RANT!
Ich möchte mich mal outen: Ich kaufe deutsche Rollenspielbücher und es gibt nur ganz wenige, die so schlecht übersetzt waren, dass ich sie nicht spielen möchte.
(Arcane Codex und Frostzone zum Beispiel...)
Ich beherrsche Englisch durchaus in Wort und Schrift, und beruflich darf ich vorzugsweise die Konversation zu englischen Kunden betreiben oder Anleitungen in englischer Sprache verfassen. Das erfordert natürlich nicht die Sprachkenntnisse, um gleich Bücher zu übersetzen, aber ich schreibe das, um zu vermitteln, dass ich deutschsprachige Regelbücher nicht vorziehe, weil ich sie in englisch nicht verstehen würde...
Ich ziehe es aber in meiner Freizeit wirklich vor, Dinge in meiner Heimatsprache zu konsumieren.
Ich lese die Scheibenwelt auch in deutsch (oder höre sie als Hörbuch), auch wenn ich von vielen gepredigt bekomme, dass da ja eine Unmenge an Wortwitz und Anspielungen verloren geht. Und Serien schaue ich auch in der deutschen Fassung vor.
Es muss für meinen Konsum nicht perfekt übersetzt sein, sondern nur ausreichend gut, um mir den notwendigen Konsum-Genuss zu ermöglichen.
Ich kann es nicht leiden, wenn ich "das muss man aber in .... lesen, sonst entgeht einem doch das ganze Vergnügen" wahrnehme.
Und ich halte es teilweise für einen unglaublichen Snobbismus, wenn ich diese Anspruchshaltung wahrnehme. Das gilt ganz besonders fürs Rollenspiel.
Es gibt nämlich (gar nicht so wenig) Menschen, die nicht das Privileg genießen, das englische Original mit Hingabe konsumieren zu können.
Und ich kann mich auch noch an Zeiten erinnern, wo Rollenspiel nicht das Privileg derjenigen mit Abitur darstellte, sondern wo auf dem Schulhof der Realschule übers Rollenspiel gequatscht haben.
Als diese Zeiten (80er, frühe 90er Jahre) langsam zu Ende gingen, weil dieses Klientel durch ein "Besserspielertum" (und zugegebenermaßen natürlich auch durch Berufstätigkeit, die etliche Jahre (bei manchem Rollenspieler Jahrzehnte) vor dem Studienabschluss bei Realschulabsolventen stattfand) aus dem Hobby getrieben wurde, kam die 25 Jahre anhaltende Phase des "unser Hobby stirbt aus, denn es spielt ja niemand mehr, niemand kauft, man findet keine Leute" Mimimi, die anhielt, bis Critical Role die RPG TV Werbung neu erfand.
Seit dem geht es dem Rollenspiel wieder gut. Das ist schön, aber die vergraulten Leute sind trotzdem weg (und halten die meisten Rollenspieler für Idioten - und zwar nicht aus dem Nerd-Vorurteil heraus, sondern aus der gemachten Erfahrung)...
zwei kleine Kommentare dazu:
1. Die Besserspieler von damals wissen natürlich genau, dass sie niemals nicht Rollenspieler aus dem Hobby vertrieben haben! Denn die Subelitären spielten ja gar kein "richtiges" Rollenspiel und ausserdem konnten sie sich ja auch kaum richtig artikulieren und aus ihren Höhlen heraus und mit Tierfellen bekleidet, waren sie ja auch gar nicht fähig den richtigen Mittelaltersprech anzustimmen, Stimmungsrollenspiel zu betreiben oder die Tragik der Existenz zu begreifen, die alten Neandertaler, die. Und diese Höhlenmenschen wollten ja auch nur Abenteuer erleben und spielen und nicht gemeinsam Geschichten erzählen.
2. Auch angemerkt sei die Tatsache, dass diese Realschul-Rollenspieler heute im Alter wären, wo man mit Mitte 40 die Kinder aus dem Haus hat und sich nostalgisch wieder den Freizeitbeschäftigungen zuwendet, die man so mit 15 gemacht hat. Rollenspiel Neandertaler natürlich nicht, die wurden ja ausreichend arschlochig behandelt...
Und für diese Menschen ohne gute Englischkenntnisse ist eine unperfekte Übersetzung in fast jedem Fall immer noch eingängiger als das, was sie bekämen, wenn sie sich durch das fremdsprachliche Original durcharbeiten müssten. Meistens werden die Regeln eher verstanden, es kommt zu weniger Fehlinterpretationen, die Leute sind sich einfach sicherer, dass sie es richtig verstanden haben und Spielregeln korrekt anwenden und die Lektüre ist trotz etwaiger Holperigkeit immer noch flüssiger gelesen als das Original.
Nun, ich bin einer der Realschüler (einer, der die Hochschulreife auf dem zweiten Bildungsweg erworben und dann auch sein Studium absolviert hat) von damals.
Und mich kotzt es ein bisschen an. Okay, ich will nicht unehrlich sein - also streichen wir das "ein bisschen". Und als Realschüler, dann Azubi hab ich irgendwann auch was von Solidaritäten wahrgenommen. Das für gemeinsame Interessen eintreten und so und dafür auch mal auf individuelle Vorteile verzichten.
Und auch deswegen kauf ich meinen Kram fürs Rollenspiel massiv vorzugsweise in deutsch ein. Und bin auch Leuten dankbar, die eigentlich viel mehr Geld verdienen könnten, wenn sie nicht als Rollenspielbuchübersetzer tätig wären. Dass jemand sowas macht, wird viel mit "da hineingewachsen, Hingabe an ein Hobby" und so was zu tun haben, aber viel zu oft halten Leute, die es wegen dem extrem schmalen Budget nicht ertragen, ein mäßig übersetztes Regelwerk zu lesen (und gleichzeitig aber den Thread "Bundle of holding" im Abo haben um ja nicht einen Cent zu viel auszugeben und das gesparte Geld dann im Auslandsurlaub mit gebrochenen Einheimisch in der sprachlichen Bestellung "klar muss der mich verstehen. ich bring schliesslich Devisen ins Land!" in Alkoholkonsum investieren) als "naja, als Geisteswissenschaftler würden sie sonst Taxi fahren oder Pommes verkaufen" Meinungsinhaber die Übersetzer für "unglaublich doof, sich so viel Arbeit für so wenig Geld zu machen und sie dann auch noch schlecht zu machen". Ich bin anderer Meinung. Ich bin dankbar, weil ihr es Leuten, die eben kein Fucking Abitur haben, ermöglicht, Rollenspiel zu machen. Und ja: Ihr müsstet mehr Geld kriegen und vielleicht würden dann auch andere Leute übersetzen, oder wir würden weniger lange warten, bis was erscheint. Wie auch immer.
Ich frag mich dann immer, was da schief geht. Also dass Leute wenig Geld bekommen obwohl sie mehr Geld verdienen sollten und so. Und natürlich, ob die Leute, die den Sprach-Snob raushängen lassen und damit sich anderen Leuten in den Weg zu einem Rollenspielvergnügen stellen, nicht nachdenken (können), vielleicht einfach nur egoistisch sind oder wie das so ist, wenn man sprachlich so gut drauf ist, dass man der Meinung sein kann "Rollenspiele sollten besser gar nicht erscheinen, bevor sie nur in mäßiger Qualität erscheinen - egal, wie viele Leute dadurch vielleicht gar nicht spielen können".
Zum Glück ist das hier ein Rant. Da darf ich übertreiben, weil es ja alles bewusst übertrieben dargestellt werden muss. Sonst wäre es ja kein Rant.
Und natürlich ist das alles übertrieben dargestellt. Ich mein das gar nicht alles so. Deswegen an alle Sprach-Snobbisten: Nix für ungut!
So, ach ja. Noch zum Thema: Wie gut muss für mich denn eine Übersetzung sein?
Ganz einfach: Sie muss so gut sein, dass man die Spielregeln verstehen und aus dem Verständnis heraus regelkonform spielen kann. Wenn sie besser ist, ist das natürlich schön. Wenn sie die Regeln klar falsch oder völlig unverständlich wiedergibt, ist sie zu schlecht.
PS: Ich weiss, dass es Sorten sind (und nicht Devisen).
PPS: Ich hasse nicht alle Menschen, die englische Rollenspiele kaufen, obwohl es die deutsche Übersetzung gibt - es ist ein Rant, und insofern hasse ich ALLE Menschen, egal was sie kaufen...
PPPS: Ich muss noch einen drauflegen: Was noch viel scheissererer ist als eine mäßige aber verständliche Übersetzung eine Rollenspiels, ist ein 'native' deutschsprachiges Rollenspiel, dass seine Spielregeln und Fakten in so viel schwurbeligen Prosageschafel versteckt, dass man Krämpfe beim Leseversuch bekommt. Und ganz nebenbei: All diese sind natürlich von von den Besserspielern, Geisteswissenschaftlern, Sprachsnobbisten und Originalsprach-liebhabern dieser Welt verfasst, die auch an der Klimakatastrophe erheblichen Einfluss haben, werden ihre Regelwerke doch mit Klimakiller-Flugzeugen per Luftfracht von China über USA nach Deutschland verschifft!