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[Deadlands] Savage West Solo Play

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LushWoods:
Danke für einen weiteren spannenden Bericht. Lese immer noch begeistert mit (und vergleiche innerlich mit meinen eigenen Solo-Kampagnen).
Weiter so. :)

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--- Zitat von: LushWoods am 19.05.2023 | 08:05 ---Danke für einen weiteren spannenden Bericht. Lese immer noch begeistert mit (und vergleiche innerlich mit meinen eigenen Solo-Kampagnen).
Weiter so. :)

--- Ende Zitat ---

Danke meinerseits!  :D Was für Solo-Kampagnen sind das, etwa auch western-thematische, oder Deadlands ...?

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Wäre noch zu klären, ob die ominösen Verfolger aus Syracuse und ihr unsichtbarer Manitou-Schwarm während des Aufenthalts in Pueblo zuschlagen! Das Würfelorakel sagt aber nein (ihr Abstand ist ja auch noch recht groß, sie waren meinem Aufgebot ja immer eine halbe Tagesreise hinterher).

In den frühen Morgenstunden satteln die vier Wild Cards also wieder auf. Eine Nacht in Federbetten hat ihnen ziemlich gut getan.

Im Sattel sitzend beobachten Shadrack und Byrd, wie Joycelyn sich von May helfen lässt. Mit ihrem hilfesuchenden Stimmchen sagt sie, wo genau welche Einkäufe verstaut und festgezurrt werden müssen, und am Schluss muss der Sängerin umständlich in den Sattel geholfen werden. May gehorcht stumm, wohl in der Hoffnung, dass es schneller losgehen kann, wenn sie Joycelyn nicht widerspricht.
Byrd sagt halblaut zu Shadrack: "So ganz kapiere ich diese beiden ja nicht. Welche von denen ist jetzt die Starke, und welche die Untergebene?"
Shadrack zuckt genervt die Schultern und pafft an seiner Pfeife, verzieht das Gesicht vor Schmerz, weil die frisch genähte Bisswunde immer noch weh tut.
"Empfindet unsere May B. wirklich nur Verehrung für unsere kleine Prominente, oder gar ... mütterliche Gefühle, was glauben Sie?"
"Was weiß ich. Wenn wir nicht gleich losreiten können, sage ich Ihnen, was für Gefühle die beiden hegen werden, und das ist mächtiger Stress! Immerhin werden wir verfolgt, verreckt nochmal — und Joycelyn Lancaster geht früh morgens los und kauft sich einen neuen Hut!"
"Seien Sie mal kein Grobian! Der neue Hut steht ihr ausgezeichnet, müssen Sie zugeben."
"Im übrigen, vielleicht steht die kleine Hexe auch selber auf Joycelyn Lancaster, und lässt darum alles mit sich machen."
"Sapperlot, die sind doch beide Frauen! ... Glauben Sie?"
"Was weiß ich."
"... Das macht sie beide nur noch heißer, ehrlich gesagt", sagt Byrd mit einem dicken, fetten Lächeln im Gesicht.
"Sehen Sie bloss zu, dass Sie sich aus Miss Wicketts Liebesdramen raushalten, sonst enden Sie wie Ernest Amblin."
May B. hat sich mittlerweile auch auf ihr Pferd geschwungen, und reitet an den beiden Wartenden vorbei: "Was stehen Sie so dämlich rum und glotzen? Können wir nicht mal endlich losreiten?"


Nach Colorado Springs sind es 45 Meilen, also ein voller Reisetag und dann nochmal ein paar Stunden Ritt.
Die Encountertabelle ergibt wie bisher auf dieser Reise keine Zufallsbegegnung (langsam wird's gradezu unglaubwürdig, immerhin ist das hier der Weird West! Vielleicht hätte ich mehrere Karten für jeden Tag ziehen sollen, wie in dem Travel Encounters-Abschnitt vorgeschlagen). Ich mache aber außerdem wieder einen GM Move, und bekomme erneut Foreshadow Trouble.

Nach ein paar Reisestunden sind die Silhouetten der Verfolger wieder zu sehen, sie haben aber nun aufgeholt, und kleben beinahe in Schussreichweite an den Wild Cards! Das Kartenorakel beschreibt diese Reiter als Specialized, was hier wohl bedeutet, dass ihre Silhouetten aussehen wie wetterfest gekleidete Leute in Lederkluften, und sie bewegen sich wie sehr geübte Reiter. Das Orakel sagt zur Personenzahl, sie sei überraschend gering, also sind es nur eine Handvoll Reiter statt dem erwarteten knappen Dutzend.
"Wir müssen einen Zahn zulegen, sonst werden wir wahrscheinlich heute Nacht im Lager überfallen!", knurrt Shadrack angespannt, "oder wir reiten einfach durch, dann erreichen wir Colorado Springs tief in der Nacht!"
"Ich finde, wir legen einen Hinerhalt!", sagt Byrd munter, "Sie sind noch etwas flügellahm, Shadrack, also reiten Sie und Miss Lancaster nach der nächsten Rast alleine weiter, aber mit allen vier Pferden! Aus der Ferne merken die Verfolger keinen Unterschied! Ich und Miss Wickett lauern im Gebüsch, und nehmen die Hallodris überraschend in die Zange, wenn sie aufholen!"
May B. schüttelt den Kopf: "Das ist zu riskant! Diese Dreckschweine ziehen einen ganzen Schwarm von blutgierigen Manitous hinter sich her. Wann immer wir schließlich auf die treffen, wird das sein, als würde ein Pulverfass hochgehen!"


Meine Wild Cards verkürzen also den Tag über jede Rast auf ein Minimum. Während der Nacht sind die Trails zu gefährlich mit ihrem trügerischen Untergrund, und wenn ein Pferd sich im Dunkeln bei einem Fehltritt die Beine bricht, hat die ganze Gruppe ausgespielt. Also entscheiden sie sich für ein kurzes Nachtlager, aber mit verdoppelten Wachschichten; immer zwei Leute bleiben wach, während zwei andere ein paar Stunden schlafen.

Mein GM Move an dieser Stelle sagt, Add a Random Event. Uuh, wie aufregend! Ich bekomme Mystically Command a Technical Faction. Also dann:

Eine Menge Fackeln nähern sich in den frühen Morgenstunden der Lagerstätte der SCs. Joycelyn und May B. haben gerade ihre Wachschicht. In Joycelyns Gesicht steht wortloser Schrecken: Da sind sie, jetzt haben sie uns! May B. legt einen Finger vor die Lippen, und deutet in die Richtung, aus der die Fackelträger kommen, und sie hat Recht: Die kommen aus Richtung Colorado Springs, nicht aus der Richtung, aus der die Verfolger zu erwarten sind. Noch dazu sind sie zu Fuß.

Die Frauen wecken eilig die Schlafenden auf und signalisieren ihnen, mucksmäuschenstill zu sein. Alle vier lauschen.
"Da vorn auf der kleinen Lichtung stehen Pferde!", raunt aufgeregt eine Stimme aus Richtung des Fackelscheins.
"Bleibt zusammen, meine Söhne! Vertraut auf den Willen des Herrn! Marvin, Peter, legt Eure Gewehre an. Lasst uns Licht auf jene Fremden werfen!", entgegnet eine befehlsgewohnte Stimme halblaut.
Shadrack hat wortlos mit seinen Spielkarten zu hantieren begonnen, und spricht Boost Stealth auf sich und die ganze Gruppe aus, sogar mit Raise. Ich baue wieder den Power Modifier ein, der die Schatten um die Ziele verdichtet, Shroud.
"Nicht erschrecken! Das Dunkel beschützt uns. Alle ziehen sich sofort zurück, weg von den Pferden", flüstert er.
Mit dem Zauberspruch sind meine Wild Cards buchstäblich lautlos, und keiner der vier kommt auf ein Stealth-Ergebnis von unter 10! Aus dem Unterolz heraus beobachten sie ein Grüppchen von Städtern, welche mit Fackeln und Gewehren ihr Lager untersuchen. Die Befehle gibt ein großer, hagerer Mann, in dessen runden Brillengläsern sich die Fackellichter spiegeln. Er wirkt sehr aufmerksam, aber auch seinem scharfen Blick entgehen die vier belebten Schatten in der Botanik.
"Wer auch immer hier geschlafen hat, die Decken sind noch warm! Sie können nicht weit sein, Herr Pastor! Schon gar nicht ohne ihre Pferde!"
Der Herr Pastor mit der dicken Brille nickt, und sagt, "dieses Lager sieht auch nicht nach Indianern aus. Weiter zur Straße! Bleibt zusammen, und tragt das Wort des Paulus in Euren Herzen, bei jedem Schritt!"

Schließlich ist es still, und Shadrack lässt seinen Spruch wieder fallen.
"Was war das?! Was war los?!", entfährt es Joycelyn halblaut, "das war ja fast, als wäre es immer dort besonders dunkel gewesen, wo wir gerade gestanden haben!"
"Ich kann's mir schon denken! Waren Sie das, Shadrack?", zischt May.
"Unsinn, wir können froh sein, dass der Mond gerade hinter einer Wolke verschwunden war! Wir haben nur Schwein gehabt. Schnell, jetzt packen wir zusammen!", wiegelt dieser ab.
Byrd flüstert: "Aber interessiert mich doch, wer die Jungs waren! Ist ein bißchen spät für die Bibelstunde, noch dazu so weit draußen vor der Stadt!"
May B. knurrt: "Ich habe keine Lust, einem Batzen bibelfester Siedler vor die Gewehre zu laufen, die einen Hass auf Rothäute haben, okay? Verpissen wir uns!"

Damit satteln die vier auf und reiten weg, bevor der Pastor und sein Suchtrupp zurückkehren und erneut herumstöbern können. Noch 15 Meilen bis Colorado Springs, das schaffen sie auch unausgeschlafen.


Ziehen wir nochmal eine Encounterkarte für das letzte Wegstück: Jetzt kommt ein Joker, also diesmal gleich zwei Encounter gleichzeitig! Ich ermittle auf der Regionaltabelle die Ergebnisse Badman und Shelter. Also:

Als die Sonne mit ihren ersten Strahlen gemächlich den Horizont zum Leuchten bringt, fällt der Blick von May B. durch Zufall eine staubige Böschung hinab in die Biegung eines ausgetrockneten Flussbetts. Dort befindet sich ein Zeltlager, etwas verwahrlost und wahrscheinlich verlassen. Es liegt so versteckt, dass man ohne weiteres daran vorbei reiten kann und es völlig übersehen! Byrd und Shadrack haben seit ihrer Wachschicht nur wenige Stunden Schlaf bekommen, vielleicht können sie hier noch eine oder zwei nachholen, bevor es nach Colorado Springs weiter geht.
Sie verlangsamt ihr Pferd und macht die anderen drei auf das Versteck aufmerksam: "... und es liegt so, dass unsere Verfolger glatt dran vorbei preschen könnten! Dann kriegt Mister Byrd doch noch die Chance, seinen Hinterhalt durchzuziehen! Und die Brillenschlange von Pastor kennt die Zelte wahrscheinlich auch nicht, auch wenn er aus Colorado Springs stammt."

Das kommt eigentlich zu gelegen, als dass die Wild Cards es ignorieren könnten. Vorsichtig und ganz langsam dirigieren sie ihre Pferde die tiefe Böschung hinab, und binden sie zwischen den Zelten an. Alles hier unten hat die Farbe von graubraunem Staub, seien es Zeltplanen, Kisten, Untergrund, und Sträucher. Ein paar Goldwäscher-Pfannen liegen am Rand des Lagers herum.
"Womöglich ist das Flüsschen hier ausgetrocknet im Zuge des Orkans drüben in Kansas", vermutet Shadrack.
"Verstehe, und die heiteren Goldwäscher pausieren so lange, und versaufen ihre bisher rausgesiebten Nuggets drüben in der Stadt! Und die Schlendriane haben sich nicht mal die Mühe gemacht, ihre Zelte zwischendurch abzubauen", sagt Byrd.
"Entweder das", ergänzt Shadrack ungerührt, "oder irgendwas hier draußen hat sie geholt! Die Damen, Sie beide führen bitte Ihre Wachschicht weiter! Und wecken Sie uns bloss umgehend, wenn Hufe auf dem Trail oben zu hören sind, oder sobald die Sonne höher steigt."
"Sie geholt ...?", flüstert Joycelyn eingeschüchtert.
Shadrack schweigt und schaut genauestens in alle der Zelte hinein, die noch stehen, mit paranoider Gründlichkeit.



Kaum haben sich er und Byrd mit ihren Schlafsäcken je in eins der Zelte verzogen, fährt Joycelyn merklich zusammen, und deutet das sandige Flussbett hinauf, ihr Finger zittert. May B. zieht blitzschnell einen ihrer Armeecolts und folgt mit dem Blick dem Fingerzeig. Und tatsächlich, im ersten fahlen Morgenlicht nähert sich ein Fremder dem Zeltlager. Er ist zu Fuß, seine Schritte sind schwerfällig, er hat keine Eile.
"Scheint doch noch einer der Goldwäscher übrig zu sein", knurrt May leise, "ein einziger ..."
"Oder es ist ein Gespenst", haucht Joycelyn, "es ist der, der die anderen geholt hat!"
"Über Mister Shadrack sollten Sie wissen, dass er an Verfolgungswahn leidet", raunt May B. genervt, ohne den Blick von der Silhouette abzuwenden, "Sie dürfen nicht auf alles was geben, was die abergläubische Hackfresse so sagt!"
Joycelyn schweigt, fummelt ihren Derringer aus ihrem Handtäschchen, und tritt schutzsuchend hinter die andere Frau.
Die Silhouette hebt langsam die Hand, und winkt, fast wie in Zeitlupe.
"Oh nein, er kommt noch näher! Sagen Sie ihm, er soll stehen bleiben, Miss Wickett!", flüstert Joycelyn mit vor Angst verzerrter Stimme.
"Wer da?", zischt die Hexe, laut genug, dass der Fremde es hört.
"Howdy, Ma'am", erwidert die Gestalt in sehr weltlich klingendem Ton, so gar nicht gespenstisch eigentlich, und ein Hut wird gelüpft, "Ferris Cheyenne der Name!", und unbeeindruckt trottet er näher.
Vor May und Joycelyn bleibt er stehen, und im fahlen Morgenlicht sieht man Genaueres.

Dann losen wir unseren neuen Bekannten mal aus, mit dem NPC Generator aus One Page Solo Engine. Von der Encountertabelle wissen wir nur, dass er die Standartprofilwerte eines der Archetypen im Deadlands-Grundbuch hat, und vom Verhalten her ein Badman ist, wie im Encounter beschrieben (was das bedeutet, werden wir sehen). Ich bekomme: Ein Abenteurer mit unerwartetem, hervorstechendem Körpermerkmal, der zukünftigen Plänen einer Machtgruppe dienen möchte.

Ferris Cheyenne — wenn dies sein echter Name sein sollte — ist ein untersetzter Alter mit braunem Rauschebart und Kartoffelnase, bierbäuchig, aber zäh wie Leder. Seine ollen Kleider, der Schlapphut mit den Federn daran, und seine Haut sind von derselben graubraunen Schmutzschicht bedeckt wie alles in diesem Zeltlager es ist. Er bewegt sich schlurfend und etwas träge, wie ein alter Esel. Das unerwartete, hervorstechende Merkmal sind seine tiefbraunen Augen, die hellwach wirken, eher wie die eines zehnjährigen Straßenbengels, nicht wie die eines alten Knackers.
Er bittet die Damen sehr höflich darum, ihre Schießeisen wegzustecken, dann küsst er Joycelyn die Hand, zwar ungelenk, aber dennoch mit einer gewissen Eleganz, wie ein einstiger Kavalier alter Schule.
"Oho", macht die Sängerin anerkennend.
"Kommen Sie erstmal hier entlang, hier ist meine Feuerstelle. Ich heize nochmal ein, grade in den frühen Morgenstunden isses nochmal ganz schön frisch! Haben Sie Kaffee dabei, dann ans Licht damit! Andernfalls nehmen wir die Reste von meiner Packung, das reicht grade noch so für vier."
"Woher wissen Sie, wie viele wir sind, Mister?", fragt May B., sie hat ihre Pistole weggesteckt, ist aber noch misstrauisch.
"Hähä. Sie haben da drüben vier Gäule abgestellt, und vier Sättel, also sind keine davon Packgäule."
Joycelyn zuckt die Schultern, und ordnet ihre Röcke, um an der Feuerstelle Platz zu nehmen.



Ferris Cheyenne


Wenig später werden Byrd und Shadrack vom Kaffeeduft wach, und kommen aus ihren Zelten. Sie finden Joycelyn in höflicher Plauderei mit dem Einheimischen vor, May B. sitzt daneben, wartet ihre Armeecolts, und lauscht mit einem Ohr in Richtung der Sandstraße.
"Nanu, wo kommt das Väterchen denn her, aus einem Erdloch?", wundert sich Byrd, während er seine Hosenträger festschnallt und seinen Staubmantel über die Schulter wirft.
"Und die Damen haben sein Erscheinen jedenfalls nicht zum Anlass genommen, uns zu alarmieren!", fügt Shadrack säuerlich hinzu.
"Sie haben so tief geschlafen, Mister Shadrack!", lenkt Joycelyn ein, "und Sie brauchen Ihre Ruhe, nicht auszudenken, wenn die genähte Wunde wieder aufgehen sollte!"
"Sie haben nicht geflunkert, schöne Dame", wendet sich Ferris Cheyenne an sie, "er ist tatsächlich ganz in weiß gekleidet. Wie ein gottverdammtes Greenhorn in seinem Sonntagsstaat!", und er lacht.
Byrd lacht auch, und nimmt sich eine der Blechtassen mit Kaffee.
"Wie wollen Sie das bloss je wieder sauber gewaschen kriegen, Mister?", fragt Cheyenne kichernd.
"Ich kenne eine chinesische Wäscherei in Denver, die ist große Klasse! Aber jetzt sagen Sie mal, Väterchen, was treiben Sie hier? Haben Sie die Herren Kollegen rausgekickt, um alleine hier weiterzusieben?", will Byrd wissen, und nimmt Platz.
"Wie ich Ihren absolut hinreißenden Wegbegleiterinnen eben erzählt habe, mache ich dasselbe hier wie Sie. Logis ist gratis hier, so lange die Goldwäscher nicht zurückkommen, und das machen die erst, wenn der Fluss wieder fließt, es gibt jede Nacht kostenlose Sterne am Himmelszelt, und man ist geschützt vor dem Wind und dem Gesocks der Landstraße!"
"Und sogar vor Pastor Clyborne!", informiert Joycelyn eifrig.
"Der Kerl von letzter Nacht?", fragt Shadrack unwirsch, und nimmt sich auch einen Kaffeebecher.
Ferris Cheyenne antwortet fröhlich: "Das will ich meinen. Wäre nicht das erste Aufgebot, das er letztlich mit Fackeln und Heugabeln zusammentrommelt, um uns Rothäute zu jagen. Diesmal waren das Armeescouts, aus denen sein Trupp bestand, die derzeit heimlich in Colorado Springs stationiert sind. Die haben Ihnen vier einen schönen Schrecken eingejagt, die Wichsgesichter, hat Miss Lancaster erzählt! Hähä! Oh, pardon wegen den Wichsgesichtern, die Damen. Hat einen gewissen Ruf dafür, der Herr Pastor Clyborne, dass ihm fast jeder auf den Leim kriecht, wenn er seine feurigen Ansprachen hält. Sogar Durchreisende wie die."
"Uns Rothäute?", fragt Byrd amüsiert, "steckt da bei Ihnen etwa Rotwildleder unter dieser Schmutzschicht, Mister? Ist der Vollbart möglicherweise nur angeklebt?"
"Ferris Cheyenne, sehr erfreut! Und zwar nicht nach der Stadt benannt, sondern nach dem Stamm! Ich mag größtenteils ein verschissenes Bleichgesicht sein, aber das Erbe meiner eigentlichen Ahnen macht mich furchtlos, absolut wetterbeständig in der Wildnis, und obendrein auch noch feuerfest!"
"Klasse!", strahlt Byrd.
May B. schnaubt spöttisch und sagt, "ich wünschte, feuerfest wär' ich auch. Was hat der Pastor denn gegen Rothäute? Sind Sie wegen dem hier draußen und verstecken sich?"
Cheyenne schüttelt den Kopf: "Nee nee, den hab' ich letzte Nacht nur zufällig beobachtet beim Schlummertrunk-Whiskey, als der Fackelzug an mir vorbei marschiert ist. Ich selber bin nur hier, um genau zu gucken, ob nicht die Goldwäscher wohl ein paar Nuggets übersehen haben, die steck' ich mir in die Tasche, so lange die Jungs weg sind. Ist übrigens schon das dritte Mal diesen Monat, dass der Pastor auf der Landstraße nach'm Rechten sehen will! Immer wenn er vermutet, dass irgendwelcher Ärger im Verzug ist, ist er ganz fix mit einem Batzen von seinen Freiwilligen bei der Hand, und sie rücken aus! Der Scheiß-Wirbelsturm im Scheiß-Kansas neulich hat ihn sicher nervös werden lassen! Der muss glauben, das verschissene jüngste Gericht ist da!"
"Mannomann, ich hab' auch geglaubt, das verschissene jüngste Gericht ist da", murmelt Byrd, "hmm, der Kaffee ist echt lecker. Schmeckt genau wie unserer."
 "Waren Sie etwa in Kansas?", fragt Cheyenne neugierig.
"Sogar in Barricade!", haucht Joycelyn.
"Kenn' ich nicht. Da war ich noch nie!", sagt der Alte.
"Das bleibt auch so, Barricade gibt's nämlich nicht mehr", knurrt May B., "aber wenn man nach Colorado Springs will als Halbblut, sollte man dann einen besonders großen Bogen um den Pastor machen? Hat der was gegen Indianer?"
Cheyenne schlürft geräuschvoll aus seiner Blechtasse und winkt ab: "Ach pillepalle, der hat was gegen alle, auch Bleichgesichter, wenn sie nicht bibelfest oder gesetzestreu genug sind! Alle kriegen bärenstark aufs Maul von ihm, immer schön fünf Schläge mit dem Rohrstock auf die nackte Arschbacke, bis man sich benimmt. Oh, Entschuldigung die Damen, wegen der nackten Arschbacke."
Shadrack und May B. wechseln einen Blick. Der Huckster setzt mit zackiger Bewegung seinen Zylinder auf und sagt, "vielleicht sollten wir nach Colorado Springs weiterreiten, um den Zug zu nehmen, bevor dieser ... ordnungsliebende Pastor zurückkehrt. Wen auch immer der letzte Nacht gesucht haben mag, vielleicht halten beide Gruppen auf dem Trail sich gegenseitig auf ..."
"Stark!", grinst Byrd, und sagt zu Ferris Cheyenne: "Na, das war doch schon mal ganz hilfreich, Väterchen! Danke schonmal für die Tipps in Sachen Arschbacken, und auch für den Kaffee!"
"Kein Problem", sagt Cheyenne, und erhebt sich mit einem Grunzen, "ich bringe Sie hin. Ich muss sowieso Vorräte aufstocken in der Stadt."
"Und Ihr jährliches Bad nehmen, Väterchen, und Nasenhaare zupfen lassen nicht vergessen!"
"Jau. Wer von Ihnen nimmt mich mit auf seinem Pferd? Ich rieche nicht übel, versprochen, die Staubschicht überdeckt allen Schweißgeruch!"

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Advances
Laut verdienten Erfahrungspunkten haben Byrd und Shadrack einen 14. Advance, May B. hat fast genug für ihren 11. Advance zusammen, es fehlen nur noch wenige Punkte. (Ich zähle EXP wie bei der alten Deluxe Edition von Savage Worlds, je nach Session-Länge.)
Byrd: Strength ➜ W8
Shadrack: Spirit ➜ W10


Am Vormittag reiten die Wild Cards in Colorado Springs ein, einer geschäftigen Eisenbahnstadt südlich von Denver. Das felsige Umland ist äußerst imposant, so wie die Steinformationen des bekannten Garden of the Gods innerhalb der Stadtgrenzen. Nachdem sie den ollen Cheyenne abgesetzt haben, reiten die vier Neuankömmlinge die Pikes Peak Avenue hinauf, in Richtung Westseite der Stadt.


Colorado Springs


Die Felsformationen im Garden of the Gods

Eine tolle Karte von 1874 gibt's hier auch in größer: https://digital.denverlibrary.org/digital/collection/p16079coll39/id/6/


Joycelyn atmet genießerisch durch, und verkündet: "Du liebe Zeit, eine richtige Stadt, endlich! Denken Sie nur, all die Annehmlichkeiten die es hier gibt! Ich brauche nicht so dringend ein Bad wie unser Mister Cheyenne, aber dennoch ist das das Erste, was ich tue!"
Shadrack kommentiert, "das Erste, was wir tun sollten, ist am Bahnhof den Zugfahrplan einzusehen. Wir wollen nicht, dass unsere Verfolger mit ihren vielen Manitous doch noch zu uns aufholen, oder Scherereien mit Pastor Clyborne. Können wir sicher sein, dass der Bahnhof nicht in Händen von Black River ist, Miss Wickett?"
Die Hexe wiegt unentschlossen den Kopf: "Eigentlich ja, denn auf dieser Höhe sind die Gleise aus Dodge in den Besitz der Denver Pacific-Eisenbahn übergegangen. Die sind kein aktiver Wettstreiter beim Eisenbahnkrieg. Ich glaube aber, sie mischen verdeckt dennoch gehörig mit. Die Saftsäcke hätten zum Beispiel beinahe die Pläne unseres Architekten zugespielt bekommen in Barricade, wer weiß, mit welchem Ziel. Wie auch immer, hier droht keine direkte Gefahr von Black River ... aber ich wette, ein paar Spioninnen gibt's hier trotzdem."
"Wir nehmen den nächsten Zug der Denver Pacific", ordnet Shadrack an, "Sie drei gehen direkt zum Bahnhof und sehen die Abfahrtszeiten ein, und buchen Fahrkarten. Miss Wickett hat das Sagen, aber hält sich bloss im Hintergrund, nur für den Fall der Fälle. Miss Lancaster auch. Mister Byrd übernimmt das Reden, aber macht genau, was Wickett ihm sagt, womit wir vermeiden, dass er mir-nichts-dir-nichts in einem Heuschober einpennt."
"Nehmen Sie doch den Stock aus dem Arsch, Chefchen", spöttelt Byrd, "hier sind wir ausnahmsweise mal nicht in direkter Gefahr. Schauen Sie mal, der Wegweiser da! Der Vorort dort heißt 'Manatou'! Na, Mister Shadrack, gutes Omen, schlechtes Omen, oder bloßer Zufall?", und er zwinkert dem anderen zu.
May B. fragt, "was haben Sie denn zwischenzeitlich vor, Sie Wichtigtuer?"
"Das will ich Ihnen sagen ...", raunt Shadrack verschwörerisch.


"... damit will ich Dir sagen, nimm' Deine verdammten Beine in die Hand, und sag' ihm, ich will ihn sofort sprechen! Und zwar bevor der Herr Pastor zurück in der Stadt ist mit seinen Spinnern!", schärft Ferris Cheyenne im Halbdunkel eines kleinen Anbaugebäudes einem jungen Mann ein, der daraufhin zögerlich nickt, und auf die staubige Straße rennt. Der Anbau gehört zu einem der General Stores, und ein paar spärliche Warenkisten stehen herum. Ferris Cheyenne schnappt sich selbstzufrieden eine Whiskeyflasche aus einer davon, zieht mit den Zähnen den Korken ab, und spuckt ihn ins Halbdunkel, schenkt sich einen ein in seine Blechtasse.
Einer der Schatten hinter ihm bewegt sich plötzlich wie belebt, gleitet direkt hinter ihn, und wird zu Rex Shadrack, zwei langläufige Smith & Wesson American werden Cheyenne an den Hinterkopf gehalten, das polierte Metall glänzt im Halblicht, die eingravierten Runen leuchten wie von innen her.
"Jetzt packst Du aus, Du Wüstenratte", schnarrt der Huckster, seine Stimme hat einen geradezu dämonischen Unterton, "mit wem vom Court stehst Du in Kontakt? Und keine Lügen, sonst schicke ich Dich an einen Ort, wo Du endlich sehen kannst, ob Du wirklich feuerfest bist!"
Shadracks Intimidation-Resultat ist eine 21, genug, um dem Teufel das Blut in den Adern gefrieren zu lassen. Ferris würfelt immerhin eine acht dagegen, aber seine Augen sind groß wie Teller und er ist kreidebleich. Mit dem Raise von Shadrack muss er Rede und Antwort stehen, bis die Situation sich ändert!
"Was sind Sie, ein Huckster? Sie sind ein verdammter Huckster! ... Lassen Sie mich in Ruhe, Shadrack, Sie sind auf der falschen Fährte! Welcher 'Hof'?"
"Das ist ihre einzige Chance, mit Ihrem armseligen Leben davon zu kommen, Ferris Cheyenne! Der Court, Mann, denken Sie nach! Sie wissen, was ein Huckster ist — mit wie vielen anderen haben Sie zu tun gehabt letztlich? ... Namen!"
"M-m, mit keinen, Shadrack! Nicht schießen, Sie irren sich! Herrgott nochmal, ich nehme an, Clyborne jagt nach welchen da draußen, wenn's keine Indianer sind, oder irgendwelche Teufelsanbeter. Von einem sogenannten Court weiß ich nichts!"
"Dass ich nicht lache! Und nach wem haben Sie gerade ihren Laufburschen ausgeschickt?"
"Nach Franklin Smith! Das ist der Captain der Armeescouts. Sie erinnern sich, diese armen Trottel, die Pastor Clyborne letzte Nacht angeführt hat! Ich will wissen, nach wem Clyborne sucht, aber ich will ihn nicht persönlich fragen, wenn er zurück kommt. Der Mistkäfer hasst mich! Smith selbst ist nicht mitgegangen letzte Nacht, nur seine Jungs, hab' ich genau gesehen. Er macht gerne einen auch wichtig, auch ohne Uniform an!"
"Das ist alles? Was haben Sie davon?"
"Was ich davon habe, Sie Irrer? Ich will Clyborne im Auge behalten, damit ich keinen Ärger kriege! Ich will Franklin Smith in die Hände spielen, womöglich fällt von seiner Seite dann und wann ein Auftrag für mich ab! Ich will irgendwie Profit aus der Sache schlagen, ich muss gucken, wo ich bleibe!"
Shadrack zögert, und nimmt die Pistolenläufe hoch: "Dann liegt wohl eine kleine Verwechslung vor. Pardon. Meine Leute und ich verlassen heute noch Colorado Springs. Verstehen Sie, was das für Sie bedeutet?"
"Dass Sie mich jetzt abknallen, Sie Sackratte? B-b, brauchen Sie nicht, ich verrate Sie nicht, Shadrack! Ich habe nichts von Ihnen gesehen, nur einen Schatten!"
"Sie sind ein cleverer Kerl, Cheyenne! Ich puste Ihnen nicht das Licht aus, und Sie erzählen niemandem von unserer informativen Begegnung, und das Wörtchen Court streichen Sie am besten aus Ihrem Gedächtnis!"


Was wir Shadrack nicht gesagt haben: Ferris Cheyenne ist zwar nicht hinter Huckstern her, aber hinter einem gewissen Deserteur aus der Konföderierten-Armee, und der wurde beschrieben als ganz in weiß gekleidet. Und die incognito hier stationierten Armeescouts gehören auch überhaupt nicht zur US-Armee, sondern zur Konföderation! Das Würfelorakel gibt an, dass Pastor Clyborne und die von ihm requirierten Armeescouts in der Stadt ankommen, bevor der nächste Zug nach Denver eintrifft. Franklin Smith kommandiert sie ab zu ihrem eigentlichen Job, nämlich dem Dienst an den Südstaaten, und sie beginnen hektisch die Suche nach dem ganz in weiß gekleideten Fremden.


Mein Aufgebot hatte noch genug Zeit für ein ordentliches Frühstück in einem der Lokale in der Tejon Street in der Bahnhofsgegend. Shadrack berichtet von seinem Gespräch mit Ferris Cheyenne, und wird gerügt von Byrd, der es ein bißchen unflätig findet, das arme, abenteuerlustige Männlein so zu erschrecken.
Ein Pfeifen und Rattern hat dabei in der Ferne eingesetzt, und Joycelyn sagt aufgeregt: "Das ist unser Zug! Wir müssen zu den Pferden!"
Byrd späht durch die staubblinden Scheiben nach draußen und sagt, "warten Sie mal kurz ... da draußen stimmt was nicht."
Tatsächlich, in das Treiben auf der Straße ist schlagartig mehr Bewegung gekommen.
Einige Hilfssheriffs und die Armeescouts ziehen eilig einen Kreis um das Frühstückslokal, diesmal nicht unter Kommando von Pastor Clyborne, sondern von Franklin Smith, um die Verhaftung vorzunehmen!
"Luca Byrd! Wir wissen, dass Sie da drin sind! Kommen Sie gemessenen Schrittes raus, junger Mann, und prüfen Sie dabei mit den Händen, ob die Luft über Kopfhöhe auch so gut ist wie sonstwo!", feixt ein Deputy siegessicher.
Frauen mit Rüschenhäubchen zerren kleine Kinder außer Sicht, Schaulustige recken neugierig die Köpfe.
"Was, Mister Byrd hat auch Feinde?!", haucht Joycelyn überrascht.
"Ach ja, Scheiße: Fahnenflucht und so, hatte ich mittlerweile ganz vergessen!", sagt Byrd, als wäre das alles ein Witz.

Und dann machen wir einen Dramatic Task, denn unsere Helden müssen aus der Zwickmühle entkommen, blauen Bohnen ausweichen, den nahen Bahnhof erreichen, und mit ihren Pferden in den Zug kommen, bevor dieser wieder abfährt! Mit Glück geht das so subtil, dass man sie an Bord des Zuges nicht für Unruhestifter hält. Ich setze fest, dass mein Aufgebot 12 Task Tokens verdienen muss in drei Runden. Wie immer bei einem Dramatic Task dürfen alle Skills verwendet werden, die zielführend sein können. Luca Byrd bekommt einen Benny, weil sein Wanted-Nachteil ihm das Leben schwer macht (tatsächlich erstmalig in der Kampagne, immerhin ist die Konföderation mit ihren Häschern weit weg, hier draußen im Niemandsland).

Runde 1
Aktionskarten werden ausgegeben. Damn, schon eine Complication, derartiges geschieht in Dramatic Tasks immer, wenn eine Kreuz-Karte dabei ist. Aber der Reihe nach: Joycelyn rückt ihr Rüschenkleid zurecht, und tritt durch die Tür vor das Lokal: "Gentlemen, Sie verängstigen die Gäste hier drin mit ihren Schießeisen und dem Geschrei! Seien Sie doch vernünftig und warten Sie, bis alle von uns Lokalbesuchern sich beruhigt haben und rausgekommen sind! Was für eine unnötige Aufregung!" Sie verzichtet weiterhin auf ihren Fame-Bonus, weil sie nicht als Star erkannt werden will, aber mit dem Bonus von Very Attractive kommt sie dennoch auf ein Raise bei Persuasion. Die Hilfssheriffs auf der Straße gucken tatsächlich reichlich betreten, manche gurten die Gewehre wieder um und kommen näher, um mit der nervösen Schönen zu sprechen, und ihr onkelhaft zu versichern, dass bei dieser Festnahme niemand etwas zu befürchten habe. Ein paar andere Städter ereifern sich, angespornt von Joycelyns Protest, dass Franklin Smith und seine Kerle kein Recht hätten, ständig Ärger zu suchen mit ihren Schießprügeln. Für Joycelyns Raise gibt's zwei Task Tokens von den benötigten 12!
Shadrack kommandiert Byrd zur Hintertür des Lokals, um in der erschrockenen Besuchermenge unterzutauchen, und Boost Stealth auf sie beide auszusprechen, sein Spellcasting-Wurf beschert mir ein weiteres Task Token.
Byrd schiebt sich kichernd durch die Menge, und schlüpft durch den Hinterausgang auf die staubige Scoharris Street hinaus. Sein Stealth-Erfolg bringt das vierte Task Token.
May B. ist diejenige mit der Kreuz-Karte, und bekommt daher die Complication: Der Kellner im Frühstückslokal hat Adleraugen und fürchtet, Byrd und Shadrack seien die Gesuchten (immerhin sind sie gerade davon gewieselt) oder, noch schlimmer, die Gruppe könnte versuchen, im entstandenen Wirbel die Zeche zu prellen! Direkt in der Hintertür stoppt er die Hexe. May B. macht es sich leicht, sie gebietet seinem wütenden Redeschwall mit gehobener Hand Einhalt, zieht den Stiefel aus, und lässt den Kellner ihren tätowierten Knöchel begutachten: "Schauen Sie mal, Mister, Sie sollten eigentlich auf unserer Seite sein. Tun Sie mir einen kleinen Liebesdienst, und ich vergesse Ihre unerhörten Anschuldigungen! Warum gehen Sie nicht wieder nach vorne und helfen meiner blonden Freundin, diese grobschlächtigen Deputies zur Vernunft zu bringen?" May B. bekommt einen Abzug auf ihren Spellcasting-Wurf durch die Complication, und wenn der Wurf scheitert, dann scheitert dadurch der ganze Dramatic Task! Mit Benny-Einsatz bekommt sie es aber hin, und der Kellner glotzt sie verknallt an, und versichert dann, er würde sein Möglichstes tun, um die Holde zu verteidigen! Tsch-tsching, fünftes Task Token, die Runde lief gut!

Runde 2
Runde zwei beginnt mit May B., und diser Pechvogel bekommt erneut eine Kreuz-Karte. Kaum ist sie draußen, umstellen Deputies und Armeescouts das Gebäude, und finden Leute, die sich klammheimlich durch die Hintertür verdrücken, sehr verdächtig! May entscheidet sich, genug von der Flunkerei zu haben, und einfach abzuhauen. Sie beschreibt ihre Schutzzeichen vor sich in der Luft, um schwieriger zu treffen zu sein, und rennt mit eingezogenem Kopf davon, im Zickzack durch Gärten und Hinterhöfe. Dafür würfelt sie Athletics, und erzielt einen Erfolg, und damit ein Task Token.
Byrd rennt ebenfalls wie ein Karnickel, zusammen mit Shadrack auf den am Bahnsteig wartenden Zug zu. Auch sein Athletics-Erfolg bringt ein Task Token.
Joycelyn setzt am Eingang des Frühstückslokals noch einen drauf, und legt sich theatralisch eine Hand vor die Stirn: "So eine Aufregung! Noch dazu verpasse ich meinen Zug! Und ich hatte gedacht, dies sei ein gesittetes Städtchen! Wir wird mir? Ich glaube, mir schwinden die Sinne ...?", und sie würfelt Performance, und schafft ein Raise, zwei Task Tokens. Eine Gruppe von Verehrern übernimmt selbstredend die Aufgabe, die Ärmste stehenden Fußes zum Bahnhof zu eskortieren. (Der große, dünne Kellner ist mittlerweile auch zur Stelle beim Haupteingang, um nach Kräften Gesetzeshüter und Militärs davon abzuhalten, das Lokal zu betreten, um seiner geliebten May B. den Rücken frei zu halten.)
Rex Shadrack ist als letzter dran, er joggt Byrd nach, und erspäht dabei ein Bündel Fässer, das an einem Kran unter einem Hausgiebel hängt, in einem der Sträßchen, durch welche die Deputies Byrd hinterher hasten. Er grinst böse und kneift ein Auge zusammen, zielt auf den Strick, durchschießt ihn, und Fässer regnen herab und verbarrikadieren die Straße. Task Token Numero zehn!

Runde 3
Finale Runde des Dramatic Task, die letzten Passagiere gehen an Bord des Zuges, und Dampf zischt aus der abfahrtbereiten Lokomotive! Es gibt gleich zwei Kreuz-Karten diesmal, Complications für Shadrack und für Byrd!
Shadrack hat den Bahnhof erreicht, und versucht in Windeseile im nahen Stall an ihre noch gesattelten Pferde zu kommen, um sie an Bord bringen zu lassen. Seine Complication besteht aus Ferris Cheyenne, der die Scouts hierher geführt hat. Cheyenne sitzt im Sattel seines eigenen Gauls, und feixt zu Shadrack herüber: "Ich halte natürlich Wort Ihnen gegenüber! Aber Mister Byrd und die konföderierte Armee sind eine ganz andere Sache!", und er macht pantomimisch nach, wie jemand am Strang hängt und streckt die Zunge raus. Shadrack ignoriert Mister Cheyenne, wendet sich wütend wieder dem Bahnhofspersonal zu, und macht ihnen mit Intimidation Beine, arrogant droht er, Köpfe würden rollen, wenn er wegen dieser Stallburschen seinen Zug verpassen würde! Task Token Nummer elf.
Joycelyn hat einen Joker gezogen, und trifft in dem Moment mit ihrer Verehrer-Eskorte ein. Mit gespielt schwacher Stimme bittet sie das Zugpersonal ihrerseits, sicher zu stellen, dass die Pferde an Bord kämen, und ihre übereifrige Eskorte sieht so aus, als würde sie alle Leute, die dieser jungen Dame im Weg stünden, in den Bauch beißen wollen. Mit dem zusätzlichen Bonus von der Jokerkarte kommt Joycelyn auf eine 13, das ist mehr als genug für mein letztes Task Token. Damit müssen Byrd und May B. in dieser Runde gar nicht mehr agieren, und die Complication durch Byrds Kreuz-Karte fällt flach.

Pünktlich fährt der Zug ab in Richtung Denver, und meine Wild Cards lassen sich erleichtert in ihre Sitze fallen.

Schalter:
Joycelyn winkt ihren Verehrern huldvoll mit ihrem weißen Spitzentaschentuch zu. Ein großer, dünner Kellner ruft dem Waggon schmachtvoll vom Bahnsteig aus etwas nach.
"Oh weih. Den Gesichtsausdruck kennt man doch! Miss Wickett, haben Sie etwa schon wieder ...?", fragt Byrd.
"Schon möglich. Und was war das eben, Mister Byrd?", entgegnet sie, "Ihre Weste ist ja doch nicht so rein, Sie sind also Deserteur?!"
"Ich hätte gar nicht gedacht, dass die albernen Grauröcke das so ernst nehmen, dass ich mich von ihnen davon gemacht hab'. Bisher gab's keinen Ärger deswegen, ich hab' mich immer schön nördlich der Mason-Dixon-Line gehalten!"
Shadrack raunt verärgert: "Das geht auf die Kappe von Ferris Cheyenne, ich habe seine Beweggründe falsch eingeschätzt — Schnitzer dieser Art unterlaufen mir sonst nicht. Er ist kein Unterhändler des Court, sondern Unterstützer der konföderierten Armee. Wollte wahrscheinlich ein Kopfgeld kassieren. Schwamm drüber", und er beginnt seine Pfeife zu stopfen.
"Wie viel ist Ihr Kopf denn wert, Byrd?", grinst May.
"Unser Mister Byrd, ein gesuchter Mann ...? Ich glaube es nicht!", sagt Joycelyn halblaut.
"Ich, wert ...? Ooh, na ja ... also, ich habe nie ein Wanted-Plakat mit meinem bezaubernden Gesicht drauf gesehen ... vielleicht so zwölf Dollar ... vielleicht auch nur neun. Typen wie ich bringen in Südstaaten-Städten meist um die vier Dollar fünfzig, plus einen Uniformärmel-Ersatzknopf. Ich kannte mal einen Deserteur, auf dessen Ergreifung immerhin eine Portion lauwarme Germknödel ausgesetzt war! Ohne Nachtisch, selbstredend. Der Süden ist nicht eben stinkreich, wissen Sie ja."
May B. winkt ab: "Wir liefern Sie schon nicht ans Messer. Eine Hand wäscht die andere. Aber schön zu wissen, dass auch ein Grinsegesicht wie Sie seine dunklen Kapitel hat."
"Warum haben Sie der Südstaaten-Armee den Rücken gekehrt, Mister Byrd?", fragt Joycelyn neugierig, "wahrscheinlich hatten Sie moralische Bedenken bei Ihrer Sache? Wegen Sklaverei auf den Baumwollplantagen, Unloyalität, und Rückständigkeit, und wofür der Süden sonst noch so steht?"
Byrd lächelt schief: "Och, so schlimm ist's im Süden gar nicht, wir sind stellenweise ganz nett! Und die Sklaverei hat der olle Jefferson Davis offiziell abgeschafft, nach Vorbild des Nordens."
"Ja, weil er mittlerweile tonnenweise Ghost Rock aus Kalifornien erbeutet hatte, der senile Windhund!", sagt Shadrack paffend, und erklärt: "... Einer von Byrds Vorgesetzten in der Armee war völlig korrupt. Wir haben ihn jüngst in Kansas gestellt. Müsste noch vor dem Orkan aufgeknüpft worden sein!"
"Leider machen wir uns hier draußen schneller neue Feinde, als wir alte loswerden können", seufzt Byrd. Mister Madden, Ferris Cheyenne, und Pastor Clyborne!"
Shadrack verzieht unschlüssig die Miene: "Pastor Clyborne war möglicherweise sogar nützlich für uns. Scheint doch so, als hätten der und unsere ominösen Verfolger aus Syracuse sich da draußen auf den Trails gegenseitig das Leben sauer gemacht, oder? Womöglich hat Clyborne uns letzte Nacht ermöglicht, dass wir überhaupt jetzt in diesem gemütlichen Abteil sitzen können! Ohne es zu wissen, versteht sich."
May B. wirkt nicht besonders erleichtert: "Dann können wir nur hoffen, dass sein Einflussbereich sich nicht bis Denver erstreckt. Wäre ja etwas scheiße, wenn der kriegslüsterne Pastor sich entschließen würde, in der Hauptstadt mal nach dem Rechten zu sehen, mit dem Zug ist das ja ein Katzensprung."
Shadrack bläst einen Rauchring in die Luft und zuckt die Schultern, "und wenn schon. Denver ist riesig. Wir können uns dort tage- oder wochenlang aufhalten ohne erkannt zu werden, wenn wir ein unauffälliges Profil wahren."



Alle Gleise führen nach Denver


Denver, Colorado
Reiche und fortschrittliche Metropole - Furcht-Level 2

Der Zug erreicht Denver, Colorado, ohne Zwischenfälle. Unsere Helden steigen aus, und lassen die schillernde Kulisse der Großstadt auf sich wirken. Ohne Zugehörigkeit zu Union oder Konföderation ist Denver derzeit frei von deren politischer Marschrute, und richtet sich nur nach den Regeln des Handels. Tausende von Menschen wimmeln hier durcheinander, die meisten auf Weiterreise mit dem Zug, weiter hinaus in den Westen. Agenten der Zugbarone beäugen die Denver-Pacific-Eisenbahn mit gierigen Augen, aber deren Betreiber, Smith & Robards, halten sich elegant raus aus allen Kampfhandlungen, und verkaufen auch nicht. Die Männer in Schwarzen Dustern haben angeblich eine große Präsenz in der Stadt (und betreiben gar eine geheime Forschungsbasis im Untergrund), aber man bekommt öffentlich trotzdem fast nie welche zu Gesicht ...


Ich gebe meinen Wild Cards ein paar wohlverdiente Tage Leerlauf in der "Queen City on the Plains". Sie nehmen sich Hotelzimmer, und werfen sich ins Nachtleben wie schon in Pueblo.
Joycelyn Lancaster freundet sich umgehend mit den Betreibern mehrerer Saloons und Nachtclubs an, und vereinbart eine Reihe von Auftritten dort. Sie benutzt weiterhin einen falschen Namen ("Darla Sterling"), um die Neugier der Black-River-Schnüfflerinnen nicht zu wecken. Ein paarmal verplappert sie sich dabei fast, denn sie fühlt sich hier auf Anhieb recht sicher, und träumt davon, die unliebsame Maskerade fallen zu lassen, und ihren Ruhm zu mehren. May B. begleitet Joycelyn als stille Beobachterin die Hälfte der Zeit, und schärft ihr immer wieder ein, nicht unvorsichtig zu werden.


Rex Shadrack macht einen Research-Wurf, um nach Agenten des Court zu fahnden. Es ist leichter als vermutet: In den Saloons und Casinos der Stadt wird er auf Anhieb fündig. Er bekommt gleich eine Connection, und deren Identität lose ich mit dem NPC Generator aus.

Dieser Mann ist laut Zufallstabellen ein Soldat, der für spezielle, technische Ereignisse sorgen will, und er ist zu erkennen an seiner brandneuen Spezialausrüstung. Sein Name ist laut Zufallsgenerator Noah Hutchinson. Interessant! Als dann:

Die Kartenhaie der Stadt kennen ihn jedenfalls als das Sprachrohr einer Geheimgesellschaft, die sich der Court nennt. Ihm wird nachgesagt, dass er sich "mit den Hoyle'schen Regelwerken gut auskenne", was ihn zu einem Enthusiasten von Kartenspielen macht, aber wahrscheinlich gleichzeitig bedeuten muss, dass er ein fähiger Huckster ist.
Shadrack würfelt erneut Research, um diesen Hutchinson zu überprüfen, und alle Informationen zusammenzusammeln, die in Denver über ihn zu kriegen sind. Diesmal erzielt er sogar ein Raise, Shadrack ist offenbar ganz in seinem Element. Captain Hutchinson stellt sich als beurlaubter Offizier der US-Armee heraus, der in den Westen gekommen ist, um in Denver die Schrecken des Bürgerkriegs zu verdauen; ein Huckster und Mitglied des Court ist er insgeheim schon ein paar Jahre länger, ohne dass die Armee davon weiß. Hutchinson ist nebenher involviert in die geplante Erweiterung des hiesigen Telegrafen-Netzwerks. Zu erkennen ist er nicht an seiner Uniform (er trägt in Denver keine aufgrund seiner Beurlaubung vom regulären Dienst), sondern an seiner brandneuen Gatling-Pistole von Smith & Robards, wie auch die Männer in Schwarzen Dustern sie tragen.


Shadrack ergreift im Nachtleben ein paarmal die Gelegenheit, in Pokerrunden einzusteigen, in denen auch Noah Hutchinson sitzt. Auf diese Weise kann er den Gegner einschätzen lernen, ohne sich ihm persönlich vorstellen zu müssen. Shadrack verliert ziemlich viele Jetons auf diese Weise, aber gewinnt dafür ein immer genaueres Bild von seiner Zielperson. Er geht davon aus, dass eine Handvoll von Hutchinsons befreundeten Kartenspielern ebenfalls vom Court wissen, und (in irgendeinem Umfang) zu dessen Strukturen gehören.


Noah Hutchinson


"Heute Nacht schlagen wir zu!", raunt Shadrack zufrieden den anderen dreien zu, beim Frühstück in der Hotellobby.
"Ei, welchen tollkühnen Plan haben Sie sich denn zurechtgelegt, Shadrack? Ich hoffe doch, es fliegt heißes Blei an der einen Stelle oder der anderen, oder zumindest ein paar ordentliche Backpfeifen!"
"Wir können es drehen und wenden wie wir wollen, Byrd, aber Captain Hutchinson muss auspacken! Er dürfte einer der wichtigeren Court-Agenten in Denver sein, also weiß er von Mister Amblin, Mister Madden, und den unmittelbaren Plänen des ganzen Scheißvereins. Wir werden ihn uns also schnappen müssen, und an einem abgelegenen Ort genauestens befragen. Wo ich mit Drohungen nicht weiterkomme, verwenden Sie ihre Hexerei, Miss Wickett!"
May B. will wissen, "und das schafft mir langfristig Amblin vom Hals?"
"Ich würde sagen, darauf können Sie Ihr Lebkuchenhaus verwetten!", grinst Shadrack.
Sie zieht eine Augenbraue hoch: "Mein was?! Shadrack, was ist los mit Ihnen? Der Spruch war so panne, der hätte von Byrd stammen können!"
"Lebkuchenhaus, köstlich!", beömmelt sich Byrd.
May B. warnt, "wenn wir jemanden aus dem Verkehr ziehen wollen, müssen wir mehr als vorsichtig sein, damit die Männer in Schwarzen Dustern das nicht mitkriegen. Sonst ist alles aus für uns."
"Das wird doch sicher wieder furchtbar gefährlich!", flüstert Joycelyn.
Shadrack versetzt, "Miss Lancaster, ganz Denver ist in Gefahr, der ganze Amerikanische Westen. Jeder Schritt, um die Pläne dieser Konspirateure zu ergründen und zu vereiteln ist ein lohnender Schritt, und das Risiko dabei soll verdammt sein!", und seine Augen funkeln manisch.
"Wie läuft's mit dem Entzug, Chefchen?", fragt Byrd mitleidig.
"Schwachsinn, Entzug", murrt der Huckster und stopft seine Pfeife, "ich habe seit Barricade keinen Schnaps mehr getrunken, und ich fühle mich exquisit!"
"Dafür schmauchen Sie eine Packung Pfeifentabak pro Tag weg, wenn ich richtig beobachtet habe!", lacht Byrd.

Ich gebe meinem Aufgebot also hiermit eine neue Queste:
Herausfinden, was die unmittelbaren Pläne des Court in Denver sind (Clue Target: 0\4).

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