Autor Thema: [AD&D 2.5E] Von Feuer und Düsternis – Erzählungen aus Euborea  (Gelesen 33265 mal)

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Offline Jenseher

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Sitzung 130 - Thobshim, der Fährmann
« Antwort #150 am: 12.01.2025 | 09:43 »
„Wollt ihr etwa auf diesen Kreaturen reiten?“ Zussas Gesicht, das von nassen, roten Locken eingerahmt war, verzog sich in einer Mischung aus Abscheu und Furcht. Sie blickte die Echsen aus gebührendem Abstand an, deren unruhige, wilde Geräusche sie schon aus der Ferne gehört hatten. Die Kreaturen, welche die Länge von über fünf Schritten besaßen, fauchten sich teils gegenseitig an. Die enormen Unterreichsgeschöpfe waren durch lange Rümpfe und gestreckte Fußglieder gekennzeichnet. Ihr dünner, kraftvoller Schwanz zuckte unruhig hin und her. Ab und an versuchte eines der Wesen nach einer Ansammlung von Riesenpilzen zu beißen, wurde jedoch gewaltsam von der schwarzen Kette zurückgehalten, die um den Hals gelegt war. Sie beobachteten die Echsen bereits einige Zeit und hatten bemerkt, dass die Geschöpfe auch versuchten nach ihresgleichen zu schnappen – wenn auch die Attacken nur angedeutet und bis jetzt immer ins Leere gegangen waren. Neire hatte zu bemerken gegeben, dass der Hunger der Kreaturen zunahm und sie wohl bald über ihre Artgenossen herfallen würden. Der Jüngling bewegte sich jetzt vorsichtig durch die dunkle Höhle auf die Kreaturen zu. Er hatte sich ein Tier ausgesucht, dessen schuppenbesetzte Haut grünlich schimmerte. Jedoch schien das Wesen ab und zu seine Farbe zu ändern. Kopf und Füße der Echsen hatten Ähnlichkeiten zu denen eines Frosches. Im Maul der Kreatur sah Neire spitze lange Zähne, doch die dunklen Augen hatten ihn noch nicht bemerkt. Neire dachte zurück an den Tempel des Jensehers, als er seine magischen Linsen benutzte. Er hatte zuvor Zussa und Bargh im Gemach von Arberdys von Lichtenhoch alleine zurückgelassen und war in den Tempel des Jensehers gereist. Kraft seiner schwarzen Kunst war es ihm möglich gewesen Halbohr Bericht zu erstatten. Über die Pläne, die sie mit dem Grottenschrat Grublik ausgeheckt hatten. Halbohr hatte eingewilligt, Grublik im Kerker der Festung von Isenbuk zu empfangen. Danach war Neire zurückgekehrt und sie hatten eine Zeit gerastet. Dann waren sie aufgebrochen und hatten die Geräusche der Echsen gehört. Neire hatte sich an die Sättel erinnert, die er an dreien der Kreaturen gesehen hatte. Er hatte an Bücher aus Nebelheim gedacht, in denen er von den Lastenechsen gelesen hatte. So hatten sie sich entschieden, die Höhle der Kreaturen aufzusuchen. Jetzt sah Neire seine Umgebung in blutroten Farbtönen verschwimmen. Ein stechender Schmerz ging durch seinen Kopf, als er in den niederen Geist der Kreatur eindrang. Augenblicklich wurde das Wesen ruhig und begann sich abzusetzen. Auch zwei weitere der Kreaturen besänftigte Neire mit der Magie des Jensehers. Dann zog er sich den Tarnmantel zurück und trat neben die erste Kreatur. Er strich ihr über den Schädel, was sich das Wesen gefallen ließ. Die Echse stieß ihre lange Zunge hervor und leckte sich über Haut und Augen. Neire bemerkte auch das vernarbte Gewebe, das er in einem Bereich des Nackens sah. Er zog sich auf einen der vier Sättel hoch und schaute grinsend zu Zussa. „Kommt hinauf Zussa oder habt ihr Angst. Ihr seid doch schon einmal auf einem Pferd geritten oder?“ Zussa und auch Bargh bewegten sich näher auf die Kreatur zu. Doch als Zussa in die Nähe des Wesens kam, schnappte die Echse nach ihr. Zussa sprang erschrocken zurück und schnaubte. „Niemals, Neire… niemals steige ich auf dieses Monster.“ Neire beruhigte die Kreatur und als auch Bargh aufgesattelt hatte, zog Zussa ihre bockige Miene. Als sie an ihr vorbeiritten, ging die junge Feuerhexe eine Zeit neben ihnen. Dann zog sie sich unter einem Murren hinauf und so setzten sie ihre Reise durch die Unterreiche fort.

~

Das Rauschen vor ihnen ohrenbetäubend laut. Sie waren eine längere Zeit auf der Kreatur geritten, die immer wieder kleine Pausen eingelegt hatte. Nur durch die beeinflussenden Worte Neires hatte sich die Echse wieder erhoben. Neire hatte sich daran erinnert, dass die Lastenechsen als faule Geschöpfe beschrieben wurden, die bevorzugt in der Nähe von warmen Quellen hausten. Ihre Reise war langsam gewesen, doch sie waren stetig vorangekommen. Nachdem sie einige kleinere Tunnel passiert hatten, war für Neire das Geräusch eines Rauschens in der Ferne zu vernehmen gewesen. Je weiter sie gekommen waren, desto lauter war das Geräusch geworden. Nun bewegten sie sich auf ein Ufer zu, hinter dem sie die donnernden Fluten eines schwarzen Wassers sahen. Der Tunnel führte auf der anderen Seite weiter, doch bis dorthin waren es bestimmt zwei Dutzend Schritte. Die Luft der Höhle war erfüllt von Wasserdampf und irgendwo weiter im Stein mussten ein Wasserfall oder Stromschnellen liegen. Als sie an das Ufer kamen, sahen sie die Gestalt, die hinter einem Stein an einer Barke gearbeitet hatte. Die seltsame Kreatur legte ruhig Pinsel und Eimer ab und richtete sich zu beachtlicher Größe auf. Sie stand auf zwei Beinen und hatte eine Größe von zweieinhalb Schritten. Ihr Körper stellte eine Kreuzung zwischen einem Menschen und einem Fisch dar. Sie besaß zwei dünne Arme und Beine sowie den Kopf eines übergroßen Karpfens, mit seitlichen Glubschaugen und spitzen Zähnen. Die Augen des Wesens schauten dabei chaotisch in verschiedene Richtungen. Eines ruhte jedoch auf Zussa, die ihren Säbel gezogen hatte. Die Kreatur trat näher an sie heran, nachdem sie einen Fisch ins Wasser geworfen hatte, den sie zuvor in der Hand getragen hatte. Die Gestalt war mit zwei großen gekrümmten Messern bewaffnet, die von zwei ledernen Schultergürteln über dem sonst nackten Körper gehalten wurden. Die nass glitzernde Schuppenhaut des Wesens änderte die Farbe – von sanftem Grün hin zu einem leichten Gelb – als sie anfing zu sprechen. Zuerst hörten sie nichts unter dem Grollen, doch dann wiederholte sie ihre Worte, die an ein Glucksen, ein Quaken und ein Zischen erinnerten. „Nicht Dunkle ihr, aber dennoch reiten wie Dunkle!“ Neire schaute auf die Gestalt hinab, deren starker Gestank nach totem Fisch ein Ekel-induziertes Würgen bei Zussa hervorrief. Dann fragte er. „Wir müssen hinüber. Könnt ihr das Boot steuern? Wie ist euer Name Fremder?“ Die Haut der Kreatur nahm jetzt wieder einen grünlichen Schimmer an und das Fischmaul verzerrte sich zu einem Grinsen. „Ihr geben Münze, dann bringt euch Thobshim hinüber. Eine Münze für euch, eine für euch und zwei für sie.“ Die Kreatur zeigte dabei zuletzt auf Zussa und ihre Färbung verwandelte sich wieder in sanftes Gelb. „Wieso eine Münze für uns und zwei für sie?“ fragte Neire. „Das dort nicht gut. Will Thobshim angreifen.“ Die Kreatur gluckste dabei lachend und ihre Farbe änderte sich jetzt in ein Blau. Neire hatte auch von diesen Kreaturen gelesen. Sie wurden als Kuo-Toa bezeichnet und änderten unwillentlich ihre Körperfarbe. Die Gelehrten der Unterreichswerke hatten über die Intention der Farben gerätselt und es hatte keine einheitliche Meinung gegeben. Ein Buch in Nebelheim hatte jedoch einen Farbkodex vorgeschlagen, an den sich Neire kaum noch erinnerte: Die Farben waren dort beschrieben worden mit:

Grün: Gier, Geiz und Vorfreude,
Blau: Belustigung, Wohlbefinden und Lust,
Gelb: männliches Dominanzverhalten,
Braun: nachdenklich, ängstlich und
Dunkel/Keine Farbe: Anspannung, Furcht, Kampf, Aggression.


Neire nickte Thobshim zu und fragte: „Was ist mit dieser Echse? Könnt ihr sie hinüberbringen?“ Die Gestalt nickte zögerlich und antwortete. „Echse groß, Echse gefährlich. Doch Thobshim erfahren. Kann rüberbringen, Echse, allein. Ihr bezahlen Thobshim zehn Münzen für Echse.“ Neire zog fragend ein Platinstück, woraufhin die Gestalt mit froschähnlichen Lauten die Wahl der Münze bestätigte. „Wir zahlen euch das Doppelte Thobshim, wenn ihr uns erzählt, was ihr wisst!“ Neire holte dabei ein Säckchen mit Münzen hervor und reichte es dem Fremden. Der Kuo-Toa nickte und seine Schuppen hatten eine tiefgrüne Färbung angenommen. „Thobshim erzählen euch. Thobshim mag Geschichten.“ „Nun gut…“ sagte Neire, „Woher seid ihr?“ Ein Auge der Kreatur fing nun wirr an in verschiedene Richtungen zu blicken, während das andere auf Zussa ruhte. „Thobshim von hier und von dort. Viel herumgekommen in Ewigdunkel und Unterfels. Thobshim kommt aus Schrein der Göttin oder Schrein von Gott.“ Seine Schuppen wandelten sich nun in blasses Blau, während er mit einem tiefen Rülpsen lachte. Der Gestank von verfaultem, totem Fisch war fast unerträglich, doch der Kuo-Toa fuhr unbeeindruckt fort. „Schrein von Thobshim Herkunft, Schrein von Vater oder Schrein von Mutter. Priester wissen selber nicht.“ „Eure Priester wissen selbst nicht, ob euer Gott Mann oder Frau ist? Wie heißt euer Gott?“ Thobshim nickte, bevor er antwortete. „Schrein von Thobshim Herkunft ist Schrein von Tsathoggua.“ Bereits Neire, aber auch Bargh hatten von dieser obskuren Gottheit gehört. Sie wurde von den Kuo-Toa als Vater- oder Muttergottheit verehrt. Unter den Priestern gab es keine Einigkeit und es waren wohl bereits Kriege zwischen den verschiedenen Kuo-Toa Fraktionen geführt worden. Die Sieger hatten sich dann als Halter der Wahrheit präsentiert und die Anhänger der jeweils anderen Geschlechtertheorie als Frevler geopfert. Neire hatte eine Abhandlung über diesen Gott gelesen, der wohl einst durch den Glauben der Kuo-Toa und durch das Brabbeln seines Namens in die Existenz berufen wurde. Er hatte zudem Theorien über die Heimat des Gottes gelesen, die einige Gelehrte in der Hölle sahen. Andere wiederum sprachen von der Elementarebene des Wassers. Als eine der Formen des Gottes war Neire ein monströser, übergroßer Frosch in Erinnerung geblieben. Neire dachte weiter nach, wurde dann aber durch die Worte Thobshims aus den Gedanken gerissen. „Danke Vater, danke Mutter, dass Thobshim gibt!“ Dabei beugte das Fischwesen seinen übergroßen Kopf. „Und ihr Thobshim? Seid ihr Vater oder Mutter?“ Die Hautfarbe von Thobshim wandelte sich ins Gelbe, als er sprach. „Thobshim durfte sich schon über viele Eier bringen. Milch von Thobshim gut, Thobshim viele Milch für Eier geben, ja. Thobshims Fingerlinge stark. Thobshim, Thobshim.“ Zussa wendete angewidert ihr Gesicht ab, als sich Thobshim auf die Brust schlug und Bargh verstand glücklicherweise nicht alle Worte. „Der Schrein, Thobshim. Erlauben sie Fremden wie uns, Handel zu treiben, die Priester?“ Das Fischwesen dachte einen Augenblick nach, bevor er antwortete. „Schrein nicht für euch, nicht für Dunkle. Schrein aber direkter Weg zur Stadt von Dunklen. Dunkle gehen durch Schrein. Hohepriester Va-Guulgch sie passieren lassen. Keine Edelsteine, keine Perlen. Ihr aber nicht. Ihr Perlen und Edelsteine geben an Hohepriester.“ Neire nickte, als er die Worte hörte. „Wir müssen eurem Hohepriester einen Wegzoll bezahlen, doch die Dunkelelfen können ohne Wegzoll nach Erelhei-Cinlu passieren?“ Jetzt wurde Thobshims Haut dunkel und er brachte zischende Worte hervor. „Thobshim Dunkle hassen. Hassen Dunkle und mächtige Stadt. Thobshim will Dunkle töten und an Fische verfüttern.“ Der Kuo-Toa trat dabei mit einer seiner Flossen auf den Boden. Neben sich hörte Neire Bargh in ihrer eigenen Sprache murmeln. „Er will sich die Dunkelelfen selbst zufüttern, dieser stinkende Bastard!“ Dann fragte Neire: „Und Hohepriester Va-Guulgch? Verlangt er keinen Tribut von den Dunkelelfen?“ Thobshims Farbe wurde wieder blau, dann antwortete er. „Ah, Hohepriester verrückt. Will Edelsteine und Perlen, ist aber schwach. Will Seemutter herrschen sehen über alles, will aber nur Edelsteine und Perlen.“ Neire lächelte Thobshim zu und sprach. „Habt dank Thobshim. Nun bringt uns über den Schwarzstrom.“

~

Sie hatten sich danach von Thobshim über den Schwarzstrom bringen lassen. Zussa war zuerst widerwillig in das Boot gestiegen. Der Fährmann hatte sie jedoch – mit der Hilfe von zwei Seilen – sicher über das reißende Wasser gebracht. Dann hatte nur Neire gesehen, wie Thobshim die Echse über den Fluss gebracht hatte. Der Fährmann hatte einen halbkreisförmigen Haken verwendet, den er der Echse in den Nacken gestochen hatte. Das Tier hatte für einen Augenblick wild gezittert, war dann aber gefügig und kontrollierbar geworden. Thobshim hatte es mit Drehungen des Hakens auf seine Barke geführt und sich auf die Echse gesetzt. Das Boot war zwar bedrohlich tief gesunken, doch er hatte das Wesen auf die andere Seite befördert. Sie hatten sich dann verabschiedet und waren in die Dunkelheit davongeritten. Neire hatte die Wunde der Echse begutachtet, die sich aber bereits auf wundersame Weise geschlossen hatte. Dort wo er den Einstich vermutet hatte, hatte er frisches, warzenartiges Narbengewebe sehen können. Ihr Reittier, das Thobshim auch hatte trinken lassen, hatte sie dann weiter durch die Dunkelheit getragen und das Rauschen hinter ihnen war immer leiser geworden. Dann hatte Neire plötzlich den gutturalen Aufschrei von zwei Kuo-Toa aus der Dunkelheit vor ihnen gehört. Sie hatten alle abgesattelt und Neire hatte sich vorangeschlichen. Er war in ein Höhlensystem gekommen, in dem er zischelnde nasale Stimmen hören konnten. Es war, als wollten sie flüstern, jedoch war es ihnen nicht gelungen. Neire ging lautlos vorwärts, bis er hinter einer Biegung den Gestank von totem Fisch vernehmen konnten. Er schaute um die Ecke und sah dort drei kleine Gestalten, die zwei riesige Leiber toter Kuo-Toa zogen. Die Gestalten waren kaum mehr als einen Schritt groß und zwei waren jünger. Sie trugen Kurzschwerter, Dolche sowie Rüstungen und waren in unscheinbare Gewänder gehüllt. Zwei Gewänder schimmerten aber in den vielfarbigen Strömungen des Unterreichs. Neire schlich sich auf den älteren Mann zu, der seine beiden jüngeren Mitstreiter zur Vorsicht mahnte. Neire sah Furcht in dem schlanken, steingrauen Gesicht. Die Gestalt hatte hellgraue Haare und blickte sich immer wieder vorsichtig um. Die beiden Kreaturen, die sie zogen, hatten aufgedunsene, aufgeschnittene Bäuche, Fischköpfe und Glubschaugen. Neire kam im Rücken des älteren Mannes an und stach zu. Einmal, dann zweimal, drang sein Degen in den Rücken. Der dritte Stich ging durch Hals und Kopf und die Klinge aus grünlichem Höllenstahl brachte todbringende Säure hervor. Ein Loch fraß sich in das Haupt des Älteren. Die beiden jüngeren ließen von ihrem Fang ab und starrten in gequälter Panik auf ihren Anführer. Dann stach Neire zu. Wieder und wieder. Es ging so schnell, dass er keine Schreie hören konnte. Erst als die drei blutenden Leiber den Boden bedeckten, richtete er sich auf und schaute nach Bargh und Zussa.

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Sitzung 131 - Der Schrein von Tsathoggua
« Antwort #151 am: 19.01.2025 | 10:58 »
Neire schlich sich durch den dunklen natürlichen Tunnel. Die Luft war wärmer und feuchter geworden. Er hatte außerdem einen leichten Salzgeschmack auf den Lippen. Aus der Ferne hörte er Geräusche von flatschenden Schritten und ein Gemurmel von Glucks- und Zischlauten. Sie hatten ihre Reise auf der Echse fortgesetzt und die Leichen der Kuo-Toa und der Tiefengnome hinter sich gelassen. Auf ihrem Weg hatten sie dann eine Pause gemacht, einen Fackelkreis errichtet und Gebete zu ihrer Göttin gesprochen. Dann hatte sie das Lastentier der Dunkelelfen weitergetragen, durch die nicht enden wollenden Kavernen. Neire hatte nach der Karte navigiert, die sie einst der Leiche von Eclavdra abgenommen hatten. Schließlich waren die Spuren der Kuo-Toa häufiger geworden. Sie waren an verschiedenen Seitentunneln vorbeigekommen, aus den sie Stimmen gehört hatten. Eine Gruppe von Kuo-Toa hatten sie vor sich vermutet. Die Geräusche hatte Neire aus einem abbiegenden Gang vernommen. Die Kreaturen waren allerdings in ihre Gehrichtung abgebogen und schritten jetzt vor ihnen. So hatte sich Neire von der Echse hinabgelassen und war schleichend zu ihnen aufgeschlossen. Jetzt sah er die Fisch-ähnlichen Silhouetten von drei Gestalten in der Dunkelheit. Eine ging voran, war über zwei Schritt groß und bewaffnet mit einer langen Harpune. Von ihren Schuppen ging ein matt-gelblicher Schimmer aus. Die beiden folgenden Kreaturen waren kleiner, unbewaffnet und von gräulich-trister Fischhaut. Ihre Leiber waren nicht muskulös, sondern aufgedunsen. Ihre Extremitäten waren dünn. Sie beide trugen lederne Säcke, die sie sich über ihre Schultern geworfen hatten. Neire hatte ihren Worten eine Zeitlang gelauscht und sie immer besser verstanden. Die vorangehende Kreatur schien ein Freund oder ein Ehemann der beiden weiblichen Fischwesen zu sein, die ihm folgten. Neire hatte zudem eine Art Vorfreude erkannt, als die Geschöpfe über den Schrein von Tsathoggua sprachen, der wohl nicht mehr weit entfernt war. Neire schloss weiter auf. Aus der Nähe konnte er sehen, dass die Kreaturen Muschelamulette trugen, in deren Aushöhlungen das krude Bildnis eines fettleibigen Frosches gezeichnet war. Die Kuo-Toa hatten ihn nicht bemerkt und so schlich er sich hinter das Männchen. Der Gestank von altem, totem Fisch erzeugte ein Gefühl von Übelkeit, doch er biss die Zähne zusammen. Dann stieß er der großen Kreatur seinen Degen in den Rücken. Der grünliche Dämonenstahl drang durch die Brust und begann zu zischen, als die Klinge eine gefährliche Säure hervorbrachte. Der gewaltige Leib mit dem Barsch-ähnlichen Kopf begann zu zittern, als sich die seitlichen Glubschaugen wild und chaotisch in teils gegensätzliche Richtung drehten. Dann brach das Wesen zusammen. Neire hörte hinter sich das Aufplatschen von Wasser, als die eine der beiden Weibchen den Sack fallenließ. Das Wesen stürmte an ihm vorbei, während ihre Gefährtin wie gelähmt in die Dunkelheit starrte. Neire ließ den Degen nach vorn schnellen. Die Klinge drang in ihre Hüfte. Er hörte ein Knacken von Knochen, als das Hüftgelenk splitterte. Das Wesen brach in Todeszuckungen und einem Schwall von Blut zusammen. Er drehte sich um und stach die letzte Pilgerin nieder. Erst dann widmete er sich der Untersuchung der Säcke und der Amulette. Viel fand er nicht. Außer einigen Perlen hatten die Gestalten im salzigen Wasser der Säcke lebende Fische und Krustentiere als Proviant für ihre Reise getragen. Neire hob die drei Muschelamulette auf und ging zurück zu Zussa und Bargh.

„Ich will es nicht anziehen Neire! Es stinkt und es ist von diesem niederen Gott, der sogar von einigen völlig verrückten Menschen angebetet wird.“ Neire schaute sie ernst an. Er war zur Echse zurückgekehrt, die sich ohne seinen Einfluss in eine Ruheposition begeben hatte. Neire war wieder aufgesattelt und hatte das faule Wesen zum Weitergang angetrieben. Dann hatte er Zussa und Bargh von seinem Plan erzählt und ihnen jeweils eines der Amulette überreicht. „Es ist nur für eine Zeit. Wir geben uns als Pilger aus, die diesen Schrein aufsuchen. Betrachtet es als List, nicht als Frevel an unserer Göttin.“ Auch Bargh nickte zustimmend und hängte sich das Amulett um. Sie waren mittlerweile bei den Leichen der drei Fischwesen angekommen. Die Echse begann bereits mahlende Bewegungen mit ihrem Maul zu machen und züngelte in Richtung der Leiber. Neire spürte die Fressgier der behäbigen Kreatur und sah Sabber aus ihrem Maul herabrinnen. Er flüsterte ihr wohlwollende Worte zu. Dann schnappte die Echse nach dem ersten Fischwesen. Die gewaltigen Kiefer schlossen sich um den Leib einer Pilgerin. Dann zuckte der Hals nach oben und das Tier warf den wanstigen Körper spielend in die Luft. Die Echse riss ihren Schlund auf und begann das Fischwesen zu zermalmen. Sie alle spürten das Würgen der Schluckbewegungen. Noch die Hälfte der des großen Pilgers verschlang ihr Reittier, bevor es sich träge hinsetzte. Neire wollte es gerade weiter antreiben, da sagte Zussa. „Wir sollen auch die Reste der Leichen mitnehmen. Vielleicht in Ortnors Labor. Es wäre nicht gut, wenn wir uns als Pilger ausgeben und sie hier die Leichen sehen.“ Neire nickte und antwortete: „Ihr habt Recht Zussa und ich hätte es vergessen. Lasst uns die Leichen in das Labor schaffen, Bargh.“

~

Irgendwann hatten sie wieder Stimmen im Tunnel vor sich gehört. Neire hatte gelauscht und die Sprache der Kuo-Toa erkannt. Er hatte Wachen des Tempels vermutet und sie hatten sich ihnen weiter genähert. Als sie in natürliche Hörweite gekommen waren, hatten die Schritte plötzlich innegehalten und die Stimmen hatten geflüstert. „Hört ihr das?“ hatte eine gesagt. Eine andere hatte bejaht und gefragt: „Sind es die Dunklen? Kommen sie wieder? Wissen sie es vielleicht?“ Ein dritter hatte direkt verneint. „Nein, woher sollen sie es wissen. Auch wenn es die trockenen Dunklen sind, tut so, als wenn ihr sie liebhaben würdet.“ Neire hatte die Echse weitergeführt und so waren ihnen schließlich drei Kreaturen entgegengetreten. Sie hatten aufgedunsene Leiber und waren kaum kleiner als Bargh. Eine hatte eine Stangenwaffe mit Widerhaken. Die anderen beiden trugen Harpunen. Die Fischhaut der drei schimmerte in vollen Gelbtönen. Sie hielten plötzlich inne und ihre Haut nahm einen Braunton an, als sie das Reittier betrachteten. Neire beugte sich zu ihnen hinab und sprach: „Seid gegrüßt, nasse Brüder des großen Tsathoggua. Wir kommen von weit her, um der Seemutter zu huldigen. Wir sind auf dem Weg in den Schrein.“ Neire versuchte die Sprache von Glucks-, Quack und Zischlauten so gut, wie es ging, zu imitieren. Ein Kuo-Toa drehte ein Glubschauge zu seinen Gefährten, während das andere Neire betrachtete. „Hört ihr das, meine Freunde?“ fragte er in einem tiefen Glucksen und Rülpsen. „Weitere der Trockenen von oben. Sie wollen den Segen unserer Mutter erhalten.“ Eine andere schien zu lachen, was sich mehr nach einem dumpfen und stoßhaften Gurgeln anhörte. „Meint ihr sie können länger die Luft anhalten, als die anderen Trockenen.“ Die Kreatur mit der Stangenwaffe drehte sich wieder um und sagte. „Hört nicht auf ihn. Wenn ihr den Segen unserer Mutter empfangen wollt, seid ihr willkommen. Aber sagt, woher habt ihr diese Echse?“ Neire lächelte der Gestalt zu. „Wir haben sie den Dunklen abgenommen, die auch ihr nicht mögt. Haben die Dunklen getötet.“ Es war ein Tuscheln und ein Zischen zu hören, als die Krieger sich ungläubig anglotzten. „Was… ihr habt die Dunklen getötet?“ Neire nickte und sagte. „Wieso nicht? Sie waren nicht sehr freundlich zu uns und wir mögen sie nicht.“ Zwei der Kuo-Toa änderten ihre Farbe ins Dunkle, doch die Haut des Stangenwaffenträgers glitzerte bläulich. „Wir hassen Dunkle, doch Tod von Dunklen kann Gefahr für Tempel bedeuten… Wollt ihr den Segen empfangen, solltet ihr wissen, was nur Wenige der Trockenen verstanden haben. Was es bedeutet, der Segen der Göttin…“ „Müssen wir Wasser atmen, um den Segen zu erhalten?“ Die Gestalt verneinte die Frage und ihre Fischhaut begann sich ins grünliche zu ändern. „Wir können euch sagen, können euch unseren Segen geben, wenn ihr…“ Neire hatte bereits eine kleine Perle hervorgeholt, die er der Gestalt zuwarf. Die Schuppen änderten ihre Farbe in ein tiefes, purpurnes Blau. „Ist es Zufall?“ Gluckste die Kreatur. „Ihr habt den richtigen Einfall gehabt. Mutter verlangt Tribut. Es ist an euch Tribut zu geben, wieviel ihr geben wollt. Und geht nicht ins Wasser vor Abbild von Mutter. Es tut den Trockenen nicht gut. Hütet euch auch davor im Schrein herumzuwandern. Sonst werdet ihr zerhackt und unseren Kleinen vorgeworfen.“ Neire nickte und antwortete. „Habt Dank für euren Rat, Bruder. Wir werden eure weisen Worte berücksichtigen.“ Die Gestalt nickte ihnen zu und verabschiedete sich mit den Worten: „Ja, haltet eure Flossen nass.“ Sie nickten den Kuo-Toa zum Abschied zu und blickten ihnen nach, wie sie verschwanden in der Dunkelheit. Nur Neire lauschte noch ihren Worten. Die Kuo-Toa unterhielten sich über sie und rätselten, ob sie wohl verrückt seien. Doch sie sprachen auch über ihre Waffen und ihre Unterstützung für die Seemutter, die sie zu gewinnen hofften.

Vor Bargh, Neire und Zussa ragte eine kolossale rechteckige Halle auf, die in ein sanftes, grünliches Licht gehüllt schimmerte. Die Wände waren von Kacheln bedeckt, über die faustgroße Egel krochen. Der Schleim der Kreaturen war fluoreszierend und sorgte für den grünlichen Schimmer. Es war bestimmt 70 bis 80 Schritt auf die andere Seite und die Decke verlor sich in großer Höhe. Zur Mitte des Prachtsaals führten Terrassen hinab, auf denen viele aufrecht gehende Fischwesen beteten oder meditierten. In der Mitte der Halle befand sich ein steinernes Wasserbecken, aus dessen modrigen Tiefen sich eine Pyramide verschiedenfarbiger Segmente erhob. Während die untere Ebene aus grauem Stein war, folgten bläulicher und grünlicher Marmor auf den höheren Ebenen. Sie starrten jedoch alle wie gebannt auf die Obszönität einer Statue, die auf der abgeflachten Spitze der Pyramide saß. Dort war die steinerne Fratze eines Frosch-ähnlichen Monsters zu sehen, das auf fetten Waden und dicken Vorderbeinen hockte. Das Wesen hatte riesige seitliche Glubschaugen sowie einen Körper, der von Fettwülsten und Warzen überzogen war. Gewaltige Ohren, in der Form von Fledermausschwingen, standen vom Kopf ab. Von der Brust hing zudem ein kolossaler Busen. Zwischen den Beinen war aber auch ein gewaltiges, männliches Geschlechtsteil zu erkennen, das in einem halb-erigierten Zustand dargestellt war. Während sie die Kreatur betrachteten, hatten sie den Eindruck, dass das Wesen sie anglotzte. Für einen Augenblick standen sie im Bann der steinernen Kreatur und vergaßen den salzigen Geruch der Halle sowie den disharmonischen Singsang der Gebete. Dann lösten sie ihren Blick und bemerkten die Augen der Kuo-Toa, die sie anstarrten. Von der gegenüberliegenden Seite näherten sich einige Krieger, die lederhaut-bezogene Schilde, Schwerter, Lanzen, Speere und Netze trugen. Sie wurden von einem Fischwesen angeführt, dessen Haut in einem beißenden Gelbton leuchtete. Während sich die Gestalten näherten, konnten sie sehen, dass einer der Kuo-Toa Pilger in das Wasser des Bassins hinabstieg und auf die Pyramide hinzuschwamm. Er stieg über die moosbewachsenen Stufen einer Treppe hinauf und legte einige Gold und Platinstücke in eine der Riesenmuscheln, die sich dort geöffnet hatten. Dann richtete er seine Gebete an die Seemutter. „Ihr dort, Trockene! Was macht ihr hier?“ Die Stimme des Anführers riss Neire aus seinen Betrachtungen. Er hatte kaum Zeit gehabt sich die Vielzahl von Öffnungen und Fensterscharten anzuschauen, die von der Halle hinfort führten. Er antwortete der Kreatur in ihrer Sprache. „Seid gegrüßt, nasser Bruder. Wir kommen von weit her, um den Segen der Seemutter zu erhalten. Wir kommen, um ihr unsere Schätze darzureichen.“ Die Gestalt nickte, drehte aber dann ihren von scharfen Zähnen besetzten Barschkopf in Richtung der Echse. „Und das dort! Woher habt ihr das? Reittier von trockenen Dunklen.“ Neire wählte seine Worte jetzt bedachter. „Ja, es ist ein Reittier der Dunklen. Wir haben es ihnen abgenommen. Jetzt gehört es uns oder vielleicht auch bald euch.“ Das Kind der Flamme bemerkte, wie sich der Griff um den Speer verfestigte. „Was heißt das, abgenommen? Woher habt ihr es?“ Neire lächelte jetzt, ließ sich von der Echse hinabgleiten und verbeugte seinen Kopf. „Ich bin Neire und ich komme von weit her. Wie ist euer Name Krieger?“ „Mein Name ist nicht wichtig. Woher habt ihr es! Sprecht!“ Die Haut der Gestalt war dunkler geworden, wie auch die seiner Kameraden. Trotzdem trat Neire näher an ihn heran. „Die Geschichte ist lang und ich würde sie viel lieber eurem Hohepriester Va-Guulgh erzählen. Ruft euren Hohepriester, denn wir wollen mit ihm sprechen.“ Als Neire die Wut in den Augen der Kreatur sah, die sich begann in verrückten Hass zu wandeln, beschwor er die Kräfte des Jensehers. Das Rot der Linsen mischte sich mit dem Grün der Halle zu einem goldenen Schimmer. Dann drang er in den Geist der Kreatur ein. Augenblicklich wandelte sich seine Fischhaut in tiefes Blau mit einem türkisem Anteil. Die Gestalt gluckste die Worte. „Ich bin Horrlik, holen Hohepriester Va-Guulgch für euch, doch ihr müsst euch an unsere Bräuche halten. Echse bleibt hier, nur ihr könnt kommen.“ Neire trat jetzt näher zu der Gestalt, die ihn mit ihren Glubschaugen betrachtete. Er flüsterte. „Sagt, sind noch andere Trockene hier? Sind sie Krieger?“ Die Gestalt rülpste lachend. „Nein, keine Krieger. Nur drei hier. Trockenen ist langweilig, Trockene sind verrückt.“ „Was ist es, was die Dunklen vielleicht nicht wissen oder nicht wissen sollten?“ Die Färbung der Fischhaut wurde wieder etwas dunkler. „Gab Vorfall hier. Trockener Dunkler war hier. Wollte nicht Tribut bezahlen. Einer von uns verlor Geduld. Er tötet dunklen Trockenen. So etwas darf nicht passieren, aber er hindurchgegangen ohne Münze zu bezahlen.“ „Ich verstehe. Nun, ich möchte jetzt mit Va-Guulgch sprechen. Holt ihn, mein Freund der nassen Flosse.“ Neire sah, wie sich die Gestalt umdrehte und ihre Untergebenen anwies. „Es sind unsere Freunde. Kommt, wir holen Va-Guulgch.“ Als sich keiner der Kuo-Toa umdrehte, schlug Horrlik mit dem hölzernen Schaft seines Speeres zu. Es gab ein dumpfes Klatschen auf dem Fischfleisch des Halses einer der Untergebenen und ein Zischen von Schmerz. Die Kreaturen fügten sich und begannen um die Pyramide herumzutrotten.

Zussa, Bargh und hatten die Lastenechse zurückgelassen, die einen Egel von der Wand geschnappt hatte. Aus den Augenwinkeln hatten sie jedoch bemerkt, dass das kleine graue Wesen dem Reittier nicht bekommen war. Die Echse hatte fluoreszierenden Schleim ausgespuckt, hatte sich danach aber in eine Ruhehaltung begeben. Sie hatten sich auf die andere Seite der Halle bewegt und die meisten der Kuo-Toa Pilger hatten sie nicht mehr beachtet. Nur die großen Glubschaugen der monströsen Froschstatue waren ihnen gefolgt. So waren sie in einen Bereich gelangt, in dem sich ein großer Durchgang in eine Thronhalle eröffnete. Auf einer Erhöhung hatten sie einen Thron, geformt wie aus einer Perle und bedeckt von detaillierten Bildnissen kämpfender Seekreaturen, gesehen. Perlen funkelten dort und auf beiden Seiten des Thrones waren kleinere Statuen von Tsathoggua zu sehen. Die Thronhalle war verziert mit wellenförmigen Mustern. Der grünliche Schimmer war stärker hier und sie sahen eine größere Anzahl der Egel an den Wänden. Vor ihnen hatte die Reihe der Fischkrieger den Eingang in die Halle versperrt. Sie hörten auch hier die Gesänge und sie sahen die Schatten von Priestern im Raum. Dann war eine Kreatur erschienen, die mit einem Speer bewaffnet war. Va-Guulgh trug rituelle Brandnarben fremder Zeichen auf seinem aufgedunsenen Wanst. Seine Haut war sichtlich älter, seine Zähne länger und Raubfisch-artig. Mit ihm kamen die Krieger um Horrlik, auf dessen Gesicht frische blutige Striemen von Peitschenhieben zu sehen waren. Im Gefolge des Hohepriesters waren aber auch weitere Priester, die perlenverzierte Dreizacke trugen. Va-Guulgch rammte seinen Speer auf den Boden, dessen Kopf wie eine viergliedrige Klaue geformt war. Seine krächzende Stimme hallte durch das königliche Gemach. „Wer seid ihr, Fremde, dass ihr es wagt nach mir zu schicken, als ob ich euer Bediensteter wäre? Wer wagt es meine Gebete zur Seemutter zu stören?“ Neire verbeugte sich tief, dann strich er sich seine gold-blonden Locken zurück und lächelte. „Ich bin Neire, Kind der Flamme. Das ist Bargh, der Drachentöter und das Zussa, Hand der Flamme. Wir sind gekommen um der Seemutter zu huldigen. Wir haben auch ein Geschenk für euch, oh mächtiger Va-Guulgch.“ Neires gespaltene Zunge fuhr sich über seine Lippen und er schmeckte die salzige Luft. Dann zog er die Krone von Arberdys von Lichtenhoch hervor, auf der wertvolle Diamanten funkelten. Die Kuo-Toa betrachteten die Kostbarkeit eines vielleicht längst vergangenen Kaisers und ihre Fischhaut begann grünlich zu schimmern. „Eine Krone bringt ihr mir? Eine Krone der Trockenen.“ Die Worte von Va-Guulgch waren vorsichtig, doch Neire fühlte seine Gier. „Wir haben weitere Schätze, oh mächtiger Va-Guulgch. Wir möchten sie der Mutter, möchten sie Tsathoggua opfern.“ Va-Guulgch stieß seinen Speer auf den Boden. Dann sagte er. „Ihr müsst die Schätze in die Muscheln der Pyramide legen, um ihren Segen zu erhalten. Doch sagt… ihr bringt Va-Guulgch ein wertvolles Geschenk. Was wollen die Trockenen von mir? Was wollen sie von Va-Guulgch?“ Neire hielt die Krone höher, als er in die Halle rief. „Wir wollen, dass ihr Erelhei-Cinlu angreift. Wir werden mit euch in den Krieg ziehen. Die Mutter will es so. Wir haben ihre Stimme gehört. Die Zeit der Schwäche ist für euch vorbei. Die Kuo-Toa werden sich erheben.“ Die Kuo-Toa vor ihnen verstummten. Sie hörten für einen Augenblick nur noch die dumpfen Gesänge hinter ihnen. Dann donnerte Va-Guulgch. „Ihr Narren… ihr seid verrückter als wir es sind. Ereilhei-Cinlu ist mächtig. Wir würden zu Grunde gehen. Würden nicht einmal an ihrem Turm vorbeikommen.“ „Ich bin von weit gekommen und habe viele Schätze mitgebracht. Bin ich umsonst gekommen? Bin ich gekommen, nur um zu erfahren, dass die Kuo-Toa schwach sind?“ Va-Guulgch blickte sich um und schien seine Worte abzuwägen. Dann grollte er: „Kennt ihr die Halle der Sterne? Nein ihr kennt sie nicht. Ihr würdet nicht einem solchen Wahnsinn verfallen sein… Es würde mich freuen, mich und alle unserer Rasse. Es würde uns freuen, wenn sie zugrunde gehen, diese verdammten trockenen Dunklen. Doch die Zeit ist nicht reif. Unsere Mutter wird stärker werden müssen. Dann werden wir zuschlagen. Wir werden die Sternenhalle fluten und unsere Kleinen werden ihre leblosen Körper fressen. Den Rest werden wir der Seemutter opfern. Wir werden stark sein und wir werden viele sein. Wir werden Ewigdunkel und Unterfels beherrschen. Die große Mutter und wir.“ Neire nickte und ließ die Krone in seinem Rucksack verschwinden. Als er sich wieder aufrichtete, starrte er Va-Guulgch an. „Die trocken Dunklen würden im Wasser untergehen, Va-Guulgch. Doch sie beherrschen das Feuer. Was kann man also besser machen, als durch die Dunkelheit zu gehen und mit dem Feuer zu spielen. Spielt also mit dem Feuer, bevor das Feuer mit euch spielt und euch vernichtet.“ Dann begannen Neires Augen rötlich zu glühen und er rief die Flammen seiner Herrin.

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Sitzung 132 - Der Fall des Schreines von Tsathoggua
« Antwort #152 am: 24.01.2025 | 18:54 »
Magmaflammen einer tanzenden Feuersbrunst schossen aus dem Boden des Schreins. Die schwarze Kunst, die Neire hervorgerufen hatte, breitete sich rasch um die Streiter Jiarlirae aus. Sie standen unberührt in der Mitte des Infernos, wie in einem Auge eines Wirbelsturms. Sie hörten das tiefe Rauschen der verzehrenden roten Zungen, die nach dem nassen schuppigen Fleisch der Tempeldiener griffen. In den Singsang des Feuers mischten sich die ersten glucksend-gutturalen Schmerz- und Schreckensschreie. Im blendenden Schimmer verzerrter Luft sahen sie die aufrecht gehenden Fischwesen, die sich panisch, schwankend in Sicherheit bringen wollten. Ihr unbeholfen watschelnder Gang wirkte nun noch hilfloser. Einige der Wachen brachen im glühenden Inferno zusammen. Ihre Fischwänste begannen aufzuplatzen, Gedärme traten hervor und Wasser verdampfte zischend aus inneren Blasen und Schwimmorganen. Seitliche Glubschaugen schauten verzweifelt in teils gegenläufige Richtungen, bis sie milchig wurden und ausliefen. In diesem Chaos begann Zussa Gebete zu singen, während Bargh einen Zauber wirkte. Der Hohepriester Va-Guulgch hatte sich bereits aus den Flammen gerettet und in seinen Thronraum zurückgezogen. Dort wurde er von seinen untergeordneten Priestern empfangen, von denen einer rief. „Schützt Meister Va-Guulgch!“ Die Kreaturen, die sich um den Hohepriester sammelten, besaßen Barschköpfe und ihre gewaltigen Bäuche waren mit rituellen Narben seltsamer Runen verziert. Sie legten ihre mit Schwimmhäuten besetzten, flossenartigen Hände auf den Hohepriester, um ihn zu heilen. Dann brach das invertierte Licht des schattenhaften Blitzes über sie hinweg. Bargh hatte seinen Zauber gewirkt und sie hörten die Schreie. Drei der Priester starben augenblicklich, während sich weitere drei unter den Flammen hinwegducken. Va-Guulgch schien die elektrische Macht nichts auszumachen und der Strom aus schwarzem, zuckendem Licht floss einfach über seine Haut hinweg. Der Hohepriester machte sich größer, erhob seinen Hechtkopf und begann seinerseits Zauberformeln zu rezitieren. Es dauerte nicht lange, dann begannen sich rotierende Schwerter und Klingen zu bilden, die den Eingangsbereich in den Thronraum versperrten. Neire nickte Bargh und Zussa zu, dann warf er sich seinen Schattenumhang über und begann in die Flammen zu schweben. Er beschwor die Chaosflamme Jiraliraes in seiner linken Hand und zog seinen Degen aus grünem Chaosstahl. Er schwebte durch das Inferno. Unter ihm brachen die letzten Kreaturen der hohen Wache des Schreines zusammen und verendeten in amphibienartigen Zuckungen. Doch Neire blickte nicht hinab. Er wob die Magie des alten Drachenzaubers. Er spürte den Zahn von Braugmal, den er trug und an dessen Substanz sich die Chaosflamme labte. Dann begann er das Feuer von Braugmal zu atmen. Flammen strömten durch die Klingenbarriere und in den Thronraum hinein. Va-Guulgch und seine verbleibenden Priester wurden augenblicklich getötet. Neire spürte die Macht, die er zum ersten Mal entfesselt hatte und zitterte am gesamten Körper. Seine Augen glühten rötlich in der Düsternis seines Schattenmantels. Dann hörte er die Schreie von Bargh und Zussa hinter sich. „Neire, macht den Weg frei,“ rief Bargh. Zussas Stimme wiederholte den Ruf: „Neire, ihr habt Bargh gehört. Macht den Weg frei!“ Neire sah die verbleibenden Wachen im Thronraum flüchten. Er drehte sich schwebend zu Zussa und Bargh um und ließ die Magmaflammen der Feuerwand ersterben. Um ihn herum war der Gestank von Schwefel und von gebratenen, aufgeplatzten Fischleibern.

Nachdem die Flammen niedergebrannt waren, hatten sie für eine Zeit die Schreie der Pilger gehört, die Hals über Kopf den Tempel verließen. Sie hatten sich immer wieder umgeblickt und die Obszönität der Froschstatue gesehen, die hinter ihnen aufgeragt war. Auch wenn das Antlitz, der von Warzen und Fettwülsten bedeckten Kreatur, ihnen abgewendet gewesen war, hatten sie jedoch die seitlichen Glubschaugen bemerkt, die sie fortan anstarrten. Sie hatten aber nicht lange Zeit gehabt sich zu beraten. Aus einem weiteren Bereich des Tempels hatten sie Stimmen und flatschende Schritte gehört. Neire hatte in der Dunkelheit den garstigen Pulk von Fischkriegern gesehen, der sich ihnen mit watschelnden Schritten näherte. Er hatte Zussa und Bargh gewarnt und den Stimmen der Kreaturen gelauscht. Ein Anführer hatte seine Untergebenen mit den Worten „Voran ihr Nichtsnutze, beschützt die Mutter, beschützt den Meister Va-Guulgch,“ angestachelt. Die Kreaturen hatten daraufhin eine Formation eingenommen, in der die Nahkämpfer sich von den Harpunenträgern getrennt hatten. Neire und Zussa hatten die Kreaturen mit ihrer schwarzen Kunst empfangen. Durch explodierendes Feuer und zerreißende Luft, wurden die Fischwesen eingehüllt, doch ihr Anführer trieb sie weiter voran. Dann war es zu einem Gemetzel gekommen, in dem sie die Kreaturen hinweggeschlachtet hatten. Barghs und Zussas Gebete an Jiarlirae waren stark gewesen und die Priester des Tsathoggua Schreins waren bereits gefallen. Durch den Schutz ihrer Göttin, hatten sie die Waffen der Kreaturen verfehlt. Schließlich hatten sie auch den Anführer niedergestreckt und waren weiter durch die grünlich schimmernden Hallen geschritten. Aus der Ferne hatte Neire die Schreie und vereinzelte Worte der flüchtenden Pilger gehört: „Wir müssen hier weg, beeilt euch!“ Eine andere Stimme hatte gesagt: „Lasst das liegen. Rafft nur das Nötigste zusammen.“ Ein weiterer: „Die Mutter hat uns verlassen, sie hat uns verlassen...“ Sie hatten die Pilger nicht weiter beachtet und waren in eine große Halle mit einem Wasserbecken gelangt, aus der Neires gute Ohren Geräusche gehört hatte. Es hatte sich um aufgeschreckte Glucks- und Rülpslaute gehandelt, die aber bewusst leise gehalten wurden. Sie hatten das Becken umrundet, in dessen Brackwasser sie Bewegung gesehen hatten. Neire hatte ein Atmen aus einem anliegenden Raum gehört, der über eine Öffnung aus der Halle zu erreichen gewesen war. Vorsichtig hatten sie sich genähert und waren von vier Fischkreaturen angegriffen worden. Die Wesen waren etwas kleiner als Neire, hatten Zanderköpfe und eine dunkle, bräunliche Schuppenfärbung. Ihre Wänste waren rundlich und groß, im Vergleich zu ihren dünnen Extremitäten. Sie stanken erbärmlich nach totem Fisch. Neire und Zussa waren schneller als die Kreaturen und stachen drei der Wesen nieder. Neire hatte sich dann der vierten Gestalt zugewendet und Bargh zurückgehalten. Das Kind der Flamme imitierte die Sprache der Kreaturen, als er mit dem Wesen kommunizierte. „Ergebt euch und wir werden euch leben lassen!“ Zwei Glubschaugen musterten gleichzeitig Bargh und Neire, als die Kreatur ihren Speer sinken ließ. Dann hörte Neire die geglucksten Worte. „Ihr lasst mich leben, ja? Ich wichtig, ich auserwählt von Va-Guulgch.“ Neire nickte und lächelte, während Bargh und Zussa die Worte nicht verstanden. Der dunkle Antipaladin hatte Glimringshert in einer Drohgeste erhoben. „Sagt mir, wo hat Va-Guulgch eure Schätze versteckt. Sagt es mir und ihr werdet leben.“ Die Schuppen der Kreatur verwandelten sich jetzt in fast völliges Schwarz. „Nur Va-Guulgch und Mutter gehören Schätze. Ihr seid nicht Va-Guuglch. Ihr könnt die Schätze nicht haben.“ Neire nickte und trat näher an das Wesen heran. „Va-Guuglch ist tot. Ich bin jetzt der neue Va-Guuglch und ich bin mehr als er. Führt mich zu den Schätzen!“ „Ich kann nicht, nein. Schätze gehören Mutter und Mutter wird mich bestrafen, wenn ich euch zu Schätzen führe. Mutter wird mich langsam fressen. Ganz langsam. Ich lieber durch Schwert sterben, wie Schwestern von mir.“ Die Kreatur wies dabei auf die drei getöteten Leiber der Fischwesen. Neire nickte abermals, lächelte und beschwor die Kräfte der Linsen des Jensehers. Das Grün der Halle vermischte sich mit dem Rot, als er die Kreatur betrachtete. Er versuchte in ihren Geist einzudringen. Die Gebete seiner Göttin halfen ihm und das Wesen hörte auf zu zittern. „Wie heisst ihr, meine Liebe,“ fragte Neire. Die Fischfrau, die keine sichtbaren weiblichen Merkmale hatte, antwortete. „Mein Name ist Oogmiirg.“ Sie steckte dabei ihren Speer in ihre lederne Tragebefestigung. „Nun Oogmiirg, führt uns freundlicherweise zu euren Schätzen.“ Aus den Augenwinkeln bemerkte Neire, dass Zussa gelangweilt mit ihrem Säbel spielte, als wolle sie das Wesen bereits töten. „Und ihr seid euch sicher, Freund? Die Mutter wird mich nicht dafür fressen?“ Neire schüttelte mit dem Kopf und sagte. „Nein, ihr habt mein Wort, Oogmiirg. Die Mutter wird euch nicht fressen.“ Das Wesen nickte schmatzend und rülpsend. Dann richtete sie eine von Schwimmhäuten besetzte Hand in Richtung des Beckens. „Wir müssen dort hinab, aber ihr Trockenen könnt nicht folgen. Ihr nicht atmen unter Wasser, wie wir.“ Neire schaute kurz Bargh und Zussa an und berichtete ihnen von dem Gespräch. Dann sagte er. „Lasst das unsere Sorge sein, Oogmiirg. Führt uns zu den Schätzen von Va-Guuglch.“

Zussa, Neire und Bargh atmeten das faulige, schmutzige Wasser, in das sie getaucht waren. Ein jeder von ihnen hatte einen Trank zu sich genommen, der ihnen das Atmen von Wasser möglich machte. Sie hatten die Kuo-Toa Frau zuvor gefragt, was sich in dem Becken befinden würde. Das Wesen hatte gesagt „Oh, dort ist nur Futter für die Pilger. Eine schmackhafte Abwechslung im Nass.“ Dann war die Fischfrau in das Becken gesprungen und mit einer erstaunlichen Wendigkeit und Schnelligkeit verschwunden. Sie waren ihr gefolgt durch das Trübe schmutze Wasser, in dem sie Fäkalien und Kadaver von Kleinfischen schwimmen sahen. Nur Neire konnte Kraft seiner besonderen Sehfähigkeit das Wasser weiter durchblicken und so waren sie über ein Gatter im Boden in einen geheimen Tunnel gelangt. Jetzt tauchten sie durch die Dunkelheit. Oogmiirg wartete hier und dort auf sie, bevor sie sich wieder pfeilschnell von ihnen entfernte. Nach einiger Zeit gelangten sie in einen geheimen Raum, ohne weitere Ausgänge. Die Luft war feucht und die Wände glitzerten nass. Auf dem Boden standen etliche Truhen und Kisten. Neire begann sofort die Truhen zu untersuchen und so konnten sie eine Menge an Perlen, Edelsteinen und Münzen erbeuten. Auch einige magische Waffen waren unter den Schätzen. Nachdem sie alles in Ortnors Labor verstaut hatten, trat Neire neben ein geöffnetes Fass und fragte Oogmiirg. „Sagt, was befindet sich in diesem Fass?“ Augenblicklich verwandelten sich die Schuppen des Wesens in ein tiefes Grün, das Neire als Gefühl von Gier oder Vorfreude in Erinnerung hatte. „Oh… es ist eine Kostbarkeit. Ihr müsst sie probieren.“ Sie griff in das trübe Wasser des Fasses hinein und beförderte eine Kreatur zum Vorschein. Das Geschöpf war faustgroß, hatte die Form einer Raupe, die aber von einer schwarzen ringförmigen Schale umgeben war. Der Wurm hatte ein Maul mit kleinen spitzen Zähnen, um das man einen Kranz von glitzernden dunklen Augen sah. Neire hatte von diesen Wesen bereits gehört. Sie waren als Meeresfrucht der Unterreiche bekannt. „Esst ihr sie lebend?“ fragte Neire. „Natürlich essen wir sie lebend,“ antwortete Oogmirg. „Falls sie verenden, verlieren sie ihren besonderen Geschmack.“ Dann biss sie mit ihren scharfen Raubfischzähnen in das Krustentier. Es gab ein Knacken und Sabber sowie Schleim lief von ihrem Maul. Sie begann den inneren Wurm hervor zu pulen, der sich zuckend wand. Sie biss genüsslich in das noch lebende Fleisch und ihre Schuppenfarbe wandelte sich ein sanftes Blaugrün. Zussa gab ein geekeltes Geräusch von sich. Dann hielt das Wesen Neire die Hälfte des Wurmes hin. „Hier probiert, es ist eine Kostbarkeit.“ Neire nickte und begann langsam ein Stück abzubeißen. Das noch zitternde Gewebe war elastisch und der Geschmack war salzig und bitter. Aber da war auch eine gewisse Süße im Fleisch. Neire ahnte, dass die Kuo-Toa diese Kreaturen als Delikatesse betrachteten und er schätzte den Wert eines einzelnen Wurmes auf etwa 50 Goldstücke. „Esst euch satt, Oogmiirg. Ihr habt es euch verdient,“ sagte er zu der Fischfrau, die begierig nach weiteren Wesen griff. Dann unterbrach Neire das Schmatzen mit einer weiteren Frage. „Oogmiirg, was habt ihr getan im Schrein?“ Das Wesen schaute mit einem Glubschauge auf, während das andere weiter das schleimige Krustentier betrachtete. „Oormiirg war von Va-Guulgch ausgewählt. War ausgewählt Leich zu legen für Va-Guulgch. Und der Hohepriester war sehr wählerisch.“ Dann kaute sie genüsslich weiter und gab ein tiefes Rülpsen von sich. „Oh, ihr wart so etwas wie eine Lieblingsflosse von Va-Guulgch?“ Die Farbe der Schuppen verwandelte sich jetzt in tiefes Blau. „Ja, vielleicht. Ich gab meinen Leich und Va-Guulgch seinen Samen. Va-Guulgch sehr wählerisch, suchte mich aus unter vielen. Ich bin gesegnet von Mutter. Viele starke Fingerlinge habe ich von Va-Guulgch und alle Kuo-Toa meine Fingerlinge großziehen.“ Neire betrachtete das Wesen fasziniert, das er so gerne weiter studieren würde. Doch er bemerkte, dass die Stimmung von Zussa und Bargh sich verschlechterte. Also frage Neire nach Büchern, nach Schriftstücken der Pilger. Oogmiirg erzählte ihnen von einem solchen Ort und so brachen sie wieder auf und ließen die geheime Kammer hinter sich.

Das Licht von gelblichen und grünlichen Globen, die von der Decke des Raumes hingen, war um sie herum. Sie vernahmen den Geruch von Salz und von vergammeltem Pergament. Oogmiirg hatte sie in diesen Saal geführt, der nun völlig verlassen war. Die geöffneten Bücher erinnerten aber an das rege Treiben der Pilger, die sich noch vor kurzem hier aufgehalten haben mussten. Neire hatte der Fischfrau gedankt und so begannen sie ihre Durchsuchung der vermoderten Regale. Viele menschliche und dunkelelfische Werke waren fast vollständig verschimmelt, doch sie fanden eine gut erhaltene Karte der Sternenhalle von Erelhei-Cinlu. Auch fanden sie ein Pergament, das in Dunkelelfisch verfasst war und das merkwürdig klang. Neire las die Worte, während sie nur noch das Tropfen und Plätschern von Wasser aus der Ferne hörten:

„Nichts ist mehr wie geboren. Verkommen und wichtig sind sie alle geworden. Leben nur noch um zu spielen, nichts anderes. Ein Omen, dass hier überhaupt noch etwas lebt. Wenige Rogen und Fingerlinge, die es gibt. Viele Alte. Ich denke es ist nur noch eine Frage der Zeit. Ich frage mich ohnehin, wieso es noch nicht passiert ist. Alles sehr merkwürdig. Aber genug, ihr wisst wer ich bin. Ihr solltet mich bald frei lassen…“

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Sitzung 133 - Die Lobpreisung Tsathogguas - Teil I
« Antwort #153 am: 31.01.2025 | 21:33 »
„Konntet ihr es verstehen? Das, was ich vorgelesen habe.“ Neire imitierte, so gut wie es ihm möglich war, die Sprache der Kuo-Toa durch Glucks-, Zisch- und Rülpslaute. Er blickte die aufrecht gehende Fischfrau an, deren Körper keine weiblichen Merkmale zeigte. Das Wesen mit dem Kopf eines Zanders öffnete sein zahnbesetztes Maul. Gestank von totem, fauligem Fisch strömte Neire entgegen, als Oogmiirg seine Frage verneinte. Die Schuppenhaut über ihrem gewaltigen Wanst hatte eine bräunliche Färbung angenommen und sie schien nachzudenken. Eines ihrer Glubschaugen musterte fortwährend Neire, während das Andere sich wirr und chaotisch umblickte. Neire hielt ihr das modrige Stück Pergament hin und sie begann die dunkelelfischen Schriftzeichen zu lesen. „Es ist so, als wäre es falsch übersetzt worden, so als hätte die Worte ein trockener Dunkler geschrieben.“ Während sie sprach zeigte ihr Gesicht keine wahrnehmbare Mimik. Neire strich sich seine feuchten gold-blonden Locken zurück und fragte. „Gibt es denn zu wenig Rogen oder zu wenige Fingerlinge hier im Schrein?“ Die Schuppen nahmen nun einen bläulichen Schimmer an und das Wesen antwortete. „Nein, es gibt viel Rogen im Schrein. Die Mutter der Mütter ist gütig. Es auch viele Fingerlinge. Va-Guulgchs Milch ist stark und die Fingerlinge sind stark. Wir ziehen sie hier auf, denn die Mutter ist gütig zu uns.“ Dann verschwand das blaue Glitzern und der bräunliche Ton trat wieder hervor. „Vielleicht war es auch der trockene Dunkle, der im Kerker sitzt. Der, der nicht zahlen wollte.“ Neire nickte und antwortete: „Vielleicht konnte er aber auch nicht den Preis für die Mutter zahlen, den Va-Guulgch forderte. Vielleicht hatte er seine gesamten Münzen den Riesen des Feuers geben.“ Die Färbung der Fischhaut nahm einen leichten Gelbton an und Oogmiirg sprach lauter. „Nein, die trockenen Dunklen haben genug Münzen. In ihrer großen Stadt gibt es, wie sagt man es bei euch, mehr Münzen als Sandkörner an einem Strand.“ „Nun gut, wir werden sehen. Führt uns zu ihm, Oogmiirg. Führt uns zum Kerker des trockenen Dunklen.“

Die Kuo-Toa Frau hatte sie dann mit watschelnd-patschenden Schritten ihrer Flossenfüße in den Kerker des Schreins geführt. Auf ihrem Weg hatte Neire immer wieder gelauscht, jedoch keine Schreie oder Stimmen mehr gehört. Nachdem der Prophet Jiarliraes die von einer Patina bedeckte bronzene Türe mit seinen Dietrichen geöffnet hatte, hatten sie den dahinter liegenden Zellentrakt abgesucht. Die Gefangenen in den Zellen, ein Nachtzwerg, ein Troglodyt und ein Grottenschrat, waren bereits längere Zeit tot gewesen. Sie hatten in einer Zelle einen weiteren Grottenschrat gefunden, der noch atmete, sich aber in einem tiefen Delirium befunden hatte. Auf die Frage, wieso die Gefangenen alle verstorben wären, hatte Oogmiirg mit einem glucksenden Lachen geantwortet. Sie hatte gesagt, die Seemutter verlange es so, dass den Gefangenen Salzwasser zu trinken gegeben würde. Die Fischfrau hatte es sichtlich gemocht, da sie davon geschwärmt hatte, wie sich die Gefangenen vor Durst ihre Haut zerkratzten – bis sie schließlich doch gierig das salzige Nass tranken und daran zu Grunde gingen. Neire hatte keine weiteren Worte verschwendet und so hatte er die Tür zur Zelle mit dem Dunkelelfen geöffnet. Der Mann schien noch nicht lange tot, denn der Leichengeruch war noch nicht stark. Die Gestalt, die dort lag, hatte silbernes, langes Haar und trug feine Gewänder in Purpur und Schwarz. Am Hals war dem Dunkelelfen ein großes Stück Fleisch hinfort gebissen worden. Sie begannen den Leichnam zu durchsuchen und fanden ein Amulett mit einem grauen pyramidenartigen Relief. Neire und Bargh kannten das Symbol als das Zeichen der Gilde von Luén, die aus meist männlichen dunkelelfischen Händlern bestand. Sie fanden neben einigen Münzen auch einen goldenen Armreif, dem sie ihre Aufmerksamkeit widmeten. Auf dem Gegenstand waren vier sich gegenüberliegende Symbole abgebildet: Ein hohler Ring, ein vielzackiger Stern, ein Ring mit einem Punkt in der Mitte und ein ausgefüllter Kreis. Sie rätselten über die Anordnung der Symbole. Zussa brachte den vielzackigen Stern mit dem Symbol von Azathoth in Verbindung. Den ausgefüllten Kreis erkannte Neire als Symbol der Erde – vielleicht Ghaunadaur? Der Kreis mit einem Punkt repräsentierte Wasser und sie hatten dieses Symbol bereits irgendwo im Schrein von Tsathoggua gesehen. Sie rätselten eine Weile über einen Gott, der für das Luftsymbol des hohlen Rings stehen könnte. Dann brachen sie auf, um den Rest des Schreines zu untersuchen.

~

Die Seemutter schien Bargh zu mustern. Der schwarze Schimmer, der in ihrem Blick lag, brannte auf seiner Haut. Die Obszönität saß dort und ihre Glubschaugen wollten nicht von ihm lassen. Immer wieder schreckte er aus seinem Schlaf hoch und schaute in den Thronraum von Va-Guulgch. Sie hatten sich in einem seitlichen Gemach niedergelassen, in dessen grünlichem Schimmer eine noble Tafel und Sitzgelegenheiten aus weißem Marmor zu sehen waren. Die Wände, an denen die seltsamen Egel entlang krochen, waren mit Fresken einer Unterwasserlandschaft verziert. Neire hatte die erste Wache übernommen und Bargh hatte versucht zu schlafen. Doch er war immer wieder aufgewacht. Seine Wache hatte er jetzt bereits hinter sich und er sah Zussa am Eingang stehen. Er sprach ein Gebet zu Jiarlirae und versuchte an etwas anderes zu denken. Dann blickte er wieder auf die Statue des seltsamen Gottes. Er betrachtete den von Fettwülsten und Warzen überzogenen Körper. Aus den Warzen schienen kleine Stacheln hervorzustehen. Die Darstellung der gewaltigen Brüste und des männlichen Geschlechtsteils machte ihn wütend. Ein pochender Schmerz war in seinem Kopf. Bargh wendete seinen Blick von den riesenhaften Ohren der Kreatur ab, die wie die Schwingen einer Fledermaus dargestellt waren. Er blickte zu Neire. Wieso konnte der Prophet ruhig schlafen, während Zussa und er von der Abnormität der beiden Statuen neben dem Thron belästigt wurden. Nein, so konnte er keinen Schlaf finden. Bargh stand langsam auf und schulterte sein stählernes Schild. Er trat zu Neire und die Schatten von Glimringshert begleiteten ihn. Das heilige Schwert, das er auch während seiner Ruhe in der Hand gehalten hatte, gab ihm Zuversicht. Manchmal glaubte er Stimmen zu hören, die aus dem Schatten-blutenden Inneren kamen. „Neire, wacht auf,“ flüsterte Bargh in Richtung des Jünglings. Das Kind der Flamme begann sich zu bewegen und die sternenblauen Augen blickten ihn fragend an. „Ist es soweit Bargh? Ist die Zeit der Ruhe vorbei?“ Bargh schüttelte den Kopf und deutete mit Glimringshert auf die beiden Statuen. „Nein… verdammt, ich konnte nicht schlafen. Nicht in der Nähe dieser Statuen. Es ist eine Schande, diese Kreatur. Selbst im Abglanz unserer Göttin ist sie unwert in ihrer Existenz und sollte vernichtet werden.“ Neire nickte und stand langsam auf. Dann sprach der Jüngling mit lispelnder, zischelnder Stimme. „Ihr habt Recht Bargh und ich habe es nicht gesehen. Zu sehr haben mich die Worte der Fischfrau gefesselt. Zu sehr war ich an ihren Geheimnissen interessiert. Ich muss handeln Bargh. Als IHR Prophet in Euborea.“ Neire ging in Richtung des Thronraums und Bargh folgte ihm. Sie gingen vorbei an Oogmiirg und Zussa. Dann stiegen sie über die verbrannten Leichen wänstiger Fischleiber hinweg. Neire stellte sich vor den Thron. Bargh fragte den Propheten: „Spürt ihr es nicht? Es sind die Augen. Irgendetwas betrachtet uns. Irgendetwas Feindseliges.“ Neire nickte. Für eine Weile betrachteten sie gemeinsam die beiden Statuen. Dann sagte Neire. „Ich habe zu lange gewartet. Als ihr Prophet spreche ich in der Sprache von Jiarlirae.“ Dann sah Bargh, wie Neire seine linke verbrannte Hand erhob und Worte der schwarzen Kunst murmelte. Ein feiner dünner Strahl aus Schatten und magmaartigem Feuer schoss auf die linke Statue hinzu. Die Schattenflammen fraßen sich unaufhaltsam in den deformierten Schädel. Für einen Augenblick schien es, als wollten die schwarzen Glubschaugen den Strahl Neires absorbieren. Bargh glaubte eine entfernte Stimme zu hören, die etwas zurückforderte. Das Abbild von Tsathoggua hielt der Macht Neires nicht stand. Die Augen explodierten und die Statue begann sich in glühende Funken aufzulösen. Doch da war die Welle von Magie, die auf sie zukam. Die Leichen der Fischwesen begannen augenblicklich zu verdorren, als ob ihnen alles Wasser entzogen würde. Die Welle rollte über sie hinweg und Bargh hob Glimringshert. Er zitterte als er die Schatten beschwor. Jiarlirae gab ihm die Macht und er war stärker. Wie eine Sphäre, ein Mantel des Schutzes, blähten sich die Schatten auf und der Hass Tsathogguas floss um sie herum. Sie traten zurück und Neire beschwor seine Macht ein zweites Mal. Auch die zweite Statue wurde durch die Macht des Propheten zerstört. Die riesigen schwarzen Perlen, welche die Glubschaugen des Gottes darstellten, zerplatzten. Ein Regen feiner Splitter breitete sich über den Raum aus. Erst jetzt hörte Bargh die lachende Stimme von Zussa. Sie schrie in den Raum hinein, hatte ihren Säbel gezogen und fuchtelte damit vor dem Gesicht von Oogmiirg herum. Zussa versuchte die Sprache der Kuo-Toa zu imitieren und spottete über die Seemutter. Als Bargh zu Zussa trat, lächelte sie ihn an. Dann drehte sie sich zur Fischfrau und sagte: „Na, was macht ihr jetzt, Oogmiirg. Eure Mutter ist schwach, sie ist hinfort.“ Auch nachdem Bargh bemerkte, dass die Kuo-Toa kein Wort von Zussa verstand, war es eine Erleichterung für ihn und er grinste. Das Pochen in seinem Kopf war weg. „Wann ist es endlich so weit, Neire. Wann kann ich sie töten,“ fragte Zussa ungeduldig. Neire war zu Oogmiirg getreten und hatte einige Worte mit ihr gewechselt. Die Fischfrau hatte eine dunkelbraune, fast schwarze Färbung angenommen und zitterte am ganzen Körper. Ihre beiden Augen waren hatten zuerst wirr und chaotisch geglotzt, waren jetzt aber auf Neire fixiert. Bargh konnte nicht verstehen, was die Fischfrau zu Neire sagte. Dann drehte sich Neire zu Zussa und ihm um und erklärte ihnen: „Oogmiirg betrachtet mich als Freund und sie versteht nicht, wieso die Statuen zerstört werden konnten. Sie hat große Angst um ihr Schicksal und um das der Kuo-Toa, ist aber fest im Glauben an Tsathoggua.“ Zussa schnaubte und zeigte mit ihrem Säbel auf die Fischfrau. Eines der Glubschaugen betrachtete nun das Mädchen mit den feuerroten Locken. „Paah, falls sie so fest im Glauben ist, soll sie doch ein Gebet sprechen. Sie soll ihr Gebet sprechen und wir sehen was ihre Mutter macht. Wenn ich sie dann endlich töten kann…“ Bargh stand neben Zussa und legte ihr eine Hand auf die Schulter. Dann sagte der Antipaladin. „Eine guter Einfall von euch Zussa, ich mag es. Wir müssen auch die große Statue dieser Monstrosität zerstören und während wir es tun, kann die Fischfrau ihre Gebete sprechen. Es wird die Schmach dieses schwachen Gottes vollenden.“ Zussa lachte wirr und verrückt und umarmte ihn. Auch Neire trat zu ihnen heran. Der Jüngling nickte und lächelte sie an. Dann begann er Oogmiirg in ihrer seltsamen Sprache zu erklären, was zu tun war.
« Letzte Änderung: 31.01.2025 | 21:44 von Jenseher »

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Sitzung 133 - Die Lobpreisung Tsathogguas - Teil II
« Antwort #154 am: 7.02.2025 | 20:15 »
Die aufrecht gehende Fischfrau, mit dem Kopf eines Zanders, bibberte, als sie die Stufen zur kolossalen Statue von Tsathoggua hinabging. Nachdem sie kurz gerastet hatten, waren sie in die Haupthalle des Schreins zurückgekehrt. Zuvor hatte Neire Sprüche gelernt und Oogmiirg war in eine andächtige Meditation versunken, in der sie immer wieder gluckend-rülpsende Laute von sich gegeben hatte. Neire, Zussa und Bargh betrachteten jetzt die Obszönität der Statue, auf die sich Oogmiirg mit patschend-watschelnden Schritten hinzubewegte. Dann hörten sie das Klatschen von Wasser und sahen, wie das humanoide Fischwesen mit einer eleganten Wendigkeit durch das dreckige Brackwasser tauchte. Bis auf diese Geräusche herrschte nun Stille im Schrein. Sie vernahmen den modrig-salzigen Geruch der Luft. Oormiirg kletterte die moosigen Stufen auf das erste Podest hinauf. Dann riss sie ihr von Raubfischzähnen besetztes Maul auf und begann die Lobpreisungen auf Tsathoggua zu singen. Sie lauschten der disharmonischen Melodie, die von allerlei amphibischen Geräuschen ihrer Sprechorgane begleitet wurde:

Mutter aller Mütter, verehrt von den Ahnen
Herrschtest du einst in der Sonne Schimmer
Die Menschen so grausam, ihre Taten uns mahnen
So führtest du uns, in des Lichtes Nimmer

Mutter aller Mütter, gehuldigt von Kühnen
Fanden wir endlich das dunkle Nass
Einst lehrtest du uns, die anderen zu sühnen
Im Krieg erwuchs grausam dein glorreicher Hass

Mutter aller Mütter, du gibst uns dein Leben
Auf dass uns’rer Rasse Reich gedeiht
Musst fressen, musst nehmen, musst laichen, musst geben
Auf dass Milch und Rogen durch dich geweiht

Mutter aller Mütter, du weist uns den Strand
An dem sich die schuppige Welle bricht
Deine Flut möge kommen, voll Schaum in das Land
Einst verdunkeln die Sonne, deine heilige Gischt


Noch während die Fischfrau sang, begann zuerst Bargh, aber dann auch Zussa die Geräusche nachzumachen. Neire musste fasst lachen, denn Barghs Imitationen bestanden hauptsächlich aus Rülpsgeräuschen. Dann begann Neire an zu murmeln und Oogmiirg drehte eines ihrer Augen in ihre Richtung. Der Strahl aus Schattenmagma, den Neire beschwor, begann sich in den Kopf der Statue hineinzufressen. Die Fischfrau betrachtete den Vorgang und ihre Schuppenhaut nahm eine gänzlich bräunliche Färbung an. Dann hörten sie das Knacken und das Knirschen von Stein. Der obere Teil des Schädels, mitsamt den Augen und den Ohren, begann sich in glühenden Staub zu verwandeln. Ein Regen von feinen Steinsplittern fiel hinab. Neire hörte das Klagelied von Oogmiirg. Sie hielt ihre Flossenhände nach oben und begann den Steinstaub aufzufangen. Selbst als sie durch das Wasser zurückschwamm, versuchte sie ihre Hände nicht in das Wasser einzutauchen. Neire befahl Oogmiirg ihm die Schätze aus den Muscheln zu bringen. Das Wesen betrachtete ihre Hände und dann wieder ihn selbst. Ihre Glubschaugen machten jetzt ruhige Bewegungen. Dann sagte die Fischfrau: „Ihr seid mein Freund Neire und ich verstehe nicht die Wendung des Schicksals. Ich werde euch natürlich die Schätze bringen.“ Sie betrachteten noch einige Zeit die Kreatur, die immer wieder zu den Schatzmuscheln der Pyramide schwamm und ihnen kostbare Perlen brachte. Bargh holte den Schnaps der Dunkelelfen hervor. Sie scherzten und sie tranken. Jiarlirae war über den Schrein der niederen Fischmutter gekommen. Irgendwann begann Zussa an zu torkeln und lallte. „Neire, wann kann ich sie denn endlich töten?“ Neire nickte, lächelte und sagte. „Ihr werdet euren Spaß haben Zussa, doch zuerst soll sie uns die Hallen der Fingerlinge und des Rogens zeigen.“

Zussa konzentrierte sich mit all ihrer Kraft. Sie durfte jetzt nicht torkeln und ihr Säbel durfte nicht verfehlen. In ihrer Dunkelheit verschwand der Rest der modrigen Halle im Hintergrund. Ihr Fokus war auf die Gestalt des Fischwesens gerichtet, von der ein ekelerregender Gestank von totem Fisch aufstieg. Oogmiirg war gefesselt und lag am Rand des Beckens, in dem sie zuvor Bewegungen gesehen hatten. Zussa erinnerte sich, wie sie die bestialisch stinkenden Leichen der Kuo-Toa aus Ortnors Labor geholt hatten. Neire hatte Oogmiirg gebeten, ihre tote Sippschaft den Fingerlingen im Becken zu verfüttern. Die Kuo-Toa Frau hatte keine Überraschung oder Abscheu gezeigt – Zussa hatte allerdings in allen Gesprächen keine deutbare Mimik bei ihr erkannt. Neire hatte aber gesagt, dass sie ihm danach erzählt hätte, dass dieser Vorgang nichts Besonderes für sie darstellte. Zussa hatte sich gefragt, ob diese Wesen vielleicht Alte, Schwache und Kranke ihrer eigenen Rasse an ihren Nachwuchs verfütterten. Sie hatte versucht den Gedanken auf ihr Dorf zu übertragen und hatte plötzlich laut auflachen müssen. Doch Bargh und Neire hatten sie nur merkwürdig angeblickt. Dennoch hatte sie fasziniert zugeschaut, wie die noch jungen Fingerlinge gefressen hatten. Es war ein gemächlicher Vorgang gewesen, bei dem Finger bis Arm große Kreaturen Stücke aus den Leichen ihrer Verwandten gebissen hatten. Die Augen der wendigen Kreaturen hatten sie dabei beobachtet, fast als ob die jungen Geschöpfe bereits eine höhere Intelligenz besäßen. Zussa schüttelte sich bei dem Gedanken an unter Wasser schwimmende Kinder und fokussierte sich wieder auf ihr Vorhaben. Bargh hatte den Arm fixiert und die Flossenhand des Wesens auf dem Beckenrand ausgebreitet. „Hihihi, fangen wir mal mit einem Finger der Flosse an,“ sagte Zussa und führte den Säbel hinab. Bargh drückte Oormiirg auf den Boden und nickte ihr zu. Dann hieb Zussa und rotes Blut begann zu fließen. Der Schrei der Kreatur war wie ein hohes röchelndes Zischen – unmenschlich und seltsam zugleich. Die Schuppenhaut hatte einen tiefen Braunton angenommen und widerspenstige, fischartige Zuckungen gingen durch den Wanst ihres Leibes. Zussa bückte sich, nahm den abgehackten Finger auf und warf ihn ins Becken. Sie sagte: „Na, was meint ihr Oogmiirg? Wird das eurer Brut schmecken?“ Neire übersetzte die Worte für sie und tatsächlich antwortete die Kreatur. „Sie sagt, die Mutter aller Mütter wird euch fressen.“ Zussa fing an zu lachen und machte Oogmiirg nach. „Was für ein Schabernack, wie langweilig. Fressen, fressen, fressen. Können sie nichts anderes tun?“ Zussa hatte genug. Sie hackte eine Hand ab und trat sie abfällig ins Becken hinein. Wieder murmelte das Wesen Worte und das fischige Zucken ihres Leibes verstärkte sich. Es breitete sich zudem ein modriger Gestank aus, der ähnlich, aber anders als Fäkalien roch. „Igitt, ich glaube sie hat sich in die… naja… gemacht, hihi…“ sagte Zussa, als ihr wieder auffiel, dass die Kreatur keine Kleidung anhatte. Zussa hieb und stach. Hier ein Bein, da ein Arm. Die Fingerlinge waren bereits sichtlich gesättigt und zogen sich ins Sichere der Dunkelheit zurück. Doch Zussa bemerkte, dass intelligente, wache Augen aus dem Wasser auf das Geschehen hinaufstarrten. Als sie begann die Glubschaugen aus dem Zanderschädel zu pulen, war Oogmiirg bereits tot und ihre Zuckungen hatten aufgehört. Zussa hatte genug und das Spiel wurde langweilig. Sie trat nach dem schweren, aufgeblähten Wanst, den Bargh losgelassen hatte und der nun in das Wasser des Beckens hinabglitt. „Genug des Ganzen… gebt mir den Schlauch mit dem Dunkelelfengebräu… oder wie sagten sie nochmal? Gebt mir den Schlauch von den trockenen Dunklen.“ Bargh und Neire grinsten sie an und sie lachte mit ihnen. Dann kehrten sie sich ab und schritten durch die grünlich schimmernden Gewölbe. Zussa schwankte hinterher und brabbelte lustige Flüche sowie okkulte Reime. Sie hatte nicht bemerkt, dass ihre Wangen gerötet waren. Zusammen mit ihrem feuerroten Haar wirkte sie wie ein Fremdkörper, an diesem einst heiligen Ort.

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Sitzung 134 - Das Tor zur Sternenhalle - Teil I
« Antwort #155 am: 14.02.2025 | 20:10 »
Zussa war mit Neire und Bargh weitergegangen. Sie waren den Tunneln durch die ewige Dunkelheit gefolgt, die sich im Felsgestein eröffnet hatten. Zussa war langsam ausgenüchtert und konnte sich an den Anfang ihres Marsches nicht mehr richtig erinnern. Sie hatte noch eine Zeit mit den Glubschaugen von Oogmiirg gespielt und sie immer wieder betrachtet. Bargh hatte sie geneckt, indem er ihr geschmeichelt hatte, was sie doch für schöne Augen hätte. Zussa hatte sich die Kuo-Toa Glubscher vor ihre eigenen Augen gehalten und sie alle hatten gelacht. Dann hatten Neire und Bargh sich eine gefühlte Ewigkeit über Pläne für Erelhei-Cinlu unterhalten. Zussa war langweilig geworden und nach einiger Zeit hatte sie einen pochenden Schmerz in ihrem Kopf gespürt. Sie waren dann eine Zeit schweigsam gegangen. Zussa wusste nicht wie lange. Sie nahm gerade das Flüstern von Neire wahr: „Zussa, Bargh! Ich höre ein Geräusch von vorn. Das Ziehen eines Karrens und Schritte von Metallstiefeln. Kümmert euch nicht um mich, ich werde in der Dunkelheit lauern.“ Zussa sah noch ein letztes Aufschimmern von Neires gold-blonden Locken, dann verschwand der Jüngling unter seinem Tarnumhang. Sie zog ihren Säbel und näherte sich mit Bargh den Geräuschen, die für sie selbst noch nicht vernehmbar waren. Nach einiger Zeit hörte aber auch sie das Knirschen der Räder. Bargh und Zussa traten drei berüstete Gestalten entgegen, die im Gang auf sie zu warten schienen. Die Kreaturen waren viel kleiner als sie selbst, machten jedoch einen kräftigen und zähen Eindruck. Zwei von ihnen waren haarlos, während der dritte kurzgeschorenes weißliches Haar trug. Alle hatten lange silberne Bärte. Ihre Haut war blass, jedoch durchzogen von feinen dunklen Venengeflechten. Ihre Augen schimmerten bläulich in der Dunkelheit. Hinter den Gestalten sah Zussa die beiden schwer beladenen Karren, die von kleinen ausgemergelten Gestalten mit spitzen Ohren gezogen wurde. Die Tiefengnome waren in Ketten gelegt und trugen Lumpen. Sie waren in einem erbärmlichen Zustand. Neben Unterernährung konnte Zussa die Narben von Peitschenhieben erkennen. Einer Gestalt fehlten gar drei Finger an der rechten Hand. Zussa wurde aus ihren Gedanken an Ortnor Wallenwirk gerissen, als der größte Nachtzwerg Bargh ansprach. „Hejda, was schleicht ihr euch hier so heran, wie nutzloses Gesindel.“ Bargh verlangsamte seine Schritte, bis er vor dem Anführer ankam. „Gehört dieser Tunnel denn euch, mein Freund?“ Der Antipaladin Jiarliraes grollte. Die beiden Älteren, von denen einer eine Schlachtenaxt und der andere einen Kriegshammer trug, beruhigten sich. Der Jüngere, ein weiterer Hammerträger, war sichtlich nervös. Der Anführer lachte gekünstelt auf, bevor er antwortete. „Ha, ihr seid wirklich nicht von hier. Was seid ihr? Ein Söldner, ein Taugenichts oder ein Vogelfreier, aus der Oberwelt? Wir befinden uns hier an der Grenze zum Reich der Dunkelelfen.“ Bargh nickte, dann fragte er. „Ihr wollt nach Erelhei-Cinlu?“ Dabei zeigte Bargh mit dem Schwert auf die Wägen, die nun zu einem Stillstand gekommen waren. Die Tiefengnome begannen sich derweil auszuruhen und sie hörten das leise Klirren von Ketten. Zussa sah den Nachtzwerg ausspuken. „Waah, dieser Name. Eine Stadt voller Weiber. Wir wollen nur verkaufen und dann nichts wie weg…“ Bargh ließ sein Schwert wieder sinken und antwortete. „Also wollt ihr doch dorthin… nun… auch wir sind auf dem Weg nach Erelhei-Cinlu.“ Der Anführer betrachtete Bargh von oben bis unten. „Was wollt ihr dort, Oberweltler, wenn nicht handeln?“ Zussa hörte Bargh auflachen. „Was können schon Fanatiker, wie wir es sind, in der Stadt wollen?“ Der ältere Zwerg mit dem Kriegshammer drehte sich zu seinem Anführer und sprach mit heiserer-heller Stimme. „Vielleicht will der Nichtsnutz sich berauschen, Brumdren. Vielleicht will er auch mit seinem Blut den Boden einer Arena veredeln. Oder den Dunkelelfen als Jagdspielzeug dienen?“ Wieder lachte Bargh. „Hahaha, ja, es gibt so viele Möglichkeiten. Sagt, seid ihr aus Urrungfaust?“ Zussa merkte, dass die Minen der Nachtzwerge bei der Erwähnung der Stadt einen ehrwürdigen Ausdruck annahmen. „Nein, wir sind nicht von dort. Nicht aus Urrungfaust. Wir betreiben nur eine kleine Mine. Aber ihr habt meine Frage noch nicht beantwortet. Was wollt ihr in der Stadt der Dunkelelfen?“ Zussa ärgerte sich bereits über die beharrliche Dickköpfigkeit der Nachtzwerge, doch Bargh blieb ruhig. „Und ich sagte euch, was können wohl Fanatiker dort wollen? Sagt ihr es ihnen, Zussa.“ Sie wollte gerade antworten, doch Brumdren lachte verächtlich und zeigte auf sie. „Sie dort? Wollt ihr sie verkaufen? Ich kann euch sagen, sie wird euch nicht viel Gold einbringen, eure kleine Hure. In der Stadt der Dunkelelfen gibt es viel… viel Üppigere. Hahaha… Sie sieht aus, als würde sie vor Hunger umfallen.“ Die Nachtzwerge lachten, während Brumdren eine ausladende Geste von großen Brüsten machte. Zussa spürte, wie Wut und Hass ihre Gedanken benebelten. Sie schrie den Nachtzwergen entgegen: „Wir wollen die Reichtümer der Stadt auskosten und für uns gewinnen. Wir haben schließlich einen Krieg zu finanzieren.“ Ihre Wut stieg noch mehr, denn die drei Gestalten fingen an zu lachen. „Auskosten? Hahaha, ihr könnt uns auskosten. Diese Weiber der Stadt sind schwach und weinerlich. Sie können nicht einmal ihre Sklaven befriedigen. Wir können wesentlich mehr befriedigen. Wir können es euch besorgen.“ Zussa hielt jetzt ihren Degen hoch und schrie. „Ihr könnt es ja einmal versuchen, kleinwüchsiger Abschaum. Bleibt bloß dort in Bodennähe, wo ihr hingehört!“ Die Nachtzwerge schienen sie nicht zu hören und lachten weiter. Dann sprach Bargh mit einer grollenden Stimme. „Genug des Ganzen. Wir kommen nach Erelhei-Cinlu um jene Priester zu töten, die den falschen Göttern dienen. So haben wir es bereits mit eurem schwachen Gott Laduguer gemacht. Wir töteten die Priester und sie flehten um Gnade. Jeder der in unserem Weg steht stirbt. Und hier und jetzt steht ihr in unserem Weg.“ Plötzlich brach das Lachen ab und die Nachtzwerge starrten Bargh überrascht an. Der Augenblick dauerte aber nicht lange. Zussa jubelte innerlich, als sie die grünlich schimmernde Klinge Neires erkannte, deren Spitze plötzlich aus der Brust von Brumdren hervordrang. Zussa stürzte nach vorn und sie schlug wieder und wieder zu. Bargh stand ihr zu Seite und Neire griff weiter aus dem Hinterhalt an. Blut benetzte ihr Gesicht und sie begann zu keuchen. Sie ließ erst ab, als der letzte Nachtzwerg aufgeschlitzt am Boden lag.

Neire trat zu den ausgemergelten Gestalten. Er blickte in angsterfüllte grau schimmernde Augen, die ihn unterwürfig musterten. Verheilte Narben waren in den ausgehungerten Gesichtern zu sehen. Er hörte das Klirren der Ketten, als die noch jungen Svirfneblin sich an die Wägen duckten. Neire strich sich seine gold-blonden Locken zurück und lächelte, als er sie in der Sprache der Duergar begrüßte. „Kommet hervor meine Freunde. Eure grausamen Meister sind tot.“ Neire deutete dabei auf die blutüberströmten Leichen der Nachtzwerge, denen sie die Waffen und ein kostbares Amulett aus Bernstein abgenommen hatte. Das Bernsteinamulett hatte einen eingeprägten Haken aus Metall gehabt und Neire hatte es als das Symbol von Xarann erkannt – einer dunkelelfischen Händlerorganisation. Jetzt baumelte das Amulett bereits um Neires Hals. Als die jugendlichen Tiefengnome sich furchterfüllt an die Wägen drückten, trat Neire in ihre direkte Nähe. Er vernahm einen modrigen Schweißgeruch und den Gestank von fauligem Atem. Dann erhob sich ein Svirfneblin, der ein eingefallenes Gesicht besaß und an dessen rechter Hand drei Finger fehlten. Er verbeugte sich und sagte zitternd: „Werter Herr, seid so gütig und lasst uns leben.“ Neire zeigte auf seine Hand und sprach. „Natürlich lasse ich euch leben. Und wieso sollte ich euch sowas antun? Aber sagt, wie kam es, dass das Schicksal euch in dieser Weise mitgespielt hat? Wieso müsset ihr diese Wägen ziehen?“ Neire bemerkte Unverständnis in dem Gesicht des Jugendlichen. „Wie meint ihr mein Herr? Wir kennen nichts anderes. Wir sind in den Minen von Meister Brumdren aufgewachsen.“ Neire verstand jetzt und nickte. „Ihr kennet nicht die Freiheit, die ich euch geben werde. Ich sage euch nur, was ihr tun müsst, um nach Flamme und Düsternis zu greifen. Den Geheimnissen meiner Göttin. Ihr sollt frei sein, wenn ihr Jiarlirae eure Seelen verpfändet. Und ich werde euch ein Platinstück geben. Jedem von euch eines. Ihr werdet es brauchen, um den Fährmann über den Schwarzstrom zu bezahlen. Der Weg ist frei, denn wir haben die Mutter der Mütter getötet und ihren Schrein vernichtet.“ Für einen Augenblick herrschte Stille, dann war da ein Raunen. „Ihr… ihr habt Tsathoggua getötet? Ihr müsst wahrlich stark sein.“ „Wir sind stark im Glauben an unsere Herrin Jiarlirae und sie ist stärker und mächtiger als alles andere. Sie ist mehr als die Summe aller Teile. Aber ich frage euch nun: Wollt ihr eure Seelen Jiarlirae freudig und frei geben? Wollt ihr frei sein, um nach ihren Geheimnissen zu greifen?“ Die Svirfneblin tuscheln und das Rasseln von Ketten war zu hören. Dann sprach der Anführer: „Ja mein Herr. Wir wollen eurer Göttin Ji-ar-li-rae unsere Seelen versprechen. Wir sind bereit zu dienen, wie wir es für Brumdren taten.“ Jetzt lachte Neire und schüttelte mit dem Kopf. „Nein, diese Dienerschaft ist anders. Ihr werdet frei und nie wieder allein sein. Flamme und Düsternis werden euch begleiten.“ Neire sah, dass Bargh herantrat und die Ketten der Geschöpfe mit gezielten Schlägen trennte. Dann stellte sich der Antipaladin in die Mitte der Wägen und hielt sein Schwert hinab. Im Tunnel war die sonore Stimme von Bargh zu hören: „Kommt herbei und legt eure Hand auf das heilige Schwert Glimringshert. Sprecht mir nach und besiegelt euer Schicksal.“ Die jungen Tiefengnome scharten sich ängstlich, aber neugierig um den dunklen Krieger. Bargh überragte sie fast um das Dreifache an Körpergröße. Dann begann er feierlich zu sprechen. „Der ältesten und höchsten Göttin huldigen wir auf immer und ewig. Wir sprechen diesen Schwur, zu ihr, Jiarlirae, der Dame des aufsteigenden Chaos des Abgrundes. So wie die Dualität von Flamme und Düsternis auf ewig untrennbar vereint, so wollen wir uns an sie binden. Den Geheimnissen ihrer Heiligkeit geben wir freudig und frei unser höchstes Gut. Ihr der Schwertherrscherin der niederen Ebenen, des großen Unteren, versprechen wir unsere Seelen. Auf dass sie einst aufgehen mögen, im Mysterium der schwarzen Sonne.“ Der Chor der sechs Knaben sprach die Worte nach und der Augenblick war heilig. Dann legte Neire die sechs Platinstücke Nebelheimer Prägung in seine linke, verbrannte Hand. Er sah dort das Wappen der Menschenschlange des reinen Blutes aufblitzen. Neire beschwor die Chaosflamme aus brennender Düsternis und langsam begannen die Platinstücke weißlich zu glühen. Dann schritt er zu den Svirfneblin und sprach zu ihnen. „Ein jeder soll sein Platinstück in seiner Faust halten, bis es kalt ist. Nur so erweist ihr euch als würdig, Jiarlirae zu dienen.“ Angst war in den Augen, doch die jungen Tiefengnome taten wie angewiesen. Neire legte jedem eine Münze in die Hand. Da war das Zischen von verbrannter Haut und der Geruch von verzehrtem Fleisch. Einige der Wesen schluchzten. Doch bis auf einen, bissen sie ihre fauligen Zähne zusammen. Einer jedoch hielt den Schmerz nicht aus und ließ die Münze fallen. Der Drachentöter, der heilige Krieger Jiarliraes, stand bereits hinter ihm und er fällte das Urteil augenblicklich. Glimringshert schnitt durch den kleinen Hals der Kreatur. Der Kopf, dessen Gesicht noch immer von Schmerz und Furcht gezeichnet war, fiel zu Boden, getrennt vom Rumpf. Seine Seele befand sich bereits auf dem Weg in das Reich seiner neuen Herrin. Neire blickte die anderen Gestalten an und sie schienen den Tod ihres Gefährten stoisch zu ertragen. Einige lächelten sogar, als sie die erkalteten Münzen von ihrem Fleisch abzogen. Neire wendete sich ihnen zu und holte ein Stück leeres Pergament und eine Schreibfeder hervor. Er würde ihnen den Weg in die Festung von König Isenbuks weisen. Von dort an sollte es an Meister Halbohr liegen, ihr Schicksal weiter zu spinnen.

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Sitzung 134 - Das Tor zur Sternenhalle - Teil II
« Antwort #156 am: 21.02.2025 | 20:32 »
Sie standen mit ihrem Wagen im Strom der Händler. Gerade ging es nicht weiter vorwärts. Bargh blickte sich um und dachte an ihren Weg hierher. Sie hatten die Tiefengnome verabschiedet und die wertvollsten Güter auf einer der beiden Wägen umgeladen. Bargh hatte mit Neire die Wunden der ehemaligen Sklaven begutachtet, von denen ihnen keine gefährlich erschien. Dann hatte sie die Tiefengnome ihre ehemaligen Meister plündern lassen und dabei zugeschaut, wie sich die kleinen Geschöpfe gestritten hatten. Bargh hatte den Wagen gezogen und sich nicht mehr umgedreht. Natürlich hatte er irgendwann gemerkt, dass sich Zussa heimlich auf den Wagen gesetzt und sich von ihm hatte ziehen lassen. Aber Bargh hatte nichts gesagt. Verglichen zu den Stahlbarren, von denen einige Spuren von Ne’ilurum hatten, war ihm das leichte Gewicht von Zussa nicht einmal aufgefallen. Auf ihrem Weg hatten sie zwei weitere Händler des stämmigen Volkes getroffen, von denen jeder eine große Schubkarre schob. Beide waren gedrungene Gestalten gewesen, deren Kleidung, wie deren Körper, einen verwahrlosten Eindruck gemacht hatte. Ihre weißlichen Haare hatten wirr von ihren Köpfen gestanden und ihre weißen Augen hatten keine Pupillen gehabt. Neire hatte mit ihnen geredet und Bargh hatte nicht alle Worte verstanden. Sie wollten Neire wohl sein Amulett von Xarann abkaufen. Einer bot Neire 20 Goldstücke dafür. Als Neire ablehnte, drohten sie ihm. Bargh hatte dann gesehen, dass Neire die Augen des Jenseher benutzt hatte und einer der Derro vom Kauf abgesehen hatte. Der andere war wütend geworden und Neire hatte ihm gedroht. Bargh hatte ihn töten wollen, doch der Händler, der sich ihnen als Diinalzblin vorgestellt hatte, war feige hinfort gerannt. Der andere Händler hatte nur gelacht und gesagt, dass er jetzt wohl mehr Gewinn haben würde. Dann hatte er die kostbarsten Gegenstände seines Kameraden auf seine eigene Schubkarre umgeladen. Sie waren danach weitergeschritten und hatten den schwer belasteten Derro schon bald hinter sich gelassen. Aus weiteren Tunneln, waren immer mehr Händler hervorgekommen und so hatten sie sich schließlich in den Strom eingereiht. Dieser Strom war dann langsamer geworden, je weiter sie sich der Höhle genähert hatten, die jetzt vor ihnen eröffnete. Im Lichte von purpurnen Fackeln hatten sie die Mauer aus schwarzem Stein betrachtet, welche die Höhle zerteilte. Bargh hatte lange scharfe Metallspitzen gesehen, die aus der Mauer ragten. Dort hatten Leichname verschiedenster Rassen und Verwesungszustände gehangen, die dort aufgespießt worden waren. Bargh hatte sich immer wieder umgeblickt und die dunkelelfischen Wachen betrachtet, die er auf den Zinnen gesehen hatte. Um sie herum war ein Gemurmel verschiedenster Sprachen gewesen. Der Schweißgeruch von Nachtzwergen, Grottenschraten, Tiefengnomen, Troglodyten und anderen Geschöpfen war penetrant gewesen. Bargh hatte auch Ochsen eines langen Fells gesehen, deren süßlich-modriger Geruch Bargh an Neires Parfüm erinnerte. Er hatte gewusst, dass diese Tiere im Unterreich als Rothe bekannt waren. Bargh wurde aus seinen Gedanken gerissen, als er die Stimme des Dunkelelfen vor ihnen hörte. Sie hatten sich auf etwa 20 Schritte einem doppelflügeligen Portal genährt, dessen metallverstärkte Türen weit nach außen geöffnet waren. Vier Dunkelelfen umringten einen Grottenschrat, der eine gefüllte Schubkarre vor sich herdrückte. Der Verkehr kam wieder zum Erliegen, als der Anführer, ein schlanker Mann mit weißem Haar und weiblichen Gesichtszügen, zu dem Händler sprach. Bargh verstand nicht alle Worte, doch die Stimme des Mannes hatte einen hohen, weibisch-arroganten Unterton: „Ihr müsset doch wissen, was es mit solchen berauschenden Getränken auf sich hat. Es ist eine besondere Steuer erforderlich.“ Bargh spürte nur Abscheu, als er die Kreatur sprechen hörte. Er vermutete, dass es sich um Schikane handelte. Der Grottenschrat stammelte gebrochene dunkelelfische Worte. „Steuer? Keine Steuer… noch nie Steuer hier.“ Der Dunkelelf schüttelte mit dem Kopf und sagte. „Ihr müsst die Steuer zahlen, wisset ihr es denn nicht?“ Wieder verneinte der Grottenschrat und wiederholte seine Worte. Der Dunkelelf brüllte nun lauter, als wolle er es der gesammelten Menge mitteilen. „Allein für euer Weigern gibt es eine Strafe. Ihr müsst 20 Platinstücke zahlen, falls ihr zur Sternenhalle wollt.“ Der Grottenschrat schüttelte mit dem Kopf. „Var‘kurr nur zehn haben. Nur zehn.“ „Jetzt sind es schon 30 Platinmünzen und vielleicht werden es noch mehr für euch.“ Wieder schüttelte sich der Grottenschrat und schrie: „Var‘kurr nur zehn, nur zehn!“ Bargh konnte Verzweiflung in seiner Stimme hören, als er die Worte immer wieder brüllte. „Nur zehn haben. Nur zehn. Var‘kurr nicht mehr Platin.“ Bargh sah, wie der Dunkelelf, den drei Soldaten ein geheimes Zeichen gab. Er erinnerte sich an seine militärische Ausbildung. Augenblicklich stachen die vier Dunkelelfen auf den Grottenschrat ein. Varkurr versuchte zwar noch auszubrechen aus dem Kreis, doch er brach röchelnd und Blut spuckend zu Boden. Der Dunkelelf gab seinen Untergebenen ein weiteres Zeichen und sie begannen den Leib hinfort zuziehen. Dann rammten sie Var‘kurr in einen der Stachel an der Mauer, wo er kopfüber hängenblieb. Ein anderer Dunkelelf hatte bereits grinsend die Schubkarre mit Var‘kurrs Fässern hinter die Mauer gebracht. Als der Strom sich wieder zu bewegen begann, hörte Bargh die Erleichterung der anderen Händler. „Endlich geht es weiter…“, „Er konnte nicht zahlen, habt ihr das gesehen?“, „Es ist nicht schade um den Bastard…“ waren Wortfetzen, die er hören konnte. Bargh legte seine Hand auf den Griff seines Schwertes. Sein Herz pochte. Dann zog er den Wagen weiter. Irgendwann gelangten sie an das Portal. Er konnte die rötlichen Augen der Dunkelelfen spüren, die von oben auf sie hinabglotzten. Er hatte gesehen, dass ein Nachtzwerg den Wachen ein Säckchen mit Münzen übergeben hatte. Wieder trat der Dunkelelf mit seinen Soldaten heran. Er blickte Neire und Zussa fast lüstern an, als seien sie seine kindlichen Spielzeuge. Dann hörte Bargh abermals die hohe weibische Stimme. „Ihr dort, Händler. Haltet ein.“ Langsam wurden sie von vier Soldaten umzingelt. Von oben richtete man Armbrüste auf sie hinab. „Natürlich!“ Sagte Bargh und stellte das Ziehen ein. „Woher kommt ihr, Händler?“ Fragte der Dunkelelf. Es war Neire der antwortete. „Aus der Nähe von Urrungfaust.“ Der Dunkelelf trat jetzt näher zu Neire und roch an ihm. „Aber ihr stinkt ja gar nicht. Ganz Urrungfaust soll stinken, der See…“ „Nun wir kommen aus der Nähe von Urrungfaust. Nicht aus Urrungfaust selbst.“ Bargh bemerkte, dass der Anführer Neires Amulett betrachtete. „Und was bringt ihr, Händler?“ „Strahlrohlinge aus Urrungfaust und einige Gewürze,“ log Neire. Der Jüngling führte die Gestalt zu einer Kiste und zeigte ihm einen Rohling mit Ne’ilurum Spuren. Die Gestalt hob eine Augenbraue. Dann blickte sie Bargh an. „Es ist nicht die wertvollste Sorte, nun, aber… der Weg ist lang für eine solch kostbare Fracht. Ihr müsset vielen Wegelagerern getrotzt haben. Aber mit einem solch stattlichem Exemplar... Ich wusste gar nicht, dass es so große Exemplare gibt. Der Kopf wäre eine schöne Trophäe, wahrlich.“ Neire verbeugte sich und sagte. „Die Oberwelt ist groß und hell. Es gibt viele wunderliche Sachen. Wenn ihr mich fragt, sage ich: Die Oberwelt ist groß und viel zu hell.“ Bargh sah ein kurzes Lächeln über die Lippen des Dunkelelfen gehen, doch dann sprach der Soldat weiter. „Und für wen? Für wen ist er bestimmt, euer Stahl aus Urrungfaust?“ Neire deutete auf das Amulett das er trug „Nun ihr wisst es doch. Immer für den, der am meisten zahlt.“ Die Gestalt ging einige Schritte zurück und gab eine militärische Anweisung. Sofort hörte Bargh das Rasseln von Ketten, als sich die Tore hinter ihnen zu schließen begannen. „Ihr wartet hier mit eurer Fracht. Ich werde gleich zurück sein.“ Sie verweilten eine Zeit vor dem geschlossenen Tor und Zussa und Neire warfen Bargh verschworene Blicke zu. Hinter dem Tor hörte der Antipaladin das Murren der Händler. Dann sah er zwei Gestalten aus einem Wachgebäude kommen, das an einer Felswand der Höhle stand. Der dunkelelfische Unteroffizier hatte seinen Anführer informiert, der jetzt auf sie zukam. Bargh sah, dass der Offizier langes silbernes Haar trug. Sein athletischer Körper war von einem schwarzen, feinen Kettenhemd bedeckt, in dessen Metallschienen eingravierte Runen zu sehen waren. Zudem trug er ein wunderschönes Schwert im Gürtel. Der Anführer wurde vom Unteroffizier zu ihnen geführt. Dann sprach der Untergebene. „Mein Herr. Sie bringen wertvollen urrungfauster Stahl.“ Bargh musterte das Symbol, das die Gürtelschnalle des Offiziers darstellte. Es war eine silberne Scheibe, auf der ein grünlicher Säbel dargestellt war. Bargh hatte von diesem Symbol bereits etwas gehört und er brachte es mit dem dunkelelfischen Haus Kilsek in Verbindung. „Für wen bringt ihr den Stahl? An wen verkauft ihr?“ Neire verbeugte sich bei den Worten des Anführers und antwortete. „Ich dachte es wäre klar. Natürlich für Haus Kilsek, mein Herr.“ Rasch fragte der Dunkelelf weiter. „Wie viele Rohlinge habt ihr?“ „Etwa 60 – 70 Rohlinge.“ „Zeigt sie mir!“ Bargh ging mit Neire und dem Dunkelelfen zu den Kisten. Er öffnete einige Deckel und zeigte dem Anführer den Stahl. Währenddessen wurde das Murren hinter dem Tor lauter. „Kommt ihr an den richtigen Stahl, den wertvollen? Den, den man Ne’ilurum nennt?“ Wieder antwortete Neire unterwürfig. „Es ist schwierig mein Herr, aber wir könnten es schaffen.“ Dann nickte der Anführer, wies seinen Untergebenen an zu warten und verschwand in Richtung des Wachhauses. Es dauerte nicht lange und ein anderer niederer Soldat erschien. Er bewegte sich auf sie zu und übergab ihnen ein Pergament mit Siegelwachs. „Der Kommandant sagt, sie können passieren.“ Neire nahm das Papier entgegen und verbeugte sich, während er sprach. „Habt Dank.“ Dann war da wieder die helle weibische Stimme, die Bargh wütend machte. „Ihr habt es gehört. Sputet euch!“ Er nahm die Ketten und begann den Karren zu ziehen. Hinter sich hörte er das Rasseln und sah, wie die Tore sich wieder öffneten. Da waren auch die erleichterten Rufe der Menge. Erst als sie das Tor hinter sich gelassen hatten, begann Neire die Worte vorzulesen. Bargh lauschte dem seltsamen Singsang der nebelheimer Intonation des Propheten, während er die dunkelelfische Zunge sprach: „An das Handelshaus Xarann. Diesen Händlern wird befohlen ihren Stahl an das Haus Kilsek zu verkaufen. Ihnen wird weiterhin befohlen, innerhalb von 60 Tagen 20 Wagenladungen puren urrungfauster Ne’ilurum Stahls in Rohform und unbeschadet in Erelhei-Cinlu zu übergeben. Der Stahl darf nur an das Haus Kilsek verkauft werden. Ihnen soll jener Preis bezahlt werden, den sie verlangen mögen. Weitere Lieferungen um jeden Preis. Gezeichnet, Elarka do’Kilsek.“

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Sitzung 135 - Die Sternenhalle - Teil I
« Antwort #157 am: 28.02.2025 | 20:18 »
Neire, Bargh und Zussa waren dem Strom von Händlern gefolgt, der sich hinter dem Tor in einem Tunnel verdünnt hatte. Bargh hatte unermüdlich den Karren mit den Stahlrohlingen gezogen, während Zussa sich wieder hatte ziehen lassen. Nach einer Zeit war Zussa dann eingenickt. Plötzlich wurde sie durch die Stimme Neires geweckt. „Zussa wacht auf und passt auf den Karren auf. Wir werden dort hinauf gehen.“ Zussa rieb sich schläfrig die Augen und folgte dem Arm des Jünglings. Sie befand sich in einer gewaltigen Höhle, deren Ausmaße sie nur erahnen konnte. Über ihr war ein Funkeln und ein Glitzern von fixen Lichtpunkten, die eine Ähnlichkeit zu Sternen hatten. In der Ferne konnte sie die Konturen von riesigen Pilzen und monumentalen Gebäuden erkennen. Neire zeigte aber auf eine steinerne Anhöhe, auf der Zussa einen Turm aus pechschwarzem Stein aufragen sah. Acht krallenartige Auswüchse auf dunklem Stahl – wie die Beine einer Spinne – ragten von der obersten Plattform und waren gehüllt in vielfarbige kalte Flammen. Zussa kannte die Lichter als Dunkelfeuer, das in immerwährend kalter und feenhafter Form brannte. Zussa war fasziniert von dem Anblick. Einige schwer beladene Karren zogen an ihnen vorbei und folgten dem ausgetretenen Steinpfad zum Turm. „Was habt ihr vor Neire? Wie lange habe ich geschlafen?“ Fragte sie den jungen Propheten mit den gold-blonden Locken. „Ihr habt eine Zeit geschlafen, in der wir dem Tunnel gefolgt sind. Wir werden dort hinauf gehen und uns einige dieser grünen Mäntel holen.“ Neire wies dabei auf die mit grünen Umhängen bekleideten Händler, die von dem Turm hinabkamen. Obwohl sich ihre Laune verschlechterte, sagte Zussa. „Na gut, aber lasst mich nicht zu lange warten.“ Neire aber auch Bargh grinsten sie an und sie rollte mit den Augen. „Nutzt die Zeit und betet zu unserer Herrin. Und stellt keine Dummheiten an,“ scherzte Neire, während er sich bereits umdrehte. Zussa wollte noch einige Widerworte geben. Dann aber blickte sie sich um und schaute auf die Wägen, die in ihrer Nähe waren. Einige Augenpaare ruhten auf ihr. Zussa wurde mulmig und sie begann mit ihrem Säbel zu spielen.

„Wieso hat es so lange gedauert? Ich habe mich hier zu Tode gelangweilt.“ Zussa war wütend, obwohl sie sich freute, dass Neire und Bargh wieder zurückgekommen waren. Neire reichte ihr gerade einen grünen Mantel, an dem sie roch. „Wenigstens stinkt er nicht so, wie die Lumpen die…“ Sie verkniff sich den letzten Teil des Satzes, den ihre Erinnerung an den Plan Ortnors in Unterirrling hervorgebracht hatte. Jetzt trat Bargh zum Wagen und redete mit gedämpfter Stimme. „Wir mussten warten, wie die anderen Händler auch. Alles wurde dort protokolliert. Sie fragten nach der Fracht, deren Herkunft und deren Bestimmung. Wir mussten zahlen, da wir nur ein Amulett hatten, das wir abgeben konnten.“ Auch Neire war nähergekommen und führte die Erzählung fort, als Bargh eine Pause machte. „Wir sahen die Flaggen einiger Händlerorden. Coborel hat das Symbol eines Adamantbarrens. Sie handeln größtenteils mit Stahl und dienen Haus Eilserv. Elpragh besitzt ein Knochensymbol. Sie dienen Auvyndar und sind wohl eher unbedeutend. Dann war da noch das Pilzsymbol von Naerth. Ein Handelshaus, das spezialisiert ist auf berauschende Kräuter.“ Zussa langweilte sich und gähnte. „Sie notierten sich unsere Fracht und ich bemerkte, dass der Dunkelelf eine besondere Notiz machte.“ Zussa rollte mit den Augen und antwortete betont gelangweilt. „Und… was hat er geschrieben?“ „Er schrieb Vorsicht Fremde! Wir sollten also auf der Hut sein. Vielleicht wird man uns folgen.“ Für den Augenblick verschwand die Langeweile und Zussa blickte sich um. „Und jetzt?“ Bargh begann die Ketten des Wagens aufzunehmen und sagte. „Wir werden erst einmal die Waren verkaufen. Dann sehen wir weiter, was es mit dem Handelshaus Xarann auf sich hat.“ Zussa sprang vom Wagen und ging neben Bargh. Sie folgten dem ausgefahrenen Weg im Stein und dem Strom der Händler, die jetzt, wie sie selbst, grüne Mäntel trugen. Nach einiger Zeit rückte der Pilzwald näher und sie sah hölzerne Lanzen, auf denen Gestalten aufgespießt waren. Die Leichen waren von unterschiedlichen Rassen und in unterschiedlichen Verwesungszuständen. Von einigen ging noch ein Fäulnisgestank aus und sie hörte das Summen von dicken, schwarzen Leichenfliegen. Jählings steuerte Bargh den Wagen auf zwei Leichen zu. Die Gestalten waren wohl schon länger tot und mussten einst muskulös gewesen sein. Sie konnte die Leichen als Menschen identifizieren. Bargh ließ die Ketten sinken und begann die Stiefel zu untersuchen. Sie trat heran und blickte Bargh an, der leise sprach. „Es könnte sein. Die Größe dieser gepanzerten Stiefel. Es könnten jene Spuren sein, die ich bereits im Kerker von Isenbuk gesehen habe.“ Auch Neire nickte und deutete auf den Verwesungszustand. „Vielleicht vier bis sechs Monate. Länger hängen sie noch nicht hier. Zieht ihn hinab Bargh. Wir nehmen einen Leichnam mit.“ Bei den Worten Neires begann sich Zussa vorsichtig umzublicken, denn sie waren nicht allein. Sie hörte das Knirschen von Wagenrädern auf Stein. Bargh zögerte nicht und begann den Leichnam hinabzuziehen. Er wuchtete die Knochen der Gestalt nach oben. Dann war da die Stimme eines Dunkelelfen. „He, ihr dort. Was macht ihr da?“ Zussa begann bereits ihren Säbel zu ziehen, um den Händler zu töten, doch Neire war schneller. Er brachte einen schwarzen Edelstein hervor und ging auf den Karrenfahrer hinzu. Leiste flüsterte er: „Ihr habt doch nichts gesehen oder etwa doch?“ Gierig nahm der Dunkelelf den Edelstein entgegen und antwortete. „Nein, ihr macht ja nur Platz für den Nächsten. Irgendjemand muss ja diese Arbeit machen. Also gehabet euch wohl.“ Dann ging alles schnell. Neire zog den schwarzen Seidenvorhang zu Ortnors Labor hervor und der Leichnam des toten Kriegers verschwand in dem geheimen extradimensionalen Raum.

~

Neire lauschte dem Klimpern von Platinstücken. Vor ihm hatte der ältere Dunkelelf eine schwere Schatulle geöffnet, die er an zwei über seine Schultern gelegten Bändern trug. Jeweils fünf Münzen zählte der Verwalter von Xarann ab, die er dann in den ledernen Beutel fallen ließ, der für sie bestimmt war. Diesen Vorgang wiederholte er immer wieder. Das Schauspiel ging jetzt schon einige Zeit. Bei dem Klang der Reichtümer ließ Neire seine Gedanken zurückschweifen. Sie waren nach einem Fußmarsch an eine Kreuzung gekommen, an der fast alle Händler den Weg nach links genommen hatten. Es waren keine Wegweiser zu sehen gewesen, also hatten sie den Fahrer eines Karrens gefragt, dessen Gefährt von zwei zotteligen Rothe gezogen wurden. Der Wagen war von einer jüngeren Frau mit steingrauer Haut, spitzen Ohren, grauen Augen und langen dunklen Haaren gesteuert worden. Die Frau war klein und dicklich gewesen, aber geradezu schlank im Vergleich zu ihrem männlichen Begleiter. Der Tiefengnom hatte einen gewaltigen Wanst, einen weißen Bart und lange weiße Haare gehabt, die unterhalb seiner Glatze hinabfielen. Als Neire nähergetreten war und die beiden nach dem Weg gefragt hatte, hatte er den Gestank von Alkohol vernommen, der von dem fetten Svirfneblin ausging. Die Gnomfrau hatte Neire antworten wollen, doch der Mann mit der Peitsche hatte sie mit einem Schlag auf den Hinterkopf zum Schweigen gebracht. Er hatte Neire dann mit leicht lallender Stimme geantwortet – hatte ihm erzählt, dass der Weg zur Linken zu den Kontoren der Handelshäuser führen würde. Auf den Verweis auf ihre grünen Roben und die Frage, ob sie in der Stadt nicht mehr Gold für ihre Waren bekommen würden, hatte der Svirfneblin grimmig gelacht. Er hatte gesagt, dass man dort vielleicht mehr bekommen würde, für seine Ware. Doch dort müsse man den Verkäufer erst finden. Außerdem könne es passieren, dass irgendjemand einen anrempelte und man dann eine Klinge im Bauch hätte. Der Tiefengnom hatte betont, dass er darauf verzichten könne. Zussa hatte ihn gefragt, ob er einen Ortnor Wallenwirk kennen würde. Der Peitschenträger hatte genickt und gemeint, einen solchen Namen schon einmal gehört zu haben. Auf die Geschichten von Ortnors Unternehmungen – insbesondere die von seiner seltsamen Maschine, die sich durch die Erde fressen konnte – hatte der Tiefengnom grimmig reagiert. Der Mann hatte betont, dass er selber schuld wäre, wenn er die Fehler in der Konstruktion nicht beseitigt hätte, welche die Dunkelelfen durch die lauten Geräusche in seine Svirfneblin Stadt gelockt hätten. Er hatte gesagt, dass Ortnor wohl damit klarkommen müsse, die Leben der getöteten und versklavten Svirfneblin auf seinem Gewissen zu haben. Zussa hatte zustimmend gelacht und Neire hatte ihm etwas von dem Dunkelelfenschnaps angeboten. Der Gnom hatte gierig getrunken. Auf Neires Frage, ob er nicht seiner Tochter auch etwas von dem Gebräu geben wolle, hatte der Karrenfahrer gelacht. Er hatte die Brüste der Frau gepackt und sie hochgehoben. „Liebling, sie nennen euch meine Tochter,“ hatte er gesagt. „Sie ist meine Frau! Schaut sie euch gut an, denn sie hat ihre Qualitäten. Dieses Gebräu ist aber nichts für ein gutes Weibsstück, wie sie es ist.“ Dann hatte er mit dem Kopf geschüttelt und Neire den Schnaps zurückgegeben. Er hatte gelacht und seiner Frau einen weiteren Schlag auf den Hinterkopf gegeben. Neire hatte sich dann verabschiedet und sie hatten das seltsame Paar hinter sich gelassen. Sie hatten die Kontore vorgefunden, wie sie ihnen der Tiefengnom beschrieben hatte. Es war eine Ansammlung von steinernen Gebäuden gewesen, über deren Wappen verschiedenste Dunkelfeuer brannten. Schließlich hatten sie den Haken, das Symbol der Händler von Xarann gefunden und ihre Ware verkauft. Sie hatten mit einer Dunkelelfin verhandelt, die ihnen als Narcelia Nym vorgestellt wurde. Neire hatte jeweils 800 Goldstücke für jene Barren verlangt, die mit Ne’ilurumstahl angereichert waren. Als Zeichen des guten Willens hatte er nichts für die anderen Barren verlangt. Narcelia hatte eingewilligt und gerade wurden ihnen 1600 Platinstücke für 20 Barren angereicherten Ne’ilurumstahl ausgezahlt. Nachdem die Summe abgezählt war, gab Neire den schweren Beutel an Bargh weiter. Dann richtete er seine Stimme an Narcelia. „Habt Dank, verehrte Frau. Und was den Handel mit Urrungfauster Stahl betrifft…“ Die ältere Dunkelelfin mit dem grau-weißen langen Haar unterbrach ihn. Rötliche Augen funkelten Neire aus einem pummeligen Gesicht an. „Das müsst ihr Männchen untereinander ausmachen. Sprecht mit Herrn Xarann. Er hat sein Haus im Pilzwald, nicht weit von hier.“ Neire nickt und verbeugte sich. Er bat nach dem Weg, welchen Narcelia ihm betont gelangweilt beschrieb. Dann drehte sich die Frau ohne ein Wort des Abschiedes um.

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Sitzung 135 - Die Sternenhalle - Teil II
« Antwort #158 am: 6.03.2025 | 19:30 »
Sie waren danach in die Richtung aufgebrochen, die ihnen Narcelia Nym gewiesen hatte. Doch Bargh und Neire waren müde gewesen und so hatten sie nach einer Stelle im Pilzwald Ausschau gehalten. Sie hatten eine kleine Lichtung gefunden, die gut geschützt war. Die Riesenpilze hatten gewaltige Hüte gehabt und die Höhe von alten Eichen erreicht. Sie hatten kein Feuer gemacht und ihre Decken ausgerollt. Außer dem Summen von dicken Fliegen, war es still gewesen. Bargh hatte die erste Wache übernommen. Lange hatten Neire und Zussa aber nicht schlafen können. Bargh hatte einen Schrei und Stimmen aus der Entfernung gehört. Er hatte Zussa und Neire geweckt und so hatten sie sich an die nahe gelegene Straße gepirscht, aus welcher Richtung Bargh das Geräusch gehört hatte. Im sternenhaften Licht der Höhle hatten sie ein groteskes Schauspiel gesehen. Eine zerlumpte Gestalt eines menschlichen Sklaven hatte sich auf der anderen Seite der Straße unter einem kleineren Pilz versteckt. Der Mann mittleren Alters war ausgemergelt und verwundet gewesen. Am Rande der Unterernährung, hatte er auch alte Spuren von Narben getragen. Ein Trupp von Dunkelelfen hatte ihn verfolgt. Zwei der Soldaten hatten riesige Lastenechsen gesteuert, die große eiserne Käfige getragen hatten. Neben den Echsen waren weitere Soldaten gegangen und ein Mädchen im Alter von vielleicht 14 Jahren. Die Dunkelelfin hatte ein nobles Aussehen, feine Kleidung und die Haarspange in Form eines Blitzes getragen. Neire hatte das Symbol als Wappen des Hauses Tormtor erkannt. Das Mädchen hatte den Kopf mit den silbernen Locken gesenkt, als ob sie horchen würde. Dann hatte sie gerufen. „Ich habe ihn gehört… dort! Lasst sie frei, lasst sie frei… ich will es sehen.“ Die Soldaten hatten gehorcht und die Käfige geöffnet. Aus dem dunklen Inneren waren zwei Kreaturen hervorgekommen, die gelb leuchtende Augen gehabt hatten. Beide waren muskulöse Raubkatzen eines schwarzen, seidigen Fells gewesen. Aus den Schultern waren Tentakel hervorgekommen, die in Widerhaken-besetzten Fleischlappen geendet waren. Die Kreaturen waren auf den Sklaven zugeschlichen, doch ihre Position hatte sich ab und an schlagartig geändert. Dann hatten sie plötzlich vor dem Sklaven gestanden und mit ihren Tentakeln zugeschlagen. Immer und immer wieder. Sie hatten Fleischstücke aus ihrem Opfer gerissen. Grauenvolle Schreie hatten den alten Pilzwald erfüllt. Das Schauspiel im schwachen Licht der Sternenhalle war grausam gewesen. Nachdem der Sklave sich nicht mehr bewegt hatte, hatten die Raubkatzen das Blut vom Körper geleckt, waren dann aber von ihrem Opfer gewichen. Da war auch das Kichern des Mädchens gewesen, die zu den Wachen gesprochen hatte. „Hihihi, das war lustig. Können wir es nochmal machen? Ich will es nochmal sehen!“ Die Soldaten hatten nur genickt. „Wann denn? Wann wiederholen wir es?“ Hatte die Dunkelelfin gefragt. „Bald meine Herrin, schon bald.“ Während die beiden Echsen den Leib des Sklaven zerrissen und verschlungen hatten, hatte das Mädchen gesagt. „Ich hoffe sehr bald. Meine Tiere hätten dann auch etwas mehr Auslauf.“ Ein älterer Dunkelelf hatte eine Pfeife benutzt und drei hohe Töne von sich gegeben. Während die Raubkatzen in ihre Käfige zurückgekehrt waren, hatte er gesagt. „Wir sollten vielleicht einen stärkeren Sklaven finden. Die Jagd würde länger dauern und ihr hättet einen größeren Spaß, meine Herrin.“ Das Mädchen hatte wieder gelacht und den Soldaten umarmt. Dann war die Gruppe über die Straße verschwunden.

Neire, Bargh und Zussa waren zu ihrem Lager zurückgekehrt und hatten die Rast fortgesetzt. Sie waren nicht mehr gestört worden. Nach ihrer Ruhe hatten sie zu Jiarlirae gebetet und Neire hatte sein Fackelritual durchgeführt. Dann hatten sie den Leichnam aus Ortnors Labor geholt und ins Moos gelegt. Neire hatte Weihrauch entzündet und mit den Beschwörungsformeln begonnen. Jetzt griff er den Leichnam an den verfaulten Hals und sprach zischelnde, okkulte Worte. Zittern und Knacken gingen durch die morschen Knochen. Der Kiefer begann sich zu bewegen, als wolle der Leichnam sprechen. Neire beugte sich hinab und versuchte den Gestank der Leichenfäule nicht zu beachten. Er flüsterte die Worte. „Ihr müsst mir antworten, bei ihrer Flamme. Ich rufe euch aus der ewigen Düsternis zurück.“ Ein röchelnder Hauch war zu hören, doch der Leichnam bewegte seinen Kiefer nicht. „Was wolltet ihr einst in Erelhei-Cinlu?“ Für einen Augenblick herrschte Stille. Dann war da das Raunen, wie aus den Tiefen einer Gruft. „Ich will das, was wir alle wollen. Ruhm, Macht, Ehre und Reichtum.“ Neire nickte und verstärkte den Griff seiner Hand. „Welchem Gott dient ihr?“ „Keinem…“ Seine Fingernägel bohrten sich in das tote Fleisch. Der Geist wollte Neire entfliehen, doch noch durfte, noch konnte er nicht. „Dient ihr der Triade?“ „Noch nicht…“ „Was wolltet ihr für sie tun?“ Die Stimme ächzte, doch sie musste antworten. „Sie beschenken, sie umwerben, sie überzeugen.“ Neire fragte direkt weiter. „Mit was?“ „Mit dem Einzigen was zählt. Mit der Macht im Dunklen und im Hellen. Nicht nur im Jenseits, sondern auch im Diesseits.“ Neire hörte das triumphierende Lachen in der Stimme. Langsam entfloh die tote Seele seiner Gewalt. Er wusste, dass er noch eine Frage hatte. „Wer versteckt sich hinter der Triade?“ „Die drei, die sich ihre Pakte erkauft haben. Die drei, die ihre Reiche gegründet haben. Die drei, die nicht im Diesseits. Die drei, die fliehen mussten vor den Anderen, die ihre Macht fürchteten.“ Dann verschwand der Geist dorthin, wo er hergekommen war. Sie ließen den Leichnam unter den Riesenpilzen zurück und machten sich auf den Weg zum Herrscher von Xarann.

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Sitzung 136 - Jivvin Xarann
« Antwort #159 am: Gestern um 20:41 »
Bargh blickte durch den Einschnitt im Wald der Riesenpilze. Ein kalter gelblicher Schimmer drang von einer Lichtung und ließ die dicken Stämme der gigantischen Fungi lange Schatten werfen. Der Drachentöter schritt weiter voran. Bargh führte Neire und Zussa einem Gebäude entgegen, das zwischen den Riesenpilzen aufragte. Kalte magische Feenfeuer brannten auf dem schwarzen Stein; eine große Mauer umgab ein fünfeckige Wehrburg, aus deren Mitte ein hoher runder Turm aufragte. Das Licht der tanzenden Flammen überdeckte das ferne Gefunkel der Decke der Sternenhalle. Bargh atmete die modrige Höhlenluft und nickte Neire und Zussa zu. Im Schatten der Dunkelheit, derer seine Göttin Jiarlirae ihn bemächtigt hatte, traten sie weiter dem Gebäude entgegen. Plötzlich hörte er die Stimme eines der vier dunkelelfischen Soldaten, die vor dem Tor Wache hielten. „He, ihr da! Was schleicht ihr euch hier heran. Kommt hervor und zeigt eure Hände.“ Bargh steckte sein Schild in den Befestigungsmechanismus, den einst Ortnor konstruiert hatte. Dann ließ er das schwarze heilige Schwert Glimringshert in die Scheide gleiten und hob seine Hände. Auch Zussa und Neire taten es ihm gleich. „Wir kommen von Elarka do’Kilsek. Wir möchten mit dem Herrn Xarann sprechen,“ rief Neire in die Richtung der Wachen. Bargh hörte von dort ein Lachen. Die Dunkelelfen trugen Waffen und Rüstungen aus glänzendem Chromstahl. Sie waren noch nicht alt und ihre rötlichen Augen glühten im Licht des Gebäudes. Alle vier hatten Broschen eines Hakens aus Bernstein mit Lederbändern um ihre Hälse gelegt. „Das behaupten viele… wieso sollte sich das große Haus Kilsek jetzt von Anderlingen bedienen lassen. Wer sollte uns hindern euch der Lüge zu bezichtigen? Wer sollte uns hindern euch hier und jetzt zu töten?“ Bargh bemerkte, dass Neire das Pergament hervorholte und zu einer Antworte ansetzte. Doch in ihm grollte ein Hass, als er den vielleicht siebzehnjährigen Dunkelelfen betrachtete. „Es ist eure Angst, die euch daran hindert. Es ist eure Angst, hier und jetzt zu sterben.“ Die Stimme Barghs donnerte über den Platz und er bewegte sich näher auf den Eingang hinzu. Das Lachen erstarb augenblicklich und die Soldaten hoben zitternd ihre Kurzschwerter. „Wir haben einen Brief mit dem Siegel von do’Kilsek,“ rief Neire in ihre Richtung. Die Stimme des Anführers, die Neire antwortete, klang deutlich unterwürfiger. „Wenn es so ist, werden wir den Brief holen. Bleibt dort stehen und bewegt euch nicht weiter.“ Der Dunkelelf mit den kurzen weißen Haaren stieß einen seiner Kameraden nach vorn, der sich ängstlich näherte. Neire überreichte ihm das Dokument, mit den Worten. „Wir hätten es dann gerne wieder, wenn ihr es gelesen habt.“ Der Soldat kehrte daraufhin zurück und es dauerte einige Augenblicke, bis die Wachen den Brief gelesen hatten. Dann schlug der Anführer seinen Schwertknauf auf das Holz des Portals und rief: „Flüsterwasser!“ Bargh hörte ein Rasseln von Ketten. Die dunklen Flügel öffneten sich und er kam dem Wink des Anführers nach. Auf die Worte, „Folgt dem Gang. Ein Bote hat bereits den Herrn Xarann informiert. Doch ihr müsst eure Waffen abgeben.“ Bargh knurrte den Soldaten an. „Ich trage dieses Schwert seit Jahren. Eher sterbe ich, als es abzugeben.“ Er beugte sich dabei über die zitternde Gestalt. Der Dunkelelf stammelte. „Gut… gut… es ist… es ist bestimmt euer Erbstück und die Ehre eurer Mutter liegt darin es zu tragen. Behaltet es.“ Bargh nickte, wandte sich ab und begann den Gang in Richtung des mittleren Turmes zu gehen.

Flackerndes gelbliches Licht drang in das hohe Gemach des Turmraumes, das von schwarzen Fellteppichen ausgelegt war. Zussa, Neire und Bargh hatten weitere Gänge erblickt, die von dem Raum hinfort führten. An einer jeden Öffnung hatten sich dunkelelfische Armbrustschützen postiert, die ihre Waffen auf sie gerichtet hatten. Aus den höheren Wänden ragten Metallstäbe hervor und noch weiter darüber sahen sie die Gemälde einer dunkelelfischen Frau. Zur linken und rechten Seite gingen sie an jeweils einer Adamantstatue eines großen Dunkelelfen vorbei. Dort hinter hatten sich, abgeschirmt von vier Soldaten, zwei Dunkelelfen postiert. Der jüngere Mann war in einen Mantel gekleidet und trug ein Buch in der einen sowie einen Kohlestift in der anderen Hand. Der ältere Mann war groß gewachsen und hatte langes, weißes, geöltes Haar. Er trug eine Bänderpanzer aus feinsten Metallschienen, unter dem goldene und silberne Unterkleidung hervorkamen. Er hatte einen Degen auf seinen Unterarm gelegt, dessen Klinge von derartigen Widerhaken überzogen war, die an Rosenstachel erinnerten. Neire trat jetzt einen Schritt hervor und verbeugte sich vor dem älteren Dunkelelf. „Seid gegrüßt Herr Xarann und habt Dank, dass ihr uns in eurer Halle empfangt.“ Die Gestalt verzog ihr altes, faltiges Gesicht. Ein Grinsen zeigte Abscheu. Der Mann erhob seine Hand und sprach. „Spart euch euer Getue, Menschlein aus der Oberwelt. Warum stört ihr mich und meine Arbeit?“ Neire reichte den Brief mit Siegel an Zussa und sagte. „Gebt es ihm.“ Nachdem Zussa den Brief mit einer übertriebenen Hochnäsigkeit überreicht hatte, las der Dunkelelf und antwortete schnell. „So so… das Haus Kilsek empfiehlt uns einen Handel mit euch. Einen Handel um das seltene Erz Ne’ilurum, das vielleicht das zehn- bis hundertfache seines Gewichtes in Gold wert ist. Sagt… wieso kommt ihr zu mir? Wieso kommt ihr mit eurem Handel zu Herrn Jivvin Xarann? Wieso habt ihr diese großen Mühen auf euch genommen? Wieso seid ihr so weit gereist?“ „Vielleicht seid ihr wert,“ antwortete Bargh. Dann sprach Neire, der sich nochmals verbeugte. „Wir beantworten gerne eure Fragen, Herr Xarann, doch wir lernten einmal vom großen Meister Halbohr, dass, bevor man einen Vertrag schließt, seinen Gegenüber kennenlernen sollte. Also… wer seid ihr Jivvin Xarann?“ Für einen Augenblick schien der Dunkelelf nachzudenken. Dann verwandelte sich sein Ausdruck der Abscheu in ein gieriges Lächeln. „Ahh, ihr dient also Meister Halbohr. Ich habe schon viel von ihm gehört. Ich will euch erzählen, mit wem ihr es zu tun habt. Mein Name ist Jivvin Xarann und mein Name ist nicht so hoch angesehen, wie ich es verdient hätte. Wie kommt ein Mann in Erelhei-Cinlu also zu so viel Reichtum und Macht? Nun ich habe das Geschäft von meiner werten Frau übernommen, die leider nicht mehr unter uns währt.“ Sein Grinsen wurde diabolisch, als er auf die Gemälde an den Wänden über ihnen zeigte, die das dümmlich wirkende Gesicht einer übergewichtigen Dunkelelfin zeigten. „Sie ist viel zu früh von uns gegangen, doch ich lernte viel von ihr. Ich übernahm die Geschäfte und jetzt steht das Handelshaus Xarann reicher und mächtiger da, als je zuvor.“ Neire und Bargh nickten anerkennend, nur Zussa gähnte, warf ihre roten Locken zurück und spielte Langeweile vor. „Ihr dient Haus Kilsek, aber dient ihr auch der Spinnengöttin und der Stadt Erelhei-Cinlu?“ Jivvin verneinte Neires Frage und sagte. „Ich diene nur mir selbst. Natürlich bin ich Haus Kilsek und ihren Verbündeten verpflichtet. Auch habe ich ein Interesse daran, dass Erelhei-Cinlu reich und stark ist. Doch ich diene nicht der Spinnengöttin und ihren niederen Intrigen. Das überlasse ich den Priesterinnen mit ihren hohen und edlen Namen.“ Wieder war es Neire, der eine weitere Frage stellte. „Was ist mit Ghaundaur, dem Gott der Schlicke und Schleime? Was ist mit dem Gott des elementaren Bösen, dem einen älteren Auge?“ Der alte Dunkelelf hob eine Augenbraue und sein Gesicht wurde ernst. „Ihr solltet aufpassen, welche Namen ihr in Erelhei-Cinlu aussprecht. Auf die Leugnung und Schändung der Spinnengöttin stehen hohe Strafen. Es gibt jene, die diesen Göttern – für mich sind es Aspekte ein und desselben Gottes – dienen. Sie tun es aber im Verborgenen. Haus Kilsek und ihre Verbündeten, Haus Tormtor, dienen treu der Spinnengöttin.“ Als Neire eine weitere Frage stellen wollte, fuhr Jivvin fort. „Aber nun zu euch. Wer seid ihr? Wer möchte mit Jivvin Xarann Geschäfte machen?“ Neire zeigte auf seine Mitstreiter und sagte mit zischelndem Nebelheimer Akzent. „Das ist Bargh, der Drachentöter, heiliger Ritter unserer Herrin. Dies ist Zussa, die Hand der Flamme und ihre ergebene Dienerin. Mein Name ist Neire von Nebelheim, ihr Prophet. Wir alle dienen Jiarlirae, der Schwertherrscherin, der Dame des aufsteigenden abyssalen Chaos, der größten und ältesten unter allen Göttern. Wir sind interessiert an den Geheimnissen unserer Herrin. Es ist Meister Halbohr, mit dem ihr handeln werdet.“ Jivvin nickte, dann war Wohlwollen, vielleicht Gier, in seinem Gesicht zu sehen. „Ihr drei seid mir nicht zuwider. Ihr haltet unsere Gepflogenheiten ein und ihr weist den notwendigen Respekt auf. Doch lasset uns zuerst über unseren Handel sprechen. Es ist einfacher als der Austausch von Geheimnissen. Geheimnisse bergen eine gewisse Gefahr, für den Bewahrer und den Empfänger, gleichsam.“ Der Dunkelelf machte eine kleine Pause, dann fuhr er fort. „Wir sollten vielleicht mit einer kleineren Menge Stahl und Erz anfangen. Eine Wagenladung, was meint ihr? Rohlinge mit angereichertem Ne’ilurum und Stahlbarren aus reinem Ne’ilurum. Was möchtet ihr dafür haben und bis wann könnt ihr liefern?“ Danach drehte sich das Gespräch eine Zeit um den Preis für das Erz und dessen Beschaffung. Die Anhänger der Schwertherrscherin stellten dabei fest, dass Jivvin ein großes Interesse an Ne’ilurum in Reinform hatte. Sie einigten sich schließlich auf 80 Platinstücke für einen angereicherten Rohling sowie 200 Platinstücke für einen Barren aus reinem Ne’ilurum. Sie erörterten auch die Möglichkeit des Transportes über ein Portal mit Hilfe der schwarzen Kunst. Neire deutete an, dass Meister Halbohr über diese Möglichkeiten verfüge. Schließlich willigten alle in den Handel ein und der Schreiberling notierte alles in seinem Buch.

Nach ihrem Handel war Jivvin Xarann gesprächiger geworden. Sie hatten ihn gefragt, ob er etwas über die dunklen Machenschaften der Triade gehört hatte. Nachdem ihm Neire von den dreien erzählt hatte, die ihre Reiche im Diesseits nicht errichten konnten, also im Jenseits herrschten, hatte Jivvin abgewunken. Er hatte es als Schreckgeschichte abgetan, die kleinen Kindern erzählt würde. Er hatte gesagt, dass je nach Erzähler die dunklen Drei als Drachen, Dämonen, untote Herrscher oder untote Könige dargestellt würden. Auch war ihm nicht bekannt gewesen, dass es Anhänger der dunklen Drei gegeben hätte, die ihren Weg aus den Oberreichen hinab nach Erelhei-Cinlu gefunden hätten. Ihr Gespräch hatte sich danach über Erelhei-Cinlu, die Häuser und die dortigen Örtlichkeiten gedreht. Jivvin hatte ihnen gesagt, dass Haus Eilserv noch immer das mächtigste Haus in der Dunkelelfenstadt sei und mit Haus Tormtor verbunden wäre. Die neue Mutter des Hauses, Amrae da’Eilserv, hatte Eclavdra wohl nach ihrem Verschwinden abgelöst. Die Häuser Noquar, DeVir und Despana waren treu der Spinnengöttin ergeben und dienten Haus Kilsek. Auch Haus Aleval und Auvyndar dienten Lolth, waren aber sonst relativ unbedeutend und ohne Verbündete. Sie hatten dann über die Gesetze von Erelhei-Cinlu gesprochen, die wohl größtenteils Auslegungssache waren. Herr Xarann hatte sie jedoch gewarnt, sich nicht von adeligen Dunkelelfen provozieren zu lassen. Es wurde ihnen erklärt, dass auf Vergehen gegen Angehörige eines hohen Hauses wohl immer die Todesstrafe stand, die zumeist durch das Verfüttern der eigenen Eingeweide an den Verurteilten durchgeführt wurde. Jivvin hatte ihnen von der Arena und von einem schaurigen Theater erzählt, wobei Letzteres wohl von Haus Tormtor geführt wurde. Er hatte ihnen auch von einem Ort berichtet, an dem sie sich in Erelhei-Cinlu niederlassen konnten. Es hatte sich um ein Gasthaus gehandelt, dass einem Nachtzwerg namens Melrig Dunkelfort gehörte. Nach einem Wort der Warnung hatten sie sich dann verabschiedet. Jivvin hatte von einer Krankheit gesprochen, die in Erelhei-Cinlu umging. Genaueres hatte er aber nicht gewusst. Sie waren dann aufgebrochen und hatten den Turm von Xarann hinter sich gelassen. Leise hatten sie sich über ihre Erfahrungen unterhalten. Erst nachdem sie an einer Kreuzung in die Straße nach Erelhei-Cinlu abgebogen waren, waren ihre Gespräche abgeebbt. Sie hatten schweigsam den Pilzwald beobachtet und hatten die Karren der Händler an ihnen vorziehen sehen. Auf diesem Weg zur Stadt steuerten ausschließlich Dunkelelfen die Gefährte. Dann hatte Bargh die warnende Stimme Neires gehört. „Vorsicht Bargh, der Karren hinter euch. Er weicht nicht aus.“ Bargh drehte sich in Richtung der knirschenden Räder, während Zussa und Neire bereits in Richtung des Pilzwaldes gesprungen waren. Hinter ihm näherte sich ein von zwei Grottenschraten gezogener Karren. Die beiden groß gewachsenen und kräftigen Kreaturen waren ausgemergelt. Um ihre felligen Hälse war ein ledernes Zaumzeug befestigt, das ihnen die Luft nehmen konnte. Bargh vernahm das Hecheln und bemerkte einen tiefen Hass in den bernsteinfarbenen Augen der Kreaturen. Auf dem Karren saß ein Mann mittleren Alters, der einen grünen Mantel, einen Säbel und die Brosche eines Knochens trug. Der Dunkelelf hatte kurzes weißes Haar und eine längst verheilte Narbe über dem rechten Auge. Zwei rötliche Augen funkelten Bargh hasserfüllt an, als der Mann den Karren auf ihn zulenkte. Bargh tat einen Schritt in Richtung Pilzwald, doch der Wagen drohte ihn zumindest anzufahren. Nur im letzten Augenblick bemerkten ihn die beiden Grottenschrate und änderten ihren Laufweg. Als das Gefährt ihn passierte, trat Bargh mit seinem Stahlstiefel unauffällig gegen das Bein des ihm näheren Grottenschrates. Die nach Schweiß stinkende Gestalt fing augenblicklich an zu taumeln und brach zu Boden. Der Wagen lief jedoch noch weiter und der Dunkelelf wurde von der Kraft der Zügel von seinem Gefährt gerissen. Bargh hörte ein unschönes Knacken des Schulterknochens. Zudem schleifte der Wagenfahrer mit dem Kopf über die spitzen Steine. Seine Haut wurde ihm dabei von der betroffenen Gesichtshälfte geschält. Als das Gefährt zum Stillstand kam, gingen sie an dem Wagen vorbei. Bargh hörte Zussa und Neire lachen. Auch er brachte ein Glucksen von sich. Die Grottenschrate waren aufgestanden und versuchten sich ihre Halsfesseln zu lösen. Der Dunkelelf saß zusammengekauert auf der Straße. Unter seiner Schulter war die Ausbeulung seines gebrochenen Schlüsselbeins zu erkennen. Von ihm ging ein leises Wimmern aus. Dann sah Bargh den Jüngling mit den gold-blonden langen Locken neben sich. Er hört Neires einflüsternde Worte. „Ihr wurdet misshandelt. Man gab euch nicht genügend essen und deswegen habt ihr Hunger.“ Das Kind der Flamme zeigte mit rot-schimmernden Augen auf den Dunkelelf. „Esst ihn auf. Es ist genügend für euch beide da.“ Mit einem Röcheln und einem Grunzen fielen die beiden Kreaturen mit dem humanoiden Bärenschädel über den Dunkelelf her. Da war ein Knacken und ein Reißen. Der Dunkelelf wimmerte, als sein gebrochenes Schlüsselbein durch einen Biss zum Vorschein kam. Zussa, Neire und Bargh betrachteten das Geschehen mit kindlicher Faszination. Doch schon bald wurden die Schreie weniger und das Wimmern erstarb. „Lasst uns hier verschwinden. Ich höre die nächsten Karren kommen,“ sagte Neire und sie ließen den geschändeten Leichnam des unglücklichen Karrenfahrers zurück. Weit hinter sich sahen sie, wie die Grottenschrate von herannahenden Dunkelelfen niedergemetzelt wurden.

Erelhei-Cinlu – Vor ihnen ragten die gewaltigen Stadtmauern auf. Ein unüberwindbares Bollwerk aus dunklem, leicht glänzendem Stein. Der Festungswall zog sich zu beiden Seiten durch die Höhle hinfort. Neben vielen kleinen Winkeln und Erkern, ragten aus der Mauer kleine Türme hervor. Fratzenartige Fresken waren in den Stein hineingearbeitet und zeigten die Köpfe von Kreaturen mit leeren Augenhöhlen, spitzen raubtierhaften Zähnen, geschwürigen Auswüchsen sowie Pusteln und verdrehten Hörnern. Von den Wehrgängen des Bollwerks konnten Neire, Zussa und Bargh Bewegungen schattenhafter Dunkelelfen erahnen, die schwere Armbrüste trugen. Die Mauer war zwar in Dunkelheit gehüllt, doch von dahinter erreichte sie ein Schimmer vielfarbiger kalter Feenfeuer. Die Straße führte sie durch zwei kolossale Portalflügel, die sich wie in einen sündigen, dunklen Schlund eröffneten. Von dort hörten sie die Geräusche der Stadt: Schreie, Stöhnen, Peitschenhiebe, Gemurmel, Gesang, Gebrabbel von humanoiden Rassen, dunkelelfische Rufe und Klänge ferner Glocken. Sie schritten durch den Tunnel, der durch die Mauer hindurchführte. Sie schritten dem Licht der Stadt entgegen. Ein Geruch von Parfüm und seltener Gewürze strömte ihnen entgegen. Aber da waren auch Nuancen von Schweiß, Alkohol und bitteren, süßlich-modrigen Pflanzen. Sie tauchten ein in die Straßen, die von schmalen, hohen Häusern eines schwarzen Basalgesteins gesäumt wurden. Sie betrachteten die Dunkelfeuer, die kalt und ewig von den stachelbesetzten Zinnen hoher Türme, Minarette und Paläste brannten. Sie konnten die wahre Größe der Stadt nur erahnen.