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Rochefort und Gwynneth - (GM only)

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Kardinal Richelingo:

--- Zitat von: Azzurayelos am 24.02.2005 | 11:59 ---
Das Problem der Spieler dürfte dabei sein, dass sie auf Unterstützung der höheren Kreise der Kirche kaum zählen können. Eine Welt, die zum Teufel geht, ist ein geringer Preis für die Vernichtung der Symbioten... es sei denn natürlich, man zählt zu den armen Schweinen, die auf dieser Welt leben  >;D.

--- Ende Zitat ---

na ja, wenn Gelasius, der auch zum Synecullum gehört,  wirklich Bischof von Londynium wird, dann wird er sicher unter massiven Druck geraten, das stimmt. Aber die Kirche wird auch versuchen, ihn als Einflussnehmer zu nutzen, immerhin hat er noch einen guten Draht zu Rochefort.

Und die Kirche wird Rochefort nun als Einheit hofieren und versuchen ihn wieder für sich zu gewinnen (oder ihn töten), ebenso der Rest der Parteien. Besonders die Hawkwoods, die ihn immerhin aus dem Weg schaffen wollen, werden nun einen neuen Hebel gegenüber Alexius haben.

Und noch eine interessante Frage:  Wie wird die Kirche reagieren, wenn sie merkt, das Dinge ein Bewußtsein bekommen, die niemals eines haben dürften ? Sehr spannend.

Was denkt ihr, Rochefort will eh ganz Gwynneth für sich haben und das kann er auch, immerhin verfügt er über 10 % der gesamten Hawkwoodflotte. Wie kann er das erreichen ?

Kardinal Richelingo:
Man möge mir Doppelpostings verzeihen, aber wenn ich was entwickle, dann kommen die Ideen alle auf einmal, jedoch etwas kleckerweise. Und ich kann ja nicht warten, bis jemand von euch wieder was postet. Wer erteilt mir Absolution ?

Ok, was im übrigen auch passieren kann ist, dass einer meiner Spieler einen Anschlag auf Rochefort verüben will. Das könnte sogar funktionieren, weil er über geistige Kräfte verfügt. Wenn das passiert, ist der ganze Planet in Aufruhr. Vermutlich wird das aber nicht klappen, weil auch der Duke über einen Schild verfügt, der zumindest körperlichen Schaden von ihm fern hält und geistig hat er die Widerstandsfähigkeit eines Fanatikers.

carthinius:

--- Zitat von: eed_de am 24.02.2005 | 12:11 ---Man möge mir Doppelpostings verzeihen, (...) Wer erteilt mir Absolution ?

--- Ende Zitat ---

oh, das ist mein part, denke ich! die inquisition ist schon unterwegs!  >;D *schmauch*


 ;) ;D

Kardinal Richelingo:
hier nun der neue Tagebucheintrag des Bischofs Gelasius. (was war das nur für eine geile session :))

1,5 Minuten im Leben Bischof Gelasius I. von Londinium



„Darum fange ich an und gebe Euch, Bischof Gelasius das erste Geschenk: Ihr dürft den kommenden Kreuzzug proklamieren!“
Gelasius stand am Kopf der großen Tafel und starrte wie parallisiert auf den Herrscher Londiniums. Duke Roshfort stand im Mittelpunkt seiner kreisrunden Tafel, umgeben von den schwarzgekleideten Hohen seines Reiches, erhöht über dem Rest der Festgesellschaft und blickte ihn auffordernd an. Alle Blicke im Saal konzentrierten sich auf ihn und ihm wurde unangenehm bewusst, dass er zum ersten Mal im Leben wirklich im Mittelpunkt einer so großen Menge stand. Oh ja, er hatte es genossen vor dieser Ansammlung von Würdenträgern und mächtigen Adeligen ein Gebet an den Pancreator zu sprechen und war immer noch überwältigt von der Kraft des Glaubens, die durch ihn geflossen und fokussiert worden war bei seinem Gebet vor der Mahlzeit. Etwas vergleichbares hatte er in der Tat noch nie erlebt. So einfach war sein Leben gewesen bis vor kurzem. Ein ganz gewöhnlicher theurgischer Gelehrter war er gewesen. Ein paar Traktate hier, ein wenig intellektuelle Streitereien dort. Eine vielversprechende Karriere und als Lohn endlich den Titel eines Bischofs! Ein akademisch-theologischer Streit mit seinem Jugendfreund, dem Prior seines Heimatklosters Schwarzbrunn; das waren die größten Aufregungen der letzten 10-20 Jahre gewesen. Aber das hier – das hatte eine ganz andere Dimension. Ohne wirklich Einfluss zu haben auf die sich überstürzenden Ereignisse, stand er plötzlich im Mittelpunkt eines Orkans. Ein Orkan, der ihn und sein ganzes bisheriges Leben wortwörtlich wegriss. Es war, als sei er Teil einer dieser holographischen Darstellungen, die er manchmal an Bord interstellarer Schiffe gesehen hatte. Er war Teil einer Darstellung geworden und fragte sich seit Tagen, ob er überhaupt noch einen Einfluss hatte auf das, was um ihn herum vor sich ging.
Kurz straffte er seinen hageren Körper und blickte an seiner Hakennase entlang in die Augen von Roshfort. Es viel ihm schwer aber er versuchte dem Blick dieses Mannes nicht auszuweichen. Es hieß er hätte ungefähr ein Zehntel der Hawkwood Flotte unter seiner Befehlsgewalt und hatte einen nicht unerheblichen Anteil am Sieg des Alexius in den Imperatoren-Kriegen gehabt. Und doch war dieser mächtige Mann möglicherweise völlig verrückt und wahnsinnig, soweit er bisher gesehen hatte. Im fanatisch geführten Kampf gegen das Böse ging er bisher über Leichen. Londinium war in einem absolut desolatem Zustand, Rebellengruppen führten beinahe täglich tödliche Anschläge aus, die Bevölkerung vegetierte mehr, als dass sie diese einstmals stolze Stadt bewohnte. Antinomische Kräfte trieben ihr Unwesen, er selbst war wiederholt Ziel solcher Aktivitäten geworden. Dieser gesamte Planet war verflucht und barg Geheimnisse, die ihn jetzt erschauern ließen. Warum nicht einen Kreuzzug führen, um das Böse an der Wurzel zu packen und auszureißen? Etwas in ihm meldete sich zu Wort, etwas, das er nicht genau festhalten konnte, aber das ein verwirrtes Unbehagen ihn ihm hinterließ. Erst heute hatte er der Hinrichtung von Hundert Rebellen beigewohnt, als er auf dem Balkon seiner fürstlichen Unterkunft auf Schloss Mecalot aus auf den Hof dieses irrwitzigen Herrschersitzes schaute. Eine Demonstration der Entschlossenheit des Dukes, zweifellos, und eine, die ihn schmerzlich an die „Verhöre“ erinnerte, die er selbst vor ein paar Tagen führen musste. Er würde wohl nie die Augen des Mädchens vergessen können, die als Mitglied von „the wake“ von ihm getötet wurde. Das Mädchen, das eigentlich seine Kontaktperson des imperialen Auges gewesen war und nur in Ausführung ihrer Pflicht sterben musste, durch seine eigene Hand. Was machen diese Pancreator-verlassenen Zeiten aus uns, fragte er sich erschaudernd. Natürlich war es eigentlich lediglich sein Auftrag Informationen zu sammeln. Seine Position als Tutor Molina Roshforts brachte ihn in eine so enge Nähe zu dem Hawkwood Herrscher, dass sich nicht weniger als 3 Geheimdienste um seine Mithilfe gerissen hatten. Dass das Synecullum Kontakt mit ihm aufnahm war nicht weiter ungewöhnlich, schließlich hatte er dort alte Bekannte. Die Zusammenarbeit zwischen imperialem Auge und Synecullum war es, die ihn immer noch elektrisierte. Und, als wäre es nicht weiter erwähnenswert, hatte Rook auch noch einen Agenten der Callinthi in seine engste Umgebung gebracht. Ein Brother Battle war für seine persönliche Sicherheit zuständig und man konnte sich an zwei Händen ausrechnen, dass wahrscheinlich noch ein paar mehr Gruppierungen in seiner unmittelbaren Nähe operierten. Was war mit den Gilden, den Adelshäusern?
Leicht flackerten die Augen Duke Roshforts und die Stille im Saal machten Gelasius schmerzhaft bewusst, dass jeder der Anwesenden auf eine Antwort von ihm wartete. Aber was wollen die denn hören? Jawohl mein Fürst, lassen sie uns gemeinsam noch mehr Blut über diesem Planeten vergießen? Schon spürte er den Ellbogen von Bruder Gaugin an seiner Seite und den dezenten Hinweis „ihr solltet jetzt etwas sagen, meine Eminenz“. Aber Gelasius konnte nur starren, starren auf den mächtigen Hawkwood, dem er erst vor dem Festessen die Hand aufgelegt hatte und versuchte den Frieden des Pancreators weiterzugeben. Aber was für ein Mann! Frieden schien keine Option für ihn zu sein. Ein Geist, der stark ist, der zielstrebig ist und der so sicher zu wissen scheint, was richtig und was falsch ist! Unwillkürlich musste Gelasius seufzen. Roshfort sah sich als Märtyrer, und das ist eine ganz schlechte Eigenschaft für einen Mann dieser Machtposition. Und Roshfort hatte sich bereits zu weit aus seinem Fenster gelehnt. Im Grunde gab Gelasius Roshfort noch einige Monate oder sogar Jahre, aber irgendwann würden Kräfte, die selbst dieser Mann nicht kontrollieren konnte zu Aktivitäten gezwungen werden, die ihn einfach wegblasen würden. Wie lange würde sich das Haus Hawkwood diesen Unsicherheitsfaktor in ihrem Herzen erlauben? (und 10% hießen ja auch dass 90% der Flotte nicht unter seinem Befehl standen) Wie lange der Imperator? Und die Tatsache, dass sich die kirchlichen Geheimdienste so intensiv mit ihm beschäftigten, hieß auch nichts besonders gutes. Nein, die Tage dieses Mannes waren eigentlich bereits gezählt. Duke Roshfort, der auf dem Höhepunkt seiner Macht vor und über ihm stand tat ihm auf einmal leid. Ein Kreuzzug? Wer rettet dich vor dem Kreuzzug, den sie gegen dich ausrufen werden, dachte er bitter. Und so bekommt das Böse wieder einmal das, was es immer bekommen hatte: Vor lauter Machtspielen und Uneinigkeit konnte es sich ausbreiten, weil wir, und ja, auch er selbst gehörte ja zu diesem intrigantem Spiel, uns nur mit uns selber beschäftigen und es nicht zuwege bringen gemeinsam gegen den gemeinsamen Feind zu kämpfen. Das Dunkle zwischen den Sternen würde sich weiter ausbreiten und wir gucken uns nur gegenseitig auf die Finger und spielen Machtspiele, so wie kleine Kinder im Sand großartige Bauwerke errichten – Bauwerke, die im nächsten Regen freilich weggewaschen und vergessen sein werden.
Aber was sollte er, der alte Mönch und Schriftgelehrte schon dagegen machen? Im Grunde ging es ja gar nicht darum zu siegen. Und das ist genau der Fehler, den Menschen wie Roshfort so gerne machten. Nein, im Grunde ging es nur darum in dieser dunkler werdenden Welt das zu tun, was man tun kann. Und den Platz auszufüllen, den der Pancreator für einen reserviert hat. Diesen Irrsinn hier auf Gwinneth zu beenden kann nicht meine Aufgabe sein, dachte Gelasius mit Erleichterung. Mein Auftrag ist es nur der heiligen urthisch-orthodoxen Kirche zu dienen und das beste aus dem zu machen, was mir hier begegnet. Möge der Pancreator mir die Stärke verleihen meine eigene Ohnmächtigkeit demütig hinzunehmen um mich auf das zu konzentrieren, was wirklich wichtig ist: meinen eigenen Spiegel sauber zu halten und das Licht des Pancreators widerzuspiegeln auch auf diesem dunklen Planeten.
Amen

Kardinal Richelingo:
hier nun die Zusammenfassung der letzten Sitzung, diesmal aus der Sicht Bruder Gaugins. Lesenswert, wie ich finde.

Totenball und Kreuzzug

"Eli, Eli, lamah shavahhtani." (Markus 15/34)
fuck, diese Stelle aus dem alten Schinken von Vetra hatte noch nie diese tiefe Bedeutung. - Pock - Pock - Pock - Unser Füße hallen wieder von diesen verfluchten Wänden, diese absolut perfekten Wände Macelot Castles. Dieser devote Diener hat uns nur kurz angelächelt, "Wenn Sie mir folgen würden, Sie werden erwartet Hochwürden". Vor wenigen Minuten sind noch Menschen gestorben und wir "werden erwartet".

Dennoch, ich bin beeindruckt. Alle stehen sie da. Bauern, Edelleute, sogar der Abt ist hier. Alle haben sich in ihren besten Zwirn geworfen um Ihm zu gefallen. Der Duke ruft und sie kommen alle. Duke Rochefort thront über allem mit seiner Tafelrunde. Diese martialische schwarze Kleidung, dieser Ausdruck in seinem Gesicht... Wo habe ich diesen Ausdruck bloß schon mal gesehen? Ja klar, dieser Questing Knight, mit dem ich auf Byzantinum eine kurze aber heftige Diskussion hatte. Eine Woche bevor sie mich versetzt haben...
Wie viele? Wie viele noch? Für einen kurzen Moment steigt in mir der Wunsch hoch in sein Gehirn einzudringen. "Du kannst es Leo... Setzt dem ganzen ein Ende..." Ein kurzer Blick in die Runde, keiner scheint meine kurze Entgleisung bemerkt zu haben.

Neben dem Tisch des Duke hat sich eine kleine Gruppe Li Halan niedergelassen. Ist das möglich? Ein biederer Kerl, ganz im Stil eines adligen gekleidet sitzt da, oh Gott... und was für eine Frau, dieses Gesicht ist abstoßend! Fasziniert und angewidert zugleich - scheiße, nicht anstarren! Ihre Augen scheinen seltsam verformt und unglaublich kalt. Sie ist unglaublich hässlich!  Neben Ihr ein kräftiger junger Bursche. Unsicher zupft er sich an der Kleidung und starrt fast verstohlen zu Molina rüber, der Tochter des Duke, die diese Runde schmückt. Kann es sein...? Der arme Tropf von einem Li Halan ist doch noch viel zu jung um verheiratet zu werden und Molina ist ihm ganz sicher über.

"Ah, Bischof Gelasius. Ich fühle mich zutiefst geehrt..." Vor uns bildet sich eine kleine Gasse. Gelasius scheint kurz verunsichert, dann schreitet er voran. Angespannt, konzentriert, aber voller Würde.

"Erweist uns die Ehre und segnet dies einfache Mahl. Sprecht ein Gebet für uns." Bischof Gelasius steht mitten unter den Gästen. Seine Haltung ist leicht gebeugt, wie unter einer schweren Last. Das krause Haar gibt Ihm ein etwas vergeistigtes Aussehen. Seine Augen brennen wild. Dieser Mann fasziniert mich wirklich. Was hat er vor? Seine Konzentration und seine ruhige stimme wirken fast hypnotisierend auf mich. Langsam, fast flüsternd, beginnt er sein Gebet. Nur mit Anstrengung kann ich seinen Worten Folgen.

Ach Herr,
laß mich trachten:
nicht, daß ich getröstet werde,
sondern, daß ich tröste;
nicht, daß ich verstanden werde,
sondern, daß ich verstehe;
nicht, daß ich geliebt werde,
sondern, daß ich liebe.
Denn wer da hingibt,
der empfängt;
wer sich selbst vergißt,
der findet;
wer verzeiht,
dem wird verziehen;
und wer da stirbt,
der erwacht zum ewigen Leben.
Amen.

Eins seltsame Geborgenheit umfängt mich in dem Moment in dem der Chor ansetzt. Die Gesänge tragen die Worte des Bischofs und öffnen die Herzen. Sein Glaube, seine Kraft dringen in uns und durch uns hindurch. Auch wenn ich nicht jedes Wort in latein verstehe, so erschließt sich mir doch die tiefe Bedeutung seiner Worte. Frieden! Einige der Umstehenden fangen an zu weinen. Auch meine Wangen werden feucht. Ist sich dieser Mann seiner Kraft eigentlich bewußt?

Ewigkeiten vergehen nachdem der letzte Ton verklungen ist.

Seltsam, das Essen ist so einfach. Nur ein Eintopf, etwas lieblos dargereicht an einem langen Tisch. Nicht das, was wir erwartet hatten. Auch die Sitzordnung entspricht nicht den Etiketten, auch wenn es mich freut, dass dieser falsche Abt irgendwo in der Menge untergeht.

"Verehrte Gäste!" Der Duke erhebt die Stimme. Er redet vom Pancreator, der Dankbarkeit, dass er uns bewahrt hat vor dem Tode und in seiner Weisheit die Verschwörung aufgedeckt hat. Dass sonst alle tot wären, vernichtet durch einen dunklen Plan der Häretiker. Alle? Ich nicht Du Arsch! Wie er da steht, fast leidend, als trüge er selbst die Last der Toten auf seinen Schultern. Dieser Heuchler!

Hinter Ihm flackert das Licht. Eine gigantische holografische Projektion erscheint. Sie zeigt diesen Raum, diese Versammlung, aber etwas ist anders. Die Tische sind prunkvoller gedeckt, die Stimmung ist ausgelassener und ein Diener trägt einen riesigen Braten herein. Einen riesigen Fasanenbraten. Plötzlich, der Diener hat den Vogel auf die lange Tafel gestellt, da erhebt sich eine dunkle Wolke. Ein schwarzer Schwarm strömt durch die Luft, strömt in die Ohren und Münder der erschrockenen Gäste. Panik breitet sich aus. Menschen sterben unter Höllenqualen, steigen übereinander in einer Kakophonie aus Tot, Vernichtung und Angst. Frauen, Männer, alle schreien und sterben, sterben bis keiner mehr übrig ist. ...Stille... Der Raum ist  in einer gespenstigen Ruhe versunken. Meine Hände sind nass, einige Gäste schluchzen.

Angefacht durch die Worte des Duke wandelt sich das Entsetzten in Hass. Die Menge wird unruhig, vereinzelt schreien einige: "Im Namen des Pancreators!" Die elustre Versammlung verwandelt sich nach und nach in einen wütenden Mob.
Plötzlich, wie von tausend Scheinwerfern angestrahlt richtet sich der Duke auf. Seine Augen richten sich auf den Bischof. Sein Mund öffnet sich, aber wir alle glauben unseren Ohren nicht zu trauen. Dieser Wahnsinnige will Gelasius die Diözese übergeben und als „Geschenk“ zu seiner Berufung soll es der neue Bischof sein, der einen Kreuzzug gegen die Häretiker ausrufen wird.

Der Raum verstummt. Die Luft ist von einer eigenartigen Stimmung erfüllt. Alle starren erwartungsvoll zu Bischof Gelasius herüber. Für einen kurzen Augenblick glaube ich die Augen des Bischof aufflackern zu sehen. Was wird er tun? Zeit vergeht, viel zu schnell, alles ist viel zu schnell. Bevor ich weiß was ich tue stehe ich neben ihm und versuche ihn zum reden zu bringen. Der Duke wird außer sich sein, wenn Gelasius jetzt nicht die rechten Worte findet.
Endlich, wie eine Erlösung wirkt das Gestammel des Bischofs auf mich. Die beiden gehen aufeinander zu. Der Duke kniet vor Gelasius nieder. Er ist scheinbar nicht zufrieden, aber es legt sich ein wohlwollender Ausdruck auf sein Gesicht, als würde er den Bischof segnen und nicht umgekehrt.

Einige Augenblicke später hat sich der Duke wieder seiner Tafel zugewandt. Auf seinem Thron verfolgt er, wie sich eine lange Reihe der Gratulanten bildet. Einige von Stand, viele ohne Namen. Schnell wird ein Tisch für Geschenke herbeigeholt. Bischof Gelasius ist scheinbar überwältigt. Erst reagiert er nicht auf die vielen Gesichter und Hände die Ihn beglückwünschen. Dann erscheint er wie in Trance. Einen nach dem anderen empfängt er, für jeden ein paar warme Worte, aber im Geiste scheint er weit weg zu sein.

Einer der ersten ist ein Richard Morton, ein hoher abgeordneter der Gilde. Ein Scraver vermute ich... Was auch immer er Gelasius überreicht hat, es scheint ihn tief beeindruckt zu haben.

Weiter, wow, eine Familie der Decados. Der Mann stellt sich mit Andrej Decados vor. Erwartungsvoll blickt die Frau zu Gelasius auf. "Die Hoffnungen sind nun auf Euch gerichtet" als Gelasius nachhaken will redet sie nur vage etwas von einem Ausritt auf ihrem Landsitz. Diese Blaublüter sind schon so gewöhnt an ihre diplomatische Sprache, dass sie keinen vernünftigen Satz mehr raus bringen.

Was ist das? Kann es sein? Der Mann aus dem Kloster! Das geheimnisvolle Phantom, das uns vor dem Verrat des Abtes bewahrt hat. Er wirkt seltsam finster in dieser Runde. Noch immer trägt er die Kapuze tief ins Gesicht gezogen. Seltsam, außer mir scheint ihn niemand zu entdecken. Er nähert sich Schritt um Schritt. Er ist der einzige, der nicht mit seinen Nachbarn spricht, nicht den Hals reckt oder drängelt. Er scheint den Bischof kaum zu beachten. Was will der Kerl von uns? Langsam macht mich das nervös. Ich nähere mich auf einige Schritt dem Bischof, jederzeit zum Sprung bereit. Meine Hand umfasst das Messer, dass mir Bruder Uriel zugesteckt hat.

Plötzlich steht er vor mir. Da ist eine Stimme in meinem Kopf. “Dir will ich ein Geschenk machen.” Angst, Schrecken, Verwunderung steigen in mir auf, aber auch Stolz. “Wer bist Du?” Ohne ein Weiteres Wort reicht mir der Fremde einen Ring. Schon ist er in der Menge verschwunden. Ratlos starre ich Ihm nach. Hat es sonst jemand bemerkt? Scheinbar nicht. Kann sich dieser Fremde etwa unbemerkt in dieser Menge bewegen? Ich habe schon von solchen Kräften gehört, glauben konnte ich bisher nicht daran. Gedankenverloren stecke ich den Ring ein und wende mich wieder Bischof Gelasius zu. Er scheint nicht der einzige zu sein, um den sich diese Geschichte dreht.

Kadano Li Halan wird von seiner Mutter, der hässlichen Schachtel, vorangetrieben. Immer einen Schritt voraus, Molina. Oh man, was für ein Trottel. Der arme Kerl wird nicht viel zu lachen haben in seinem Leben.
Die Tochter des Duke wirkt kühl und schön wie immer. Würde mich interessieren wie lange sie diese Fassade wohl unter vier Augen aufrechterhalten kann. Ihr Wille ist sicher stark... Leise schlägt mir das Herz bis zum Hals. Meine Mundwinkel zucken kurz, dann habe ich mich wieder im Griff.
Die Eltern sind von Gelasius geradezu begeistert. Sie haben offenkundig seine Schriften gelesen und legen Ihre Hoffnungen in den kommenden Kreuzzug.

Endlich, meine erstarrten Gesichtszüge finden einen Weg sich zu entspannen: Abt Sirelius!
Wenigstens hat er die Größe uns wieder in sein Kloster einzuladen. Eine Einladung die wir hoffentlich ausschlagen können.
Kurz steigt das Bild des dunklen Klostergartens in mir auf, die wunderbare Stimmung während der Messen und die turbulente letzte Nacht in diesem mysteriösen Kloster. Was ist wohl Dein Geheimnis Sirelius? Was hast Du zu verbergen?

Bei der nächsten Gratulantin läuft es mir kalt den Rücken runter, Dekanin Marion, selbstbewusst und starrhalsig wie immer. Ihr Gesicht wirkt seltsam zufrieden. „Ihr seit eine Bereicherung für die orthodoxe Kirche.“ Was meint sie wohl damit? Eine kurze Bemerkung über die Verhörmethoden des Bischof? Wohl wieder die Geschichte von dem Anschlag, von dem mir der Eskatonier erzählt hat. Jedenfalls klang sie als hätte sie durchaus Interesse an einem guten Verhältnis mit uns.

Unter den Gratulanten ohne Titel fallen mir nur zwei wirklich auf. Ein Priester, Vater Sixtus und eine Alte Frau die offenbar Ihren Sohn sucht. Vater Sixtus wirkt unter den hohen und feinen Herren eher etwas deplaziert. Es ist offenbar der Landpfarrer, der sich um die Pfarreien außerhalb Londinuums kümmert. Gelasius und dieser Sixtus scheinen sich angeregt zu unterhalten, dann verschwindet er wieder.

Diese Frau bringt unsere Gedanken wieder darauf, was in dieser Diözese zu tun ist. Ihr Sohn sei in einem Arbeitslager. Welche Arbeitslager? Antony Carlson – oder so – beim Pancreator, was wird hier noch zum Vorschein kommen?

Viele Stunden später stehen wir erschöpft und allein in der großen Halle. Die letzten Hände sind geschüttelt, die letzten Segen gesprochen. Was nun tun? Der Duke will einen Kreuzzug halten und der Bischof soll ihn legitimieren. “Ich werde Euch etwas zeigen, dass Eure Meinung zu diesem Kreuzzug ändern wird. Ihr werdet sehn!” Nun, was auch immer es ist, der Glauben des Duke ist in jedem Fall so tief wie sein Hass. Was auch immer diesen Hass entwickelt hat, es wird wert sein, sich damit zu beschäftigen. Vielleicht kommen wir nun endlich ein Stück weiter, bringen endlich etwas Licht in dieses verwirrende Spiel aus Mord, Intrige und Tod.

Doch soweit sind wir noch nicht. Jetzt gilt es zunächst die Kathedrale in Augenschein zu nehmen. Wenn Gelasius schon Bischof auf diesem verwunschenen Planeten werden muss, dann werden wir auch das Beste daraus machen. Gelsius ist jedenfalls fest entschlossen und ich werde ihm folgen. Endlich etwas handfestes, nach all dem falschen Gerede.

Nach einer kurzen Nacht machen wir uns auf den Weg nach St. Kaderus. Unser Eskatonier hat heute irgendwie einen seltsamen Ausdruck um die Lippen, irgendwie zufrieden. Weiß der Henker was in dem vorgeht. Jedenfalls wurde er in der vergangenen Nacht wohl von den Decados kontaktiert. Wir sind nun Besitzer eines Hausbootes… Diese Geschichte wird jedenfalls immer verrückter. Unsere Eskorte zur Kathedrale wirkt fast wie ein Staatsbesuch, Rochfort versucht nicht mal die militärische Gewalt zu verbergen. 

Wenn Gelasius allerdings bisher dachte, das Amt eines Bischofs würde seine Situation verbessern, so wird er spätestens jetzt anders darüber denken. Diese Kathedrale ist ein Wunder, aber eines aus längst vergessenen Tagen. Der Bau wurde nie fertig gestellt und die kolossalen Türme ragen nur noch windschief in den Himmel, verkrüppelt und zerklüftet wie alte Eichen. Jeden Augenblick erwartet man den Blitzschlag der sie zu Boden wirft.

Umgeben ist die Kathedrale von einer verlassenen Bannmeile. Fluchender Pöbel empfängt uns am Eingang. Der Schäfer muss vor seiner Herde beschützt werden. Umgeben von Stacheldraht und Stahl. Welch ein Hohn!
Laut dem Duke ist wohl ein Fonds zur Untersthützug der Kathedrale eingerichtet worden. Wie hoch er ist, wer weiß? Reichen wird er sicher nicht!

Pater Franco ist scheinbar der einzig besonnene Mensch an diesem Ort. Einige Mitarbeiter sind noch übrig, darunter eine sabbernde Frau die sich nur wirr auf ihrer Matratze wälzt. Wie soll man denn hier arbeiten. Gelasius ist offensichtlich erschüttert. Hinter den Mauern der Kathedrale werden wir erst mal von Scheiterhaufen begrüßt. Die schwarze Asche färbt das abgetretene Pflaster vor dem Monumentalbau.  Seltsame Konstruktion! Alle vier Seiten des Bauwerks scheinen eine eigene Kathedrale darzustellen. Das alles wurde konstruiert um unzählige Gläubige aufzunehmen. Der in Stein gefasste Größenwahn. Pater Franco ist mit seiner Aufgabe hier total überfordert und ich bin mir nicht sicher ob wir es nicht auch sind. Mehrere Leben werden nötig sein um diesen Bau zu vollenden und ohne entsprechende Arbeiter und Mittel sind wir hier chancenlos.

Während Bischof Gelasius mit Pater Franco in St. Marco, dem Teil der Kathedrale der im besten Zustand ist, trifft, kontaktiere ich die ersten potentiellen Arbeiter. Tom Dannley, ein kräftiger Bursche aus der Umgebung, will uns Mitarbeiter besorgen, wenn der neue Bischof zahlen kann. Wenn sich das rumspricht haben wir vielleicht die Chance so etwas wie Aufbruchstimmung zu verbreiten.

Der Nachmittag vergeht praktisch wie im Fluge. Wir packen an und tun was wir können. Langsam macht sich etwas wie Hoffnung in mir breit. Es macht Spaß zu sehen, wie selbst Bischof Gelasius im Schweiße seines Angesichts die Scheiterhaufen abträgt und wie die Früchte unserer Arbeit nach und nach deutlicher werden. Erst spät beschließen wir uns etwas auszuruhen, schließlich werden uns die Diener des Duke bald abholen.

Wow, das ist ja irre! Seit der Thio Lao habe ich nicht mehr dieses Gefühl gehabt. Kein Aufklärer der Kirche und kein Charterflug bekommt diese Beschleunigung hin. Lustvoll spüre ich, wie ich in den Sitz gedrückt werde und mein Atem und mein Herzschlag sich verlangsamt. Wie mit einem riesigen Surfboard schießen wir in Richtung Sterne. Der Scramjet Antrieb bringt uns locker auf Mach 10, sobald wir die Atmosphäre verlassen schaltet der Wasserstoffantrieb um. Geil!

Nach unserem Aufenthalt in der Kathedrale wirkt dieser High-Tech-Bomber, mit dem uns der Duke persönlich fliegt, wie ein Zeitsprung. Ich hatte mir schon gedacht, dass wir einen spannenden Ausflug vor uns haben, aber das habe ich nicht erwartet.

Gelasius sieht etwas grün um die Nase aus. Der abrupte Wechsel von multi-G in die Schwerelosigkeit ist nicht nur ihm auf den Magen geschlagen. Mit leiser Verzweiflung massiert er seine Stirn. Einzig Bruder Uriel scheint an solche Dinge gewöhnt zu sein.

Der Anblick ist überwältigend. Dieser Teufel unterhält tatsächlich eine eigene Raumstation. Wie ein Juwel aus längst vergangenen Tagen schwebt die Plattform drohend über dem Planeten. Sowohl oben als auch unten haften V-Bomber an der Plattform. Die schwarzen, sichelförmigen Geschosse wirken wie Raubvögel die zum Sturzflug bereit sind. Bereit sich auf die Feinde des Duke zu stürzen, mit dem Fauchen einer kleinen Sonne und der zerstörerischen Kraft der Harkwood Flotte. Verdammt, jeder aufmerksame Beobachter müsste das doch am Himmel sehen können? Was muss das für ein Gefühl für die Feinde des Duke sein? Wie ein Denkmal schier grenzenloser Macht. Kein Wunder, dass diese Rebellen zu drastischen Mitteln greifen.

Langsam und etwas unbeholfen folgen wir dem Duke durch eine der Röhren auf der Oberfläche. Durch das fast unsichtbare Material der Röhre ergibt sich fast der Eindruck, als würden wir durch das All selbst gleiten. Wer immer diese Station erdacht hat, er hatte einen Sinn für Ästhetik. Ganz makellos ist die Basis aber nicht mehr. An einigen Stellen reißen Krater die Oberfläche auf. Es scheint fast, als hätte ein Kampf stattgefunden, wahrscheinlich Spuren aus dem vergangenen Krieg.

Kurze Zeit später betreten wir die Kommandozentrale. Wie durch ein Wunder setzt hier die Schwerkraft wieder ein. Bizarr wirkt dieses Bild. Mir wird schwindlig. Mein Geist scheint sich selbst nicht sicher zu sein was hier oben und was unten ist. Schließlich einigen wir uns darauf, dass der Ort, an dem wir die Brücke betreten, unten ist und die anderen, die auf der anderen Seite, mit dem Kopf von der Decke hängen. Wahrscheinlich hat deren Geist beschlossen, dass wir das gleiche tun? Nicht darüber nachdenken Leo! Wie diese Schwerkraftfelder funktionieren konnte mir selbst Lena nie erklären. Ist irgend so ein Ding aus der zweiten Republik... Aha!

Jedenfalls führt uns der Duke nun an einigen Geräten vorbei. Wir sehen Oberflächenbilder in verschiedenen Spektralfarben. Einige sollen Truppenbewegungen aufspüren, andere beschäftigen sich mit etwas anderem, etwas das den Duke ganz offensichtlich mehr interessiert. Nun, so scheint es, sind wir der Enthüllung spürbar nahe. Fast feierlich bittet uns der Duke  nach einer kurzen Erholungspause in einen Vorführraum. Mich erinnert diese Kammer an unsere Briefings, allerdings ist hier alles effizienter angeordnet.

Mit ernstem Gesicht spielt der Duke einen Film ab. Die Kamera begleitet einen kleinen Trupp von Soldaten durch den Dschungel, offenbar eine Aufnahme von Gwynneth. Das Ganze erinnert an die Reportagen aus den Imperator-Kriegen. Die Aufnahme wirkt unruhig, die Stimmen der Soldaten sind angespannt und nervös, eine Spannung, die sich auf mich zu übertragen scheint. Plötzlich trifft die Gruppe auf ein kleines Dorf. Ein Dorf voller Wilder wie es scheint. Gekleidet in Tierhäute und mit wilden filzigen Haaren. Nach ersten Verständigungsschwierigkeiten entspannt sich die Lage. Die Dorfbewohner erscheinen fast freundliche. Bis plötzlich...
Einer der Soldaten ist ein Stück in den Sumpf gegangen, vielleicht um auszutreten. Ein Schrei erschallt, der Soldat verschwindet im brackigen Wasser. Schüsse, Panik, mehr Schreie. Die Kamera verwackelt und verstirbt. Interessant ist, dass die Aura, von der die Dorfbewohner umgeben waren nicht menschlich zu sein schienen. Irgendetwas monströses geht hier vor.


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