Ich habe mich jetzt etwas intensiver mit dem Regelwerk beschäftigt, da ich "Electric Dreams" in Kürze leiten werde.
Daher hier mal das, was mir bislang so zu dem System durch den Kopf gegangen ist:
Ich habe auch schon 5-6 Online-Sessions bei 3 verschiedenen "Game Runnern" gespielt, um mir einen Eindruck von dem Spiel zu verschaffen.
Was meines Erachtens ein sehr wichtiger Teil des Spiels ist, aber vor allem in One-Shots gerne zu kurz kommt, das ist das System der Promotion Points / Humanity Points / Chinyen Points im Zusammenspiel mit den LAPD Ressourcen, sowie der Auszeichnungen und Strafen.
Der Kriminalfall soll hier immer nur die Bühne für emotionale Szenen und Gewissensentscheidungen bieten:
* Verhalte ich mich menschlich, empathisch? Dann bekomme ich dadurch Humanity-Points und kann meine Fertigkeiten steigern.
* Verhalte ich mich den Regeln des Systems entsprechend und will ich Karriere machen? Dann bekomme ich Promotion Points. Damit kann ich zum einen "Specialities" (in anderen YZE Spielen "Talente" genannt) steigern, mir aber auch während der Fälle Vorteile erkaufen (Ausrüstung und Anderes). Mit Chinyen-Points kann ich Promotion Points ersetzen (indem ich Hehlerei oder Bestechung betreibe), aber wenn ich dabei erwischt werde, dann kann ich bestraft werden.
Somit läuft es am Ende darauf hinaus: Schwimme mit dem Strom und du bekommst Vorteile. Widersetze dich dem System - auch wenn es vielleicht richtig ist - und du wirst bestraft. Wieviel ist dir ein gutes Gewissen wert?
In meinen Sessions, die ich bisher als Spieler gespielt habe, wurden diese Aspekte nicht stark thematisiert. Der Hauptgrund: Es waren One-Shots/Few Shots, die Zeit war begrenzt und man wollte sich darauf konzentrieren den Plot zu beenden. Dabei fällt aber meines Erachtens sehr schnell der Teil des Spiels unter den Tisch, der meines Erachtens der wahre Kern des Spiels ist.
Gesteuert wird diese "Gewissens-Thematik" über das Belohnungs- und Bestrafungs-System der Promotion/Humanity Points. Zusätzlich gibt es noch Auszeichnungen und Strafen, die vom Vorgesetzten vergeben werden können.
Ich bin grundsätzlich auch kein Fan dieser EP-Bewertungs-Listen, die Free League in jedem Spiel einbaut, um Spielern individuell EP zu verleihen. Ich verstehe die Intention dahinter, aber ich möchte meine Spieler nicht fürs "richtige" Rollenspiel belohnen. Daher bevorzuge ich es, allen in der Gruppe immer gleich viele EP zu geben.
Bei Blade Runner werde ich mich aber hier an die Punkte-Vergabe halten. Das Regel-Element ist viel zu zentral und zu wichtig, als es anders zu machen.
Ich würde auch stark dazu raten, die Punkte-Vergabe in Oneshots einzubauen. Bei einer Halbzeit-Pause kann man auch gut mal eine kurze "Bewertungs-Runde" einschieben und den Spielern so vermitteln, dass jede ihrer Entscheidungen Auswirkungen hat und bewertet wird.
Was mir aber auffällt und mir (bislang) nicht so gut gefällt:
Chinyen-Punkte:
Bei der Charakter-Generierung kann man per Würfel-Wurf und Glück recht viel davon bekommen, aber über das "Wie läufts danach?" schweigt sich das Regelwerk ziemlich aus. Es gibt ein Talent, durch das man über Hehlerei zu Beginn eines jeden Falls einen CP bekommen kann. Ansonsten verlässt sich das Spiel offenbar darauf, dass Spieler im Spiel schon Mittel und Wege finden werden, um an Geld zu kommen (es wird erwähnt, wie man Gegenstände verkaufen kann).
Das ist mir etwas zu wenig. Ich habe mir also etwas anhand des Dienstgrades der Charaktere (der Dienstgrad hängt vom Dienstalter ab) ausgedacht. Somit können Charaktere je nach Abstammung und Dienstgrad ein paar CP zu Beginn einer Fallakte als "Gehalt" erhalten, wenn sie gerade knapp bei Kasse sind: Sie starten einen Fall immer minimal mit CP in Höhe der Hälfte ihres Dienstgades (aufgerundet). Ein Frischling hat Dienstgrad 1, ein Old-Timer Dienstgrad 4.
Dazu gibt es noch zusätzliche "Specialties" (Talente), um sowohl Dienstgrad als auch Gehalt noch aufzustocken. Im Regelwerk werden ja Bezeichnungen vom "Police Officer I" bis zum "Poice Sergant II - Police Detective III" genannt, die ich jetzt als Dienstgrade von 1-7 verwende. Zum Start ist Dienstgrad 4 (Old Timer) die höchste erreichbare Stufe. Höher geht es dann nur über den Erwerb von Speciality Stufen.
Promotion-Points und LAPD-Ressourcen:
Grundsätzlich halte ich die Idee, dass man seine PP ausgeben kann, um zusätzliche Hilfe anzufordern, für großartig. Ich sehe da nur ein Problem: Promotion Points sind auch so etwas wie Erfahrungs-Punkte. Die Anzahl der Spieler, die solche Punkte für einen einmaligen Vorteil ausgeben, die halte ich für extrem gering. JAJA! Hier in diesem Forum wimmelt es nur so von edlen Rollenspiel-Veteranen, die ohne mit der Wimper zu zucken für eine gute Szene einen ganzen EP-Sack über Bord werfen. Daran zweifle ich nicht!
Mein Problem ist nur: Ich spiele halt viel mit ganz normalen Leuten. Und die machen sowas halt nicht! Oder zumindest äuuuuußerst selten!
Ich bin mir daher nicht sicher, ob dieses Regelelement so funktioniert, wie es denn soll.
Meine aktuelle Lösung ist: Ich habe noch ein Punkte-System eingeführt ("Ja isser denn wahnsinnig! Da gibt es doch schon drei! Das sind doch jetzt schon zu viel!"):
Bei mir gibt es jetzt je nach Dienstgrad und Abstammung eine bestimmte Anzahl an Ressourcen-Punkten (Replikanten-Frischling: 0, menschlicher Old-Timer: 4). Ressourcen-Punkte (RP) gibt es einmal pro Fallakte und können NUR für LAPD-Ressouren verwendet werden.
Somit können Charaktere erstmal ihre RP verballern. Und wenn sie auf den Geschmack gekommen sind, und diese dann weg sind, führt das eventuell danach dazu, dass sie auch mal einen PP ausgeben. Und wenn nicht: Auch nicht Schlimm! Durch das PP-Bewertungs-System können sie ohnehin PP auch wieder verlieren - und davon sollte man unbedingt Gebrauch machen! Wer sich nicht an die Regeln des Systems hält, wird bestraft!
Außerdem habe ich noch einen Punkt beim Humanity-Points Bewertungssystem hinzugefügt: "Du hast einen oder mehrere Promotion Points ausgegeben, um einem Menschen oder Replikanten zu helfen."
Das waren so die zentralen Stellen, die ich geändert habe. Wenn ich die Regelanpassungen mal getestet habe, schreibe ich sie eventuell auch nochmal etwas ordentlicher auf.
Und abschließend noch etwas: Ich wollte gerne die Voight-Kampff-Tests und Baseline-Tests ins Rollenspiel einbauen - oder zumindest darauf vorbereitet sein.
Ich habe dazu jetzt zwei Fragenkataloge zusammengestellt. Dabei habe ich mich auf die deutsche Tonspur der beiden Filme gestützt und viel weiteres Material übersetzt.
Das kann man sich jetzt als kleine Spielhilfe hier herunterladen:
http://yearzero.rpg.systems/2023/07/br-spielhilfe-replikanten-tests/