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[Plot+Diary] Ein ganz normaler Ball
Elantil Enbaran:
05.09.4996 nachmittags
Mein liebes Tagebuch,
diesmal schreibe ich wieder aus dem Gleiter. Wahrscheinlich ist es ausgesprochen unklug gerade jetzt für einige Zeit aus dem Anwesen weg zu fliegen, aber auf der anderen Seite wäre es auch nicht unklug den Reeves zu helfen. Denke ich zumindest. Außerdem hätte Count Jusuf dem Consul sicherlich auch geholfen, also ist es das Mindeste, das ich tun kann. Wie sehr ich mir eine Beratung mit ihm wünsche.... Es war grausam heute morgen in seinem Bett zu erwachen, ohne ihn neben mir... und dann auch noch alle diese Sorgen wegen des Pleitegeiers über diesem Haus!
Ich frühstückte mit den beiden Baronets, um die muss ich mich ja auch kümmern. Hassan bat mich um eine Liste der Schiffsrouten und allem was damit zusammenhängt. Das trifft sich ja ganz gut, denn die benötige ich ja ebenfalls. Harun war gestern Nacht in einem der Dörfer, Alzeshi. Ich bat ihn, die anderen beiden auch bei Gelegenheit zu besuchen. Er und Hassan sind heute noch einmal in den Industrieanlagen, um einige Leute zu sprechen und zu beobachten.
In meinem Arbeitszimmer wartete bereits der Sergeant auf mich. Er hatte inzwischen herausgefunden, dass die Tochter von McGuire das achte Entführungsopfer ist. Alle Opfer waren Verwandte von Reeves, die zusammen mit noch einem neunten an einem gemeinsamen Projekt gearbeitet haben.
Die al-Sharim sind in einem riesigen Gebiet in der Wüste verteilt, es könnte also durchaus zwei Jahre dauern, ehe man auf irgendeine Spur der Tochter stößt. Sergeant Haiduqh schlug deshalb vor, dass die Suche nach den Hintermännern erfolgversprechender sein müsste. Es ist ja doch sehr sonderbar, dass ein Nomadenstamm die Möglichkeit hat, eine Reeves-Tochter ohne Spuren zu hinterlassen aus Samarkand zu entführen... Es muss also Hintermänner geben, wie auch immer diese die Nomaden bezahlt haben und warum auch immer sie die Entführung der Familienangehörigen von hochrangigen Reeves wünschen.
Zunächst also rief ich Consul McGuire an. Leider wollte er über dieses Projekt nicht viel sagen, es ist angeblich ein Asteroidenprojekt auf Leagueheim, Erzabbau?! Gelogen hat er wohl nicht, aber Sergeant Haiduqh und ich sind uns beide sicher, dass er einiges verschwiegen hat. Beim nächsten Telefonat muss ich ihn fragen wie die anderen beiden Reeves bezahlt haben, ob es sich um Bargeld, oder möglicherweise um Ausrüstungsgegenstände gehandelt hat.
Erstmal jedoch musste ich mich um ein paar andere Sachen kümmern.
Zunächst einmal sprach ich mit Abdul, weil dieser sowieso gerade bei mir war, um einen Anruf des Forschungsverwalters zu melden, der eine Nachfrage zu den Befugnissen der beiden Baronets hatte. Über die Forschungseinrichtungen sollen diese ja nichts wissen, aber sie sollen sich trotzdem mit allen Arbeitern unterhalten dürfen.
Abdul kennt den Sergeanten und meinte, Jusuf habe ihm vertraut. Gut, das muss für den Anfang genügen. Von Kontaktleuten Jusufs wegen Artefakten aus der zweiten Republik wusste Abdul nichts, aber er schlug mir vor den Sergeanten zu fragen. Vertraulich verkehrt hat Jusuf wohl nur mit dem Duke und mit Tante Balgis. Die Korrespondenz befindet sich zum Teil im Tresor, gut das habe ich bereits gestern gesehen, zum Teil in der Denkmaschine. An deren Dateien komme ich leider immer noch nicht heran, Abdul wusste über das Passwort natürlich leider nichts. Er meinte jedoch ich könne mich deshalb einmal an die beiden Hausengineers wenden. Das musste jedoch auch erst mal noch warten.
Schon gestern fiel mir auf, dass ich mich noch gar nicht nach den Erfolgen (oder Misserfolgen) der Nachforschungen des Duke bezüglich Jusufs Tod erkundigt hatte. Also rief ich dort einmal an. Der Sekretär durfte mir dazu natürlich nichts sagen, versprach jedoch sich beim Duke zu erkundigen und mir dann Bescheid zu geben. Er konnte mir jedoch mitteilen, dass Lady Dokha immer noch verschwunden ist.
Eigentlich wollte ich dann noch mit Razime telefonieren, um ihn nach Gerüchten in Samarkand zu fragen, er war jedoch leider nicht zu Hause.
Smythe brachte mir dann eine erste vorläufige Aufstellung der Finanzen. Die ist sehr traurig, noch schlimmer als ich gefürchtet hatte, die gesamten Anlagen hier erwirtschaften ein Minus, das Jusuf mit dem Gewinn seines Lehens ausgeglichen hat. Möglichkeiten, die ich nicht habe. Smythe wird jetzt Hauptverwalter werden, er soll jedoch noch einen Unterverwalter für die Industrieanlagen einstellen. Jemanden, der sich damit auskennt...
Als nächstes sprach ich mit Sir Majid Obeit bin Quasim al-Malik, dem Sicherheitschef. Leider kennt auch er nicht alle Geheimgänge, die kannte wohl nur Jusuf. Er wird mir aber diejenigen, die er kennt in den nächsten Tagen zeigen. Er wird auch dafür sorgen, dass die Codes ausgewechselt werden. Ich bat ihn jedoch, dem Sergeanten erst einmal weiterhin Zugang zu gewähren. Sir Majid demonstrierte mir anhand der Bewegungen Baronet Haruns in der letzten Nacht, die Möglichkeiten der Kameraüberwachung. Sehr faszinierend. Unter diesen Umständen ließ ich den Baronets ausrichten, dass sie sich auch nachts frei bewegen können, bestimmte Bereiche des Anwesens sind ja sowieso abgesperrt. Das soll selbstverständlich auch so bleiben. In jedem Falle sollen eventuelle nächtliche Bewegungen der Baronet (und auch anderer Personen natürlich) genau aufgezeichnet werden. Sir Majid versicherte mir, dies würde routinemäßig passieren.
Dann war endlich Lamees el Yaseer, der Forschungsverwalter für mich zu sprechen. Durch die Aufzeichnungen von Smythe wusste ich zwar nun bereits was erforscht und produziert wird, aber eine Führung wollte ich natürlich trotzdem bekommen, es war auch recht interessant. Und es ist gut zu wissen, dass ich von hier aus direkt in die Anlagen gelangen kann, ohne dass mich Jemand hinreiten oder hinfahren sieht. Das könnte sich durchaus als nützlich erweisen.
Wie befohlen lieferte er mir außerdem die Gesprächsprotokolle der Unterredung zwischen ihm und den beiden Baronets. Das was Baronet Hassan mir später beim Mittagessen davon berichtete stimmte mit den Protokollen überein, in soweit also scheint er ehrlich zu sein. Demnach gibt es einen Verwalter namens William Hylton Milner, der direkt dem Großwesir unterstellt war. Angeblich arbeitete er mit einer ganzen Reihe von Personal, dass Lamees nicht kennt, in einer anderen Forschungseinrichtung, von der dieser Verwalter ebenso wenig weiß, und tritt nur ab und zu in Erscheinung, um die Gehälter seiner Leute in Empfang zu nehmen. Es ist an zu nehmen, zumindest vermuten ich und Baronet Hassan dies, dass es weder jenes Personal gibt, noch die dazugehörige Einrichtung, sondern dieses Geld direkt in die Taschen des Großwesirs floss und seinem Netzwerk zugute kam. Ob dies schon alles ist, weshalb die Anlagen hier ein Minus erwirtschaften? Es kommt mir sehr komisch vor. Ich kann nachvollziehen, dass Forschungseinrichtungen keinen direkten Gewinn abwerfen. Da die Erzeugnisse der Minen und Aufbereitungsanlagen in erster Linie in die Waffenfabrik und die Forschungseinrichtungen fließen ist hier ebenfalls kein Gewinn zu erwarten, aber in den Anlagen werden alle Kosten für Rohstoffe gespart, hier sollte der Gewinn wesentlich höher sein! Zumal hier ja auch ein indirekter Gewinn durch die Forschungseinrichtungen zu erwarten ist. Ob Jusuf das jemals durch gerechnet hat? Ich kann mir nicht vorstellen, dass er mir durch das Erbe Schaden zufügen wollte! Irgend etwas stimmt hier ganz und gar nicht, aber ich verstehe zu wenig von Finanzen, um den Fehler zu finden. Hoffentlich bewährt Smythe sich!
Nun sind wir auf dem Weg in eine Oase in der Wüste. Nach dem Mittagessen teilte Sergeant Haiduqh mir mit, dass es vor zehn beziehungsweise dreizehn Tagen von Samarkand aus Gleiterbewegungen dorthin gab. Sie könnten mit der Entführung zu tun haben. Ich hoffe, es gibt noch irgendwelche Spuren und ich hoffe Sergeant Haiduqh ist wirklich so gut und findet sie. Wenn ich wenigstens dem Consul helfen könnte! Es wäre nicht ganz unschlau, vielleicht kann er mich noch eine Weile vor dem finanziellen Ruin bewahren. Natürlich könnte ich alles verkaufen, aber auf der einen Seite widerstrebt es mir so Jusufs Lebenswerk zu zerstören, zum zweiten kann ich den Kredit dann auch nicht weiter ab bezahlen, habe also auch nichts gewonnen. Ach und wie ich diesen ganzen Geldkram hasse, ich bräuchte Zeit und Ruhe für meine Trauer, Zeit und Ruhe, um Jusufs Tagebücher zu lesen, sein Anwesen zu besichtigen und ihn so wenigstens ein wenig kennen zu lernen. Noch immer bin ich nicht auf einem seiner berühmten Pferde geritten..., wenn man bedenkt, dass das der Hauptgrund war, aus dem ich überhaupt zu seinem Ball fahren wollte.... Und mir hängt diese Schauspielerei so zum Halse heraus, das ist alles nichts halbes und nichts ganzes! Aber wenn ich meine Trauer öffentlich zeigen würde, dann würden mich alle für eine nur noch größere Schauspielerin halten. Es ist traurig, niemand scheint an Liebe auf den ersten Blick zu glauben. Was würdest du dazu sagen, Jusuf? Auch ich habe zwar immer davon geträumt, aber nicht wirklich daran geglaubt, dass es sie gibt. Kein Wunder bei den Freiern, die ich hatte! Vielleicht glaubt man an die Liebe auf den ersten Blick nur, wenn man sie erlebt hat?
Warum straft mich der Allschöpfer so? Reicht es nicht, dass der einzige Mann, der jemals echte Gefühle in mir wecken konnte, nach nur wenigen gemeinsamen Stunden sterben musste? Warum muss ich außerdem noch mit einem Intrigennetzwerk, dem Pleitegeier, entführten Reeves, dubiosen Gestalten und diesen Baronets gestraft werden? Und dann diese Feinde plötzlich! Wem kann ich denn überhaupt noch trauen? Vielleicht nicht einmal Tante Balgis? Dann sollen sie mich doch alle zugrunde richten, wenn sie das unbedingt wollen, ich hoffe nur um Jusufs Willen, dass sie sich wenigstens ordentlich blutige Nasen dabei holen und ein paar Köpfe rollen!
Und wie und warum Jusuf starb weiß ich auch noch immer nicht, ich kann mir nicht denken, dass er eines natürlichen Todes gestorben ist! Aber warum?! Und warum hat man mich dann nicht gleich mit vergiftet?
Wir sind gleich da. Baronet Hassan stellt immerhin intelligente Fragen; Baronet Harun dagegen fragt zuviel und scheint mir außerdem gelangweilt. Vielleicht ist er hinter seinem netten Gesicht doch nicht ganz so helle wie ich zuerst dachte. Ich fürchte, er könnte auf dumme Ideen kommen. Ich sollte eine Aufgabe für ihn finden. Vielleicht sollte ich ihn nach Samarkand schicken, er könnte Gerüchte für mich sammeln. Oder versuchen die Hintermänner von Baronet Hassan zu finden? Ich werde darüber nachdenken.
Sahrie
05.09.4996 abends
Mein liebes Tagebuch,
schade, dass ich diesmal unter so ungünstigen Bedingungen in der Wüste bin, ich mag die Wüste ja eigentlich sehr gerne, den Wind, die Unendlichkeit, die Stille und Ruhe. Und man kann so schön reiten, nirgendwo sonst gibt es so fantastische Sonnenuntergänge... Ob Jusuf dies auch mochte? Aber diesmal bin ich ja nicht zum Vergnügen hier, ich weiß auch nicht, ob ich noch an denselben Dingen Freude finden kann wie früher. Wenn ich den Anfang dieses Tagebuches lese, dann habe ich mich seit meinem achtzehnten Geburtstag doch sehr verändert. Nicht nur ich, sondern auch mein Leben hat sich verändert. So unbekümmert, leichtsinnig und naiv werde ich wohl nie wieder sein. Auch nicht so unwissend. Aber die Begegnung mit Jusuf ungeschehen machen möchte ich auch nicht! Noch nicht, dafür muss ich vielleicht noch verzweifelter sein. Doch im Moment kann ich mir nicht vorstellen, dass es jemals soweit kommt, dass ich die schönsten Stunden meines Lebens ungeschehen machen möchte. Dann eher doch sterben...
Aber ich wollte eigentlich nur kurz niederschreiben, was wir hier heute Nachmittag fanden und mich zu dieser späten Stunde nicht in Philosophie verlieren.
Nach der Landung ließ ich zuerst nur die Wachen und Sergeant Haiduqh aussteigen., um die Gegend zu sichern und zu erkunden wo die Spuren sind – wenn welche vorhanden sein sollten – damit wir dort nicht planlos herumlaufen und alles zerstören. Interessanterweise hatte Sergeant Haiduqh vier Antennenbälle – keine Ahnung wie sie tatsächlich heißen – um unser Lager zu sichern. Insgesamt gibt es eine Spur, die etwa 13 Tage alt ist, von Lasttieren, die aus Nordwest kamen. Hier gab es auch eine Anpflockstelle für die Tiere. Diese Lasttiere verließen das Lager dann, schwerer beladen, in nordöstlicher Richtung. Außerdem gibt es eine etwas jüngere Spur von leichter beladenen Lasttieren, die aus Südosten kamen und diese Oase auch in derselben Richtung wieder verließen. Sergeant Haiduqh meint es wären acht Tiere gewesen mit jeweils maximal zwei Reitern. Bei ausführlichem Suchen im gesamten Gebiet der Oase fand Baronet Hassan 48 Patronenhülsen, etwa 6-7m vom Wasser entfernt, verschiedenen Kaliber, in einem relativ kleinen Radius. Vielleicht Freudenschüsse? Außer zwei Feuerstellen mit Essensresten ließ sich nichts weiter finden. Nach dem Abendessen (die Diener haben sich so viel Mühe gegeben, dass es mir leid tat, dass ich nicht viel essen mochte) folgte ich noch eine Weile der Spur aus Nordwest, etwas Auffälliges ließ sich auch hier jedoch nicht entdecken.
Azhara sagte mir, das übrige Personal sei ihr und Aladaya gegenüber recht zurückhaltend. Nun, wahrscheinlich hat man nicht das bester...
Ich sollte schlafen, ehe ich mich noch mehr in Verzweiflung stürze..., wenn ich denn schlafen kann!
Sahrie
Elantil Enbaran:
06.09.4996
Mein liebes Tagebuch,
nun verstehe ich gar nichts mehr: als ich eben Consul McGuire anrief, um mit ihm noch einmal über die Entführung seiner Tochter zu sprechen und ihm unsere Wüstenfunde mit zu teilen, da sagte er mir die gesamte Angelegenheit habe sich erledigt, es tue ihm leid, wenn er mich belästigt haben sollte, und legte auf. Das ist ja nun ganz sonderbar, es geht doch um seine Tochter?! Entweder er hat kalte Füße wegen des Projektes bekommen, oder es gibt sehr merkwürdige Gerüchte über mich, die ihn veranlassen mir nicht zu trauen. Wenn er denkt, dass ich Jusuf vergiftet habe...? Trotzdem geht es um seine Tochter. Und eigentlich finde ICH die Sache nun erst gerade interessant.
Baronet Hassan ist mit Sergeant Haiduqh auf dem Samarkandmarkt, um sich an den Ständen der Nomaden zu erkundigen. Baronet Harun habe ich gebeten sich nach Gerüchten über den Ball zu erkundigen. Langsam möchte ich ja doch wissen was so geredet wird. Und Razime ist immer noch nicht da...
Eben rief ich dann noch über eine sichere Leitung bei Smythe an. Die neue Verwalterin ist da, eine Iona Hume. Ich bat Smythe ihr die Industrieanlagen und die geheime Produktion zu zuteilen, Alan Wright, dem bisherigen Hauptverwalter die Minen, Ölpumpen, Erzaufbereitung, chemische Aufbereitung, Schiffe und das Anwesen, Lamees die Forschungseinrichtungen und die geheime Forschung zu zuteilen und sich selbst als Oberverwalter dann mit allen zusammen zu setzten. Sie sollen gemeinsam alles noch einmal genau durchrechnen und versuchen zu ergründen was da nicht stimmt. Außerdem sollen sie schon einmal Einsparungsmaßnahmen beraten, sofern diese nicht Entlassungen betreffen auch gleich in die Wege leiten. Ferner wies ich ihn an, falls dieser Hylton Milner auftauchen sollte, er vorerst kein Geld erhalten soll, stattdessen fest zu setzen ist, da ich mich mit ihm unterhalten möchte. Falls er auftauchen sollte möchte ich natürlich umgehend informiert werden.
Der Sekretär des Duke hat sich leider noch nicht gemeldet. Schade! Irgendwie erhalte ich im Moment auf die wichtigsten Fragen die ich habe keine Antworten...
Wenigstens gibt es hier in Jusufs Stadthaus nicht so viel schmerzhaft Persönliches. ER war nur alle paar Jahre einmal hier. Wenn ich gezwungen sein sollte mich von etwas zu trennen, dann werde ich als erstes dieses Haus hier verkaufen. Ich denke ich werde es nicht wirklich brauchen. Mir steht der Sinn nicht mehr nach Bällen und Vergnügungen in Samarkand. Erst recht nicht nach diesen ganzen dümmlich grinsenden Freiern! Da sowieso kein Mann jemals an Jusuf heranreichen kann..., nein mir wird schlecht beim Gedanken an so etwas wie eine zweite Ehe! Und auf Abenteuer kann ich auch sehr gerne verzichten, was fand ich jemals daran? Und nachdem ich nun die Liebe auf den ersten Blick gefühlt habe, muss ja alles andere schal schmecken! Wenn es nicht aus politischen Gründen irgendwann ganz unbedingt sein muss, dann will ich nie wieder heiraten. Lieber von dieser einen schönen Erinnerung zehren, auch wenn ihr Nachgeschmack noch so bitter ist. Ach Jusuf, was würdest du an meiner Stelle jetzt tun? Du wüsstest sicherlich auch eher Bescheid, wie das Verhalten des Consuls zu deuten ist, ich bin gespannt was Sergeant Haiduqh und Baronet Hassan dazu sagen. Ich hoffe Jusuf, DU würdest mich nicht für eine Mörderin halten! Warum hätte ich Dich ermorden sollen? Aber es spricht wohl alles gegen mich...
Sahrie
06.09.4996 nachts
Mein liebes Tagebuch,
schon wieder im Gleiter, wie gut, dass ich ihn jetzt habe. Und wie gut, dass es Abdul gibt, der wirklich alles organisiert. Ich muss ihm bei Gelegenheit eine Prämie oder so etwas zukommen lassen. Ich wüsste nicht, was ich ohne ihn täte!
Baronet Hassan und Sergeant Haiduqh erfuhren auf dem Samarkandmarkt, dass es im Moment eine Untergruppierung der al-Sharim gibt, die versuchen durch aufsehenerregende Aktionen die Macht im Stamm an sich zu reißen. Etwas womit der Scheich natürlich nicht einverstanden ist. Ungünstigerweise wechselt ihr Lager sehr häufig, aber sowohl der Sergeant wie auch Baronet Hassan konnten Luftaufnahmen des Gebietes beschaffen. Beide erwähnten außerdem, sie hätten Hinweise darauf erhalten, dass die ganze Geschichte sehr viel Wind in höheren Kreisen aufgewirbelt habe, darauf deutet ja auch mein Telefonat mit Consul McGuire. Wir stehen also auch unter Zeitdruck. Baronet Hassan meint, er hätte Hinweise auf einen Datenkristall, der kurze Zeit zumindest im Besitz von Jusuf war (ach!), auf dem sicherlich Hintergrundinformationen zu der Geschichte seien (aha?!). Mehr wollte er dazu nicht herausrücken. Nun, ich auch nicht.
Baronet Harun kam später ebenfalls. Die Gerüchte über den Ball bei Jusuf variieren zwischen ich bin eine miese Giftmörderin und Jusuf und ich wurden einander versprochen als ich 12 war und nun ist er vor Glück gestorben. Harun hat außerdem eine Einladung zu einem Ball erhalten. Nachdem ich ihn darüber aufklärte, dass wir unter Umständen noch heute Nacht aufbrechen müssen, um eine bewaffnete Aktion in der Wüste durch zu führen, schlug er vor bis dahin auf den Ball zu gehen. Ich war/bin sehr froh, dass er nun mit gekommen ist, denn gut schießen kann er ja, wie ich bereits öfter feststellen konnte.
Dann kamen die Luftbilder des al-Sharim Gebietes: demnach gibt es ein recht großes Hauptlager, in dessen unmittelbarer Nähe mehrere Nebenlager sind. Es gibt dann ein weiteres Nebenlager, das sehr weit abseits in der Wüste südwärts an einer Oase liegt. Außerdem gibt es in der Nähe einige kleinere Steinformationen. Dies machte den Eindruck, als könnte es unser Zielobjekt sein. Sergeant Haiduqh organisierte einen Truppentransporter, ich bat Abdul die Bewaffnung bereit zu stellen, netterweise ist das alles überhaupt kein Problem. Wir bekommen Laserkarabiner, Revolver und Munition natürlich, wenn wir morgen früh (eher heute früh, wenn ich auf die Uhr blicke) dort landen. Wir werden dann gleich zu meiner Mine weiterfliegen und dort den Transporter treffen.
Ich sollte schlafen, wahrscheinlich werden wir einen anstrengenden Tag haben. Und ich bin immer noch durcheinander und angeschlagen, gut schlafen kann ich im Moment ja auch nicht.
Trotzdem gute Nacht, Sahrie
08.09.4996 nachts
Mein liebes Tagebuch,
schon wieder sitze ich in einem Gleiter und schon wieder kann ich nicht schlafen... Wenn wir zurück sind werde ich den Arzt, es gibt bestimmt einen, zur Not lasse ich einen kommen, aufsuchen, ich brauche Schlaftabletten. Wenn ich zu nichts mehr in der Lage bin, weil ich nicht mehr richtig schlafen kann ist auch keinem geholfen. Und wenn schon ein Arzt da ist, dann kann er mir auch gleich noch Appetitanreger geben. Auch wenn mir der Tod mehr als verlockend erscheint, ist zu Tode hungern, weil ich seit Jusufs Tod nichts mehr essen mag, meiner unwürdig. Bruder Serenus wäre außerdem entsetzt, dass ich das Wort Selbstmord überhaupt gedacht habe. Ich kann ja auf ein tödliches Duell hoffen. Was für eine schöne Lebensperspektive! Jusuf, was hast du angerichtet? Wo ist Baroness Nenezareh Ibn Falaschniin Ibn Razime al-Malik geblieben? Diejenige, die Euch mit ihrem Humor bezauberte? Diejenige, die sich ein Leben voller Abenteuer wünschte? Jetzt, jetzt wünsche ich mir nur noch ich könnte Ruhe vor der Welt haben! Ich beneide Sarim in seinem Kloster! Früher war ich entsetzt über seine Entscheidung, jetzt wünschte ich, ich könnte mich hinter Klostermauern flüchten! Schon seit Tagen überlege ich diesen Schritt, bei den Amaltheanern könnte ich meinem Leben noch einen Sinn geben, ich könnte außerdem in Ruhe und Frieden bis an mein Lebensende von der Erinnerung an die glücklichsten Stunden meines Lebens zehren, die so lebhaft vor mir stehen, dass es mir scheint ich bräuchte nur die Hand aus zu strecken, um Jusuf berühren zu können. Aber wenn ich die Hand ausstrecke zerspringt das Bild und die Splitter bohren sich in mich. Langsam glaube ich, ich werde wahnsinnig, ich habe sogar schon überlegt, ob sie nicht doch alle recht haben und ich die Mörderin sein könnte, die Tat dann aber verdrängt habe, weil ich nicht mit Liebe gerechnet habe... Ich habe Angst vor dem Wahnsinn! Noch ein Grund, aus dem ich mich nach schützenden Klostermauern sehne. Das Anwesen, mein Lehen und mein Geschäft könnte ich Tante Balgis überlassen, dann wäre auch Jusufs Besitz, sein Lebenswerk wieder vereint. Und Tante Balgis kann all diesen Finanzkram besser, schneller und effektiver regeln als ich. Aber immer wenn ich mit meinen Gedanken in den letzten Punkten bis hierher war, und ich im Geiste schon sehnsuchtsvoll meine Hände zu den Klosterpforten reckte, dann erschienen vor meinem geistigen Auge die Zeilen, die Jusuf über mich in sein Tagebuch schrieb...
Wenn ich mich in ein Kloster flüchte, dann hätte er sich bitterlich in mir getäuscht. Auch wenn ich nach wie vor zweifle, dass ich seiner würdig war, so muss ich es doch zumindest versuchen, allein damit ich mich nicht bis an mein Lebensende vor seinem Geist schämen muss. Ich sollte es zumindest versuchen, sein Lebenswerk fort zu setzten. Zurückgehen und wieder die naive Baroness werden kann ich nicht mehr, ich denke nicht, dass es so etwas wie einen Anti-Liebestrank gibt. Und selbst wenn es so etwas gäbe, so würde ich es nicht über mich bringen ihn zu trinken, ich will nicht vor meinen eigenen Gefühlen wegrennen. Aber so weitermachen wie in den letzten Tagen kann ich auch nicht, dann werde ich entweder tatsächlich wahnsinnig, oder ich richte mich selber zugrunde. Und wenn ich derart gegen den Willen des Schöpfers handele, dann habe ich niemals mehr die Chance nach meinem Leben, Jusuf in einem anderen Leben wieder zu begegnen. Ich muss mich also entscheiden was ich tun soll mit dem Rest meines Lebens. Auch wenn es ohne Jusuf nicht mehr lebenswert ist dieses Leben, sollte ich versuchen ihm einen sinn zu geben, oder dies zumindest zu versuchen. Also muss ich versuchen Jusufs Lebenswerk zu bewahren und weiter zu führen, um mich meinen Erinnerungen als würdig zu erweisen. Aber wie soll ich vorgehen?
Zunächst einmal will ich die Maske der dummen Unschuld vom Lande, die über den schnellen Tod ihres Mannes, mit dem sie noch nicht einmal das Bett teilen musste, nicht mehr länger tragen. Es ist zu anstrengend, ich brauche all meine Kraft um gegen den Wahnsinn und die Selbstzerstörung zu kämpfen, um zu überleben. Und was hat diese Schauspielerei auch für einen Sinn? Dann sollen sie sich doch alle das Maul über mich zerreißen, sollen sie mich doch für eine Mörderin halten, was ändert das?
Und dann werde ich wohl alles auf eine Karte setzten, irgendwem muss ich vertrauen, wenn ich meinem eigenen Schatten misstraue werde ich noch handlungsunfähiger. Da mich das Schicksal nun einmal mit Baronet Harun und Baronet Hassan zusammengeführt hat, so sollen sie eben von dem Datenkristall erfahren, Sergeant Haiduqh ebenfalls, wenn er zu dem Zeitpunkt dieses Gespräches noch auf dem Anwesen sein sollte. Ich werde meine Karten auf den Tisch legen, in der Hoffnung, dass sie dies mit Loyalität anerkennen. Außerdem will ich an Razime, Hakim, Hushan und Sarim schreiben, sowie an Faatina. Da ich Jusufs Netzwerk nicht kenne, brauche ich ein eigenes. Ja, ich weiß dass es sehr riskant ist und nicht unbedingt schlau, aber irgendein Risiko muss ich eingehen. Und wenn ich bei dem ganzen Versuch sterben sollte, so werde ich den Tod jubelnd willkommen heißen, wenn ich anderweitig scheitern sollte, so gibt es hoffentlich immer noch die Klostermauern der Amaltheaner.
Jusuf, ich tue dies alles für Dich und ich hoffe Du siehst das. Du hast mein Leben bereichert und mir gezeigt, dass es Gefühle gibt von denen ich nichts geahnt habe, aber Du hast auch alles zerstört was einmal mein Leben war, Du hast mein altes Ich getötet, wenn ich Dich nicht so lieben würde, müsste ich Dich hassen! Aber so wie es nun einmal ist, würde ich alles für die Hoffnung tun, Dich in einem Leben nach dem Tod noch einmal sehen zu können, nur ein Wort von Dir zu hören, auch wenn ich mich selber dafür hasse, eine Sklavin meiner eigenen Gefühle zu sein! Aber ich kann nicht vor mir selber fliehen, geschweige denn vor meinem Schicksal, also gebe ich mir selbst, diesem Leben diese eine letzte Chance mich Deiner würdig zu erweisen, Jusuf. Wenn ich versagen, so will ich mich allem was das Schicksal für mich bereit hält, Wahnsinn oder Vergessen hinter Klostermauern, ergeben.
Ich sehne mich so sehr nach Schlaf... Die Anderen schlafen alle, aber ich bin immer noch hellwach.
Wir haben es im übrigen geschafft, die Geiseln alle zu befreien. Hauptsächlich ist dies Sergeant Haiduqh zu verdanken. Er hat sich als überaus fähig und umsichtig erwiesen. Ich hoffe er ist zu einer Zusammenarbeit mit mir bereit. Schade wäre es wenn nicht, könnte er mir doch mehr von Jusuf erzählen... Auf der anderen Seite ist und bleibt er undurchsichtig und bestimmt hat er geistige Fähigkeiten wie alle Ur-Ukar.
Wir blieben erst einmal den Tag über an meiner Mine. Ich konnte mich davon überzeugen, dass alles in Ordnung ist und die Produktion so gut wie immer läuft. Da ich nun einmal da war und Zeit hatte, nutze ich die Gelegenheit und ernannte ??? zur Verwalterin der Mine. Sie hat sich immer als sehr umsichtig erwiesen, und Smythe als Oberverwalter hat zu viel zu tun, um sich so gut wie früher um diese Mine zu kümmern. Und ich möchte nicht, dass meine Leute Grund zur Klage haben! Ein Verwalter vor Ort ist hierzu notwendig.
Wir flogen so los, dass wir im Schutze der Dunkelheit in der Nähe des al-Sharim Lagers heruntergehen konnten. Sergeant Haiduqh kundschaftete die Lage aus. Er berichtete, dass das Lager nahezu völlig verwaist sei, die Mehrzahl der Leute, sowie fast alle Tiere, die auf den Luftbildern zu sehen gewesen waren, fehlten. Mir war das ganz lieb, es widerstrebte mir ein großes Blutbad an zu richten. Ich denke mal, die al-Sharim sind nur Mittelsmänner in diesem Fall, also sollten nicht unnötig viele sterben. Als wir dann in zwei Flanken zum Lager vorrückten waren tatsächlich nur einige wenige Wachen dort. Sergeant Haiduqh fand alle acht Geiseln im größten Zelt. Er hatte sie betäubt, so dass wir relativ schnell wieder zum Gleiter zurückkehren konnten. Dies erwies sich auch als außerordentlich wichtig, denn unser Pilot meldete das schnelle Näherkommen zweier Flugobjekte. Wir konnten uns gerade noch rechtzeitig alle in Sicherheit bringen, ehe sie die gesamte Gegend ausräucherten. Also wohl Partei 3 oder 4?
Zurück in meiner Mine befragten wir die Geiseln einzeln. Sie wussten leider nichts und konnten sich auch keinen Grund für die Entführung vorstellen. Die beiden für die ein Lösegeld gezahlt worden war, schienen sehr überrascht, dass dieses Geld nie abgeholt wurde. Das war aber auch schon alles.
Auf dem Flug nach Samarkand ließen wir die Geiseln jeweils einen Brief an ihre Angehörigen schreiben, damit wir diesen beweisen könnten, dass wir tatsächlich die befreiten Geiseln haben. Zusammen mit Sergeant Haiduqh fuhr ich dann zu Consul McGuire. Interessanterweise wurden wir vorgelassen und konnten ihm den Brief seiner Tochter geben. Er war sehr erleichtert und verständigte umgehend die anderen Reeves, was dem Sergeant und mir nicht wirklich recht war, da wir als Autokonvoi zum Landefeld Aufsehen erregen mussten. Aber auf der anderen Seite war es wohl auch gut und wichtig, dass sie alle ihre Angehörigen schnell in Sicherheit bringen konnten.
Wir haben Samarkand jetzt auch verlassen, um erst einmal aus der Gefahrenzone zu kommen.
Sergeant Haiduqh konnte übrigens erfahren, dass der neunte Reeve tot ist...
In was für ein Wespennest haben wir gestochen?
Da ich sowieso nicht schlafen kann werde ich schon einmal anfangen Briefe zu schreiben. Irgendwie sollte ich die Zeit sinnvoll nutzen und auf dem Anwesen habe ich ja dann auch wieder viel anderes zu tun, so wie ich mich nun entschieden habe.
Sahrie
© bei Wiltrud Daniels
Elantil Enbaran:
Und wieder eine Fortsetzung.
11.09.4996
Mein liebes Tagebuch,
nachdem ich zwei Tage lang schlafen musste fühle ich mich zumindest körperlich etwas besser. Auch wenn ich nach wie vor finde, der Arzt hätte mich zumindest vorher noch ein paar Dinge erledigen lassen können, wenigstens einige wenige! Aber er hat mir außer Schlaftabletten und Appetitanregern gleich auch noch eine Spritze gegeben, weil er meinte, ich stünde am Rande eines Nervenzusammenbruchs... Nun warum wohl? Es ist doch wirklich mehr als ein Mensch aushalten kann! Adlig zu sein macht alles nur noch schlimmer, denke ich, weil man seinen Verpflichtungen nicht entfliehen kann..... aber man kann sich seinen Stand ja nicht aussuchen, wer weiß was der Allschöpfer sich dabei gedacht hat? Früher fand ich adlig sein ja auch ganz nett, aber es hat sich verändert, Gefühle zu haben macht es schwierig sich seinem Stand entsprechend zu verhalten. Weshalb hat der Allschöpfer uns Gefühle verliehen? Ich sehe schon, ein neues Thema für meine Gespräche mit Bruder Serenus. Nun, ich glaube zumindest er leidet ehrlich mit mir!
Ich muss mich auf meine neue Aufgabe konzentrieren! Wie soll ich Count Jusufs Werk weiterführten, wenn ich mich schon wieder anfange zu sehr auf meine Gefühle zu konzentrieren? Ich muss meine Gedanken klären, damit ich meine nächsten Schritte planen kann.
Zunächst einmal hatte ich völlig vergessen zu erwähnen, dass Baronet Hassan nicht mit uns aus Samarkand zurück geflogen ist, er bekam plötzlich eine Nachricht, dass er dringend auf sein eigenes anwesen müsse. Es schien ihn sehr aus der Bahn zu werfen. Der arme Bote, beinahe hätten sie ihn dort am Flughafen erschossen! Gut in Anbetracht der jüngst vorhergegangenen Geschehnisse war zumindest ein wenig Misstrauen ja angebracht, aber die beiden Baronets haben dann etwas überreagiert. Nun zum Glück schossen sie ja dann doch nicht auf den Boten. Es gab wohl eine Explosion auf seinem Anwesen. ER bat mich um einen Engineer, um die Vorfälle untersuchen zu können. Ich habe jetzt Baronet Harun mal mit geschickt, dann kann er sehen was dort los ist und mir Bericht zu erstatten. Wer weiß was Baronet Hassan mir sonst wieder erzählt, vertrauen kann ich ihm nicht wirklich. Es macht die Angelegenheit anstrengend!
Abdul kümmert sich darum, dass ich morgen eine Ansprache an das Personal halten kann. Sehr gut! Ich weiß noch nicht genau, was ich sagen will, aber vielleicht werde ich die Rede auch nicht vorformulieren, es ist sicherlich glaubwürdiger, wenn ich es frei alles sage, was mir auf dem Herzen liegt. Wenn ich dabei nur auf einen Zettel starre, macht es sicherlich keinen guten Eindruck. Ich habe ja nun schon vorher Leute geführt, das Spiel der Unschuld vom Lande ist jetzt vorbei, nachdem die Leute, die Jusuf betrogen haben entweder tot sind oder hinter Schloss und Gitter sitzen... Smythe hat mir Bericht erstattet, ‚Jusufs ehemaliger Hauptverwalter war wohl an der ganzen Sache beteiligt, deshalb habe ich ihn erst mal eingesperrt.
Sir Majid hat mir bereits die Geheimgänge gezeigt und die neuen Codes gegeben. Er will mir auf alle Fälle weiterhin dienen und hat mir seine Treue versichert.
Jetzt eben war ich dann bei Bruder Serenus zu einem langen Gespräch. Er wird für mich mit beten. Ihm scheint es auch nicht gut zu gehen, er sah mindestens so schlecht aus wie ich. Aber es ist gut zu wissen, dass er da ist und mir meine Gefühle glaubt. ER hätte ja auch drüber lachen können, so wie er mich vorher kannte. Und ich hätte es ihm nicht mal verdenken können.
Jetzt muss ich erst mal mit Sergeant Haiduqh sprechen, damit dieser nicht morgen abreist, ehe ich die Gelegenheit dazu hatte. Und ich wollte anfangen mich mit den Briefen im Tresor zu beschäftigen. Und dann erwartet mich SEIN Bett..., hoffentlich ohne die Träume, wenn ich eine Schlaftablette nehme. Ich sehe ihn immer wieder vornüber auf den Tisch sinken, jede Nacht so viele Male, nein ich will nicht daran denken und auch nicht an das was vorher war!
Sahrie
12.09.4996
Mein liebes Tagebuch!
Irgendwie wird es immer komplizierter..., aber durch das Gespräch mit Sergeant Haiduqh weiß ich nun wenigstens mehr über den Datenkristall. Und auch mehr über Baronet Hassan, er gehört zu den Mutashi! Zu welcher Gruppierung dort weiß ich natürlich nicht, aber Sergeant Haiduqh hat mich gewarnt. Nun, ich weiß natürlich nicht, ob ich ihm trauen kann, aber er hat mir immerhin mehr Informationen als Gegenleitung geboten, seine Beteuerung auch er wäre an einer Zusammenarbeit interessiert klang glaubwürdig und, das ist für mich der ausschlaggebende Punkt: Jusuf hat ihm vertraut! Und wenn ich weiterführen will was Jusuf begann, wenn ich versuchen will mehr Harmonie zwischen Menschen und den anderen Rassen zu erreichen, dann ist es umso erfreulicher, dass ein Ur-Ukar mit mir zusammenarbeiten will. Zu den Mutashi gehört er sicherlich auch, aber vermutlich dann zu einer anderen Gruppe als Baronet Hassan, sonst hätte er mich ja nicht gewarnt! Zumindest ist er wohl auch daran interessiert diese Waffe zu vernichten. Aber ich sollte vorne anfangen, das ist schon wieder schlechter Stil und Tante Balgis wäre entsetzt (auch wenn ich glaube, dass Jusuf eher lachen würde darüber).
Mein Gespräch mit Sergeant Haiduqh begann damit, dass ich ihm meine Entschlüsse, die ich auf dem Flug von Samarkand hierher gefasst hatte mit teilte und ihn dann fragte, ob er an einer Zusammenarbeit interessiert wäre. Als er dann bejahte, ließ ich ihn von dem Datenkristall wissen, oder eher davon, dass er sich hier befindet, ansonsten wusste er mehr über den Kristall als ich. Zum Beispiel, dass man ohne Umschweife eine Armee dafür opfern würde... Er nannte mir eine Adresse bei der ich ein Lesegerät bekommen könne. Der Kristall hängt mit einer sehr alten Legende zusammen in der eine alte, wahrscheinlich ausgestorbene Rasse eine Waffe baut mit der man Planeten zerstören kann. Sergeant Haiduqh vermutet, dass auf dem Kristall die Koordinaten des Systems sind, in dem sich diese Waffe möglicherweise befindet, wenn sie denn nicht doch nur eine Legende ist. Jusufs Ziel war die Zerstörung dieser Waffe, sie soll mondgroß sein! Es gibt wohl viele Parteien, die nach dieser Waffe suchen, und sicherlich nicht wenige, die sie gerne einsetzten würden. Das würde zu einem entsetzlichen Krieg führen, logischerweise mit der Zerstörung von Planeten und unschuldigem Leben! Das kann unmöglich im sinne des Allschöpfers sein, ich bin ebenfalls dafür, dass dieses Ding gefunden und zerstört werden muss, so schnell wie möglich, bevor allzu viele Leute davon Wind bekommen. Auch wenn dies nicht Count Jusuf Ziel gewesen wäre... Auf alle Fälle ist diese Waffe wohl nicht von den Annunaki gebaut worden, sondern eben von einem anderen ausgestorbenen Volk. Dann warnte Sergeant Haiduqh mich vor Baronet Hassan und fügte hinzu, dass er zu den Mutashi gehört und auf gar keinen Fall etwas von der Waffe erfahren dürfe.
Dann hinterließ er mir noch eine Adresse und einen Verschlüsselungscode, so dass ich Nachrichten für ihn hinterlegen kann, ehe er im Geheimgang verschwand. Ich bat ihn noch allen Freunden und Kontaktpersonen von Jusuf zu sagen, dass sich die Codes geändert haben, dass ich aber allen, die an einer Zusammenarbeit mit mir interessiert sind neue Codes geben würde, sie sollen sich halt bei mir melden. Ich möchte ungern, dass Freunde und Kontaktpersonen von Jusuf zu Schaden kommen, weil sich die Codes geändert haben! Das wäre tragisch!
Um all diese neuen Informationen erst einmal etwas zu verarbeiten habe ich mich nach der Ansprache heute morgen von Abdul über das Anwesen führen lassen, begleitet von Bruder Serenus.
Meine Ansprache war so ganz gut, denke ich. Bisher wollte noch Keiner sich beschweren oder den Dienst bei mir kündigen. Hoffentlich bleibt es so, ich kann Leuten denen Jusuf vertraut hat eher vertrauen als neuen Personen. Besonders nicht nachdem was Sergeant Haiduqh mir sagte. Wer weiß ob Baronet Hassan sonst der einzige Mutashi-spion bleibt?! Ich lege keinen Wert darauf!
Erst einmal gute Nacht,
Sahrie
Elantil Enbaran:
14.09.4996
Mein liebes Tagebuch,
eben wurde mein Engineer, den ich Baronet Hassan geliehen hatte schwer verletzt zurück gebracht! Von Baronet Harun keine Spur und keine Nachricht bisher! Da ist etwas faul und auf alle Fälle war auf Baronet Hassans Anwesen nicht nur eine Explosion. Leider ist er zu schwer verwundet, ich muss bis morgen warten....
Und gestern war so ein ruhiger Tag, endlich einmal kam ich dazu eines von Jusufs fantastischen Pferden zu reiten... Und ich habe mit einem Portrait von ihm begonnen.
Eigentlich wollte ich schlafen, aber nun bin ich zu aufgebracht, ich werde weiter in seinen Tagebüchern lesen. Er wird mir von Seite zu Seite sympathischer, und immer mehr bedaure ich es, dass wir uns nicht einmal richtig kennen lernen konnten! ER war bestrebt ein harmonisches Zusammenleben zwischen Menschen und Aliens zu erreichen. Außerdem war er für eine demokratische dritte Republik, dieser Aspekt macht mir im Moment noch etwas angst, ich denke ich habe bisher viel zu wenig (oder eher gar nicht) über so etwas nach gedacht..... Um seine ziele zu erreichen hat er eine Art riesige Geheimorganisation auf gebaut, in die auch viel seines Vermögens floss. Mittlerweile ist die Organisation jedoch finanziell unabhängig, es gibt Raumschiffe, Minen und Erzabbau verteilt über die gesamten bekannten Welten. ER hat sehr eng mit vielen Angehörigen von Fremdrassen und mit Mitgliedern der Gilden zusammen gearbeitet. Ich habe auch genaueres zu dieser Legende, die Sergeant Haiduqh erwähnte gefunden: zwei alte Rassen führen solange Krieg, bis die eine der beiden vernichtet wurde. Die Rasse, die die andere ausgelöscht hat baute offenbar mit Annunaki-wissen einen Planetenzerstörer. Angeblich konnte die ausgelöschte Rasse sich trotzdem rächen, aber es besteht die Gefahr, dass die Rasse mit dem Zerstörer wiederkommt.
Tante Balgis hat Count Jusuf wohl unterstützt und war sehr eng in seine Pläne involviert, aber das ganze Ausmaß der Organisation kennt sie offenbar nicht und auch nicht deren Ziele. Die Zusammenarbeit erfolgte wohl vor allem finanziell. Und sie verstanden sich halt gut.
Neben diesen Bestrebungen jagte Count Jusuf viel nach alten Legenden und Geschichten, um wissen zu erlangen. Ich wüsste ja gerne wo seine Raumjacht jetzt ist, er schreibt zwar viel über sie und ihre Einrichtung, aber nichts über ihren Aufenthaltsort....
Außerdem setzte er große Hoffnungen in den Imperator, er glaubte bei diesem wohl ähnliche Ziele und Wünsche wie die seinen erkennen zu können (abgesehen vielleicht vom Republikgedanken).
Soviel habe ich bisher über ihn und seine Ziele lernen können. Sein Schreibstil verrät seinen Humor, aber manchmal auch Zynismus. Wie viel wir hätten teilen können...,
Sahrie
15.09.4996
Mein liebes Tagebuch,
wo fange ich an? Was Baronet Harun mir berichtet hat ist grauenvoll, aber seine Funde sind überaus interessant, auch wenn ich mir über ihre Bedeutung noch nicht so ganz im Klaren bin. Er kehrte heute Nacht zurück und bat mich gleich am Morgen um eine Unterredung. Nach seinem Bericht gab es in der Mine Baronet Hassans eine sehr heftige Explosion mit 34 Toten. Diese Explosion legte einen tieferen Bereich der Mine frei, eine Anlage aus der zweiten Republik oder älter. Offenbar wohl eine Forschungseinrichtung. Auf einem Tisch lag ein unbekanntes Wesen mit Klauen. Dieses Wesen oder eher sein Geist griff sowohl Baronet Harun an, als auch meinen Engineer und einige Leute Baronet Hassans. Dann gab es offenbar plötzlich eine Art Erdbeben bei der Putz von der Wand bröckelte und einen Tresor frei legte. Diesen Tresor konnte Baronet Harun öffnen und ihm einen Metallzylinder entnehmen. Da ein weiteres Erdbeben in diesem Moment weite Teile der Anlage zusammenstürzen ließ floh er damit. Bei dieser Flucht wäre er dann beinahe von Baronet Hassan erschossen worden, warum weiß er nicht. ER rief wohl etwas davon, dass Baronet Harun infiziert sei?! Anscheinend hat er die Geschehnisse in seiner Anlage nicht gut verkraftet..... Baronet Harun floh also nun komplett und informierte unterwegs noch die Kirche, damit diese nach dem Rechten sehen könne. Dann zeigte er mir den Inhalt des Metallzylinders. Es waren sechs Ledersäckchen darin. Das erste enthielt etwa 85 Metallscheiben von ca. zwei Zentimeter Durchmesser, mattsilbern mit einem kleinen Kristall in der Mitte. Ein Diamant denke ich, aber ich müsste sie mir noch einmal mit einer Lupe betrachten. Das zweite Säckchen enthielt ebenfalls Metallscheiben. Diesmal waren es etwa 108, fünf Zentimeter groß mit einem goldenen Rand, bestehend aus einem grünen Metall. Beutel drei enthielt wieder Metallscheiben, 60 Stück, acht Zentimeter Durchmesser, außen mattsilbern, nach innen hin grün, in der Mitte dann golden. Und noch ein Beutel mit Metallscheiben, diesmal zehn Zenitmeter groß, außen mattsilbern, innen Gold. In der Mitte war jeweils ein großer hellblauer Diamant. Von diesen Münzen? Gab es ungefähr 74, wenn Baronet Harun richtig zählen kann (muss er ja wohl bei seiner Spielleidenschaft). In den letzten beiden Beuteln gab es keine Metallscheiben mehr, sondern wesentlich interessanteres und wohl auch wertvolleres denke ich. Im fünften befand sich ein seltsamer Metallklotz, der für seine Größe wesentlich zu leicht war. Hierzu gleich noch mehr, denn diesen untersuchten wir dann als erstes. Im sechsten Beutelchen befand sich der Zwilling meines Datenkristalls, zumindest von außen. Zunächst einmal klärte ich Baronet Harun deshalb über jenen auf. Auch er sicherte mir Zusammenarbeit zu, und bat mich sogar die von ihm gefundenen Sachen in meinem Tresor zu verstauen. Das macht doch zumindest erst mal den Eindruck, als würde er es ehrlich meinen. Baronet Harun ist der Meinung, dass der Großwesir die Sammlung entwendet haben könnte/müsste. Wo auch immer sie dann jetzt ist?!
Chief Elannyo, mein Engineer kannte das Metall aus dem der Klotz zwar nicht, weshalb wir für eine genauere Untersuchung in die Mine hinunterfuhren. Eine Durchleuchtung brachte zutage, dass der Klotz, wie vermutet hohl war. Im Inneren befanden sich drei merkwürdige eiförmige Strukturen. Es dauerte etwa drei Stunden, bis Elannyo den Klotz offen hatte und wir die Eier genauer betrachten konnten. Die drei Eier hatte eine lederartige Oberfläche, die mit einer Art Netz überzogen zu sein schien, oder eher so, als sei die äußere Hülle in einzelne Segmente unterteilt. Der Teil, auf den der Scanner gerichtet war verfärbte sich plötzlich grau und dann braun, obwohl der Scanner sofort wieder abgeschaltet wurde. Ich berührte eines der anderen Eier vorsichtig in der Mitte: es war eiskalt, wurde dann dort, wo ich es berührt hatte ebenfalls grau, also offenbar eine Art Wärmetransfer?! Nach einigem Zögern schließlich fasste Baronet Harun das bereits verfärbte Ei an, woraufhin das schwarze Leder verschwand und sich ein Holo-Bildschirm bildete, interessant nicht war? Auf dem Bildschirm erscheinen nacheinander acht verschiedene Zeilen mit einem jeweils komplett anderen Zeichensatz. Der achte kam uns vage bekannt vor, Urth? Elannyo bestätigte dies, er sagte uns, das Ei sei ein Translator, man könne ihm auch noch eine neue Sprache beibringen. Einen Audiokanal gibt es auch, auf dem man sich die acht verschiedenen Sprachen anhören kann. In den nächsten Tagen wollen Baronet Harun und mein Engineer sich jeden Tag einige Stunden mit diesem Ei beschäftigen. Ab und zu werde ich sicherlich auch dabei sein. Und ich werde darauf achten, dass Baronet Harun auch weiterhin jeden Abend die Eier von mir in den Tresor tun lässt. Zum einen wegen ihres Wertes, zum zweiten hat er sie ja eigentlich aus Baronet Hassans Besitz und zum dritten: wer weiß, was in den anderen Eiern verborgen ist? Das Ding ist viel viel älter als die zweite Republik...
Es war ein aufregender langer Tag, ich hoffe mein Engineer wird wieder gesund, damit ich auch seinen Teil der Geschichte hören kann, die sich da auf Baronet Hassans Besitz zugetragen hat.
Und ich hoffe, ich schlafe traumlos..., ihn jede Nacht sterben sehen, ich weiß nicht wie ich das aushalten soll?!
Gute Nacht, Sahrie
17.09.4996
Mein liebes Tagebuch,
gestern telefonierte ich mit Tante Balgis. Was Jusufs Tod betrifft hat man sie wohl auch nicht mit viel mehr Informationen versorgt als mich, vielleicht weiß man aber auch tatsächlich nichts. ER und sein Beichtvater wurden mit demselben Mittel vergiftet... Also doch, ich wusste doch, dass es so kein natürlicher Tod gewesen sein konnte! Aber warum?! Und warum dann außerdem sein Beichtvater? Wusste er zuviel, oder wurde er nur aus Versehen getroffen und war die zweite Portion für Jemand anderen bestimmt? Für den Großwesir? Für Abdul Karasan? Oder, was vielleicht noch wahrscheinlicher ist: für Sir Majid? Zuerst dachte ich, sie könnte für mich bestimmt gewesen sein, aber zum einen hätte derjenige welche dann wissen müssen, dass es in der Nacht auch eine Hochzeit geben wird und das wusste ja nicht einmal Jusuf, als der Abend begann, zum zweiten hätte diese Person dann merken müssen, dass meine Begegnung mit Count Jusuf dazu führt, dass ich mich so sehr verändere. Als Unschuld vom Lande, die weiterhin mit Freier spielt wäre ich ja eher ein nützliches Werkzeug gewesen, als ein Hindernis? Sehr rätselhaft! Hoffentlich erfahre ich mehr, ich will wissen, wer seinen Tod auf dem Gewissen hat! Und ich will wissen warum! Und warum es in dieser Nacht sein musste.... Wenn.....
Leider weiß Tante Balgis auch nicht wo sich die Jacht aufhält und in welchen Angelegenheiten, aber sie weiß, dass es sie gibt und sie eines von Jusufs liebsten Spielzeugen war.
Von der Geschichte bei den Reeves hat sie gehört, aber mehr Gerüchte als etwas Sicheres. Anscheinend war ein hochrangiger Mutashi ebenfalls da herein verwickelt und ist nun aber nicht mehr unter den Lebenden. Sie vermutet, weil er eigene Interessen hatte, die sich mit den übrigen Mutashi nicht deckten.
Wir unterhielten uns so noch ein bisschen, sie hat auch sehr viel zu tun. Ich wünschte, sie würde mich nicht immer Kindchen nennen!
Sahrie
Elantil Enbaran:
20.09.4996
Mein liebes Tagebuch,
eben habe ich in Count Jusufs Tagebüchern, den älteren etwas über seine Frau und seinen Sohn gefunden. Eigentlich wollte ich danach ja nicht gucken, aber dann musste ich es doch lesen! Und es ist ein bisschen merkwürdig..., seine Frau muss Jusuf sehr geliebt haben, ihr Tod ist ihm sehr nahe gegangen und er schreibt Wochen kaum über etwas anderes, aber über das Verschwinden seines Sohnes findet sich nur ein lapidarer Satz?! Entweder Jusuf ist da vor seinen Gefühlen weggerannt, oder sein Sohn war ihm tatsächlich egal, was ich mir aber eigentlich nicht vorstellen kann, oder aber sein Sohn ist nicht verschwunden, sondern von Jusuf auf einen geheimen Auftrag geschickt worden oder so etwas. Vielleicht wollte er ihn auch verschwinden lassen, um Jemanden durch den er selber verletzlich wird zu entfernen aus der Schusslinie? Wenn ja, dann wäre sein Sohn irgendwo in den bekannten Welten und wüsste noch nicht einmal, dass sein Vater nicht mehr lebt, was für ein entsetzlicher Gedanke! Oder aber sie haben sich gestritten, und Jusuf fühlte sich schuldig an seinem Verschwinden? Aber von einem Streit lässt sich auch nichts finden, sein Sohn taucht einfach gar nicht weiter auf in seinen Tagebüchern. Und er hat sonst über alles immer sehr ausführlich geschrieben. Ein merkwürdiges Rätsel! Und fragen kann ich ihn jetzt nicht mehr....
Seine Frau war in seine Pläne nicht eingeweiht, sie hat sich wohl nicht sehr für Politik interessiert. Naja, ich ja auch nicht, bis ich jetzt in diese Zwangslage kam. Wirklich ausgesucht habe ich mir das ja nun nicht.....
Das Lesen Jusufs Tagebücher ist einerseits sehr schön und lehrreich, ich kann ihn so wenigstens ein bisschen kennen lernen, ich erfahre etwas über sein Leben, sicherlich auch mehr, als er mir sonst jemals erzählt hätte (weshalb ich schon ein schlechtes Gewissen habe, aber Bruder Serenus sagt, in diesem Fall solle ich mir darüber keine Gedanken machen, aber ich komme mir schon sehr wie ein Eindringling vor, ich würde ja auch nicht wollen, dass Jemand alles in meinen Tagebüchern liest...), aber auf der anderen Seite ist auch genau das traurig und schmerzlich, denn ich finde so viel, über das ich gerne mit ihm sprechen würde, viel Verbindendes auch. Und viele offene Fragen. Und dann greift wieder die Hoffnungslosigkeit nach meinem Herzen und ich verzweifle, weil ich nicht weiß, wie ich das alles schaffen soll, wie ich als unerfahrenes junges Ding so ein großes und umfassendes Werk weiterführen soll. Ich würde es ja nicht einmal bemerken, wenn es eine Intrige gegen mich gibt! Bisher hatte ich dieses Problem nie, es ging nur darum Kleider und Schmuck aus zu suchen, der zu meinem Teint passt und einigen Männern Hoffnungen zu machen, um ein bisschen Spaß zu haben. Wie weit bin ich doch davon weg jetzt! Der einzige Schmuck, den ich noch trage ist die Haarspange, die er mir geschenkt hat und der Ehering natürlich. Alles andere ist so bedeutungslos geworden.
Sahrie
25.09.4996
Mein liebes Tagebuch,
eben ist das erste Portrait, das ich von Jusuf gemalt habe fertig geworden. Es wird hier im Arbeitszimmer hängen, damit ich immer daran denke was sein Ziel war und jetzt mein Ziel sein muss (ehe mich die erste Intrige zu Fall bringt, oder ein doch nicht so loyaler Angestellter). Sicherlich werde ich aber, wann immer ich in der nächsten Zeit dazu komme weitere Bilder von ihm malen. Wenn er im Anwesen verteilt von den Wänden schaut, dann werden auch die Angestellten immer wieder an ihn erinnert, vielleicht nützt es etwas. Wenn Jemand von ihnen nicht loyal sein sollte...., aber ich weiß nicht ob und wie ich das testen sollte. Und neue Angestellte wären noch gefährlicher. Ich kann nur hoffen, dass Abdul Karasan und Sir Majid tatsächlich loyal sind und den anderen als eine Art Beispiel dienen. Und ich muss hoffen, dass Aladaya und Azhara bald nicht mehr als Fremdlinge betrachtet werden, sondern von den anderen akzeptiert werden, und dann unter Umständen Gerüchte hören und mich rechtzeitig warnen. Mehr Angst jedoch habe ich vor einer politischen Intrige..., ich hätte Jusuf so dringend als Lehrer gebraucht!
Sahrie
28.09.4996
Mein liebes Tagebuch,
Mir ist eben aufgefallen, dass der Grund, aus dem ich anfänglich eigentlich überhaupt mit ihm sprechen wollte, seine Pferdezucht, hier gar nicht weiter aufgetaucht ist. Eigentlich ja ein Zeichen für meine Veränderung, soviel anderes war plötzlich wichtiger, nein ist immer noch wichtiger (im übrigen hat Jusuf auch nur selten über seine Pferde geschrieben, obwohl sie ihm doch viel bedeutet haben) und wird sicherlich auch für den Rest meines Lebens wichtiger bleiben. Aber dennoch bin ich in den letzten Tagen häufiger geritten. Es hilft mir beim Nachdenken. Und ich muss hier ab und zu einfach mal heraus! Seine Pferde sind auch wirklich einmalig. Nebukadnezar, Scheherezadeh und Lunetizia, die ich mittlerweile habe aus Samarkand holen lassen, müssen sich zwar nicht schämen, sind aber gegen diese Pferde doch nur noch gutes Mittelmass. Hmm, und mein altes Ich hätte sie nun vielleicht vernachlässigt, ein neues Spielzeug..., aber sie sind mir nach wie vor lieb und teuer. Und ich brauche sie auch, denn ab und zu schmerzt mich alles, was an Jusuf erinnert viel zu sehr, da kann ich es nicht ertragen auf einem SEINER Lieblingspferde zu reiten!
Sahrie
29.09.4996
Mein liebes Tagebuch,
heute ist es einen Monat her, dass sich mein glücklichster und mein schrecklichster Tag trafen, einen Monat ist es her, dass..., ich werde diesen Anblick nie vergessen. Und ich glaube ich werde nie aufhören dabei zu fühlen, wie es eiskalt um mein Herz wurde. Es kommt mir vor, als sei ich Jahre gealtert in diesem Monat!
Sahrie
05.10.4996
Mein liebes Tagebuch,
ein neuer Monat, schon wieder ein neuer Monat. Und ich glaube ich habe immer weniger Zeit zu schreiben. So viele Kleinigkeiten, um die ich mich kümmern muss, die meine Tage auffressen. Es ist viel zu tun, und ich will, dass das Personal mir treu bleibt, ich will nicht für eine Faulenzerin gehalten werden, ich habe ihnen gegenüber eine Verpflichtung! Und ich bin doch noch so unerfahren, wahrscheinlich mache ich viele Fehler, aber ich werde sie erst merken, wenn es zu spät ist...
Seit Jusufs Todestag bin ich wieder in so einer niedergeschlagenen Stimmung, oft war ich kurz davor doch auf zu geben, aber ich kann es nicht. Lieber bei diesem Versuch sterben. Aber es ist alles so schwer, immer wieder frage ich mich, wie ich ohne ihn weiterleben soll,
Sahrie
06.10.4996
Mein liebes Tagebuch,
es gibt etwas neues von den drei Eiern aus der Metallbox. Sie sind noch gefährlicher, als ich annahm! Wohl ist mir nicht dabei sie jeden Morgen aufs neue Baronet Harun aus zu händigen, aber jetzt werde ich mich regelrecht davor fürchten. Aber ich will ja mit ihm zusammenarbeiten, also kann ich ihm jetzt nicht misstrauisch gegenübertreten. Und ich kann ja schlecht diese drei Eier, die ja sowohl ihm, als auch Baronet Hassan gehören einfach beschlagnahmen. Dann habe ich zwei Feinde mit einem Schlag, muss auch nicht sein. Aber ich habe auf alle Fälle mein Wachpersonal angewiesen die Beobachtung von Baronet Harun zu verstärken. Und sollte er eines dieser beiden Eier gegen mein Sicherheitssystem einsetzten, oder gegen meine Leute, dann haben sie den Befehl ihn sofort in den Kerker zu werfen. Wohl ist mir bei dem Gedanken zwar auch nicht, aber was soll ich sonst tun?
Vielleicht erst einmal berichten wie ich überhaupt zu meinen Befürchtungen und der Verstärkung der Wachleute komme!
Als ich heute morgen Baronet Harun die Eier aus dem Tresor gab, da teilte er mir mit, dass der Translator mittlerweile genug Urthish gelernt habe, weshalb er und Elannyo sich heute die anderen beiden Eier ansehen wollten. Da wollte ich selbstverständlich dabei sein. Als jedoch das mittlere Ei ausgelöst war, löste plötzlich meine Haarspange aus. Auf dem Translator erschien eine Frage: „Verbindung herstellen?“ Ich rief natürlich nein, doch Baronet Harun glaubte ja es besser zu wissen und drückte ja, woraufhin ich mit dem Engineer schnellstmöglich den Raum verließ. Im Gehen (oder eher Rennen) löste meine Haarspange dann noch einmal aus, ich konnte sehen, wie beim Translator sehr schnell Zeilen durchliefen, schloss aber dann schnell die Tür.
Im Sicherheitsquartier brachen die Wachen schon zur Tür auf, um dort den Engineer mit der Bewachung ab zu lösen. Sie hatten also über die Kameras schon gesehen was passiert war.
Dieses mittlere Ei hat also Psikräfte, mit Verbindung war sicherlich eine Verbindung zu Baronet Haruns Gehirn gemeint. Na toll und das in meinem Anwesen! Aber es sollte noch besser kommen: Baronet Harun aktivierte auch das dritte Ei, woraufhin alle unsere Bildschirme schwarz wurden und das Sicherheitssystem des Raumes ausgeschaltet wurde. Panisch schickte ich noch mehr Leute los, die ließen sich hoffentlich nicht so schnell ausschalten. Es dauerte eine Zeit, dann bekamen wir plötzlich wieder ein Bild und sahen, wie Baronet Harun die Eier wieder einpackte. Ich erteilte den Befehl, dass er sofort fest zu nehmen sei, wenn etwas Merkwürdiges passieren sollte, oder er etwas Unberechenbares tun sollte, oder aber wieder Bildschirme schwarz werden sollten.
Er wollte dann jedoch mit mir sprechen und versicherte mir, er würde nicht mit Hilfe des Eies auf meine Haupt-Denkmaschine zugreifen oder ähnliches. Nun ich muss hoffen, dass er dieses Wort nicht bricht. Vorsicht schadet ja aber nichts und meine Sicherheitsleute haben sehr genaue Befehle für den Fall der Fälle. Ich möchte hier ungern etwas riskieren. Da habe ich dann doch lieber Leute, die durch irgendwelche Geheimgänge plötzlich bei mir auftauchen! Bei denen weiß ich immerhin, dass Jusuf ihnen vertraut hat.
Sahrie
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