Aber im Kontext dieses Threads geht es ja ausdrücklich nicht um "alte Systeme im Kontext ihrer Zeit", sondern um "OSR-Systeme von vor den 90ern zum Heute-Nutzen". Die Gnade der Einordnung in die Epoche ist dabei nicht gefragt.
Im Kontext der Zeit damals gab AD1 mir d i e Rollenspielheimat gegenüber DSA und auch D&D. Bei vielen guten zeitgenössischen D&D-Systemen würde ich heute aber nicht wieder in die Vergangenheit zurückwollen, und - wenn ich gefragt werde - einem Neuling zu zeitgenössischen Systemen raten, insbesondere, wenn die Einsteigenden längerfristige Abenteuer spielen möchten.
Wenn du so argumentierst, waren die ersten Steinbeile schlecht designed... tatsächlich waren sie aber wirkliche Meisterwerke... das ging so weit, dass die ersten Bronzewaffen sich am Design der Steinwaffen orientierten und es zum Teil 1 zu 1 nachbildeten. Die ersten Autos waren nach heutigen Maßstäben schlecht designed... und die ersten Autos waren Elektroautos, die dann durch Modelle mit Verbrennermotoren ersetzt wurden, weil die angeblich besser waren. Diese Art der Betrachtung führt zu nichts, ehrlich gesagt, da die alten Modelle nie "gewinnen" können, weil der Designgeschmack sich immer wandelt. Funktioniert halt nicht und ist keine faire Beurteilung, sondern extrem stark voreingenommen, der "Sieger" steht von vornherein fest, da kann man sich dann die Diskussion auch sparen. Man muss schon sehen, dass auf der einen Seite das Original, die ursprüngliche erste Version steht und auf der anderen Seite das Produkt von 50 Jahren Veränderungen. Im Kern lautet die Begründung "Das ist alt, das ist primitiv, das KANN nicht gut sein, nur das Neue ist gut". Das ist wieder eine dieser absoluten Positionen, über die man keine Diskussion führen kann, weil sie keine andere Sichtweise zulässt. Tatsächlich werden von heutigen Spieler"generationen" einige Systeme als "unspielbar" bezeichnet, die damals sehr gern und gar nicht wenig gespielt wurden. Wie kann das sein, wenn sie doch unspielbar sind? Das kommt durch die sich wandelnden Vorlieben. Früher wurde mehr gelesen, die durchschnittliche Aufmerksamkeitsspanne war größer. Heute ist sie sehr viel kürzer, was natürlich auch in Sachen Präsentation ganz andere Herangehensweisen erfordert. Damals war schwarz-weiß auf ganz normalem Papier komplett OK, heute muss es vollfarbig auf Hochglanzpapier sein... was höhere Kosten verursacht, trotzdem will man nicht von dem "Standard" lassen. Es hat sich schon sehr viel geändert. Und "schlechtes Design" ist immer eine Frage des Zeitgeistes... das ist keine Sache der absoluten Standpunkte. Ebenso ist es immer eine persönliche Sache, was es noch viel weniger universell macht.
Zur Tabelle "Versprechen vs AD1-Realität"
Eine Überspitzung kann nur der Verdeutlichung dienen, sie taugt natürlich nicht zu einer differenzierten Betrachtung.
Die Grundfrage ist natürlich: Was ist das richtige Maß?
Wenn die Überspitzung zu weit führt - was bei der Tabelle der Fall war, da war zum Teil absichtliches Nicht-Verstehen einiger Regelungen anzunehmen -, ist das rechte Maß nicht getroffen worden. Sachlichkeit hilft dem rechten Maß meist weiter.
Stimmst Du mir zu:
- dass AD1 bei der Charaktererschaffung mehr Limitationen und Restriktionen (Atributsminimumgrenzen; Volk-Klassen-Kombiverbote; Level-Caps) anwendet als die 5e?
Korrekt
- dass zu Beginn der Abenteurerkarriere AD1 tödlicher ist als 5e?
Nö. Ich hatte genug Level 1-Charaktere, die wegen "Spielerdoofheit" bei der 5e starben, um das verneinen zu können. Auch 1e war nur dann tödlich, wenn man unvorsichtig war... ich kenne mehrere Charaktere, die trotz einem oder zwei HP ein langes und erfolgreiches "Leben" hatten.
- dass es bei AD1 wie auch mit bei 5e als Möglichkeit vorgesehen ist, langfristige Kampagnen zu spielen?
Natürlich... auch wenn ich den Hintergrund dieser Feststellung nicht ganz verstehe... das ist bei der Mehrheit der Rollenspiele vorgesehen...
- dass die Aufgabenverteilung der Klassen bei AD1 strikter ist als in der 5e?
Jupp, das stimmt wohl.
- dass Fertigkeitsregeln bei AD1 in geringerer Zahl vorkommen als in der 5e?
Auch das stimmt. Die anfängliche Designentscheidung wurde geändert.
- dass ab mittleren Stufen der Magier bei AD1 viele Alleinstellungsmerkmale anderer Klassen übernehmen kann?
Das müsste ich wieder nachlesen, denke aber nicht, dass es im gleichen Maße wie bei den "Originalklassen ist.
- dass AD1 zur Ermittlung, ob Effekte (Geheimtüren finden, Trefferwurf etc) eintreten, mindestens drei unterschiedliche Würfel benutzt und die 5e nur einen?
Ja. Und wieder andere Systeme nutzen generell nur einen Würfel, andere gar keinen. Was willst du damit belegen?
- dass AD1 mehr Generatoren (Tabellen) als die 5e zur Verfügung stellt, um die Welt und ihre Aktion/Reaktion zu bestimmen?
Jupp. Ist ein Angebot, keiner muss sie nutzen. Steht aber meine ich auch dabei. Was ist an Angeboten derart verwerflich?
"Von der Nulpe zum Helden" Ich kann natürlich auch nur aus meiner erinnerten Erfahrung schöpfen. Meine AD1-Gruppe damals empfand sich definitv nicht als Bauernlümmel. Alleine schon ihre selbstgeschriebenen Biographien strotzten vor "erwecktem Potential" (Waldläufer) oder adeligem Hintergrund (Paladin). Ich erinnere mich, dass sie häufig über 0-Stufen-Charaktere sprachen, wenn sie über das gemeine Volk redeten.
Das "gemeine Volk" umfasst auch Schmiede und Tavernenwirte... die sind oftmals nicht Stufe 0, sondern durchaus auch recht hoch. 0815-Stadtwachen sind nicht Level 0... kann es sein, dass ihr das damals zwar so gesehen habt, es aber nicht den Tatsachen entsprach, dass sich die Gruppe also gegen die "Spielweltrealität" versuchte, über andere Wesen zu erheben, um "besser" zu scheinen? Das System gab das nicht vor, das muss also von euch gekommen sein.
Ich kann die Entwicklung zu "Helden von Beginn an", die es angeblich gibt, nicht recht einordnen. Held im Sinne von Bilbo, einem s e h r niedrigstufigen Charakter, der sich mit einem Halbgott anlegt? Oder Held im Sinne, dass ein Abenteurer obwohl niedrigstufig schon "zuviel" kann?
Bilbo ist jemand, der "verdammt viel Würfelglück bei verdammt dummen Aktionen hatte". Das ist etwas, das immer vorkommen kann, darf aber nicht als Standardannahme vorausgesetzt werden. Das scheint aber in der Familie zu liegen, auch Frodo hat viel erreicht, obwohl er am Anfang durchaus unfähig war und SEHR viel Mist gebaut hat. Würfelglück halt, keine Leistung. Zumal der wirkliche Held des Duos Sam war. Und auch Bilbo hat sich oft genug durch Dummheit in Gefahr gebracht und kam nur durch SEHR viel Glück und das Können seiner Reisegefährten da wieder heraus. Tatsächlich halbwegs "kompetent" agieren Bilbo und Frodo erst gegen Ende... sie sind von der Null zum Helden geworden, sie haben sich verbessert.
Höhere Tödlichkeit früher und heute Ich habe es jetzt nicht richtig rausgehört: Würdest Du noch immer sagen, dass weniger tödlichere Systeme eher zu selteneren diplomatischen Konfliktlösungswegen führen?
Warum sollte ich das sagen? Das ist immer eine Sache der Gruppe und der Spielweise. Ich kenne durchaus Mörderhobogruppen, die regelmäßig neue Charaktere brauchen, weil das System extrem tödlich ist... da ist dann die Herausforderung, wie lange es gut geht. Es gibt aber auch Gruppen, die von Anfang an gewaltlos spielen, selbst bei Systemen, die nicht unbedingt tödlich sind. Das System KANN bestimmte Spielweisen fördern, es ist aber keine Garantie. Andere Einflüsse sind da sehr viel "nachhaltiger", ehrlich gesagt, die haben aber nichts mit dem Spielsystem zu tun..
Ich: "In meiner AD1-Gruppe führte die strikte Aufgabenverteilung dazu, dass die angeblichen Underperformer, unser Kleriker und unser Magier, viel Druck von den anderen bekamen" Weniger Leistung als die Angst vor dem Verlust eines Kon-Punktes, der mit Wiederbelebung einherging. Ja, die ungnädigen Mitspieler, die dem Magier und Kleriker Druck machten, waren nicht immer angenehm.
Was immer noch bedeutet, dass die Kämpfer in den Gung Ho-Modus gingen und der einzige Heiler das aufzufangen hatte, korrekt? Das ist kein Gruppenspiel, das ist das Schaffen von Abhängigkeitsverhältnissen und das Verlagern von der Verantwortung für das eigene Handeln hin zu anderen. Kommt öfter vor, wenn die eigene Rolle nicht wirklich verstanden wird und das Gruppenkonzept deswegen "unrund" läuft. Ich sehe den Fehler hier immer noch weder beim System noch bei dem Magier oder Kleriker, ehrlich gesagt. Ein nicht kleiner Teil der Verantwortung liegt beim SL, der bei so etwas schlichtend und regulierend eingreifen sollte. Was scheinbar nicht passiert ist. Rollenspiel hat immer eine ausgeprägte soziale Komponente, das war von Anfang an so. Wird tatsächlich bei der "Jobbeschreibung" des SL erwähnt.
Frage nach innerweltlicher Begründung der AD1-Regel des Aufsteigens in zwei Klassen (nur Menschen) Ich sehe diese Frage nicht in einem Topf mit der Frage, wie ein Drache physikal zu fliegen in der Lage oder wie realistisch das Weitsprungverhalten von Charakteren ist. Mehr Erfahrung, mehr und bessere Zauber; mehr Erfahrung, bessere Trefferchance; warum der Magier keine Metallrüstung tragen sollte; die Klerikerin nur stumpfe Waffen nutzen - das ist trotz Simplifikation nachvollziehbar und "irgendwie" - ("irgendwie" reicht ja völlig) erklärbar. Die kruden Dual-Klassen-Regeln jedoch lassen keinerlei innerweltliche Erklärung zu, jedenfalls reicht meine reichliche Phantasie nicht, um mir eine zusammen zu reimen. "Musst Du halt trotzdem akzeptieren oder einfach weglassen" wäre für mich synonym für "Ist halt schlecht designt".
Eher "entspricht nicht meinem Geschmack". Hätten sich derart viele daran gestört, wäre das recht schnell geändert worden. Oder?
Ich: "Ad1 war mehr Dungeoncrawl und ähnelt damit eher Computerspielen als jüngere Systeme" Ich finde Deine Hintertür zu großzügig: Wir haben "Against the Cult of the Reptile God" und den "Temple of Elemental Evil" gespielt. In unserer Erinnerung: Karten über Karten von Gebäuden, Dungeons und Höhlen. Wir haben die Welt sehr ernst genommen und sorgfältig gespielt, dadurch brauchten wir zwei Jahre (mit ziemlich genau 2 vollen Spieltagen pro Monat). Als die Flut an Innenräumen im Tempel kein Ende nahm, haben wir uns gemeinsam für eine Abkürzung entschieden und ab dann nur noch eigene Abenteuer gespielt.
Der Tempel ist eine Kampagne von Level 1 bis 8. Umfasst auf 148 Seiten 2 Dörfer und einen großen Dungeon... plus viel kleine Ausschnitte aus Elementarebenen. Gerade gezählt... 16 Seiten Karten auf 148 Seiten, für eine Kampagne über die Level 1 bis 8. Das ist nun wirklich nicht viel. Natürlich ist das primär "drinnen".
Against the Cult of the Reptile God hat 6 Karten auf 36 Seiten... einmal das Dorf und die Reptiliensiedlung, dann Innenansichten einiger Häuser, des Tempels und den Dungeon... und unter "weitere Abenteuer" wird ein geheimnisvoller Wald erwähnt.
Und ja, ich sagte ja schon, die Kaufabenteuer waren gerne mal Dungeons, weil die recht universell einsetzbar sind. Das ist im Übrigen nicht meine "Hintertür", das war die Aussage von TSR damals. Es gab aber auch anderes, sogar schon vor AD&D. Dungeons sind halt einfach zu bauen, die Aufteilung in Räume macht es dem SL einfach, schnell in ein von jemand anderes gebautes Abenteuer hineinzukommen. Wildnisabenteuer oder große Intrigen sind da schwerer zu vermitteln, das sind oftmals Sandboxes. Und wir erinnern uns, damals war das Hobby noch nicht so alt, es gab nicht sooo viele erfahrene SLs, die einem weiterhelfen konnten und auch Youtube war damals im Besten Fall ein feuchter Traum. Wenn ich mir heutige "Bewertungen" von alten Systemen und Abenteuern ansehe, dann ist etwas umso "unspielbarer", je mehr Aufwand es erfordert. Spannender "Zufall, oder?
Und spätestens der "Wilderness Survival Guide" sollte zeigen, dass es etwas außerhalb der Dungeons gab... wird nicht umsonst von vielen bis heute als eines der besten Sourcebooks für AD&D1 gesehen.
@ghoul Ja. Aber Camos These war, dass jüngere Systeme näher an Computerspielen dran sind als AD1 (wenn ich ihn richtig verstanden habe)
Das beschreibt auch mein Gefühl.
Meine These lautet NICHT, dass die Systeme, sondern das Vorgehen der Spieler heutzutage näher an Computerspielen dran sind. Old School hat in meinen Augen NICHTS mit Regelmechanismen zu tun, sondern mit dem Spielgefühl und dem Vorgehen. Es KANN ja auch gar nicht an Mechanismen liegen, weil es schon in den 70ern und 80ern extrem viele komplett unterschiedliche Systeme gab, die keinerlei Übereinstimmungen hatten.
Bin mir nicht sicher ob ich deinen Post missverstehe, oder du meinen missverstanden hast, aber mit "oldschool D&D-Hater" meine ich Personen, die kein oldschool D&D spielen (es ist auch irrelevant, ob sie es mal gespielt haben), das OD&D/AD&D/OSR-Forum aber häufig frenquentieren. Meiner Vermutung nach, weil dieses Forum hier viel Buzz generiert im Gegensatz zu manch anderem D&D-Unterforum und um die unschuldigen Kinder vor den Gräueln der alten Schule zu bewahren. Klassenrestriktionen, Rassenrestriktionen, Charaktere können sterben, welch Schreck! (ich mache mir jetzt nicht die Mühe diese teilweise konstruierte Tabelle nochmal rauszukramen und habe zumindest die drei Stichpunkte noch halbwegs im Kopf)
Dieser vorgegebene Anschein, man wäre hier um Ansichten auszutauschen wird ja spätestens dann entlarvt, wenn besagte Personen mit Vorwänden der mangelnden Zeit Einladungen in andere Foren/Medien mit weniger willkürlicher Moderation ablehnen, um dann am nächsten Tag wieder einen Wall of Text zu schreiben. Es geht solchen Leuten nicht um Austausch, es geht um schlecht reden von oldschool D&D im vermutlich größten deutschen Rollenspielforum. Was aber, wie ich in meinem von dir zitierten Post ausdrücken wollte, hier mit einem Schulterzucken verpufft weil die Argumente eben keinen Kommentar wert sind.
Falsch geraten, es liegt daran, dass der Old School-Bereich warum auch immer im D&D-Bereich abgelegt wurde... damit müssen wir in diesen Bereich, obwohl an Old SChool so viel mehr als D&D dranhängt. Was einige nicht wahrhaben wollen, aber nun... ist halt so. Aber netter Versuch. Und "mit Vorwänden der mangelnden Zeit Einladungen in andere Foren/Medien mit weniger willkürlicher Moderation ablehnen, um dann am nächsten Tag wieder einen Wall of Text zu schreiben" klingt etwas muksch, weil man das nicht in das eigene Heimatforum verlagern konnte, sondern das immer noch von vielen hier gesehen und gelesen wird. Ich wundere mich nur, was "weniger restriktiv" in dem Zusammenhang bedeuten soll... ich fühle mich hier derzeit nicht eingeschränkt, man darf nur keine Leute angehen. Was also kann die "Restriktion" sein?
Und für "keinen Kommentar wert" passiert hier recht viel... wie kann das sein? oO
Das kannst du gerne behaupten, ist aber falsch. Ebenso wie die Behauptung von Koruun, dass Unzufriedene mit älteren D&D-Versionen hier den Thread "kapern" würden, nachdem sie von Camo ausdrücklich eingeladen wurden, von ihren Erfahrungen zu berichten.
Sich darüber zu beschweren, dass hier nicht unkritisch gelobt wird, denn Kritikern die Erfahrung abgesprochen wird, während man gleichzeitig Spielsysteme von denen man keine Ahnung hat anhand von erfundener "Genetik" eingruppiert, ist mal eine steile Ansage.
+1, danke.