Autor Thema: Wenn man eine umfassende Rollenspiel-Regelsystem-Expertise erreichen möchte ...  (Gelesen 3257 mal)

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Offline Megavolt

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... wie würde man das am besten angehen?

Jemand will ein Rollenspiel schreiben. Er muss davon ausgehen, dass sein Wissen um "denkbare" und "real existierende" und "qualitativ hochwertige" Rollenspiel-Regelsysteme durch seine eigene, defizitäre Rollenspielerfahrung stark beschränkt ist. Jeder müsste sich eingestehen, dass er nur unzureichend Ahnung hat davon, was es alles gibt und was in welchem Kontext wie gut funktioniert usw.

Daraus kann man nur ausbrechen, indem man sich möglichst viel verschiedenen Kram anschaut, klar. Aber:

Gibt es eurer Meinung nach einen produktiven, systematische Ansatz, wie man vorgehen könnte, um eine übergeordnete Rollenspiel-Regelexpertise zu entwickeln?

Gibt es Überblicksdarstellungen von verwendeten Regelmechanismen?
Gibt es Systematisierungsversuche, was Regelmechanismen angeht?
Gibt es wichtige historische Linien in der "Regelentwicklung"? Gibt es eine Art Kanon? Gibt es wichtige exemplarische Regelsysteme?
Gibt es griffige Kategorien? Griffige regelsystematische "Maßeinheiten"?

Offline ghoul

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Pyromancer

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Es gab in den frühen 2000ern mal den Versuch, die "design patterns" im Rollenspiel systematisch zu erfassen; kann man sicher per Suchmaschine noch irgend wo finden. Ob's hilfreich ist weiß ich nicht.

Offline takti der blonde?

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... wie würde man das am besten angehen?

Jemand will ein Rollenspiel schreiben. Er muss davon ausgehen, dass sein Wissen um "denkbare" und "real existierende" und "qualitativ hochwertige" Rollenspiel-Regelsysteme durch seine eigene, defizitäre Rollenspielerfahrung stark beschränkt ist. Jeder müsste sich eingestehen, dass er nur unzureichend Ahnung hat davon, was es alles gibt und was in welchem Kontext wie gut funktioniert usw.

Daraus kann man nur ausbrechen, indem man sich möglichst viel verschiedenen Kram anschaut, klar. Aber:

Gibt es eurer Meinung nach einen produktiven, systematische Ansatz, wie man vorgehen könnte, um eine übergeordnete Rollenspiel-Regelexpertise zu entwickeln?

Gibt es Überblicksdarstellungen von verwendeten Regelmechanismen?
Gibt es Systematisierungsversuche, was Regelmechanismen angeht?
Gibt es wichtige historische Linien in der "Regelentwicklung"? Gibt es eine Art Kanon? Gibt es wichtige exemplarische Regelsysteme?
Gibt es griffige Kategorien? Griffige regelsystematische "Maßeinheiten"?

Settembrini hat mit Augenzwinkern, aber vor allem viel Klarheit im Rahmen des "PJJ" beschrieben, was wichtige Gedankenschulen für das Abenteuerspiel sind:

https://hofrat.rsp-blogs.de/2019/08/01/spielkunsthandwerk-preussisches/

Gerade die Erkenntnis, dass es drei große Traditionslinien im Rollenspiel gibt (D&D, Traveller, RuneQuest) und deren Verhältnis hat für mich viel Erklärkraft.

Camo

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Ohne mich selbst loben zu wollen... Leute wie mich fragen. Ich hab in der Sammlung über 200 verschiedene Systeme (wobei ich D&D von der Red Box über AD&D bis zur 5e als EIN System zähle... ebenso wie DSA nur EIN System ist, egal wie viele Editionen es hat oder auch Midgard. Zähle ich die PDFS noch dazu, sind es sehr viel mehr.
Ich hab bummelige 80% davon zumindest angespielt.

Wirklich umfassend gibt es keine derartigen Systematisierungen... und ehe ich so etwas bastele würde ich lieber Folter durchlaufen... man kann das nur entweder selber durchackern oder halt Leute fragen, die sich auskennen.

Offline YY

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Gibt es eurer Meinung nach einen produktiven, systematische Ansatz, wie man vorgehen könnte, um eine übergeordnete Rollenspiel-Regelexpertise zu entwickeln?


Für wen soll es sein?
Beim alten Hasen kommt das zu spät, weil er schon unsystematisch so weit ist, dass er die verbleibenden Lücken auch so füllen kann.
Der komplette Neuling wird von der Informationsflut erschlagen und bekommt nur die Hälfte mit, weil der Unterbau zur sinnvollen Aufnahme fehlt.

Bleibt noch der leicht angebrütete Grad-so-nicht-mehr-Neuspieler, der ein oder eine kleine Handvoll Systeme kennt. Der lässt sich helfen und dem lässt sich helfen, indem man ein Referenzsystem nimmt und das von innen nach außen beleuchtet statt von außen nach innen.

Sprich: Man nimmt als Betrachtungsgrundlage ein "traditionelles" Spiel mit Stufen, Klassen, Attributen, Fertigkeiten, Feats, Hitpoints, Rettungswürfen, Schicksalspunkten, Kampfsystem, konkreter und kleinteiliger Ressourcenverwaltung usw. und fängt dann beim Kleinscheiß an, sich anzuschauen, was die Alternativen sind.
Ich schaue also etwa bei den Ressourcen, was es für abstraktere Methoden gibt und was deren Eigenheiten sind und am Ende schaue ich, wie es ganz ohne gehen kann.

Selbes Spiel für den Rest und ganz am Ende stelle ich die großen Fragen wie z.B.: Wann würfle ich warum und was stellt so ein Wurf eigentlich dar? Habe ich über einige Beispiele schon gemerkt, dass es task und conflict resolution gibt und wie sieht das aus?
Entsteht die Geschichte durch Regelanwendung oder erzähle ich eine Geschichte und beackere die Einzelteile mit Regeln?
 

So rum hat man die großen Grundsatzbetrachtungen über die Einzelbeispiele vorbereitet und teils vorweggenommen, anstatt den Leser mit ausufernder Betrachtung aus großer Flughöhe zu überfordern.
Und man muss nur ein System ganz anschauen, während bei den Alternativen immer nur genau das betrachtete Element rausgegriffen wird.


FWIW:
Das genannte "Design Patterns of Successful Role-Playing Games" finde ich zu verkopft und wenig hilfreich. Da kommt mMn nur an den Stellen was rum, wo es vom selbstgewählten Sortierungsansatz abweicht und ins Schwafeln kommt - diese Teile sind dann eher "normale" Beiträge zu einem bestimmten Teilaspekt, wie man sie auch auf Blogs u.Ä. findet und dort gibt es dann auch Inhalt statt einer Flut abstrakter und wenig griffiger Definitionen.


Gibt es wichtige historische Linien in der "Regelentwicklung"? Gibt es eine Art Kanon? Gibt es wichtige exemplarische Regelsysteme?

Zumindest Trends und Moden gibt es.
Den Kanon bzw. das, was man kennen sollte, kannst du wahrscheinlich auf Anhieb selbst benennen.


Und jetzt der grundsätzliche Widerspruch ;D
Jeder müsste sich eingestehen, dass er nur unzureichend Ahnung hat davon, was es alles gibt und was in welchem Kontext wie gut funktioniert usw.

Aufs große Ganze gesehen vielleicht, aber ich fange ja nicht bei "ich möchte irgendein Rollenspiel schreiben".
Sobald ein paar grobe Richtungsentscheidungen getroffen sind, ist das Feld so weit verengt, dass man das durchaus einigermaßen komplett überblicken kann.
"Kannst du dann bitte mal kurz beschreiben, wie man deiner Meinung bzw. der offiziellen Auslegung nach laut GE korrekt verdurstet?"
- Pyromancer

Offline La Cipolla

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Da wir nicht im Theorie-Board sind, mache ich mal ganz dreist einen halben Off-Topic-Post ... aber nur, weil ich denke, dass "on topic" (sprich: starker Theoriefokus) hier für viele Leute vom Ziel wegführt! ;D

1.

Man darf auf keinen Fall theoretisch bleiben, man muss sowohl die Spielpraxis als auch die Designpraxis mitnehmen! Beim Designen finde ich wiederum zwei sehr verschiedene Dinge wichtig: Eigene Spiele designen und Regeln für fremde Spiele designen. Ich denke, das meiste über Rollenspielsysteme gelernt habe ich durch Hausregeln für diverse (sehr unterschiedliche) Systeme, Fate-Regelsätze und meine eigenen Spiele. Was auch nicht verwunderlich ist; jeder Didaktiker weiß, dass man Dinge besser durchdringt, wenn man sie wiederholt anwenden und auf andere Situationen transferieren muss.

2.

Man muss sich seiner Vorannahmen bewusst werden. Mit welchen Spielen habe ich angefangen, was spiele ich am meisten/liebsten, was ist für mich "normal"? Es gibt Leute, die 200 Indie-Spiele gelesen haben und eigene Designs immer noch mit der Frage "Welche Attribute brauche ich?" beginnen. :D Was nicht per se ein Problem ist, wenn man diese Art von Design bevorzugt, aber es sollte einem bewusst sein.

3.

Oh, und Regeln bewerten ist auch ungemein wertvoll, also bspw. Reviews schreiben oder lektorieren. Dadurch lernt man, intuitive Gedanken explizit zu machen und sich ins Bewusstsein zu rufen.
« Letzte Änderung: 5.07.2022 | 06:52 von La Cipolla »

Offline Megavolt

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Wirklich umfassend gibt es keine derartigen Systematisierungen... und ehe ich so etwas bastele würde ich lieber Folter durchlaufen... man kann das nur entweder selber durchackern oder halt Leute fragen, die sich auskennen.

Schreib das Handbuch der Rollenspielregelmechaniken, und du bist ein besungener Held.
Wenn man sich das jetzt mal exemplarisch in ultra reduzierte Form vorstellt:

Kapitel A: Probenresolvement durch Einzelwürfe plus Modifier
- 1WX / Beispiele: DnD / erzeugt swingy Ergebnisse, ist spannend, Modifier neigen zu Debatten und zur Bürokratisierung
- 2WX / Beispiele: Conan Adventures bla undreamed of, Splittermond / erzeugt Glockenkurve, höhere mathematische Belastung, schwerere Lesbarkeit der Würfe
- 3WX / Beispiele: DSA / hoher Traditionswert, erzeugt Hirnblutungen
- ...

Kapitel B: Probenresolvement durch Poolwürfe plus zusätzliche Würfel

- W6er Pools / Beispiele: Shadowrun / gute Haptik, wird schnell lächerlich
- ...

Kapitel C: Erzählquatsch

- ??? willkürliche Würfelvergabe / Beispiele: Fiasco / erzeugt Offenbarung der Gruppendynamiken, belohnt den Prinz Charming, bestraft den, der es eh schon schwer hat
- ??? Aspekte / Beispiele: Fate / erzeugt Metadebatten über die Aspekte von Stühlen und darüber, was ein Stunt ist
- ...

Das ist doch ein weites, weites Feld? Ich habe mich jetzt nur auf die offensichtlichsten Sachen konzentriert für mein albernes Beispiel, aber das ist doch in die Breite und die Tiefe endlos (Bennies, Erfolgsgrade, Talentpunkte, usw. sind ja auch erst einmal nur die oberste Oberfläche). Und Probenresolvement ist ja ebenfalls nur ein marginaler Aspekt von unendlich vielen anderen untersuchbaren? Ich fände so ein regelmechanisches Aufbrechen der Welt und eine anschließendes Systematisierung super nützlich und ein würdiges Unterfangen.
« Letzte Änderung: 5.07.2022 | 07:58 von Megavolt »

Offline Megavolt

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Da wir nicht im Theorie-Board sind, mache ich mal ganz dreist einen halben Off-Topic-Post ...

Fühl dich frei! :)

Zumindest Trends und Moden gibt es.
Den Kanon bzw. das, was man kennen sollte, kannst du wahrscheinlich auf Anhieb selbst benennen.

Du hast sicher mehr Ahnung als ich, aber ich befürchte, dass man seinen blinden Fleck generell massiv unterschätzt und am Ende immer nur seine drei alten Knochen abnagt.

Was wissen wir denn, was die Indie-Klopfer gerade alles ausbrüten? Man denke exemplarisch vielleicht an den Jenga-Turm und Konsorten. Und was wissen wir denn, was irgendwer vor 20 Jahren in irgendeinem Nischensystem in Amerika Cleveres ausgebrütet hat (Probenresolvement durch brennende Meerschweinchen, die durchs Zimmer rennen o.ä.)?

Offline General Kong

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Fühl dich frei! :)

Du hast sicher mehr Ahnung als ich, aber ich befürchte, dass man seinen blinden Fleck generell massiv unterschätzt und am Ende immer nur seine drei alten Knochen abnagt.

Was wissen wir denn, was die Indie-Klopfer gerade alles ausbrüten? Man denke exemplarisch vielleicht an den Jenga-Turm und Konsorten. Und was wissen wir denn, was irgendwer vor 20 Jahren in irgendeinem Nischensystem in Amerika Cleveres ausgebrütet hat (Probenresolvement durch brennende Meerschweinchen, die durchs Zimmer rennen o.ä.)?

Das weißt du nur, wenn du dich dahingehend kundig machst. Vulgo: Viele Rollenspielsysteme liest, am besten spielst.
Oder es eben lässt und im eigenen Saft brätst.

Das scheint bei vielen Rollenspielschreibern eher der Fall zu sein, jedenfalls bei allen, die nicht Hite und so heißen. So traf ich vor Jahren auf der SPIEL auf den Stand der Redaktion Phantastik, die ja "Private Eye" herausbringen - ein gut recherchiertes System zum viktorianischen England, in dem es hauptsächlich bzw. praktisch ausschließlich um Detektivabenteuer geht.

Das System von PE unterstützt Ermittlungen dabei mechanisch eigentlich nicht: Man findet Spuren wie im Dungeon Schätze - man würfelt. Bei Erfolg hat man was in der Hand, bei Misserfolg - nicht. Das alte Cthulhu-Problem (beid er 7. Edition kann man da ja den Erfolg erzwingen - zu einem Preis ...).

Da ich da gerade Mutant City Blues nach dem Gumshoe-System spielte, das ausdrücklich für Detektivabenteuer designed wurde, machte ich auf die Mechanik und das Spiel/ System aufmerksam - und erntete einen ausdrucklosen Blick. Man hatte nichts davon je gehört. Der Tenor war "Ja,ja, ganz interessant, aber dann kann man ja auch im Spiel dann so und so machen ..."  Man meinte: Handwedeln.

Zum Handwedeln benötige ich aber gar keine Regeln für garnichts. Nur eine Hand ...

Nun versteh man mich nicht falsch: Wenn jemand mit DSA, D&D, Shadowrun usw. total zufrieden ist und das supergerne spielt - prima!
Schaut nicht, links, schaut nicht rechts: SPIELT, was euch Spaß macht.

Aber ein Ingenieur, der ein neues Auto entwickelt, sollte vielleicht nicht nur Toyotas kennen. Oder nur Kleinwagen, wenn er nun doch einen innovativen LKW oder Rennwagen oder Geländewagen entwickeln will. Alles Autos. Aber die spezifischen Anforderungen sind andere.

Es ist auch völlig legitim zu sagen: "Und nun mache ich auf DSA-Basis einen Ermittlungsergänzungsband für 'Inspektor Spürnase in Havena'". Das schreit von der Zielgruppe her nach DSA. Aber ähnlich wie ein Trabant-Rennwagen wird es vielleicht die Fans und Liebhaber begeistern, aber es wird gegenüber anderen Spielen, die näher an der Zielsetzung der Spielart sind und diese mechanisch unterstützen, abfallen.

Und es sollte in jedm Fall eine bewusste Entscheidung sein:
"Ich finde nur DSA/ Shadowrun/ D&D/ ... gut, weil ... (Grund) ... und deshalb benutze ich für mein Spiel diese (ähnliche) Mechanik." finde ich akzeptabel. Wie jemand, der nur Schockopudding mag. Nicht meins, aber gut.

"Ich mache das nach DSA/ Shadowrun/ D&D/ ... , weil ich noch nicht mitbekommen habe, dass es andere Systeme gibt, die das anders machen." ist keine akzetable Grundeinstellung für einen Spielentwickler.


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Offline Crimson King

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Es heißt ja, wer ein Buch schreibt, sollte vorher 1000 Bücher gelesen haben. Insofern würde ich sagen, Expertise kriegst du im Rollenspiel nur durch Spielen, und zwar verschiedene Systeme mit verschiedenen Leuten. Systematisch bräuchte es da am ehesten eine einfache Liste von Spielen, die man kennen sollte, mit jeweiliger Begründung. Ab irgendeinem Punkt reicht da auch, die Spiele angelesen zu haben, weil man aus der eigenen Erfahrung heraus extrapolieren kann.

Ich habe im Netz aber auch mal eine kurze historische Entwicklung der Systemlandschaft gelesen. Ich kann später schauen, ob ich die finde.
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J.W. von Goethe

Offline melkvie

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Genau sowas halte ich für einen einfachen und guten Ansatz. Sich mit Experten für die jeweiligen Systeme zusammensetzen, reden und spielen.




Offline Arkam

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Hallo zusammen,

ich denke "Gibt es wichtige historische Linien in der "Regelentwicklung"? Gibt es eine Art Kanon? Gibt es wichtige exemplarische Regelsysteme?" das ist die Fragestellung die da am ehsten liefern kann. Ich versuche mich Mal an einer Reihenfolge für den deutschen Markt.
Da ich auch nicht alles gelesen geschweige denn gespielt habe sind die Textlängen sehr unterschioedlich ausgefallen.
Im Laufe der Diskussion kam auch Vampire the Maquerade und die Welt der Dunkelheit auf. Ich kann da nur Nichts auf der Regelseite erkennen was man als Autor oder Designer eines Rollenspiels wissen sollte.

Mit D&D als erstem Unterhaltungsrollenspiel würde ich Anfangen. Ich würde dann eher in die Tiefe als in die Breite gehen. Jetzt also mit einem Rollenspiel mit einem neuen Konzept anfangen und nicht mit DSA für den deutschen Markt weiter machen.

Danach käme für mich Runequest dran. Ich würde mich bemühen eine Fassung mit der Hintergrund Welt Gloranthan, ich hoffe es ist richtig geschrieben, zu bekommen oder den Hintergrund separat zu bekommen. Denn mit Fertigkeiten, Prozentsystem und Aufgabe der Stufe findet man hier eine Menge Ansätze die auch Heute noch Relevanz haben. Zudem hat sich das Basic Roleplaying Game, also die reine Regelfassung, ja vor allen Aufgrund der sehr unterschiedlichen Hintergründe, etwa Cthulhu, Moorcock Welten und etwa Elfquest durchgesetzt.

Traveller sollte man kennen weil es ein Lebenslaufsystem für die Charaktergenerierung anbot und Regeln für die Erschaffung eines ganz eigenen Hintergrunds mit sich brachte. Erweiterungen brachten dann ja auch noch Systeme mit denen man mit dem System auch skalieren konnte. Man konnte also vom Schiff gegen Schiff bis zu Flotte gegen Flotte spielen. Leider kannte man damals noch keine VTTs oder konnte per Smartphone oder Tablet auch noch nicht problemlos Apps anbinden. Denn das ganze Würfeln und Rechnen, gerade wenn es im Spiel und nicht in der Vorbereitung nötig wurde, hat mich persönlich immer wieder vom System weg gebracht.

Danach käme dann  Schwerter und Dämonen als Vertreter des Minimalismus hinzu.

Ich würde sagen Midgard greift viele der neuen Konzepte auf und gießt sie in ein sehr berechnendes Regelsystem.Ich hatte immer den Eindruck man wollte das sehr offene Rollenspiel in sehr genaue fast an ein Brettspiel erinnernde Regeln gießen.

Danach käme für mich dann Shadowrund mit seinem Poolsystem, dem vernetzten Fertigkeitsfeld und den Subsystemen drann.

Bei den Indie Spielen habe ich überhaupt keine Erfahrung. Aber ich vermute das sich hier sicherlich einige Meilensteine finden.

Engel mit dem Arkana System würde ich mir auf jeden Fall auch anschauen. Denn die Idee etwa Kämpfe letztendlich nur durch einen Entscheidungsmechanismus abzubilden war für mich ganz neu.

Savage World mit seinem die Würfel werden besser also vom W4 bis ich meine zum W20 und seiner duzrchdachten Anbindung auch größerer NPC Gruppen darf aus meiner Sicht nicht fehlen.

Danach käme dann Warhammer in der 3. Edition, also die mit den Spezialwürfeln drann. Star Wars habe ich hier nicht genommen weil das Regelwerk meiner Kenntniss nach ja auf mehrere Boxen, ich meine die Jedis und der Raumkampf kamen später hinzu, aufgeteilt wurden.

Fate habe ich bisher nur gelesen und bin noch nicht richtig durchgestiegen. Aber ich denke mit seiner  Betonung sarauf das die Runde das konkrete System schafft und das Anbieten von Ressourcen gegen das Eingehen von Nachteilen stellt ein Merkmal da das man als Alkternative einer Konfliktauflösung kennen sollte.

Mit einem System mit der Year Zero Engin würde ich weiter machen. Hier wird aus meiner Sicht versucht ein belastbares System mit dem Hintergrunbd und seiner Bedeutung zu verflechten.

"Powered by the Apokalypse" Systeme kenne ich nicht, ich lese gerade "The Sprawl" bietet mit den grob vorgegebenen Auswirkungen bei jedem Zug sollte man nach meinem bisherigen Lesen, Seite 61 von 304, auch Eins von kennen.

Ich denke da hat man dann schon eine Menge unterschiedlicher möglicher Ansätze zusammen. Danach kann man dann aj in die Breite gehen, also etwa zusätzlich zu D&D noch DSA und Patfinder lesen. Oder aber sich in größere Nischen wie SF Systeme, Fun Systeme oder etwa Cyberpunk Systeme einlesen.

Gruß Jochen - Fate, Traveller und die Anmerkungen zur Welt der Dunkelheit ergänzt.
« Letzte Änderung: 5.07.2022 | 11:07 von Arkam »
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Daraus kann man nur ausbrechen, indem man sich möglichst viel verschiedenen Kram anschaut, klar. Aber:

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Da kenne ich einen Ansatz aus der Programmierung. Es gibt mehrere Bücher im Format, "7 Databases in 7 Weeks" oder "7 Web Frameworks in 7 Weeks" oder "7 More Databases in 7 Weeks".

Ganz ehrlich, bei der Menge an richtig einzigartigen Rollenspielen würde ich das genauso angehen und ein systematisches Vorgehen nach Stammbaum vermeiden.

"7 RPGs in 7 Sessions"

"7 PbtA Games in 7 Sessions" oder "7 Narrative Games in 7 Sessions"

"7 One Page RPGs in 7 Sessions"

Da hat man glaube ich weitaus mehr von und auch immer klare Zielgruppen. Ersteres ist eine grobe Übersicht der Landschaft mit 7 exemplarischen Rollenspielen aus jedem Genre. Das Zweite ist für die Vertiefung und Expertise in narrativen Rollenspielen und letztes für einen Einstieg in die Indie-Szene. Nur so als Beispiel.

Offline Crimson King

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Bezüglich Historie finde ich diesen Artikel von John Kim ganz interessant, auch wenn er den Rules Heavy Simulationism-Trend aus den 80ern (Rolemaster, MERS, GURPS, Harnmaster, DSA spätestens ab 3. Edition etc.) ignoriert.
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J.W. von Goethe

Offline takti der blonde?

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Bezüglich Historie finde ich diesen Artikel von John Kim ganz interessant, auch wenn er den Rules Heavy Simulationism-Trend aus den 80ern (Rolemaster, MERS, GURPS, Harnmaster, DSA spätestens ab 3. Edition etc.) ignoriert.

John Kim ist ein Threefold-Mensch, das merkt man auf jeden Fall auch bei seiner Analyse von D&D.

Offline sma

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Bei den Programmiersprachen der letzten 60 Jahre fände ich's jetzt einfacher zu sagen, da das ein Steckenpferd von mir ist, aber in beiden Fällen gilt IMHO das selbe: Kenne die Anfänge und die Meilensteine und zwar nicht nur inhaltlich, sondern auch, was jeweils die Besonderheiten bzw. Neuheiten waren. Und dann vielleicht auch, warum sich ein bestimmtes Feature durchgesetzt hat oder warum nicht. Manchmal hilft auch noch, die historische Einordnung zu kennen. Kurz gesagt, kenne die Historie. Dann musst du nicht die Fehler der Vergangenheit wiederholen :-)

Wenn man für die Historie von Rollenspielen nur ein Buch lesen will, ist das Designers & Dragons. Wen speziell die Geschichte vor D&D interessiert, dem sei das leider sehr trockene Playing at the World empfohlen. Das versucht die Herleitung jedes wichtigen Regelmechanismus aus D&D.

Aus dem Stegreif würde ich sagen, man sollte ansonsten ein frühes D&D, z.B. die Redbox von 1981, kennen. Man kann auch mal versuchen OD&D zu lesen, einfach um es zu sehen und sich selbst zu wundern, wie dieser Flickenteppich an (für uns heutzutage fast schon unverständlichem) Regelbrei so faszinierend war, dass er das Rollenspiel begründet hat. Für OD&D muss man unweigerlich auch Chainmail kennen und es hilft, sich mal eine Re-Imagination von Braunstein anzuschauen.

Weitere wichtige Ursysteme sind IMHO RuneQuest und Traveller. Von Tunnels & Trolls und Tekumel halte ich jetzt nicht für so wichtig. Ersteres war der Versuch, dem Spiel die Ernsthaftigkeit zu nehmen und falls man mal wissen will, wie das erste Solo-Abenteuer aussah, letzteres ein Beispiel für ein Setting, bei dem kein Wert auf Spielbarkeit gelegt wurde.

Als Meilensteine würde ich dann (ohne Wertung der Reihenfolge) Pendragon, GURPS, Ars Magica, Vampire, Over the Edge, Trail of Cthulhu, Apocalypse World, Trollbabes, Fate, der 1000 jährige Vampir und bestimmt noch einiges, was mir spontan nicht einfällt, nennen.

Speziell für Deutschland führt natürlich kein Weg an Midgard und DSA vorbei.

QuantizedFields

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Mein persönliches Problem mit dem Stammbaum Ansatz ist, dass du eigentlich nur die traditionellen Systeme abhandelst. D&D, BRP, Traveller, Gurps, Hero und so. Wo passt für euch PbtA rein? Die One Page RPGs? Spiele, die heutzutage auf Free Kriegsspiel Revolution basieren? Außenseiter wie Spire und Heart, Burning Wheel, Dogs in the Vineyard oder Red Markets?

Eine riesige veranschaulischung von den alten System vermittelt eine Historie, aber keine Regelsystem-Expertise. Ich möchte vorsichtig behaupten, dass für ein neues Spiel man heute nicht durch den Stammbaum der Systeme aus den 70er und 80er stöbert, sondern die modernen Iterationen analysiert und sich von allen möglichen Quellen Inspiration zieht.

Damit möchte ich so eine Stammbauhistorie nicht kategorisch ablehnen. Spannend ist sie bestimmt, aber als Systementwickler fänd ich sie persönlich weniger hilfreich :)

Offline Crimson King

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Der Stammbaum hilft beim Definieren von Rollenspiel-Designschulen, für die man exemplarisch bedeutende Systeme auflisten kann. Sonderfälle, die sich nicht sinnvoll einer Schule zuordnen lassen, kann man dann auch gesondert aufführen.

Eine ausreichende Menge an Praxiserfahrung in unterschiedlichen Systemen und Runden ist trotzdem eine wesentliche Voraussetzung für hohe Expertise.
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Der Stammbaum hilft beim Definieren von Rollenspiel-Designschulen, für die man exemplarisch bedeutende Systeme auflisten kann. Sonderfälle, die sich nicht sinnvoll einer Schule zuordnen lassen, kann man dann auch gesondert aufführen.

Eine ausreichende Menge an Praxiserfahrung in unterschiedlichen Systemen und Runden ist trotzdem eine wesentliche Voraussetzung für hohe Expertise.
Aber ist das wirklich der beste Ansatz, um jemanden Regelexpertise beizubringen? Das ist ja nur eine mögliche Lösung, so etwas beizubringen und wir sollten uns über Alternativen auch Gedanken machen.

Kobold Press hat bereits einige Bücher über Metathemen geschrieben, eines davon ist "Kobold's Guide to Game Design." Ich zeige das jetzt nicht mit der Intention, es ist DIE Lösung und wir sollten nur das verfolgen, aber es ist eine mögliche Alternative. Ich tue mir mit der Idee eines Stammbaum-Buches echt schwer.


Offline Faras Damion

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Ein grober Überblick über die Historie ist wichtig, denke ich.
Dabei lernt man auch, wie sich Systeme durchgesetzt haben (oder auch nicht).

Das objektiv beste Produkt für eine Anwendung ist selten das erfolgreichste. Erst recht in einem Hobbybereich.

Eine intensive Recherche würde ich nur in dem Bereich durchführen, aus dem ich schöpfen will und wo ich die Zielgruppe vermute. Sonst verrennt man sich und hat keine Zeit mehr zum basteln. :)
Beispiel:
Ich will den Nostalgie-Faktor der Zeit um 2000 abschöpfen.
Dann würde ich die Systeme von damals genau anschauen. Das ist die Basis.
Dazu schaut man die erfolgreichen und nicht erfolgreichen Nostalgiesystemen der 80er und 90er an. Erfolgreiche Strategien sollte man kopieren.
Und als letztes die aktuellen Strömungen, denn dies sind die jetzigen Spieler gewöhnt.   
Method Actor: 92%, Storyteller: 67%, Tactician: 58%, Power Gamer: 46%, Casual Gamer: 29%, Butt-Kicker: 21%, Specialist: 13%

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Mein persönliches Problem mit dem Stammbaum Ansatz ist, dass du eigentlich nur die traditionellen Systeme abhandelst. D&D, BRP, Traveller, Gurps, Hero und so. Wo passt für euch PbtA rein? Die One Page RPGs? Spiele, die heutzutage auf Free Kriegsspiel Revolution basieren? Außenseiter wie Spire und Heart, Burning Wheel, Dogs in the Vineyard oder Red Markets?

Eine riesige veranschaulischung von den alten System vermittelt eine Historie, aber keine Regelsystem-Expertise. Ich möchte vorsichtig behaupten, dass für ein neues Spiel man heute nicht durch den Stammbaum der Systeme aus den 70er und 80er stöbert, sondern die modernen Iterationen analysiert und sich von allen möglichen Quellen Inspiration zieht.

Damit möchte ich so eine Stammbauhistorie nicht kategorisch ablehnen. Spannend ist sie bestimmt, aber als Systementwickler fänd ich sie persönlich weniger hilfreich :)

Es spricht ja nichts dagegen, pbtA-Spiele etc. als eigene Tradition zu verstehen, auch wenn ich vermute, dass da eine starke Nähe zu RQ-artigen Spielen vor Handen ist konzeptionell. Aber darum soll es gar nicht gehen, will nur sagen, eine Betrachtung der Spieltraditionen umfasst logischerweise auch neuere Spiele.

Offline sma

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Mein persönliches Problem mit dem Stammbaum Ansatz ist, dass du eigentlich nur die traditionellen Systeme abhandelst. D&D, BRP, Traveller, Gurps, Hero und so. Wo passt für euch PbtA rein? Die One Page RPGs? Spiele, die heutzutage auf Free Kriegsspiel Revolution basieren? Außenseiter wie Spire und Heart, Burning Wheel, Dogs in the Vineyard oder Red Markets?
Apocalypse World halte ich für einen wichtigen Meilenstein und ich erwähnte auch Ron Edwards Trollbabes, was ich ebenfalls für einen (relativ unbekannten) Meilenstein halte, zum einen weil die Gruppe um Edwards auch Baker stark beeinflusst hat und zum anderen weil Trollbabes meines Wissens die besser durch Harpers Lasers & Feelings bekannte Würfel-Mechanik erfunden hat und Harper wiederum von Baker und anderen beeinflusst Blades in the Dark erfunden hat. Bei anderen Story Games finde ich's schwer, bestimmt auch aus der Unkenntnis heraus, jetzt neue Mechanismen zu erkennen. IMHO unterscheiden die sich eher in Nuancen, so wie eben die verschiedenen D&D/OSR-Spielarten.

Für einen ersten groben Überblick reicht es glaube ich, die "System Matters" Einstellung von Edwards und co einer "wir streben nach perfekten Simulation" Einstellung zu unterscheiden oder einem "wir optimieren den Spielspaß" Ansatz.

Zitat
Eine riesige veranschaulischung von den alten System vermittelt eine Historie, aber keine Regelsystem-Expertise.
Da gebe ich dir teilweise recht. Die Historie macht es möglich und sie zu kennen hilft, die "credits" richtig zuweisen zu können, aber ist ist definitiv nicht notwendig. Da spielte sicherlich meine Faszination für die Historie eine große Rolle.

Ich glaube aber, viele Regeln sind schon sehr früh präsent, aber dann immer mal wieder vergessen und neu entdeckt worden. Ein modernes "hoch ist gut, der SL interpretiert alles" a la FKR versucht ja, das Spielgefühl von Braunstein aus den 60ern aufleben zu lassen und um das zu erkennen, finde ich hilfreich, die Historie zu kennen und wie Wesely geleitet hat. Und auch, dass das starke Verregeln a la D&D 4E historisch gesehen aus dem Wunsch nach dem perfekten Taktikspiel geboren ist, wo man eigentlich vorhatte, VTTs zu bauen bevor dieser Begriff etabliert war (und dass das Projekt dann scheiterte, weil der Hauptentwickler seine Frau ermordet hatte, wenn ich's richtig erinnere) und was in der Tradition der Turnier- und Ladenspiele stand.

Offline Crimson King

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Das objektiv beste Produkt für eine Anwendung ist selten das erfolgreichste. Erst recht in einem Hobbybereich.

Das beste Produkt ist das, was dir am meisten Spaß macht, und das ist total subjektiv, weil a) vom Subjekt, dem Spieler, ausgehend und b) auf Spaß fokussierend, einen weichen, subjektiven Faktor. Spaß darf hier gerne als weit gefasst angenommen werden.

Die Idee, dass es ein objektiv bestes Produkt gibt, darf man getrost zu den Akten legen.


Es spricht ja nichts dagegen, pbtA-Spiele etc. als eigene Tradition zu verstehen, auch wenn ich vermute, dass da eine starke Nähe zu RQ-artigen Spielen vor Handen ist konzeptionell. Aber darum soll es gar nicht gehen, will nur sagen, eine Betrachtung der Spieltraditionen umfasst logischerweise auch neuere Spiele.

Sehe ich genauso (außer der Nähe von PbtA zu RQ-artigen Spielen, aber ich bin für RQ echt kein Fachmann). Anhand der Spielschulen kann man gut schauen, welche Regeln in welchem Kontext eingeführt wurden und welche sich durchgesetzt haben. Dann kann man darüber sinnieren, warum das so war. Und ja, Spielschulen werden bis heute fortgeführt, also gibt es keinen Grund, Spiele aus den letzten Jahren zu ignorieren.
Nichts Bessers weiß ich mir an Sonn- und Feiertagen
Als ein Gespräch von Krieg und Kriegsgeschrei,
Wenn hinten, weit, in der Türkei,
Die Völker aufeinander schlagen.
Man steht am Fenster, trinkt sein Gläschen aus
Und sieht den Fluß hinab die bunten Schiffe gleiten;
Dann kehrt man abends froh nach Haus,
Und segnet Fried und Friedenszeiten.

J.W. von Goethe

QuantizedFields

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Okay, dann bin ich überstimmt und nehme mein Argument zurück. Ich wünsche euch viel Erfolg und toi toi toi :)