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Rant: Foundation Trilogie

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JollyOrc:
Nur ein kurzer Einwurf hier von mir als Threadersteller (ich bin leider zu voll mit Arbeit, als dass ich geboten ausführlich antworten kann).

Zum Start: Ich habe einen Sammelband gelesen, der die Geschichte bis zum Ende des Foundation/Kalgan (?) Krieges beinhaltet. Was danach kommt, kenne ich nicht.

Die Psychohistorie als fiktive Wissenschaft habe ich überhaupt nicht angegriffen. Klar ist das ein notwendiges SF-Plotvehikel. Dieses spezielle Vehikel finde ich im Grunde sogar recht clever. Ich hätte es besonders clever gefunden, wenn der Seldon Plan konsequent darauf zielte mit der Foundation die Dominosteine nur zu legen, um sie dann einfach fallen zu lassen. Dann hätten die einzelnen Geschichten sehr fein als Studien der Menschheitsgeschichte dienen können, und darüber hinaus dann utopisch bzw. dystopische Schlüsse zugelassen.

Ebenso im Grunde clever finde ich die Grundidee dass die ersten drei Seldon-Krison im Endeffekt verschiedene Formen der Machtverhältnisse zwischen Staaten illustrieren (Appeasement, Religion, dann Handel).

Meine Kritik in Sachen (Edit: vom Buch dargestellten) Menschenbild kommt tatsächlich über die zweite Foundation ins Spiel: Damit konterkariert Asimov, wie hier auch schon von anderen angedeutet, die Idee von "der Geschichte Lauf hält weder Ochs noch Esel (Mule!!!) auf!".

Es ist nämlich
a) durchaus möglich, die Vorhersagen der Psychohistorie zu durchkreuzen, solange es nur ein genug "abnormales" Individuum gibt, und
b) sogar notwendig, selbst solche abnormalen Menschen zu erschaffen (Foundation 2), um die Geschichte in eine gewünschte Richtung zu lenken.

Es wird ja aufgezeigt, dass die zweite Foundation bewusst erschaffen wurde um zu lenken und zu steuern, und insinuiert, dass das a) für das zeitige Wiedererstehen von galaxisweiter Zivilisation alternativlos sei und b) es ebenso notwendig sei, dass dies im Geheimen passiert. DAS ist der Kernpunkt des grauenhaften Zivilisations- und Menschenbildes.

Ja, die erste Foundation versucht sich dem Klammergriff der zweiten zu entziehen, aber die Coda meines Sammelbandes legt nahe, dass diese Kontrolle für das Wohl der ersten Foundation absolut notwendig sei, sie sonst untergehen würde. Das Buch rechtfertigt also, vereinfacht gesagt, geheime und undemokratische Gedankenkontrolle sowohl einzelner als auch der Massen als den einzig möglichen Weg, um das Gesamtwohl zu verbessern. Die Kehrseite davon wird kaum beleuchtet, selbst die Protagonisten aus der ersten Foundation, die dagegen ankämpfen erklären ihre Motivation, Ängste, etc. daraus kaum. Sie bekämpfen die zweite Foundation einfach, das warum wird so gut wie überhaupt nicht erklärt.

Zuletzt: Mein Sammelband enthält ein Vorwort von Asimov, in dem er die Entstehungsgeschichte der einzelnen Stories erzählt. Daraus geht hervor, dass die Geschichten durchaus mit zeitlichem Abstand entstanden sind, und er eigentlich auch schon um den Mule herum keine Vorstellung oder Pläne für weitere Geschichten hatte. Erst als ein sehr lukrativer Vertrag winkte, hat er sich überhaupt Gedanken über die Fortschreibung gemacht, und das auch nur soweit, wie dieser Band reichte. Es ist also IMHO durchaus gerechtfertigt, die Sachen einzeln zu betrachten.

So, zurück an die Arbeit :)

Isegrim:
[rant&sarcasm&so]Manche kommen halt über das ideologische Planschbecken nicht hinaus; und nicht die Schwimmflügel der Dogmatik vergessen. Bloss nichts inhalieren, was zwei Millimeter neben meinem eigenen, abgesicherten, parteilich für tauglich erklärten Weltbild liegt. Denn dann ist man BÖSE ähh ein schlechter Mensch...[/rant&sarcasm&so]

schneeland:
Ich hatte das Gefühl, wir waren schon an dem Punkt, wo wir festgestellt haben, dass es nicht wirklich hilfreich ist, verschiedene Interpretationen eines Werkes mit moralischen Bewertungen ihrer Anhänger aufzuladen - ich würde sagen, wir bleiben dabei und fokussieren auf die Sachebene.

6:
@JollyOrc:
Nur kurz ein paar Sachen:
1. Asimov kontrakariert bereits im ersten Kapitel die Idee "der Geschichte Lauf hält weder Ochs noch Esel (Mule!!!) auf!". Es ist doch gerade die Idee hinter der Foundation, den Lauf der Geschichte aufzuhalten indem sie dafür sorgen soll, dass die dunkle Zeit nach dem Zerfall des Imperiums so kurz wie möglich gehalten werden soll.
2. Bereits die erste Foundation wurde erschaffen um bewusst zu lenken und zu erschaffen und insinuiert, dass das a) für das zeitige Wiedererstehen von galaxisweiter Zivilisation alternativlos sei und b) es ebenso notwendig sei, dass dies im Geheimen passiert. Der Unterschied zur zweiten Foundation ist nur, dass Dir als LESER die Grundlage der ersten Foundation im Vorfhinein erklärt wird.
3. Wenn Seldon einfach alle Bausteine vorgegeben hätte, die dann zum entsprechenden Zeitpunkt umgefallen wären, dann wäre er ein Gott und die Foundation sein Kult gewesen. Also das Gegenteil von wissenschaftlicher Forschung. Asimov kommt eher aus der wissenschaftlichen Ecke.

Isegrim:

--- Zitat von: 6 am 10.11.2021 | 10:52 ---3. Wenn Seldon einfach alle Bausteine vorgegeben hätte, die dann zum entsprechenden Zeitpunkt umgefallen wären, dann wäre er ein Gott und die Foundation sein Kult gewesen.
--- Ende Zitat ---

Was es zwischenzeitlich ja auch ist. Die Techno-Religion der Foundation verehert Seldon tatsächlich als so etwas wie einen Propheten. Später, besonders direkt vor dem Auftauchen des Maultiers während der Indbur-Dynastie, ist seine Stellung mE vergleichbar mit der eines "säkulären Heiligen", wie es sie in ideologisch basierten Regimen gab & gibt. Und zersplittert glorios, als seine Aufzeichnung zum ersten mal völlig daneben liegt, Maultier sei dank...

Eine interessante Frage ist, was die Foundation-Saga über Demokratie sagt. Ich würde sagen, diese kommt besser weg als die autoritäre/diktatorische Konkurrenz. Die Herrschaft sowohl des Stiftungsrates als auch der Indburs wird negativ dargestellt, die Institution des gewählten Bürgermeisters positiv. Wobei zu fragen ist, wer von dieser Demokratie profitiert; anfangs wählen den Bürgermeister von Terminus nur die Menschen dort, später weitet sich das weiter aus, aber ich weiß nicht mehr, ob das schon in der O-Trilogie fest gelegt war.

Das Erste Imperium (zumindest in seinen zentralen Instanzen offensichtlich undemokratisch) wird zwar einem Zustand des Krieges und des Chaos vorgezogen. Das neue, von Seldon geplante Imperium soll aber aus der Foundation mit gewählten Institutionen hervorgehen, und seien wir ehrlich: Positiv oder gar sympathisch wirkt das bürokratische Monster von Trantor zu keinem Zeitpunkt.

Ist die Idee der Psychohistorik (inkl der Annahme, das funzt nur, wenn die Vorherssagen unbekannt bleiben müssen) damit vereinbar? In großen Teilen auf jeden Fall, da die Psychohistorik nur die groben Züge beschreibt, nicht die Details, die einen großen Teil eines demokratischen Gemeinwesens ausmachen. Was diese groben Züge angeht, entziehen sie sich offensichtlich der demokratischen Kontrolle, wenn sie grundsätzlich unkontrollierbar sind. Ich würde mich auch gerne der Illusion hingeben, dass dem natürlich nicht so ist, dass der Mensch sein Geschick in der Hand hat, und dass in einer demokratischen Gesellschaft alle daran mitarbeiten und dabei mitbestimmen, wie die Zukunft aussieht... alleine, sicher bin ich mir nicht. Das Bild der parlamentarischen Demokratie als Eisenbahnzug, bei dem die Mitfahrer höchstens den Lokführer austauschen und eventuell ein bischen an der Geschwindigkeit drehen können, die Gleise aber liegen, scheint zu oft zu passend...

Bevor ich zur 2. Foundation komme, grundsätzlich etwas zum Thema Vorhersage: Prophezeiungen führen, ähnlich wie Zeitreisen, zwingend zu logischen Problemen. Wenn die Zukunft fest gelegt ist, was bringen Vorhersagen? Wenn sie nicht fest gelegt ist, wie können sie dann funktionieren? Ein Teil dieser Probleme wird bei Asimov dadurch vermieden, dass die Prophezeiung nur wirkt, wenn sie niemand kennt. Aber es muss Protagonisten geben, die sie kennen, sonst könnte sie für die Geschichte keine Rolle spielen, die ja immerhin davon handelt, dass jemand erfolgreich die Zukunft vorhersagt und darauf reagiert...

Auch das wird bei Asimov i-wie gelöst, denn genau genommen werden nur Wahrscheinlichkeiten vorhergesagt. Auf diese können Leute mit dem entsprechenden Wissen reagieren... Aber wird damit nicht eigentlich die Annahme verletzt, dass niemand die Vorhersagen kennen dürfe, damit sie funzt? Wie gesagt, ganz kommt man von den logischen Problemen nicht weg...

Und nun zur klandestinen 2. Foundationen: Die Vorstellung einer kleinen, nicht legitimierten Gruppe, die weitreichende Gestaltungsmöglichkeiten hat, ist natürlich nicht demokratisch. Wir fangen jetzt lieber nicht an, unter diesem Gesichtspunkt über Lobbyismus, Think Tanks ua Instrumente moderner Politik zu debattieren, aber der Punkt ist klar, denke ich. Gesteigert wird das durch die Geschichte mit der Telepathie/Emotionskontrolle/whatever. Fand ich überflüssig, und auch das Maultier etwas einfaltslos, wenn es darum gin, warum grad an dem Punkt der Seldon-Plan schief lief (Mutanten mit Superkräften sind generell nicht so meins). Wenn man die Bücher als Verherrlichung dieser einen Idee liest, ist Kritik nachvollziehbar. Die Kritik am Leser nicht, denn in den Büchern steckt mE weit mehr. Wenn man den gleichen Maßstab an andere, wesentlich zeitnaherer Produkte der Popkultur anlegt: Wie kommt man dann eigentlich mit der Superhelden-Schwemme der letzten Dekade klar?

P.S.: Fürs RPG könnte es ein interessantes Szenario sein, wenn es zwei oder mehr "2. Foundations" gibt. Also mehr als eine Organisation, die mittels Psychohistorik zukünftige Entwicklungen berechnen kann, und auch, wie, wo und wenn man eingreifen muss, um diese Entwicklungen zu modifzieren. Quasi kalter Krieg der Mathematik-Illuminaten. Hat ich mal eine Version für ausgearbeitet, und da stand tatsächlich die Frage im Mittelpunkt, wie die "Illuminaten" zu Fragen wie autoritären oder isonomen Gesellschaften standen. Wurde aber nicht bespielt, da meine Spieler (in mehreren Gruppen) eher Schmuggler-Kleinklein wollten als galaxis-umfassende Intrigen... :)

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