Was schlecht ist:
- Überkonstruierte Aufhänger / Hintergründe, denen keiner folgen kann, weil sie eher abwegig sind.
- Überladene Plots mit einfach zu vielen Verästelungen und Nebenplots, die von der Hauptsache ablenken.
- Plot Twists um des Überraschungseffekts willen und ohne vernünftiges Set-Up.
- Plot Twists, die den Erfolg der Spieler/Charaktere negieren.
- Die "epische Szene", zu der man hinkommen will und das dann auch, notfalls mit der Brechstange, tut.
- Plot Holes, die natürlich leicht entstehen, wenn man es raffiniert machen will und dann aber nur minimale Anstrengung in die Vorbereitung steckt.
All das kann man natürlich vermeiden, indem man den abgedroschensten, simpelsten und vorhersehbarsten aller Plots präsentiert. Sind daher simple und vorhersehbare Plots stärker? Nein! Schneller, leichter, verführerischer.
Klar, wenn der Fokus auf Dungeoncrawl liegt und der Plot mehr so ne Rahmenhandlung ist, mag das ausreichen. Aber bezogen auf story-orientiertes Spiel, liegen hier glaube ich ein paar Missverständnisse vor.
1) Ein Plot sollte nachvollziehbar sein, in dem Sinne, dass der Spieler im Nachhinein sagt, ach ja, KLAR ist das so gewesen. Nachvollziehbar ist aber nicht das gleiche wie
vorhersehbar, im Sinne von total klischeehaft und nach Schema F. Für einen guten, nachvollziehbaren Plot braucht es einen gut durchdachten Hintergrund, und es braucht bei jedem Plot Twist Set-up und Pay-off. Und klar, wenn die Spieler hier und da das Set-up als solches erkennen und über den Pay-off nicht allzu überrascht sind, muss das nicht schlimm sein. Es wäre aber schon wünschenswert, dass die Spieler sich eher auf die eigene Schulter klopfen und sagen, ha, wusste ich's doch, als dass sie mit den Augen rollen und sagen, echt jetzt, genau so wie jeder erwarten würde? Und gerne dürfen sie auch mal was nicht kommen sehen, weil das Set-up elegant unter was anderem versteckt wurde.
2) Ein Plot sollte, gerade im Rollenspiel, überschaubar sein, die Spieler sollten in der Lage sein, zwischen Spielregeln, taktischer Planung, Spekulation, Selbstorganisation, sozialer Dynamik am Spieltisch und gelegentlichem OT trotzdem zu folgen und die wesentlichen Dinge im Kopf zu behalten. Das erfordert klare Schwerpunktsetzung, gelegentliche Redundanz und vor allem Stringenz. Man darf den Plot nicht überfrachten, und man sollte verwirrende, rätselhafte und ambivalente Elemente sehr gezielt und punktuell einsetzen. Gleiches gilt für nicht-lineare Erzählstrukturen. Stringent ist aber nicht das gleiche wie
simpel, im Sinne von, man muss darüber überhaupt nicht nachdenken. Im Gegenteil, wenn man den Plot stringent hält, bindet man weniger Hirnkapazität mit Nebensachen oder Formalitäten, und kann diese Hirnkapazität dann statt dessen dafür verwenden, wirklich über inhaltliche Dinge nachzudenken. Die zentralen Fragen eines guten Plots sollten nicht simpel sein, sie sollten wenn möglich profund sein. Wenn man solche profunden Fragen hat, diese aber im Spiel nicht so richtig ankommen, dann ist die Antwort nicht, die Fragen banaler zu machen. Sondern genau im Gegenteil ist die Antwort, die Fragen besser, stringenter herauszuarbeiten.
3) Dramatische Höhepunkte entstehen dadurch, dass sie im Abenteuerhintergrund möglichst unausweichlich (aber NICHT offensichtlich) angelegt sind. Man muss die Motive der SCs kennen und die der NSCs entsprechend gestalten, die Ziele und Umstände, Zwänge und Kausalitäten so ineinander verschachteln, dass es sich unweigerlich zuspitzen und ggf. zu einem bestimmten Schauplatz hin bewegen wird. Das ist nicht das gleiche wie
Railroading, bei dem gerade diese Vorarbeit fehlt und deswegen irgendwelche Taschenspielertricks verwendet werden, um trotzdem zu der geplanten epischen Szene zu kommen, obwohl es dafür eigentlich gar keine Notwendigkeit gibt.
Ein guter Plot macht Arbeit. Wer sich die Arbeit nicht machen will, okay, der sollte lieber einen simplen und vorhersehbaren Plot leiten, der wenigstens solide ist, als einen "komplexen" Plot, bei dem er mit faulen Tricks versucht, darüber hinweg zu täuschen, wie halbgar und schlecht durchdacht er ist. Aber simpel und vorhersehbar ist nicht gleich gut. Sondern
gut ist gleich gut.