordamerika wird wohl ein eher harter Top-Down-Ansatz bevorzugt. Deshalb sehen wir das oft als Goldstandard oder sogar die einzig mögliche Methode des Worldbuildings an. Aber das nur am Rande.

Wobei ich nicht ausschließen will, dass da ggf. was im Argen liegt. Speziell Moorcock, Zelazny oder Leiber betrieben definitiv ein deutliches weicheres, auf Stimmung abzielendes Worldbuilding, als heute üblich ist, wieder andere wie beispielsweise Howard beschränkten sich weitgehend auf die Reproduktion von Stereotypen, die aufgrund ihres Wiedererkennungswertes und ihrer Einfachheit leicht zugänglich sind.

Xemides:

--- Zitat von: Raven Nash am 22.08.2021 | 13:56 ---Und ich glaube, hier liegt der Hund begraben: Früher haben Fantasy-Autoren Tolkien nachgeeifert, heute George R.R. Martin. IMHO nicht unbedingt die beste Wahl

--- Ende Zitat ---

Für mich mittlerweile die bessere Wahl.

Auf Tolkien-Kopien hatte ich schon vor 30 Jahren keinen Bock mehr, weshalb ich Shanara nie gelesen habe und statt dessen lieber Feist zum Beispiel gelesen habe. Auf politische Intrigen ala Martin habe ich immer wieder Lust, wobei auch der das Thema ja nicht erfunden hat.


Issi:

--- Zitat von: Crimson King am 24.08.2021 | 12:35 ---Es gibt grundsätzlich Worldbuilding-Ansätze, die das anders handhaben und das Worldbuilding zum einen in großem Maß sukzessive betreiben und zum anderen weniger Wert auf Plausibilität legen, sondern eher darauf achten, dass die Dinge thematisch passen und die Stimmung unterstützen. In Europa und Nordamerika wird wohl ein eher harter Top-Down-Ansatz bevorzugt. Deshalb sehen wir das oft als Goldstandard oder sogar die einzig mögliche Methode des Worldbuildings an. Aber das nur am Rande.

--- Ende Zitat ---
Im Idealfall ist Wordbuilding sowohl stimmungsvoll als auch plausibel.
Wobei auf Plausibilität sicher leichter verzichtet wird ( solange es stimmungsvoll genug ist)
Andererseits gibt es bei Film und Buch Konsumenten auch solche, die sich über ein Mangel an Plausibilität so aufregen, dass sie aus der Geschichte aussteigen.

( Natürlich gibt es auch noch jede Menge schwammigen Kram dazwischen, wie z.B. die Frage, warum die Riesenadler Frodo nicht gleich bis zum Schicksalsberg geflogen haben........Aber warum auch immer - ist völlig egal- Ihr Auftritt war cool.)

Huhn:

--- Zitat von: Crimson King am 24.08.2021 | 12:35 ---Es gibt grundsätzlich Worldbuilding-Ansätze, die das anders handhaben und das Worldbuilding zum einen in großem Maß sukzessive betreiben und zum anderen weniger Wert auf Plausibilität legen, sondern eher darauf achten, dass die Dinge thematisch passen und die Stimmung unterstützen. In Europa und Nordamerika wird wohl ein eher harter Top-Down-Ansatz bevorzugt. Deshalb sehen wir das oft als Goldstandard oder sogar die einzig mögliche Methode des Worldbuildings an. Aber das nur am Rande.

--- Ende Zitat ---
Hm, ich finde ja auch, dass eine gute Weltenbeschreibung in einem Roman vor allem eine ist, die organisch in die Handlung eingeflochten ist und die der Handlung dient. Lange Infodrops zu Beginn der Geschichte oder ausufernde Tabellenanhänge durfte Tolkien, der ja auch ein eher akademisches Interesse an seiner Welt hatte - aber das geht im Sinne einer schön erzählten Geschichte auch besser.

In diesem Sinne finde ich tatsächlich das Worldbuilding in Harry Potter recht gelungen. Die Autorin hatte zu Beginn ein paar coole Ideen und baut die im Verlauf der Bände immer dann aus, wenn sie gerade irgendwas Neues für ihre Handlung braucht. Entstehende Logiklücken werden als Chancen betrachtet, passende Erklärungen zu ersinnen oder sie werden einfach ignoriert, wo sie nicht weiter stören. Die entstehende Welt ist beliebig erweiterbar und von und für Fans personalisierbar, weil statt langer Weltenerklärungen eher ein "Weltengefühl" vermittelt wird.

Ganz cool finde ich z. B. auch diverse Sword&Sorcery-Welten - was auch immer Cugel in Vances Romanen bereist oder Elric bei Moorcock. Da wird oft mehr angedeutet als wirklich gezeigt und erklärt. Und ich bin der festen Überzeugung, dass die Autoren da nicht zuvor private Atlanten und ethnologische Studien erstellt hatten. :D

Ich finds ja ausreichend, wenn eine Welt so wirkt, als sei viel dahinter - ob dann der Autor/die Autorin wirklich viel dahintergelegt hat oder ob alles bloß Kulisse ist, ist völlig irrelevant. Wegen mir muss ein Baum, der ungesehen im Wald umfällt, kein Geräusch machen. :D

Und um den Bogen zu Weltengeist Ausgangsposts zu schlagen - ich find die meiste Fantasy, die ich in der Buchhandlung so ausliegen sehe, auch eher uninteressant. Auch weil sie sich so damit aufhalten, tolle neue Welten nach Schema F zu generieren, statt Zeit in eine interessantere Handlung oder spannendere Figuren zu investieren. Und ja, ich habe bei solchen Büchern, gerade auch jenen mit diesem nervigen Fokus auf politische Ränkespiele mit tausend Beteiligten, das Problem, dass ich nach der Hälfte keinen Dunst mehr habe, wer wer ist.

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