- Kapitel I –
- Der Alte Mann und der Wald -
„Das Einzige was vor einem liegt ist der Wald, riesige alte Bäume so verdreht und ewig wie die Zeit selbst.“
Sieben Tage ist es her seitdem ihr in dem Separee im Weißen Hirsch zusammengesessen habt und euch das vorzügliche Mahl einverleibtet. Doch es kommt euch wie eine Ewigkeit vor, danach war die Straße euer Zuhause und die Mahlzeiten um einiges Karger. Selbst wenn ihr für eine Nacht in eines der Gasthäuser in dem einen oder anderen Weiler eingekehrt seit gab es nicht mehr als Hausmannskost. Wenn auch Nahrhaft, so doch weit weniger raffiniert und wohlschmeckend als das Festmahl im Weißen Hirsch. Die Hirdmänner an eurer Seite kümmern sich meistens um alles, bezahlen und steuern die zwei Wagen mit den Fässern des Freundschaftstrunks.
Eure Hirdmänner sind allesamt Sturmländer, hochgewachsen mit breiten Schultern, der Hauptteil ihrer Kleidung besteht aus Leder und Fell, bewaffnet sind sie mit Langspeeren, Schilden und Äxten. Ihre bis auf einen Zopf und Büschel rasierten Schädel, die Narben und Tätowierungen weisen sie als Krieger und Veteranen vieler Kämpfe aus.
In ihren Augen kann man sehen, dass sie dem Tod mehr als einmal ins grimme Antlitz geblickt haben und doch ist keiner von ihnen nach Dimhall eingezogen, was man von ihren Gegnern nicht sagen kann.
Ihr Umgang ist rau und doch scheint sie ein Band zu verbinden, das stärker ist als das reiner Bezahlung. Euch betrachten sie mit einer kühlen Distanz, besonders die Elfe, ist ihr Anblick in den Sturmlanden doch fremd. Keiner von ihnen hat vorher einen Elfen oder ein Halblut gesehen oder erinnert sich, dass es Elfen von Rang und Namen in den Sturmlanden gibt. So ergeht es auch vielen Leuten die ihr auf der Straße oder in den Gasthäusern trefft.
Vor zwei Tagen habt ihr die Ausläufer des großen Waldes erreicht und die Sturmländer wurden noch stiller und verschlossener als sie es sowieso schon waren. Die Straße führt mal näher mal weiter weg am Wald entlang und die Mauer aus turmhohen Fichten wirft einen langen Schatten ins Land wenn die Abendsonne hinter ihren Wipfeln untergeht. Am abendlichen Feuer berichten sie in einfachen Worten von allerlei Geschichten die man sich über den Wald erzählt und von den Monstern die in ihm Hausen sollen, keine davon hilft euch in den Schlaf.
Bisher war euch das Wetter wohlgesonnen und meistens schien die Sonne, welche maximal von ein paar Schauern unterbrochen wurde. Seit diesem Morgen jedoch steht ein dichter, weißer Nebel über den Wiesen und Feldern, so dass man den Wald nur noch hin und wieder erahnen kann, wenn doch mal eine Windbö den Nebel teilt. Mit dem Nebel legt sich eine Stille über das Land, so dass selbst die Vögel und Tiere verstummen und ihr nichts anderes mehr hört als das Geklimper eurer Ausrüstung, das Stapfen der Ponys welche die Wagen ziehen und das Knarren des Holzes der Wagen. Die Feuchtigkeit kriecht in eure Kleidung, setzt sich auf den Rüstungen ab und rinnt in dicken Tropfen vom Metall herunter. Die Dämmerung setzt früh ein und aus dem Weiß des Nebels wird ein düsteres Grau. Einen geeigneten Ort für ein Nachtlager zu suchen wird unmöglich und die Sichtweite schrumpft auf wenige Pferdelängen zusammen. Vielleicht war es ein böses Omen den Freundschaftstrunk so nahe an den Wald zu bringen. Sagt man doch seine graue Farbe komme daher, dass er mit den Nebeln von Dimhall versetzt ist und die Suppe die euch umgibt scheint geradewegs dem Totenreich entsprungen zu sein. Als Diener der Götter weiß Gylfi, dass die Grenze zum Totenreich durchlässig ist wenn der Nebel über dem Land liegt und allerlei Unleben in ihm Wandeln kann.
Euch bleibt nichts anderes übrig als an Ort und Stelle das Nachtlager aufzuschlagen.