Pen & Paper - Rollenspiel > Pen & Paper - Spielberichte
[AD&D 2.5E] Von Feuer und Düsternis – Erzählungen aus Euborea
Jenseher:
Er fühlte wieder. Da waren Sonnenstrahlen auf seinem Schädel. Schweißperlen hatten sich auf dem vernarbten Gewebe gebildet und rannen hinab. Da war ein quälendes Jucken. Taubes Gewebe begann sich erneut mit Leben zu füllen. Es fühlte sich heiß und pulsierend an. Er wollte sich kratzen, wollte seine Haut zerreißen. Doch dafür war keine Zeit. Er beherrschte sich, wie er sich auch in seinem alten Leben beherrscht hatte. Disziplin war über allem gewesen, Disziplin war das eiserne Gesetz – wie das Sonnenlicht auf den Stahl fiel, wie der Tod im Leben die einzige Konstante war. Bargh betrachtete Neire. Sein neuer Begleiter und einziger Freund war an die Türe herangetreten. Der Tarnumhang ließ den jungen Priester mit den Schatten verschmelzen. Es war, als ob das Sonnenlicht ihn meiden würde. Bargh betrachtete Neire genau. Der Jüngling hatte bereits eines der zwei verbliebenen Schlösser geknackt und widmete sich dem letzteren. Doch Bargh hörte den zischelnden Fluch, in der Sprache von Nebelheim. Er sah, dass Neire sich umdrehte und in seine Richtung blickte. Das von gold-blonden Locken umrahmte Gesicht des Kindes der Flamme war verzerrt von Hass und Enttäuschung. Bargh wusste, dass er jetzt reagieren musste. Er trat hervor und rammte den Knauf seines Schwertes auf das schwere Schloss. Es gab ein Knacken als die schwere metallene Konstruktion brach. Die doppelflügelige Türe vor ihnen war jetzt frei. Bargh schob einen Türflügel zurück und erhob sein Schwert. Sie erblickten im näheren Bereich der Türe keine direkte Gefahr. Hinter dem Portal eröffnete sich ein Gang, der nach wenigen Schritten in eine Art Herrschaftssaal mündete. Im Zwielicht sahen sie eine Doppelreihe von Statuen und einen Thron, der von goldenen Adlern umringt war. Doch da war auch Bewegung. Bargh sah zwei Kreaturen, gebeugt über einen Leichnam. Mit ihren Zähnen rissen sie große Stücke Fleisch aus dem leblosen Opfer. Fast instinktiv ließ Bargh sein Langschwert in der Scheide verschwinden und zog die Armbrust hervor. Er legte einen Bolzen ein und begann zu zielen. Nur kurz nach dem schnappenden Geräusch schlug der Bolzen in das faulige Fleisch der dort fressenden Gestalt. Doch kein Schmerzensschrei war zu hören. Langsam richteten die Gestalten sich auf und kamen wankend auf sie zu. Aus den Schatten der Halle kamen zwei weitere, so dass es insgesamt vier Angreifer waren. Noch einen Bolzen schoss Bargh auf die Kreatur, bevor diese den Eingang erreichte. Dann ließ er die Armbrust fallen und zog sein Schwert. Der Gestank von Leichenfäulnis war plötzlich allgegenwärtig. Die Kreaturen mussten einst Menschen gewesen sein. Jetzt war ihre Haut verfault. Hier und dort konnten sie freigelegte Sehnen und Knochen sehen. Doch die Gestalten drangen nicht in den Nahkampf vor. Sie blieben am Eingang des Türflügels stehen und begannen zu würgen. Hervor brachen sie einen Schwall von grünlich ätzenden Leichensäften und versuchten Bargh damit zu treffen. Dort wo die grünliche Flüssigkeit ihn berührte, spürte er ein Brennen und Jucken auf seiner Haut. Ein wilder Kampf brach los, als sich Bargh und Neire den Kreaturen entgegenstellten. So intensiv war der Gemenge, dass sie nicht erkannten welch Ungeheuer dort aus der Ferne herangeschwebt kam. Aus der Ruine näherte sich lautlos ein Laken, das von Staub und Spinnenweben bedeckt war. Unter dem Laken glühte ein Paar von grünen Augen. Als sie das Wesen sahen, war kaum Zeit zu reagieren. Bargh versuchte noch einen Ausfallschritt zu machen, ohne die untoten Geschöpfe vor ihm aus den Augen zu verlieren. Doch das Wesen begann sich über ihn zu stülpen. Seine Arme wurden unweigerlich an den Körper gedrückt. Die Rüstung knackte hier und dort und er schnappte ein letztes Mal nach Luft. Dann war plötzlich alles wie in Trance für ihn. Seine Umgebung nahm er nebelhaft verschleiert wahr. Er hörte die Schreie von Neire und erinnerte sich an seinen Abstieg in die Unterwelt. Er sah das Bild von Feuer und Schatten, vernahm das Strömen und das Zischen. Er blickte hinein in die Glut im Inneren Auge. „Bargh, folgt mir. Wir müssen zurückweichen.“ Nur verschwommen drang die Stimme an ihn heran. Es war Neire, der an ihm zog und zerrte. Seine Vision löste sich langsam und er schnappte nach Luft. Doch wie er sich auch anstrengte, versperrte das Wesen ihm den Atem. Ein weiteres Mal versuchte er sich gegen die Kreatur zu stemmen. Er sah neben sich Neire auftauchen. Der Junge zog an dem Laken. Mit all seiner verbleibenden Kraft stemmte er sich Bargh gegen die Kreatur. Tatsächlich gab es ein Knacken und einen Ruck. Die Kreatur glitt von ihm hinab. Als er tief Luft holte, sah Bargh, dass sie bereits über den ganzen Hof zurückgewichen waren. Die Ghule kamen ihnen langsam nach. Das Wesen schwebte noch immer über ihm. Bargh zog sein Schwert und hieb auf das Wesen ein. Die Wut und der Hass gaben ihm Kraft. Einer seiner Hiebe schlitzte das Laken der Länge nach auf. Er sah, dass die Kreatur leblos zu Boden glitt. Der Hass trieb Bargh weiter an, als er sich den Ghulen stellte. Neire kämpfte an seiner Seite doch drang jetzt in den Rücken der Kreaturen vor. Gemeinsam töteten sie ein Wesen nach dem anderen. Doch seine Gedanken waren noch immer bei Feuer und Schatten. Das Bild der Vision hatte sich wieder in seinen Geist gebrannt. Und da war die Stimme Neires. Schon einmal hatte ihn der junge Priester zurückgeholt. Zurückgeholt hatte er ihn von den Toten.
Neire blickte ein letztes Mal aus der verborgenen Türe, bevor er sie hinter sich zuzog. Sie hatten ihre Spuren verwischt und wollten sich in dem kleinen Gemach ausruhen. Die Türe schloss sich mit einem leisen Klicken. Neire atmete auf und dachte zurück. Sie hatten das obere Geschoss des Herrenhauses durchsucht und dabei einige Bücher und diesen geheimen Raum gefunden. In dem getarnten Gemach hatte sie eine metallene Schlange angegriffen. Nachdem sie das Wesen getötet hatten, waren ihnen die Bücher aufgefallen, die auf Schreibpulten aufbewahrt wurden. Sie hatten ein Buch als ein Zauberbuch und ein anderes Buch als eine Anleitung identifiziert. Die Anleitung schien an Magier gerichtet, einen Gefährten zu finden. Danach waren sie in den Keller des Hauses vorgedrungen. Neire war vorangeschlichen. Weiter unten hatten sie eine geisterhafte Erscheinung von mehreren grünen Glühwürmchen entdeckt, die sie angegriffen hatten. Bargh hatte gegen die Kreaturen gekämpft. Doch jedes Mal, wenn er eines der Wesen getötet hatte, war ein weiteres nachgekommen. Schließlich hatten sie die Flucht nach oben ergriffen. Neire war danach wieder hinabgeschlichen. Hinter den Wesen hatte er ein Kellergewölbe entdeckt, aus dem zwei weitere Gänge hinfort führten. Dort hatte er eine Sphäre totaler Dunkelheit gesehen, die einen Durchmesser von zwei Schritten hatte. Neire begab sich zur Ruhe, doch dachte er an die Dunkelheit dort unten.
Jenseher:
Um sie herum war das steinerne Gewölbe. Neire und Bargh wussten nicht genau, wie lange sie sich bereits hier niedergelassen hatten. Es drang kein Licht in die geheime Kammer, deren Eingang sie behutsam geschlossen hatten. Neire hatte sich immer wieder um die Wunden von Bargh gekümmert. Unter den Verbänden, die jetzt seinen Oberkörper bedeckten, war die Haut des Kriegers von den grünlichen Glühwürmern aufgerissen worden. Doch der Blutstrom war bereits verronnen und eine Kruste hatte sich gebildet. Neire ließ ab von Bargh und wendete sich seinen Fackeln zu. Der große Krieger hinter ihm war in einen leichten Schlaf gefallen und so widmete Neire seine gesamte Aufmerksamkeit dem Ritual. Es hatte etwas Magisches, wenn er die Fackeln aufstelle. Der Geruch von Teer, die Freude auf den kommenden Schein des Feuers, die Erwartung des Tanzes der Schatten. Als die ersten Funken seines Feuersteines den Schaft berührten war die entstehende Flamme zerbrechlich und klein. Doch schon bald loderte das Feuer auf. Neire entzündete die beiden anderen Fackeln und positionierte sich in der Mitte des Dreiecks. Seine Gedanken waren im Inneren Auge von Nebelheim. Er konnte förmlich die Glut spüren, die Hitze, die von unten aufstieg. Doch das Feuer, in das er blickte war weit weg. Die Schatten waren vorgedrungen und tanzten in wabernden Formen. Für einen kurzen Moment dachte er Geräusche zu hören – wie ein fernes polyphones Schreien von vielen Kinderstimmen. Die dunkle Kugel tauchte vor seinem geistigen Auge auf. War es ein Wesen, das er dort unten gesehen hatte? Er betete nun schneller die Verse zu Ehren der alten Göttin. Sollte die Kugel ein Wesen sein, so musste sie sich unterwerfen. Ihr, der Schwertherrscherin, Königin von Feuer und Dunkelheit.
Bargh hob sein Schwert und blickte in den dunklen Tunnel. Sie hatten eine längere Zeit in dem Gemach verbracht. Er hatte die meiste Zeit geschlafen und Neire hatte sich um seine Wunden gekümmert. Als er wach gewesen war, hatte ihm Neire aus dem Buch vorgelesen, das sie in einem verlassenen Gemach des Herrenhauses gefunden hatten. Es stellte eine Abhandlung über den Fischfang dar. Von den verschiedensten Angeltechniken über den Fang mit Netzen bis zur Reusenherstellung, deckte das Buch das Gebiet umfassend ab. Er erinnerte sich auch an die feinen Zeichnungen, die Neire ihm immer wieder gezeigt hatte. Dann waren sie wieder aufgebrochen. Sie hatten den Leichengeruch im Herrschersaal nicht weiter beachtet und waren hinabgestiegen. Bargh war auf sich allein gestellt. Neire hatte die andere Treppe genommen und war in den Schatten verschwunden. Jetzt sah er die grünen Würmer aus Licht auf ihn zurasen. Sie waren hinter einer Öffnung im Tunnel erschienen. Von dort, wo Neire ihm von der Kugel der Dunkelheit berichtet hatte. Bargh stieß seine glänzende Klinge nach vorne. Es war als ob er kurz einen Widerstand spürte. Das erste von zwei Wesen brach in sich zusammen. Doch hinter der anderen Kreatur sah er bereits zwei neue Lichterscheinungen um die Ecke eilen. Kaum spürte er den Schmerz, als die grünlichen Flammen an seinem Fleisch rissen. Immer wieder stieß er zu, ließ den magischen Stahl tanzen. Irgendwann hörte er die Stimme von Neire. „Bargh, die Dunkelheit. Ein Wesen… Die grünen Lichter gehen von ihm aus.“ Er sah wie nach seinem Hieb die letzte Kreatur vor ihm sich aufzulösen begann und bewegte sich in Richtung der Öffnung. Tatsächlich erkannte er dort hinter das Kellergewölbe. In einer Nische konnte er die Kugel aus Dunkelheit sehen, wie von Neire beschrieben. Drei grüne Flammenwürmer zuckten um die Sphäre, als wollten sie diese schützen. Bargh hob sein Schwert und drang in die Kammer hinein. Er hörte die Worte von Neire durch das Gewölbe hallen. „Düsternis, werft euch hernieder vor Jiarlirae, denn sie ist Feuer und Schatten - wie sie über Flammen und Dunkelheit steht. Sie ist mehr als die Menge der Teile.“ Bargh bemerkte, wie die Kugel zu verschwimmen begann; die Lichter fingen an zu zucken. Als ob die Kreatur Angst vor ihm verspüren würde. Wut und Hass brach sich Bahn und seine Klinge schnellte nach vorne.
Hier unten war der modrige Geruch stärker gewesen. Der morbide Charme der unterirdischen Halle hatte sie einen Moment in regungsloser Betrachtung gefesselt. Dann hatten sie sich durch das vorgetastet, was wie ein alter unterirdischer Hafen aussah. Der Ausgang schien durch einen Geröllsturz versperrt und das Wasser stand niedrig am Höhlenkai. Die Wände glitzerten nass in der Dunkelheit. Moose und Pilze bedeckten den alten gehauenen Fels. In der Mitte des steinernen Saales und oberhalb des modrigen Wassers hing ein Boot. Es wurde gehalten von rostigen Ketten, die über einen Riegel zu einer gewaltigen Winde geleitet wurden. Neire legte seinen Rucksack ab und zog ein Seidenseil hervor. Er begann sich an den Ketten hinauf in das Boot zu ziehen. Oben angekommen fädelte er ein Ende durch das Scharnier, warf es hinab und begann das andere Ende um seine Brust zu knoten. Als er den sichernden Zug von Bargh spürte, ließ er sich in das Boot hinab. Die alten morschen Bohlen knarzten, als er sich durch den Rumpf bewegte. Auf den ersten Blick konnte er nichts finden. Bei genauerer Betrachtung bemerkte er die verborgene Schatulle, die unter einer Planke eingelassen war. Sie war lang und schmal. Als er sie öffnete sah er das Blitzen von kostbarem Stahl. Er zog einen Degen hervor, der die Runen und Insignien der Familie von Arthog trug. Eine unversehrte Klinge, so scharf wie ein frisch geschliffenes Jagdmesser. Freudestrahlend griff Neire unter die gewölbte Parierstange und führte Waffe. Kaum merkte er das Gewicht des kostbaren Fundes. Nachdem sich Neire wieder hinabgelassen hatte, verließen sie den unterirdischen Hafen und folgten dem letzten Gang, den sie noch nicht erkundet hatten. Er stellte sich als Rundgang heraus, doch in der Biegung des Tunnels war eine aufgebrochene Stelle zu erkennen. Steine lagen dort und ein Geruch von modriger, abgestandener Luft drang in den Tunnel. Sie untersuchten die Stelle und entschieden sich den Tunnel zu erkunden. Der erste Abschnitt war eng. Dann verbeiterte sich der Tunnel im Felsen. Neire hörte aus der Entfernung ein Klopfen, wie von Meißeln und gedämpfte Stimmen. Sie passierten einen abzweigenden Gang, dann konnte Neire, der leise vorschlich, die beiden Kreaturen sehen, die am Ende der Sackgasse hockten. Sie arbeiteten mit ihren Meißeln an einem Loch, das in die Tiefe führte. Die Kreaturen waren klein wie Kinder, hatten eine bläuliche Haut, verkrüppelte Beine und einen fassähnlichen Oberkörper. Ihre deformierten Köpfe offenbarten abgestumpfte, grausame Gesichtszüge. Neires Herz klopfte rasend, als er sich in den Schatten näherte. Er hielt seinen neuen Degen unter dem Tarnmantel versteckt und versuchte keine Geräusche zu machen. Die Kreaturen schienen sich zu streiten und brüllten sich gegenseitig an. Die fremde Sprache konnte er nicht verstehen. Als er in den Rücken der ihm näherstehenden Kreatur kam, zielte er auf das Herz und ließ die Waffe hervorschnellen. Der Degen drang tief in das Fleisch ein und die Kreatur hustete Blut. Eine Welle von Adrenalin und Mordlust elektrisierte Neire. Für einen kurzen Moment dachte er an Lyriell, an ihre Jagdgeschichten aus den Eishöhlen. Doch zu seinem Erstaunen lebte die verletzte Kreatur vor ihm noch. Beide Gegner griffen ihre Steinpicken und machten sich kampfbereit. Alles kam Neire wie in einem Traum vor. Hinter ihm hörte er die schweren Schritte von Bargh. Der erste Streich des Drachentöters zerteilte die bereits verletzte Gestalt fast. Gemeinsam streckten sie den zweiten Angreifer nieder. Jedoch bemerkte Neire, dass das Wesen noch atmete. Er schritt um das Loch, zog seine Kapuze zurück und stellte abfällig seinen Stiefel auf den wulstigen Kopf. „Seht sie an Bargh. Unwertes Leben. Abschaum im ewigen Antlitz unserer Göttin. Sie haben Feuer und Schatten nicht verdient. Selbst der Abglanz ihrer Herrlichkeit ist für sie eine Vergeudung. Sterben sollen sie.“ Neire strich sich die gold-blonden Locken zurück und fixierte die Halsschlagader der Kreatur. Langsam stieß er den Degen nach vorne. Blut quoll hervor und Bargh begann zu grinsen. Dann ließ er den kleinen Leichnam in die Grube rutschen. Es gab ein dumpfes Geräusch und ein Knacken von Knochen, als der Körper den Boden traf. Hinein in ein Grab, dass sie sich selbst geschaufelt hatten.
Jenseher:
Leise drang ein zischelndes Flüstern durch den grob gehauenen Tunnel. Neire hatte hinter dem Ledervorhang auf Bargh gewartet. Jetzt tauschten sich beide kurz aus, um ihr weiteres Eindringen in die sich verzweigenden Gänge zu planen. „Bargh, ich habe Stimmen gehört. Wie von einer Ansammlung dieser Kreaturen.“ Kurz war das von gold-blonden Locken umrahmte Antlitz von Neire zu sehen, als er zu Bargh flüsterte. Der große Krieger mit dem roten Rubin im rechten Augensockel nickte schweigsam. Sein Blick galt dem weiteren Tunnel. Neire deutete in den Gang, aus dem er keine Geräusche gehört hatte. „Lasst mich vorschleichen und folgt mir. Sobald Kampfesgeräusche aus meiner Richtung zu hören sind, greift an!“ Ohne weitere Worte hüllte sich Neire wieder in seinen Umhang und verschwand in die Dunkelheit. Auf seinem Weg bückte er sich hier und dort, um nach möglichen Fallen zu schauen. Doch die Gänge waren noch nicht sehr alt. Anscheinend hatten die Kreaturen noch keine Zeit gehabt, hier Fallen anzulegen. Nach ein paar Biegungen endete der Tunnel an einem weiteren Vorhang aus Leder. Dort hinter war eine große Felsenkammer zu sehen – mehr als ein Dutzend Schritte im Durchmesser. Die Kammer war gefüllt mit Fässern und Bottichen. Bündel und Säcke waren hier und dort zu sehen. Ein leichter Verwesungsgeruch ging von der Höhle aus, auf deren gegenüberliegender Seite Neire einen zweiten Ledervorhang bemerkte. Leise schlich er durch die Kammer und lugte hinter den Vorgang hervor. Es tat sich ein weiteres, kleineres steinernes Gemach auf. In chaotischer Unordnung war hier wertloser Plunder aufgeschichtet. Auch in dieser kleineren Höhle versperrte ein Ledervorhang den Ausgang. Als Neire keine Bewegung feststellen konnte, schlich er sich auf die andere Seite. Hinter dem Vorhang sah er einen Gang um eine Ecke hinfort führen. Er entschied sich auf Bargh zu warten. Als der Krieger Jiarliraes schließlich den Raum betrat flüsterte Neire ein weiteres Mal. „Bargh, wartet. Ich werde beide Räume nach verborgenen Ausgängen absuchen.“ Die Schatten, die Neire umhüllten und mit ihm spielten, begannen sich erneut zu bewegen. Er suchte hinter dem Krimskrams, der teils hoch aufgestapelt war. Nichts konnte er finden. Nur einen Moment war er unachtsam. Es gab ein Knacken von Porzellan, als die verstaubte Vase am Boden zerbrach. Augenblicklich spürte er sein Herz höherschlagen. Er erstarrte für einen Moment zu Eis und begann zu horchen. Die gedämpften Stimmen hörte er noch immer aus der Ferne. Doch es war, als ob einige der Stimmen lauter wurde. Dann hörte er Schritte, die sich vorsichtig näherten. Aus dem Tunnel, den sie noch nicht erkundet hatten. „Rasch Bargh! Bewegt euch hinter den Vorhang zurück und wartet auf mein Signal. Ich höre Stimmen.“ Neire schlich auf die Öffnung mit dem Ledervorhang zu. Er kauerte sich dort hin und versuchte lautlos zu verweilen. Lauter und lauter wurden die Schritte. Zuletzt hielt er seinen Atem an und sah zwei weitere dieser hässlichen Kreaturen in den Raum vordringen. Die erste der beiden streifte den Vorhang vorsichtig zur Seite. Die zweite folgte. Beide trugen Knüppel. Gelbliche Augen schimmerten in einer Mischung aus Angst und Niedertracht in der Dunkelheit. Neire wartete noch einen Moment. Als die letzte der nun drei Kreaturen an ihm vorbeischritt, zuckte er hervor und rammte ihr den Degen in den Rücken. Für einen Moment war ein Ächzen zu hören - die Kreatur schnappte nach Luft. Dann sank der fassähnliche Oberkörper leblos zu Boden. Nur einen Augenblick später war Bargh zur Stelle. Er schnellte nach vorn und ließ sein Schwert tanzen. Bevor die Kreaturen Alarm schlagen konnten, hatten Bargh und Neire ihr tödliches Werk vollbracht. Sie blickten abfällig und angeekelt auf die kleinen Leiber, die dort lagen.
Im Rausch des Kampfes wirkte alles so unwirklich. Das Zittern seiner Muskeln war jedoch real und der Tremor wurde immer stärker. Wo verdammt nochmal ist nur Neire, was hat er vor? Bargh versuchte auf die Kreatur zuzugehen, die hier hinter einem weiteren Vorhang erschienen war. Die Gestalt war wie die anderen klein, hatte jedoch ihr Gesicht mit einer rötlichen Farbe kriegerisch verziert. Sie war in einen Waffenrock gekleidet und hatte einen Stab getragen, den sie jetzt fallengelassen hatte. Die Worte, die auf Bargh eindrangen, waren machtvoll und überwältigend. Der Zauberwirkende zeigte auf ihn; starrte hasserfüllt in seine Richtung. Muskeln verkrampften und spannten sich an. Die Kraft wich aus seinen Beinen. Seine Rüstung drohte ihn niederzuwerfen. Je mehr er sich versuchte dagegen zu wehren, desto schlimmer wurde es. Er flüsterte mit schwacher Stimme ein Gebet zu Jiarlirae, als seine Bewegung zum Erliegen kam. Er blickte sich um. Neire… Sie waren in den unterirdischen Tempel der Kreaturen vorgedrungen. Dort hatten sie einen Priester, mehrere weibliche Geschöpfe, Kinder und drei Wachen angetroffen. Er war vorangestürmt und hatte sich den Kriegern gestellt, während er Neire aus den Augen verloren hatte. Dann hatte er bemerkt, dass der Priester, der eine Krone aus Schilf und ein Amulett trug, auf dem eine bläulich-brennende Hand abgebildet war, plötzlich Blut hustete. Die Frauen, die den ansonsten nackten Priester bewundert und hier und dort betastet hatten, wichen in panikerfülltem Entsetzen zurück. Zum Vorschein kam der Degen von Neire, der die Brust des höchsten Tempeldieners von hinten durchdrungen hatte. Für einen Moment waren die Schatten um die große Statue aus Schilf länger geworden. Als ob die schwache Gottheit dieses Schicksal nicht akzeptieren würde. Dann war der Leib leblos zu Boden gesunken. Neire war wieder in den Schatten verschwunden. Zuletzt hatte Bargh gesehen, dass eines der flüchtenden Kinder aus der wabernden Dunkelheit von einem Degen aufgeschlitzt wurde. Die Worte vor ihm wurden jetzt lauter. Er drohte auf die Knie zu sinken, konnte die Last nicht mehr halten. Doch dann stockten die rhythmischen Verse. Die Geräusche wurden zu einem Gurgeln und verstummten in dem Maße, wie er an Kraft zurückgewann. Wieder sah er Neire, der die Kreatur von hinten mit seinem Degen niedergestreckt hatte. Für einen kurzen Moment konnte er den von blonden Locken eingerahmten Kopf sehen, der zwischen den Schatten auftauchte. War es für ihn jetzt ein Spiel? Wo war die Angst, die Verzweiflung des Kindes der Flamme hin?
„Bargh, steh auf. Wir müssen weiter. Ich habe das Symbol des Priesters entschlüsselt. Es ist eine alte, aber schwache Gottheit, die sie anbeten. Raxivort. Der Diener eines Dämonenfürsten. Er wachte einst über die Schätze der Hölle. Dann raubte er, was er mitnehmen konnte und floh. Um der Wut des Herrschers der Hölle zu entgehen, schuf er diese Rasse nach seinem Abbild als seine Kinder. Die Xvart. Er tarnte sich fortan als einer der ihren, in einer schier endlosen Menge.“ Neire zischelte die Worte eindringlich. Er blickte auf seinen Begleiter. Bargh kniete zwischen einem knappen Dutzend toter, kleiner Leiber. Es waren die Krieger dieses unterirdischen Volkes, die sich Welle um Welle gegen sie gestellt hatten. „Ich… ich kann nicht. Es sind die verhexenden Worte dieser bemalten Kreatur gewesen, die mir meine Kraft geraubt haben.“ Neire legte jetzt seine verbrannte Hand auf die Schulter des Kriegers. „Wir müssen weiter, ihr solltet mir vertrauen wie einem Freund, gehorchen wie einem Bruder, der für euer besseres Werden strebt. Denkt an die Geheimnisse von Feuer und Schatten.“ Der Ton in Neires Stimme war gefährlich. Immer wieder wich er auf Worte der fremden Sprache von Nebelheim aus. Er sah wie Bargh langsam seinen verbrannten Kopf in seine Richtung drehte. Er spürte die Freundschaft, die unerbittliche Kameradschaft, doch auch irgendeine Art Furcht vor ihm. „Neire, ihr sprecht von einem Bruder. Wo ist die Maske, die mir dieser Bruder versprochen hat?“ Bargh erhob sich bei diesen Worten ächzend. „Die Maske ist nicht vergessen. Wir werden sie gemeinsam erschaffen. Doch es muss von euch kommen Bargh. Was sollen die weiteren Bestandteile sein?“ In diesem Moment sah Neire für einen Moment den Wahnsinn in Barghs gesundem Auge; er gierte nach der Weisheit der Göttin. „Das schwarze Juwel aus der Sphäre der Dunkelheit. Es soll das rechte Auge der Maske werden.“ Für einen kurzen Moment vergaßen sie beide die Umgebung um sich. Neire nickte in einer fast feierlichen Art. Die Idee von Bargh war so einfach, wie sie grandios war. Das schwarze Juwel sollte das Auge der Maske werden. Die lebendige Dunkelheit sollte den fleischverwachsenen Feuerkristall berühren.
Jenseher:
Bargh blickte durch die mit Unrat beschmutzte Wohnhöhle der Kreaturen. Sie hatten die mit Blut bedeckte Kammer hinter sich gelassen und dem Haufen von Leichen keine weitere Beachtung geschenkt. Neire hatte ihm gesagt, er habe Geräusche gehört. So war er dem Jüngling gefolgt, in der Annahme, dass zu jeder Zeit ein weiterer Angriff über sie kommen könnte. Doch nichts dergleichen war passiert und sie hatten schließlich die Frauen und Kinder gefunden, die sich in eine Ecke des Gewölbes kauerten. Die Frauen schienen wie gelähmt von einer Panik und drückten ihre Kinder an die Steinwand hinter sich. Bargh war sich auch hier nicht sicher, ob mit einem Hinterhalt zu rechnen war. Er blickte sich abermals um. Die Höhle hatte mehrere Ausgänge. Von der Mitte war ein Glühen eines Kohlefeuers zu sehen, über dem ein großer gusseiserner Kessel stand. Seitlich davon konnte er zwei Gruppen von verrotteten Sitzgelegenheiten ausmachen – aber keine Bewegung. Plötzlich bemerkte er eine Regung vor sich. Er griff bereits nach seinem Schwert als er sah, dass die gold-blonden Locken von Neire zum Vorschein kamen. Wie aus dem Nichts war der junge Priester aus den Schatten aufgetaucht. Gelbliche Augenpaare blickten nun nicht mehr in seine Richtung, sondern zu Neire, der seinen Tarnmantel ablegte. Ein Weinen und Zischeln war zu hören, wie auch ein Krächzen goblinoider Wortfetzen, die Bargh nicht verstehen konnte. Die Frauen und Kinder waren jetzt dicht aneinandergedrängt – ein Haufen winselnder, in Lumpen gekleideter Gestalten, deren nackte Haut in blau-rötlichen Tönen in der Dunkelheit schimmerte. Ihre deformierten Schädel, ihre fassähnlichen Oberkörper, waren bereits den Kindern anzusehen, die ihren Müttern in der Hässlichkeit um nichts nachstanden. „Ergebt euch! Kniet euch nieder und euch wird nichts geschehen.“ Die Stimme von Neire frohlockte in einem seltsamen zischelnden Singsang der gemeinen Sprache der Oberwelt. Wimmern und Weinen schienen lauter zu werden, die Panik nahm zu. Doch Bargh spürte nur aufkommenden Zorn und eine tiefe Wut. Was gibt er sich mit diesen Kreaturen ab? Wir sollten sie alle töten und keine Zeit verschwenden. Sie sind es nicht wert. Er sollte an meine Maske denken. Ein Pulsieren kam von seinem rechten Auge; dort wo der Rubin mit dem Fleisch des leeren Sockels verwachsen war. „Bitte… bitte… Gnade, am Leben lassen, Herr… Gnade… leben lassen.“ Bargh konnte in dem Winseln tatsächlich Sprachfetzen hören. Einige der Frauen hatten sich auf die Knie begeben und reckten ihre Hände flehend empor. Jetzt sah er wie sich Neire zu ihm umdrehte und ihn angrinste. „Bargh, nehmt das Seil und fesselt sie. Hände auf den Rücken.“ Seine Wut nahm etwas ab. Er ahnte, dass das Neire irgendetwas mit den Gestalten vorhatte. So schritt er zu dem Knäul und begann die kleinen Leiber zu fesseln. Der Gestank, der von diesen ausging, war kaum auszuhalten. Nur aus den Augenwinkeln sah er, dass Neire sich am Kessel zu schaffen machte und kleine Holzschalen mit dampfendem Brei füllte. Doch da war etwas, das der junge Priester in die Schalen streute. Er konnte es nicht genauer sehen. Als er die Kreaturen an einer Wand aufgestellt hatte, brachte Neire den Brei. „Esst… leben lassen. Gnade. Esst! Raxivort will es so.“ Neires Stimme war freundlich doch bestimmend. Bargh sah, dass er auf die Schalen zeigte. Zögerlich fingen die Frauen an zu essen. Doch ohne ihre Hände war es vielmehr ein tierisches Fressen, wie aus Näpfen. Gierig stürzten sie sich über den Brei. Ihren hungrigen Kindern schenkten sie keine Aufmerksamkeit mehr, drängten sie gar zur Seite. Erst als die letzte Schale ausgeleckt war, hoben sie ihre Köpfe und ließen sich auf einen Kniesitz sinken. In diesem Moment sah Bargh seinen jungen Kameraden zufrieden nicken.
„Nun warten wir Bargh. Wir warten und wir werden sehen, welch Schicksal die Schatten der Göttin weben.“ Neire keuchte. Das Schleppen von verschiedensten Holzstücken war anstrengend. Der Haufen in der Tempelhöhle hatte mittlerweile eine beachtliche Größe erreicht. Sie hatten das Holz aus allen Teilen des Komplexes herangeschafft, nachdem sie den Rest der unterirdischen Tunnel und Hallen durchsucht hatten. Tatsächlich hatten sie keine weitere Kreatur mehr angetroffen. Dann hatten sie die Frauen und Kinder in die große Höhle mit den rötlichen Steinwänden gebracht und mit ihrer Arbeit begonnen. Neire wischte sich den Schweiß von der Stirn und drehte sich zu den Frauen und Kindern um. Die Frauen lagen und saßen vor der Felswand. Teilnahmslos starrten ihre Blicke in die Ferne. Aus ihren breiten, mit scharfen Zähnen besetzten Mäulern drang weißlicher Geifer hervor – zog lange Sabberfäden. Selbst auf die immer wieder klagenden und flehenden Versuche der Kinder, mit ihren Müttern zu kommunizieren, zeigten sie keine Reaktionen. Es war, als ob ihr Geist in eine Traumwelt abtaucht war. Neire konnte nur erraten was sie dort sahen. Der bunte Vierling hatte jedenfalls seine volle Wirkung entfaltet. Neire hatte heimlich einen halben Pilz der grünen Sorte kleingeschnitten und ihn für jede der Frauen in den Brei gemischt. Schon nach kurzer Zeit hatte sich der Drogenrausch angekündigt. Dann waren die Frauen nicht mehr ansprechbar gewesen. Er drehte sich um zu Bargh, dem der Schweiß in Strömen vom vernarbten Haupt rann. „Bargh, lasst uns die drei Leichen hierhinziehen. Dann ist die Statue dran.“ Neire zeigte auf das gesteckte Konstrukt aus Schilf, das rudimentär ein übergroßes Abbild der Kreaturen darstellte. Sie zogen die leblosen Körper des Anführers, des Zauberkundigen und des Priesters heran und setzten sie aufrecht an die drei von der Statue abweisenden Seiten des Holzhaufens. Dann widmeten sie sich der Statue. Es gab ein Knistern und Knacken von Schilf, als die Statue nach vorne fiel. Sie kam auf dem großen Haufen zu liegen. Jetzt mussten sie mit dem Ritual beginnen. Neire trat an Bargh heran und reichte ihm einen Weinschlauch. „Trinkt, Bargh. Wir müssen eins werden mit Flammen und Schatten. Unser Geist soll scharf sein. Hell und aufopferungsvoll erweitert.“ Er sah wie Bargh gierig trank und öffnete das geheime Fach am Ende seines alten Degens. Dort glänzte der Grausud, den er aus Nebelheim mitgebracht hatte. Er reichte Bargh eine kleine Fingerkuppe davon. „Nehmt etwas von dieser alten Substanz. Es wird euch helfen. Und ihr werdet Dinge sehen - der Göttin näherkommen.“ Auch er trank von dem Wein und nahm eine Fingerspitze Grausud zu sich. Augenblicklich war der Kampf und die Umgebung um ihn herum vergessen. Für einen Moment schossen farbige Blitze durch sein Blickfeld und vermischten sich mit einem warmen, durchströmenden Gefühl, das bis in seine Extremitäten drang. Er sah die Farben lange glühende Fäden ziehen, als ob die Welt um ihn herum wunderbar verlangsamt wäre. Fast in Trance entblößte Neire seinen Oberkörper. Er wies Bargh an dasselbe zu tun. Dann stülpten sie sich die Masken über. Seine war die aus Nebelheim. Eine Feuerschlange, mit Gold und Juwelen verziert. Die Maske von Bargh war die Haut des skalpierten Pumas, die sie noch nicht weiter bearbeitet hatten. Als Neire nach der Farbe griff, die sie in den Höhlen gefunden hatten, glaubte er eine Präsenz zu spüren. Es war wie ein Sprechen von Schatten oder vielleicht die ätherische Stimme von Bargh. Er sah die Muster im Stein, die Farben. Doch sie bewegten sich nicht. Etwas fehlte. Sie verwendeten die weiße Farbe, um die Runen von Jiarlirae auf ihre eigenen Oberkörper zu zeichnen. Dabei sangen sie die alten Gebete Nebelheims. Dann führten sie die gefesselten Gestalten vor den Holzhaufen. Die Frauen gingen teilnahmslos mit, doch die Kinder schienen in eine wilde Panik zu verfallen. Bargh hatte zuvor jedes Kind an jeweils eine Frau gefesselt. Insgesamt waren es sieben Frauen mit einem Kind und eine Frau mit zwei Kindern. Vor dem Haufen rissen sie den Gestalten die Lumpen vom Leib. Neire nahm die rote Farbe und begann alte Runen auf die Oberkörper der Kreaturen zu zeichnen. Dabei sang er die Verse des Chorals an die Schwertherrscherin:
„Preiset die schwarze Natter, als ein Abbild unserer Göttin, deren Name Jiarlirae ist. Weinet nicht um die verglimmenden Feuer, weinet nicht um die erlischende Glut, die Glut von Nebelheim. Denn die Dunkelheit birgt ihre Ankunft, Schatten ist das Licht unserer Göttin und Flammen der Morgen ihrer Heiligkeit.“
Als das Werk vollbracht war führte Bargh die einzelnen Paare der Kreaturen auf das Schilf hinauf. Teils sträubten sich die Kinder, doch sie waren tollpatschig und fast beraubt ihrer Kraft. Sie schrien noch immer aus vollen Kehlen. Doch die Schreie hörte Neire kaum. Seine Sinne waren betäubt von tanzenden Farben und einem dunklen, chaotischen Rauschen. Er wähnte sich wieder in Nebelheim, im Inneren Auge. Er spürte die Hitze, die aufsteigende Glut, das brodelnde Chaos. Die sich ewig verändernden Formen und Muster in der Tiefe. Er hörte die Stimmen aus weiter Ferne, das Flüstern in Schatten und flüssigem Stein. Als er die Fackel anzündete begann er singen:
„Die weiß-rot-schwarze Flamme steht über dem schwachen Gott, deren Kinder sich gierig dem Opfer hingeben. Sie huldigen Euch Danuar'Agoth, sie huldigen Euch… Ihr tut was Ihr möchtet, sie reihen sich ein, sie sollen Euch grün-rot-goldenes Opfer sein. Oh Hemia-Galdur, oh Hemia-Galdur… Bewegen sich Schatten in Feuers Bann, auf dass sich die Heldin erheben kann, Oh Asmar’fana, oh Asmar‘fana. Der Henker der Ödnis, so kommet hervor, sein Frohlocken sich nicht mehr im Winde verlor, im heulenden Winde, oh Vocorax'ut'Lavia.“
Nach jedem Vers zündete Neire eine der Ecken des Scheiterhaufens an. Schon rasch züngelten die Flammen empor und ein wohliger Schein begann mit den Schatten zu spielen. Doch da waren wieder die Schreie. Auch einige der Frauen setzten in den Chorus der Todesangst ein, als die ersten Flammen an ihnen leckten. Neire wurde wie aus einem Traum gerissen. Er spürte Wut. Können sie nicht ihr Schicksal genießen? Sie werden eins mit Feuer und Schatten. Was kann es denn Schöneres für sie geben? Für einen Moment vergaß Neire sein Ritual und äffte die Stimmen in kindlicher Manier nach. Dann bemerkte er, dass Bargh wie gebannt in die Flammen schaute. Licht und Schatten neckten sich teuflisch auf seiner weiß getünchten Tiermaske. Das Bild eines Ritters einer alten Hochkultur, der nun Teil eines archaischen Opferkultes geworden war. Jetzt fing Neire an zu tanzen. Er spürte die Flammen und die Dunkelheit. Das was zuvor gefehlt hatte, waren die Flammen gewesen. Sie waren jetzt bei ihm. Er spürte die Geheimnisse, die auf ihn warteten. Und er spürte Sie, seine Schwertherrscherin, Jiarlirae. Sie war hier.
Das Pochen war dumpf. Neire schlug dreimal mit dem Knauf seines Degens an die Türe. Der Regen prasselte auf ihn hinab. Um ihn herum und durch die Schlieren des Schauers konnte er die hölzernen Häuser von Kusnir sehen. Hinter ihm wartete Bargh im Sattel seines Pferdes. Neire wollte sich bereits umdrehen, da hörte er die dumpfen Schritte jenseits der Türe. Es gab das Knirschen eines Schlüssels und die Pforte wurde aufgezogen. Im Licht einer getragenen Lampe sah Neire den Dorfvorsteher, der so griesgrämig wie eh und je dreinschaute. „Kurst. Wir sind zurückgekehrt. Und wir haben euren Skulk erschlagen. Jetzt wollen wir unsere versprochene Beute.“ Kurst hatte ihn anscheinend wiedererkannt und in Erinnerung an die vergangene Nacht sein Gesicht verzogen. Doch nun hellte sich seine Miene auf. „Ihr habt das Wesen getötet? Das Wesen, das unser Dorf heimgesucht hat? Sagt wie sah es aus? Was habt ihr gesehen?“ Neire erinnerte sich zurück. Er war um den Scheiterhaufen getanzt, bis dieser heruntergebrannt war. Dann hatten sie ihre Sachen zusammengesucht und waren aufgebrochen. Sie hatten einen versteckten Ausgang gefunden, doch Neire hatte ein Wimmern gehört. In einer weiteren, bis dahin unentdeckten Höhle, hatten sie ein Wesen gesehen. Die Kreatur war sichtlich im Zustand der geistigen Verrücktheit gefangen und schien harmlos. Ihr haarloser Körper war ausgemergelt, doch drahtig gewesen. Ihre Haut hatte hier und dort die Töne von Stein angenommen, ähnlich dem Tarnumhang, den Neire trug. An ihrer Hand hatte die Gestalt einen weißen Handschuh getragen, über dessen Ringfinger ein goldener Ring steckte. Neire hatte die Kreatur aus den Schatten heraus getötet. Er hatte für einen kurzen Moment das Gefühl gehabt, dass etwas in seinen Kopf eindringen würde. Er hatte den Handschuh auf alte Flüche hin untersucht und festgestellt, dass diesem eine Art Intelligenz innewohnte. Eine Intelligenz die ihnen nicht wohlgesonnen war. So hatte er den Arm der Gestalt mit einigen Hieben vom Körper getrennt und ihn Bargh gegeben, der ihn in seinem Rucksack verstaut hatte. Als Neire Kurst vom Aussehen der Kreatur erzählte, änderte sich die misstrauische Miene des Alten nicht. „Vertraut ihr mir nicht, Kurst? Wir haben sogar seine Hand abgeschlagen. Die Hand des Skulks mitsamt…“ In dem Moment hörte er das Räuspern von Bargh. „Wir haben sie hier Kurst. Ich kann sie euch zeigen.“ Bargh sprach mit lauter Stimme durch den Regen und lenkte sein Pferd einige Schritte näher. Doch Neire sah bereits wie Kurst ängstlich lächelte und einen Schritt hinter die Schwelle zurückwich. „Nein… ähm… ich glaube euch. Die Hand abgehackt… wie fürchterlich. Wartet hier. Ich hole euch eure versprochenen Schätze.“ Es dauerte einige Zeit bis Kurst mit einer kleinen Schatulle von Juwelen zurückkam. Als er sie Neire übergab, begann er erneut zu sprechen. „Ihr müsst wissen, dass wir fähige Krieger wie euch hier gebrauchen können. Ihr seid in Kusnir immer willkommen. Gerade jetzt in diesen Zeiten. Seit einigen Tagen gab es keine Händler mehr, die den Pass überquerten. Und gerade das war doch eine sichere Route. Die Adlerburg schützt dort den Weg.“ Neire hörte interessiert zu, bei den Nachrichten des Alten. Doch innerlich blickte er auf Kurst hinab. „Kurst, eures Glückes Schmied müsset ihr selber sein. Die Schwachen verblassen in den Geschichten. Auf andere solltet ihr euch nicht verlassen.“ Er sah, dass Kurst für einen Moment nachdachte, bevor er antwortete. „So wie wir uns auf euch verlassen haben, Neire? Ihr habt uns vor dem Skulk gerettet.“ Neire knirschte mit den Zähnen. In diesem Moment hätte er Kurst am liebsten hier und jetzt ermordet. Doch wer war er schon? Ein Kind der Flamme. Fremd in der Oberwelt und fremd in ihren menschlichen Bräuchen. Er drehte sich wortlos um. Dieses Mal hatte der alte Mann gewonnen. Doch er würde wiederkommen. Er würde wiederkommen und die Welt würde brennen.
Jenseher:
„Mensch, bringt mir Fleisch vom Spieß und Bier!“ Bargh hörte die zischelnde Stimme der Intonation eines fremden Dialektes. Die Worte von Neire trugen eine tiefe Forderung, die ihr Ziel in Form eines aggressiven Gebärdenspiels heimsuchte. Für Bargh wirkte die Szenerie belustigend. Er spürte noch immer ein bedrückendes Gefühl durch den Exzess des letzten Abends. Sie waren nach ihrer Rückkehr in das Gasthaus von Kursnir eingekehrt. Sie hatten größtenteils schweigend Bier um Bier getrunken. Mehr von dem faden Getränk, als es dem Anlass entsprochen hatte. Doch auch jetzt spürte Bargh die Auswirkungen des Grausuds – der seltsamen Substanz von der ihm Neire am gestrigen Tag eine Kostprobe geben hatte. Mit jedem Schluck Wein den er trank wurde die Wirkung wieder stärker. Als ob die Substanz eine Art Gedächtnis hätte, das nur aktiviert werden musste. Die Farben waren nun schon blendend und betäubend. Die Bewegungen zogen strahlende Fäden. Bargh nahm den Schankraum vernebelt war. Morgendliches Licht drang durch die Fensterläden und brachte Profanes zum Glitzern. Selbst Staubkörner blitzen wie kleine Sterne. Er schmunzelte. Da war die fettleibige Gestalt von Walfor, mit der Neire sprach. Die Szene hatte für ihn eine ihn eine Art Distanz, die der Rauschzustand erschuf – ähnlich einer Theatervorführung. „Junger Herr, wir haben kein Fleisch, keinen Spieß. Alles leer, alles aufgegessen. Nur Brot und Schmalz, junger Herr.“ Bargh beobachtete, wie sich Walfor vor Neire verbeugte, als ob er das fehlende Fleisch des Spießes entschuldigen wollte. In dem von Öllampen erhellten Raum, der von vier Holzpfeilern getragen wurde, war die fettleibige, glatzköpfige Gestalt mit der ledernen Schürze eine beindruckende Erscheinung. Der Wirt des Gasthauses strahlte eine Art natürliche Unsicherheit aus, die nur durch seine Gewohnheit und durch die Wiederholung seiner Aufgaben überspielt wurde. Bargh sah, wie sein jugendlicher Begleiter sein Haupt schüttelte. Neire hatte sich am Morgen gewaschen und seine gold-blonden Locken schimmerten noch nass im Zwielicht. „Nein Mensch, ich will Fleisch. Schlachtet mir ein Tier und bringt mir den Spieß. Verliert keine Zeit.“ Bargh sah, dass Walfor anfing zu zittern, als Neire gesprochen hatte. Das Doppelkinn des überwichtigen Wirtes bildete lange, schwabbelnde Falten, als er sich in Gedanken zurückzog. „Nur Brot und Schmalz, junger Herr. Nur Brot und Schmalz. Wir haben nichts anderes. Esst, es ist gut, esst.“ Bargh sah, dass Neire nickte. Sein jüngerer Begleiter gab dem Wirt weitere Anweisungen, die dieser stupide wiederholte. Zudem war da der Hass in den Augen des jugendlichen Priesters, als Walfor den Wunsch seines Begleiters verneinte. Nachdem er mit Neire wieder allein am Tisch war, erhob er das Wort. „Neire, glaubt ihr, dass Walfor uns die Speisen vorenthält?“ Bargh gluckste. Er sah, wie Neire sich bei seiner Frage umdrehte und Walfor beobachtete. Er winkte ihn tatsächlich heran. Sie aßen mittlerweile vom Schmalz und tranken das fade Bier. „Walfor, das ist gut. Habt ihr das selber gemacht? Was ist Schmalz?“ Bargh bemerkte, wie das Gesicht von Walfor bei der Frage zu zucken anfing. Seine Gesichtsmuskeln drückten anscheinend seine fehlende geistige Kapazität aus. Wellen dieser Zuckungen breiteten sich über sein gewaltiges Doppelkinn aus. „Was meint ihr Junger Herr? Das ist Schmalz. Gemacht von Walfor. Walfor machen Schmalz. Wie immer.“ Bargh lachte laut auf. Er mochte den Wirt. Er hatte eine lange Zeit nicht einen solch nützlichen Idioten gesehen. Damals in Fürstenbad ja, aber das war eine andere Geschichte. Wieder erhob Neire das Wort. „Ja, Walfor, ich habe verstanden. Ihr spielt ein Spiel mit uns. Wir wollen aber ein Spiel mit euch spielen. Ihr sollet tanzen für uns. Ihr sollet euch im Kreise drehen und uns von eurem Schmalz erzählen.“ Bargh spürte den Hass, den Neire mit seinen Worten flüsterte. Doch Walfor, gesegnet mit einer überraschenden Einfältigkeit, blickte Neire mit großen Augen an. „Ist das ein Spiel junger Herr? Tanzen kann ich, ja sehr gut. Walfor kann tanzen. Ja…“ Bargh sah, das Walfor seinen massiven Körper an ihren Tisch drückte. „Ja, ein Spiel. Mensch. Ein Spiel in dem ihr reich werden könnt.“ Bargh lehnte sich zurück. Er beobachtete die Szene und bemerkte, dass Neire einige Silbermünzen hervorzog. Neire ließ diese auf den Tisch fallen. Für einen kurzen Moment füllte ein klingendes Geräusch die karge Halle. „Wie viele Münzen sind diese, Walfor. Nennt mir die Zahl, doch wagt nicht zu zählen.“ Bargh blickte auf die schimmernden Geldstücke, die auf den Tisch fielen. Sie hatte eine seltsame Prägung. Runen und ein Schlangenmuster. Bargh begann automatisch die Münzen zu zählen. Es herrschte für einen kurzen Moment eine Stille, bevor Neire erneut sprach. „Mensch, ihr schummelt. Ihr sollt nicht zählen. Ihr sollt mir nur eine Zahl nennen.“ Tatsächlich hatte Bargh bereits die Zahl der Münzen auf Acht bestimmt. Walfor hatte derweil seinen gewaltigen Bauch an den Tisch gedrückt und versuchte anscheinend die Münzen zu zählen. „Nennt uns eine Zahl. Und schummelt nicht. Ihr sollt nicht zählen.“ Der dicke Mann sah seine Chance, doch er zählte noch weiter. Mit seinem Mund machte er lautlose Bewegungen. Erst dann nannte er eine Zahl. „Drei Münzen. Drei sind es“. Bargh sah Neire lachen und stimmte ein. Mittlerweile hatte er sein Bier getrunken und genoss die Vorstellung in seinem Zustand der Trunkenheit. „Das ist falsch und ich habe gesehen, dass ihr geschummelt habt.“ Für einen Moment war das Lachen hinfort. Bargh blickte wieder zu Neire, der Walfor musterte. „Wir spielen ein anderes Spiel. Dreht euch für jede Münze einmal im Kreis. Acht Mal!“ Diesmal reagierte Walfor mit einem zurückgebliebenen Grinsen. „Ich mag eure Spiele junger Herr und ich kann sehr gut tanzen. Sehr gut tanzen kann ich.“ Walfor begann sich tatsächlich im Kreis zu drehen. Seine Bewegungen waren flapsig und träge. Sein Fett schwabbelte asynchron im Schritt seiner Bewegungen. Bargh war von dem Schauspiel wenig angetan und fragte sich, wie lange der fettleibige Schwachsinnige ihnen noch etwas vorgaukeln solle. Als Walfor eine weitere Drehung machte, war es ihm zu viel. Er gab Walfor einen kräftigen Tritt in den Hintern. Der ungeschickte, übergewichtige Wirt stolperte und fiel mit einem dumpfen Geräusch zu Boden. In diesem Moment sah Bargh Neire hervorspringen, der seinen Degen zog und sich über Walfor beugte. „Ihr habt doch geschummelt, Mensch. Ihr seid Abschaum. Ein Spielverderber. Ich könnte es jetzt beenden, euer armseliges Leben.“ Bargh spürte die Gewalt die Neire ausübte. Er hätte den Wirt gerne selber getötet, doch er sah, dass Walfor anfing zu weinen. Die fettleibige Gestalt rollte sich auf dem Boden zusammen, unfähig andere Dinge wahrzunehmen. Als Bargh sich langsam erhob und das Gasthaus verlassen wollte sah er, dass Neire die Münzen vom Tisch hob. Er ließ sie langsam auf Walfors zitternden Körper hinabfallen.
„Schaut dort. Verbrannte Gebäude. Ist das Gannwegen?“ Neire zeigte auf Ruinen in der Ferne. Von einigen Häusern stieg noch dunkler Rauch auf. Ihre beiden Begleiter konnten die Gebäude anscheinend noch nicht sehen. Sie waren ohne Pferde und nur die erhöhte Sitzposition machte Neire den Blick möglich. Die beiden Söldner hatten sie ein Stück hinter Kusnir getroffen. Beide hatten gerade mit Kurst gesprochen. Die beiden hatten vom Dorfvorsteher ein Säckchen mit Münzen erhalten und waren mit den Worten verabschiedet worden, in Gannwegen und der Passstraße Adlerweg nach dem Rechten zu schauen. Da Barghs und Neires Weg auch in diese Richtung führte hatten sie sich den Söldnern angeschlossen. Auf Neires Frage hin, wem sie dienen würden, hatte der ältere der beiden mit, wir dienen dem Herrn der Münze geantwortet. Neire hatte sie seitdem Sklaven der Münze genannt. Jetzt schienen beide beunruhigt und zogen ihre Kurzschwerter. Der Ältere von beiden hatte kurzes braunes Haar und nannte sich Rognar. Er trug wie sein jüngerer Begleiter Wulfgar ein Lederrüstung. Wulfgar machte den aufgeweckteren Eindruck. Der Söldner hatte lange blonde Haare, die bis zu den Schultern hinabfielen. Er drehte sich zu Neire um. „Das kann nur Gannwegen sein. Ein kleines Dorf von Holzfällern.“ Neire blickte nochmals in die Richtung. Der bewölkte Himmel hatte sich über den Vormittag etwas gelichtet. Jetzt sah er das Tal vor sich aufragen, das sich in eine Landschaft von schroffen Bergen hin verjüngte. „Dann lasst uns nach Gannwegen reiten und dort nach dem Rechten schauen.“ Sprach Bargh und setzte sein Pferd in Bewegung. Neire folgte ihm. Auch die beiden Söldner bewegten sich vorwärts. Eine unruhige Anspannung lag auf ihren Gesichtern. Als sie nach einiger Zeit an den ersten Gebäuden vorbeikamen, sahen sie die verkohlten Leichen. Einigen waren Gliedmaßen abgehackt worden. Andere trugen Spuren eines Kampfes. Es war keine Bewegung zwischen den Häusern zu sehen, die noch nicht lange abgebrannt waren. In der Mitte des Dorfes fanden sie einen Leichnam der anders beschaffen war. Die Kreatur war nicht menschlich, doch von humanoider Gestalt. Sie hatte ein Fell und den Kopf eines Hyänenwesens. Bargh erinnerte sich an den Kampf in der verlassenen Feste, der Gundaruk fast das Leben gekostet hätte. Die Kreaturen, denen sie dort begegnet waren sahen dieser hier sehr ähnlich. Während Neire noch nachdachte, lenkte Bargh sein Pferd an das seinige heran. „Neire, ich habe am Rande des Dorfes Spuren entdeckt. Spuren von diesen Kreaturen. Sie führen in diese Richtung.“ Bargh zeigte auf die Berge in der Ferne. „Das kann nicht sein. Dort befindet sich die Adlerburg, die das Tal und den Pass bewacht. Eine ganze Schar berüsteter Wachen befindet sich in der Burg.“ Neire blickte sich um. Die zweifelnde Stimme kam von Wulfgar, der ihrem Gespräch anscheinend gelauscht hatte. „Zweifelt ihr meine Worte an?“ Bargh hob seine Armbrust ein Stück höher, als er zu Wulfgar sprach. „Äh… nein, Herr Drachentöter. Ich meine nur… die Adlerburg und diese Kreaturen. Das passt nicht zusammen. Wir müssen Kurst Bericht erstatten.“ Neire gefiel das nicht. Sie wollten sich anscheinend davonstehlen und Hilfe holen. Er flüsterte Bargh zu. „Sie sollen mit uns kommen oder sie sollen sterben.“ Bargh nickte und baute sich auf seinem Pferd auf. Seine Stimme war jetzt laut und bestimmend. „Nein, ihr werdet mit uns kommen. Wir werden der Sache nachgehen. Ihr untersteht jetzt meinem Kommando. Schließt euch uns an. Befehlsverweigerung wird mit dem Tode bestraft.“ Für einen kurzen Moment herrschte eine beklemmende Stille. Alle hatten ihre Waffen gezogen. Dann nickte Rognar. „Gut dann werden wir mit euch kommen. Wir werden uns eurem Befehl nicht verweigern, Herr Drachentöter.“ Neire konnte das Missfallen in den Augen der Söldner sehen, als Rognar sprach. Bargh nickte und zeigte in Richtung der dunklen Berge. „Wir brechen sofort auf. Unser Weg führt uns zur Adlerburg.“ So ließen sie die verbrannten Ruinen von Gannwegen zurück und folgten weiter dem Adlerweg, in Richtung der Höhen.
Navigation
[0] Themen-Index
[#] Nächste Seite
[*] Vorherige Sete
Zur normalen Ansicht wechseln