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War Stories und Twilight: 2000 im Vergleich
KWÜTEG GRÄÜWÖLF:
Deswegen liebte ich ja Cyberpunk-2020. Hätte es da nicht die ganzen Cyberaufmotzungen gegeben, hätten sich schnell die TPK-Berge gestapelt.
Ich hatte den Spielern da auch immer vorher gesagt: "Ich rechne pro Spielsitzung mit mindestens zwei SC-Toten." Das hielt die auf Trab und hat sie total paranoid werden lassen, und haben die sich schmutzige Tricks einfallen lassen, auweiauwei. Kollateralschäden waren denen dann völlig egal...
Aber man muss auch sagen, dass Niederhalten insgesamt ein schwer verstandenes Konzept ist. Auch bei Tabletops und Cosims geistern da immer noch diverse Mythen herum.
Übrigens ist mir beim Durchsehen vom alten GDW-Material für Twilight aufgefallen, dass da (besonders bei Infanteriewaffen) etliches an WK2-Gerümpel dabei ist, und da ich inzwischen Routine im Konvertieren von dem Zeug nach Fri-Ligan-T2000 habe, kann ich mir quasi schnell ein WK2-Rollenspiel mit dieser Engine aus Twilight schnitzen.
Obwohl ich aber immer noch gerne War Stories im Regal hätte.
YY:
--- Zitat von: KWÜTEG GRÄÜWÖLF am 18.07.2023 | 11:40 ---Aber man muss auch sagen, dass Niederhalten insgesamt ein schwer verstandenes Konzept ist. Auch bei Tabletops und Cosims geistern da immer noch diverse Mythen herum.
--- Ende Zitat ---
Joah, aber im Großen und Ganzen gehts dort, wenn recht abstrakte Treffertabellen verwendet werden und Niederhalten eben der leichteste eintretende "Schaden" ist.
Im Rollenspiel hakt es auch eher bei den Berechnungsmodellen für die rein technische Trefferwahrscheinlichkeit aus (GURPS und CP2020 sind da so zwei Vertreter).
Die psychologische Seite geht oft eigentlich, da verhaut man sich nicht so oft in Richtung Nutzlosigkeit oder völlig überhöhte Wirkung.
Nur die Grundsatztrennung in "normales" Schießen und Niederhalten ist halt daneben.
Nebenbei bemerkt hat War Stories noch optionale Regeln für Situationen, wo eigentlich kein Niederhalten vorgesehen ist, z.B. Scharfschützenbeschuss oder sogar eine reine Scharfschützenbedrohung ohne bisher erfolgte Schüsse.
Das macht es mir zwar noch ein bisschen unverständlicher, dass man nicht einfach alles beim regulären Beschuss zusammengefasst hat, aber gut...ist ja leicht behoben :)
Mal ganz weg von konkreten Systemen könnte man suppressive fire insbesondere mit Vollautomaten auch als Untersparte von "Overwatch"-Konzepten abbilden. Da wird dann eben durchgehend geschossen statt auf Ziele gewartet, aber bis auf ein paar Unterschiede kann das doch auf der gleichen Regelbasis stehen.
Oder man arbeitet gleich mit der "Nicht-Regel" von Millennium's End, aber manche haben ja ein gewisses regelästhetisches Bedürfnis, was die Symmetrie der Behandlung von SC und NSC angeht.
--- Zitat von: KWÜTEG GRÄÜWÖLF am 18.07.2023 | 11:40 ---Übrigens ist mir beim Durchsehen vom alten GDW-Material für Twilight aufgefallen, dass da (besonders bei Infanteriewaffen) etliches an WK2-Gerümpel dabei ist, und da ich inzwischen Routine im Konvertieren von dem Zeug nach Fri-Ligan-T2000 habe, kann ich mir quasi schnell ein WK2-Rollenspiel mit dieser Engine aus Twilight schnitzen.
--- Ende Zitat ---
Das landet doch eh alles in den selben paar Ergebnissen - Selbstladegewehre unterscheiden sich dann nur in der Magazinkapazität, genau wie Pistolen.
Und ob man sich große Unterschiede in der Feuerrate ans Bein binden will, ist für mich auch fraglich. Die T2K4-Runden sind doch lange genug, dass der von den Regeln tatsächlich gelieferte Munitionsverbrauch nichts mit der technischen Feuerrate zu tun hat (selbst ein MG3 kommt ja nur auf maximal 36 Schuss...da guckt man noch ein paar Sekunden philosophierend in die Landschaft, bis die Kampfrunde rum ist ;D).
Da habe ich auch kein Problem damit, Waffenkategorien einheitlich die selbe Feuerrate zu geben (zumal die praktische Feuerrate an ganz anderen Sachen hängt, die in den Spielwerten nicht auftauchen).
Dann lande ich aber auch recht automatisch bei dem Ansatz, einen Wertesatz pro Waffenkategorie zu haben und nur noch Unterschiede beim Munitionsvorrat und den verfügbaren Anbauteilen. So muss ich effektiv gar nichts mehr konvertieren.
--- Zitat von: KWÜTEG GRÄÜWÖLF am 18.07.2023 | 11:40 ---Obwohl ich aber immer noch gerne War Stories im Regal hätte.
--- Ende Zitat ---
Ein paar Aspekte in Sachen Sortierung und Formulierung hätte ich schon gerne anders gehabt (so wirkt z.B. Panzerung zunächst kompliziert, weil ausufernd beschrieben ist, was auch in 3-4 Sätze gepasst hätte).
Aber insgesamt gefällt mir das Ding schon ziemlich gut, was Layout und Artwork angeht.
Der Zeichenstil von T2K4 ist ja eher "acquired taste", wenn du mich fragst.
Was die Unterschiede in der Spielpraxis angeht, bin ich selbst auch schon gespannt.
Ich wurstele ja aktuell mit T2K4 herum und werde direkt danach den Vergleich zu War Stories ziehen.
gilborn:
--- Zitat von: KWÜTEG GRÄÜWÖLF am 18.07.2023 | 11:40 ---Aber man muss auch sagen, dass Niederhalten insgesamt ein schwer verstandenes Konzept ist. Auch bei Tabletops und Cosims geistern da immer noch diverse Mythen herum.
--- Ende Zitat ---
Das reizt mich dann als Interessierten Laien noch einmal Nachzuhaken:
Was wird da schwer Verstanden?
Dass Niederhalten im Grunde auch eine Treff-Absicht haben muss damit es funktioniert?
--- Zitat von: YY am 18.07.2023 | 12:24 ---Mal ganz weg von konkreten Systemen könnte man suppressive fire insbesondere mit Vollautomaten auch als Untersparte von "Overwatch"-Konzepten abbilden. Da wird dann eben durchgehend geschossen statt auf Ziele gewartet, aber bis auf ein paar Unterschiede kann das doch auf der gleichen Regelbasis stehen.
--- Ende Zitat ---
Super Gedankenansatz, so passt das sehr gut in meinen Homebrew :d
--- Zitat von: YY am 18.07.2023 | 12:24 ---Oder man arbeitet gleich mit der "Nicht-Regel" von Millennium's End, aber manche haben ja ein gewisses regelästhetisches Bedürfnis, was die Symmetrie der Behandlung von SC und NSC angeht.
--- Ende Zitat ---
War ja klar, dass Milleniums End hier irgendwann auftaucht ;D
Wie funktioniert die "Nicht-Regel"?
Noch eine letzte Frage: Vorhin wurde gesagt, 45° sind ziemlich viel für das Feld das Niedergehalten werden kann - was wären hier denn realistischere Werte?
Gerne auch aufgedröselt in Maschinengewehr / Sturmgewehr oder was sonst noch so Sinn macht... : )
KWÜTEG GRÄÜWÖLF:
--- Zitat von: gilborn am 19.07.2023 | 09:38 ---Das reizt mich dann als Interessierten Laien noch einmal Nachzuhaken:
Was wird da schwer Verstanden?
Dass Niederhalten im Grunde auch eine Treff-Absicht haben muss damit es funktioniert?
--- Ende Zitat ---
Erstmal, ich bin da auch eher Laie, aber durch Bundeswehrdienst und diverse Leute aus meiner Umgebung, die Berufsoffiziere oder Securityheinis sind, hab ich da so einiges aufgeschnappt. So wie ich das verstanden habe: Beim Niederhalten ballert man einfach einen Bereich zu, damit dort Ruhe herrscht, wenn da aber Gegner getroffen werden sollten, um so besser.
Das macht man da eher relativ ungezielt (weil man ja keine konkreten Ziele hat, abgesehen von einem Bereich), und am besten mit Waffen, die viel an Blei schnell raushauen, also MP, Sturmgewehr oder am besten MG. Da braucht man natürlich viel Munition.
Es macht auch nicht völlig unmöglich, dass da doch Leute durchwieseln, und man macht es auch nur ne kurze Zeit (Munitionsverbrauch!).
In Spielsystemen wird das oft aber so abgebildet, als ob man da einfach ne Betonsperre irgendwohin gekippt hätte, oder ein Selbstschussfallen-Minenfeld. Man macht da also aus dem maximalst-optimalsten Ergebnis, dass man mit seinem Niederhaltenversuch erreichen kann, den Standardeffekt.
Ich hab in Manövern aber durchaus erlebt, dass stümperhaftes Niederhalten außer Munitionsverbrauch nicht viel bewirkt hat, man kann dabei auch einiges falsch machen - in Streßsituationen macht man nun mal schnell Fehler.
Der YY wird mich da jetzt wohl an etlichen Stellen korrigieren, aber das ist das Bild, das ich im Kopf habe :)
YY:
--- Zitat von: gilborn am 19.07.2023 | 09:38 ---Was wird da schwer Verstanden?
Dass Niederhalten im Grunde auch eine Treff-Absicht haben muss damit es funktioniert?
--- Ende Zitat ---
Ja, genau.
Daraus wird nach 1-2 "Generationen" (zu verstehen als mittlere Dienstzeit...das sind in vielen Armeen wenige Jahre!) an Soldaten, die es nicht aus eigenem Erleben kennen, die nebulöse Vorstellung, dass man irgendwie so grob in Richtung des Gegners hält und das langt dann.
Als Nebenschauplatz gibt es noch die irrige Vorstellung, das ginge nur mit vollautomatischem Feuer.
Es wird aber andersrum ein Schuh draus:
Wenn überhaupt eine Niederhaltewirkung erzielt werden soll, muss das Feuer so nah am Ziel liegen, dass die Unterscheidung in "normales" Feuer und Niederhalten keinerlei Sinn ergibt.
Man schießt ja nicht mit Absicht im Bereich 1-1,5 m an einem erkannten Ziel vorbei.
Im Kalten Krieg und kurz danach war das auf Manövern unter NATO-Kräften oft so ein bisschen gentlemen's agreement: ich schieße grob in eure Himmelsrichtung und ihr tut so, als hättet ihr Angst davor. Und im Zweifelsfall wird das auch mal durch einen Schiedsrichter durchgesetzt (!), gerne mit den in Relation viel zu guten Schießbahnleistungen als Maßstab für die Trefferwahrscheinlichkeiten...
Um so mehr hat man sich dann gewundert, als in den beiden "forever wars" der 2000er insbesondere die Afghanen sich als sehr schwer niederzuhalten erwiesen.
(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)Das hat neben einer recht fatalistischen Grundhaltung auch die zwei ganz praktischen Gründe, dass die Jungs gegen die vielen Unannehmlichkeiten der Kriegsführung in der Gegend gerne mal Betäubungsmittel nehmen und dass dort der Feuerüberfall auf größtmögliche Entfernung fester Teil der Kriegsführung ist. Entsprechend viel Erfahrung gibt es dort, wenn es um das Einschätzen von Feindfeuer geht.
In der Folge haben u.A. das USMC und die britischen Streitkräfte beschlossen, ihre leichten MGs durch spezialisierte ZF-Gewehre zu ersetzen (USMC) oder einfach komplett auf moderne Sturmgewehre mit guten Optiken zu setzen (UK), weil deren Niederhalteleistung aufgrund der höheren Präzision deutlich besser ist - bei geringerem Munitionsverbrauch.
Speziell die Briten haben damit neu gelernt, was sie früher längst wussten und konnten, als die Infanterie mit rein halbautomatischen Gewehren (FN FAL/L1A1) sehr wohl in der Lage war, die Feuerüberlegenheit zu erringen und zu halten.
Zumindest früher wurde in der britischen Armee überschossen als Teil der Ausbildung, d.h. die Leute wurden hinter einen geeigneten Erdhaufen gesetzt und dann wurde mit verschiedenen Waffen einmal ineffektiv und einmal effektiv (sprich: näher am Ziel) geschossen, damit die Jungs eine Vorstellung davon bekommen, wie sich das jeweils anhört und nicht im Gefecht das erste mal damit konfrontiert werden.
Am Rande:
Das Ganze hat auch nichts damit zu tun, ob man gut sichtbare Ziele hat. Wenn man gar keine Vorstellung von der Feindposition hat, hat das Feuer schlicht zu unterbleiben (was aber oft nicht der Fall ist, weil eigenes Feuer beruhigt).
Sobald das aber halbwegs eingrenzbar ist, wird gezielt geschossen; dann eben auch auf vermutete statt auf eindeutig erkannte Stellungen, aber das kann man durchaus explizit trainieren.
Z.B. die Schweizer Armee hat entsprechende Zielscheiben, mit denen auf geringe Entfernungen weit entfernte und verdeckte Ziele dargestellt werden. Da haben schon wenige Übungsdurchgänge mit entsprechender Auswertung und Coaching einen enormen Nährwert.
Gaaanz allgemein gilt für Halb- oder Vollautomaten im militärischen Kontext:
Möglichst aggressive Feuereröffnung mit dem Schwerpunkt eher auf Volumen statt auf Präzision (aber eben nicht sinnlos in die Landschaft hacken, sondern immer noch mit brauchbarer Trefferwahrscheinlichkeit - das muss man natürlich auch entsprechend ausbilden) und dann langsamer Übergang zum kontrollierten Feuer.
Ob man in der kontrollierten Phase dem Gegner unter Feuer ausweicht und sich verkrümelt oder den Gegner in seiner Stellung fixiert, flankiert und dort vernichtet, ist für die Schießweise unerheblich.
Beim Flankieren schießen die "Läufer" natürlich am Ende noch mal mehr und bei einem eigenen Feuerüberfall wird für die Gewehrschützen vor das große Feuervolumen noch mal ein präziser Einzelschuss gesetzt (grob: alle zielen, Gruppenführer eröffnet das Feuer, auf dieses Signal schießen alle möglichst zeitgleich ihren Einzelschuss, geben danach ein Magazin Vollgas und gehen in die kontrollierte Phase über, sofern der Gegner erkennbar in seinem Feuer nachlässt).
(siehe zu dem ganzen obigen Themenkomplex auch die angehängte PDF)
--- Zitat von: gilborn am 19.07.2023 | 09:38 ---War ja klar, dass Milleniums End hier irgendwann auftaucht ;D
Wie funktioniert die "Nicht-Regel"?
--- Ende Zitat ---
Wie immer lädt ME das einfach beim SL ab.
Es gibt also keinen Moralwurf o.Ä., sondern der SL bestimmt frei Schnauze anhand der Gesamtsituation und vor allem anhand der Gegner, wie die darauf reagieren.
Spielercharaktere haben immer freie Auswahl, ob sie in Deckung gehen oder nicht (was bei der Settingprämisse klar geht, weil die SC alle ziemlich abgehärtete Profis sind).
In der Spielpraxis führt das i.d.R. zu den gleichen Verläufen wie bei einer ausufernden Verregelung, sofern diese sinnvoll ist und nicht irgendwelche Artefakte produziert.
Man erkauft sich mit der verbrauchten Munition die Gelegenheit, die Distanz zu schließen oder zu öffnen.
--- Zitat von: gilborn am 19.07.2023 | 09:38 ---Noch eine letzte Frage: Vorhin wurde gesagt, 45° sind ziemlich viel für das Feld das Niedergehalten werden kann - was wären hier denn realistischere Werte?
Gerne auch aufgedröselt in Maschinengewehr / Sturmgewehr oder was sonst noch so Sinn macht... : )
--- Ende Zitat ---
Ich würde weniger in Grad oder Fläche denken, sondern in Einheitengröße.
Als groben Anhaltspunkt:
Mit einem Sturmgewehr oder einem LMG kann man ca. eine Gruppe niederhalten, mit einem lafettierten MG einen Zug (beides eher hoch gegriffen).
Das variiert aber schwer danach, auf wen man schießt und wie die Leute im Gelände unterwegs sind.
Wenn der Gegner im Hinterland völlig unbedarft im Kompanierahmen von A nach B die Straße lang marschiert, bekommt man die zu Beginn auch alle mit einem einzelnen LMG bespaßt.
Eine weit aufgefächerte Gruppe aus Veteranen in durchschnittenem Gelände wird man umgekehrt kaum niederhalten können.
Als ziemlichen Optimalfall das hier: kurze Entfernung, MG auf Lafette - und man sieht ja, was für einen kleinen Bereich man damit tatsächlich wirksam beschießen kann.
Wenn die Entfernung größer wird und das MG nicht auf der Lafette montiert ist, muss man kontrollierter schießen und entwickelt dementsprechend weniger Feuervolumen.
Andersrum kann man so wie im Video auch nur zu Beginn eines Feuerüberfalls schießen, sonst ist in kürzester Zeit die Munition weg und das Rohr hinüber.
Da ist es so zu sehen wie oben beschrieben: brutaler Einstieg und dann Übergang in kontrolliertes Schießen, um die Zeit zu strecken, die man für die verbrauchte Munition erkauft.
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