So, jetzt endlich das angekündigte Review; hat etwas länger gedauert weil ich ein wenig angekrankt bin, hoffe ich habe deswegen jetzt keinen Stuss zusammengeschrieben:
Crucible of ChaosAls nächstes fällt meine Wahl auf dieses Abenteuer, da es 1. von der Level Range her genau passt, und 2. sich schön ins Explorations-Theme meiner Kampagne einfügt.
Erstmal kurz die Formalien: auch dieses AB stammt noch aus 3.5-Zeiten. Es ist für Level 8-10 gedacht und ist offiziell in den Mwangi-Dschungeln angesiedelt.
Die Location ist allerdings in Wahrheit setting-agnostisch; so ein abgelegenes Tal in den Bergen lässt sich quasi überall einfügen. Auch das offizielle Dschungel-Klima verpflichtet einen mitnichten dazu, das Abenteuer wirklich in den Tropen steigen zu lassen; im Gegenteil erhöht ein solches Mikroklima in einer eigentlich anderen Klimazone noch mehr das fantasyhafte "A Wizard Did It", das ja auch zum Hintergrundthema "fliegende Stadt" passt.
Soweit also Ersteindruck schonmal gut. Die Gruppe soll das AB wie gesagt auf Stufe 8 beginnen und auf Stufe 10 beenden. Sie ist also mehr als nur aus dem Gröbsten raus und dürfte nicht so ohne Weiteres auf dem falschen Fuß zu erwischen sein. Hoffen wir jedenfalls.
Dann der eine Zähneknirsch-Moment, der bei Paizo-Abenteuern irgendwie vorprogrammiert ist: bereits hier haben die Autoren ihrem Lovecraft-Fetisch gefrönt und sich kräftig einen auf den Cthulhu-Mythos runtergeholt. Echt, ich versteh es nicht. Die Core Stories von D&D und Cthulhu sind sowas von diametral entgegengesetzt, es passt zusammen wie Formel 1 und Dreiräder. [Ich habe mich an anderen Stellen schon oft genug darüber ausgelassen, daher hier nur ganz stark verkürzt: in Cthulhu geht es darum, wie die Protagonisten angesichts unbegreiflicher Aliens den Verstand verlieren; in D&D geht es darum Monster zu verdreschen und ihre Horte zu plündern. Okay, dann verdreschen wir halt cthuloide Horrors und verarbeiten ihre Tentakel zu Calamares, meinetwegen…]
Darum hätte ich das AB auch an dieser Stelle schon fast wieder weggelegt, beschloss aber, der Sache dennoch eine Chance zu geben. Und immerhin: zwar geht es hier um einen Shoggoth, aber der ist eigentlich nicht wirklich zum bekämpfen gedacht, sondern dient mehr als Stimmungs-Element. Das Vieh wäre zwar im direkten Kampf kaum zu besiegen, aber es ist auch ziemlich leicht, sich solchen Konfrontrationen zu entziehen.
Positiv wiederum vermerke ich, dass sich der Autor hier einige Gedanken gemacht hat, und den Leser vermittels Sidebars auch an diesen teilhaben lässt. Das ist eine sehr angenehme Eigenart früherer Paizo-Abenteuer, die leider in späteren Jahren der Schere zum Opfer gefallen ist.
Auch berücksichtigt der Autor hier zumindest einige der Möglichkeiten, die Gruppen in diesem Stufenbereich zur Verfügung stehen können, allen voran Flugfähigkeit. Das ist schonmal löblich. Leider erschöpft sich diese Berücksichtigung oft in der schlichten Anweisung, dass die Gegner fliehen sobald die Helden anfangen zu fliegen.
Keine Ahnung ob es Zufall ist, aber auch hier gibt es wieder Lizardfolk als "neutrale" NSC-Faction, genau wie in Bloodsworn Vale und (wenngleich nicht friedfertig) bei Golden Death. Mag sein, dass es eine irgendwie logische Wahl ist, aber auch ein wenig repetitiv. Aber vielleicht kann man hier ja auch aus der Not eine Tugend machen.
Allerdings sind die Echsen hier in diesem AB wirklich keine Gegner mehr für eine 8.-stufige Gruppe. Wenn überhaupt, ist das für die Spieler eher ein ethisches Problem, wie sie mit den Lizardfolk umgehen wollen.
Die Lizards sind einerseits sehr territorial und es ist nach PF-Regeln recht schwer, sie sich freundlich gesonnen zu machen, sofern man keinen echten Diplomancer dabei hat. Bei der initialen Begegnung mit den Rangern im Dschungel reden wir von DC50 in 3.5, DC45 in PF, um die Lizard-Ranger von "Hostile" auf "Helpful" zu bekommen. Schafft man es erstmal bis ins Dorf, ist es nicht mehr ganz so krass, aber immer noch nicht selbstverständlich.
Wahrscheinlicher ist also die Entwicklung, dass die Echsen die SCs aus dem Tal rauswerfen wollen, aber im Kampf gegen die Gruppe überhaupt keine Chance haben. Werden die Spieler hier Skrupel zeigen, ihnen kampftechnisch rettungslos unterlegene Eingeborene einfach abzuschlachten, und sei es in Notwehr?
Das Problem ist hierbei, dass das AB dem SL keine wirkliche Hilfestellung gibt, wie man verfahren könne, wenn die Spieler zwar nicht besonders gut in Diplomatie sind, aber dennoch einen Genozid vermeiden wollen. Klar kann man sich hier was ausdenken, aber das ist mE gerade nicht der Sinn eines Printabenteuers.
Davon abgesehen, sind die sonstigen abgerufenen Skillchecks im Modul recht handhabbar. Wobei das auch teilweise ein bißchen schizophren rüberkommt. Beispiel: einerseits hat die ganze Stadt laut Karte einen Durchmesser von ca 360 Metern. Andererseits wird ein riesen Bohei darum gemacht wie leicht man sich angeblich darin verirren kann. Und wiederum andererseits sind die fälligen Survival-Checks für einen auch nur halbwegs wildnisorientierten SC dieser Stufe trivial (schließlich ist Take 10 ein Ding).
Vor allem sollte man hier den Maßstab der Stadtkarte vergrößern, wenn die Orientierung nicht komplett zur Farce werden soll. Ja es ist ein bißchen dunstig darin – aber es ist nunmal nicht möglich, von irgendeinem Punkt aus weiter als 180 Meter vom Rand entfernt zu sein, und besonders labyrinthin sind die Wege auch nicht. Es will mir mithin nicht in den Kopf, 1. warum eine Gruppe überhaupt auf die Idee kommen sollte, _in_ der Stadt zu rasten, und 2. warum es angeblich unmöglich sein soll, sich nach Sonnenuntergang in diesem aufgeblasenen Bauernhof zu orientieren. Das hat sowas von der Wüste Khom.
Ich werde für mein Spiel vermutlich die Stadt einfach deutlich größer machen – nicht damit sich die Spieler drin verirren können, sondern rein damit sie nicht wirkt wie ein Puppenhaus. Schließlich sollen hier einst auch Große Kreaturen gelebt haben, selbst von Dinosaurierställen ist die Rede!.
Abgesehen von Survival werden vor allem Decipher Script (PF: Linguistics) und gelegentliche Knowledges abgerufen. Also schön, wenn man da jemanden dabei hat, der das geskillt hat - aber wirklich notwendig wirken sie eher nicht. Im Zweifel kommt man auch ganz gut durch, wenn man einfach alles killt was einem quer kommt (bis auf den Shoggoth), und lässt sich im Zweifel von einem freundlichen NSC die notwendigen Handlungen erklären, wenn man nicht selber draufkommt.
XP - Analyse:
Dieses Mal rechne ich nicht die gescripteten Encounter einzeln zusammen. Das Abenteuer ist nicht besonders "schlauchig" und daher kann es gut sein, dass etliche Begegnungen gar nicht stattfinden.
Das AB gliedert sich eigentlich nur in 2 Segmente: Tal und Stadt. Im Tal ist an gescripteten Begegnungen nicht viel los, und es gibt auch wenig Grund für die SCs sich dort längere Zeit aufzuhalten. Zumal hier die Wahrscheinlichkeit für Zufallsbegegnungen _extrem_ hoch ist: 20% pro Stunde! in Bewegung und immer noch 5% pro Stunde beim rasten. Das sind im Schnitt etwa 2.5 Random Encounters pro Tag (bei 8 Stunden Reiseanteil) und somit weit über den typischen 0.5 pro Tag, die bei den meisten anderen Abenteuern anfallen..
Nebenbei bemerkt gibt es in diesem Tal zwar Dinosaurier, sie kommen aber in den Encountertabellen nicht vor. Stattdessen ist die Rede von Elefanten. Merkwürdig – ein Lektoratsfehler?
In der Stadt selbst ist die Encountertabelle noch länger, aber dafür fehlt hier ein Zeitintervall. Den Text verstehe ich so, dass bei jedem Gebäude gewürfelt werden soll, bei dem kein gescripteter Encounter vorgesehen ist. Das wäre auch wieder extrem.
Zeitdruck ist hier erstmal keiner vorgesehen. Insbesondere wenn die SCs sich mit den Lizardfolk anfreunden, können sie sich eigentlich Zeit lassen. Freilich steht es dem SL frei, ein wenig Druck zu machen wenn die Spieler allzu sehr trödeln. Wenn Sie zB in der Stadt zuviel Heil stiften oder die Aufmerksamkeit der Hexer auf sich ziehen, könnte es schon sein dass diese ihnen nachstellen.
Bei den Schätzen ist hier, abgesehen von einigen mit dem Hintergrund verwobenen Artefakten, wieder nur Standardkost vorgesehen. Münzen und Edelsteine, Standarditems, der Hauptpreis ist mE ein Paar "Boots of Speed". Merkwürdig: in einer Fliegenden Stadt hätte ich zumindest sowas wie einen Fliegenden Teppich erwartet. Aber sowas lässt sich ja seeden.
Was ich noch anders machen würde bzw werde:
- Kontakt mit den Lizardfolk: wie oben beschrieben, stehen hier die Chancen für friedlichen Kontakt und Kooperation laut Modul eher mäßig. Hier würde ich dann wohl weniger auf Diplomatie-Würfe insistieren und und mehr auf Rollenspiel setzen. Wenn die Lizards sehen, dass die SC wirklich was auf dem Kasten haben, dürfte es ihnen doch auch dämmern, dass man sie ruhig darin unterstützen kann, ihre Erzfeinde zu eliminieren.
- Redshirts
Bedingt durch meine kleine (und teils unerfahrene) Gruppe und weil auch zB kein Kleriker dabei ist, werde ich den SCs wohl eine Reihe von Henchmen mitgeben, die in erster Linie die gleiche Funktion erfüllen sollen wie die Redshirts in Star Trek: die Bedrohungslage durch eindrucksvolles Frühableben zu demonstrieren. Giftpfeile hier, Besessenheit da – in D&D geht es halt einfach oft darum, die richtigen Gegenmittel einzusetzen, aber wenn schon in der Überraschungsrunde die halbe Gruppe außer Gefecht ist, bringt das schon alles nichts mehr. Naja, und so kann jedenfalls auch der Shoggoth seine Schröcklichkeit mal demonstrieren.