Autor Thema: Waffen vs Rüstung  (Gelesen 15954 mal)

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Offline Aedin Madasohn

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Re: Waffen vs Rüstung
« Antwort #300 am: 3.08.2024 | 08:55 »
Schild verschwunden ist

das war ja ein Prozess, der über viele viele viele Stufen lief.

- Bogenschützen und Armbrustschützen mit Schild?  :think: ahhh, ja, da war noch was mit diesen Setzschilden, Weidenrutenwänden(teils auch auf Rotten) und nach Pulvereinführung Schanzkörben und heute sind Sandsäcke noch immer gebräuchlich.

- Infanterie. die stehende Infanterie mit Spieß kann nur dann Reiter mit Lanzen abwehren, wenn sie "lange genuche" Spieße hat. Also musste die extra langen Piken mit beiden Händen (und gebückt und Fuß vor undundund) genutzt werden - dann war aber ende Gelände für die Ritterreiterei. Hand frei für Schilde war da net mehr (und selbst mit Schultergurt und nur am Unterarm fest für Griffhand-frei, siehe diverse makedonische Phalanxsimulationen war nicht wirklich das, was wir uns heute unter "Schildkampf" vorstellen. Das war quasi nur ein großer Unterarmschutz, welcher mit der Schultermuschel verwachsen war  ;D)
dementsprechend panzerte sich die Infanterie stärker am Leib, um den Pfeilen standzuhalten. Bis halt die Pulvergeschütze dem über wurden.
Nahkämpfer mit Einhandwaffen aber immer noch Schild (oder so schwerem Unterarmpanzer, das wie Schild) wurden ja schon genannt

- Ritter höchstselbst zu Pferd. ein Pferd will gelenkt sein. Der Ausbildungsaufwand für Schildkampf zu Pferd, Schenkelsteuerung und Zügel noch mit der Hand am Schild halten ist nicht ohne.
und was das Tunier anging mit den Pappelhölzern zum Zersplittern: war ein Mikrokosmos für sich selbst für blanke Show und auch Panzer-Mode. Als der blanke Harnisch es hergab, wurde er als Zerschellspiegel für das Pappelholz genutzt. Sah gut aus und sollte genau nicht mehr liefern.

- Volldosen zur blanken  ;D Angeberei
die schönsten Stücke Volldose (und Pferdepanzer) sind reine (Tunier)Vorführstücke.

eine wunderbare Kompanie an kanülierte Gardevolldosen ist als Gefechtsfeldwache eines Kaisers produziert worden. Joah, Prestigeziel zum Decken halt und ganz viel Paradegeblinke (schon beim alten Karl dem Großen werden über "Täler voller blitzendem Erze" geschwärmt, vor dem sich alle gleich verneigten)

Und die restlichen Papenheimer-Panzerreiter?  >;D

wenn die Kupferstecher Bilder hinterließen, dann ist der Oberstfeldhauptmann mit 3/4 Panzer, seine Trabanten deutlich leichter gerüstet gezeichnet - doch dann stehen "im Hintergrund" drei-vier Panzerreiter in hochwertigerer Volldose auf feurigen Rossen da als der Vordergrund Oberstfeldhauptmann? 
auch auf den ganzen Marschstichen zeigen sich die Prestigesuperpanzer "gerne"

weitere Beispiele von Bühnenstücken
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Offline YY

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Re: Waffen vs Rüstung
« Antwort #301 am: 3.08.2024 | 09:15 »
Designtechnisch wirds dann wieder interessant, da müsste man dann abbilden, dass das Schwert im Halbschwert verwendet Reichweite verliert, dafür aber beim Grappeln verwendet werden kann (zumindest wenn man der ist, der die Oberhand hat) bzw. mittels Knauf etc. Hammerartige Hiebe verteilen kann...  :think:

Wenn es aufgeht, kann man vielleicht rundenweise den Wertesatz anderer Waffen mit kleinen Abstrichen verwenden :think:

Je nachdem ist das Halbschwert ja quasi ein unhandlicher Dolch oder ein schlechter Streitkolben ;)

Designtechnisch würde das bedeuten:
Ich muss das Schild in Kombination mit Platte gar nicht "nerfen", ich muss nur die Waffen so gestalten dass Zweihandwaffen / Grapplingwaffen die einzigen Sinnvollen Optionen gegen Platte sind.

Genau. Je nachdem, wie die Rüstungs- bzw. allgemein Defensivregeln gestaltet sind, brauchst du idealerweise gar nichts tun.
Dann erübrigt sich der Schild allein durch die grundlegende Spielmechanik, sobald die Plattenrüstung verfügbar ist.
Ein Stück weit ist das auch ein Prüfstein für die Kampfregeln, ob die das ohne Sondergebastel hinkriegen.

Am Rande: Wie schon angemerkt ist der Schild natürlich nur bei den "Dosenträgern" verschwunden. Alle anderen nutzen ihn weiterhin, weil sie keinen Zugriff auf die Plattenrüstung haben und mit Masse gegen Leute ohne Plattenrüstung kämpfen (!); dann will man natürlich lieber besser geschützt sein als eine für den Regelfall zu große Waffe dabei zu haben.

 

nach Pulvereinführung Schanzkörben und heute sind Sandsäcke noch immer gebräuchlich.

Ein selbst geführter Schild und künstliche Deckung sind aber zwei deutlich verschiedene Paar Schuhe.
Das braucht man sicher nicht zusammenwerfen, um zu zeigen, wo sich der Schild noch gehalten hat.
"Kannst du dann bitte mal kurz beschreiben, wie man deiner Meinung bzw. der offiziellen Auslegung nach laut GE korrekt verdurstet?"
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Re: Waffen vs Rüstung
« Antwort #302 am: 3.08.2024 | 10:27 »
Am Rande: Wie schon angemerkt ist der Schild natürlich nur bei den "Dosenträgern" verschwunden. Alle anderen nutzen ihn weiterhin, weil sie keinen Zugriff auf die Plattenrüstung haben und mit Masse gegen Leute ohne Plattenrüstung kämpfen (!); dann will man natürlich lieber besser geschützt sein als eine für den Regelfall zu große Waffe dabei zu haben.

Streng genommen ist er nie völlig verschwunden, denn wir benutzen ihn ja auch heute noch.

Und natürlich gibt's, wenn man sich in der Geschichte und insbesondere auch außerhalb Europas so umschaut, den Einheitsschild sowieso genausowenig wie die Einheitsrüstung. :)

Offline YY

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Re: Waffen vs Rüstung
« Antwort #303 am: 3.08.2024 | 10:47 »
Ganz streng genommen benutzen wir ihn wieder; sektorweise (Polizei vs. Militär) lässt sich schon jeweils eine schildlose Phase erkennen, wobei das bei der Polizei eher eine kulturelle bzw. einsatzphilosophische Frage war.

Neben den sog. "riot shields" gibt es auch noch ballistische Schilde, die aber nur unter recht speziellen Umständen genutzt werden - auch da ist Mobilität und eingeschränkter eigener Waffeneinsatz die Kernfrage.

 
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Offline Feuersänger

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Re: Waffen vs Rüstung
« Antwort #304 am: 3.08.2024 | 15:51 »
Beim Schild würde ich im ersten Reflex sagen: einfach auch als Waffe abhandeln. Natürlich in erster Linie als Parierwaffe, weil das ja normalerweise sein Primärzweck ist...aber man kann damit auch schon einigermaßen aktiv täuschen und tricksen und natürlich zumindest gelegentlich sogar dezent austeilen.

Das ist vor allem fürs FrüMi sicherlich korrekt, da wurde der damals typische Rundschild absolut auch als Waffe eingesetzt -- so eine Schildkante in die Fresse kann einem den Tag schon recht nachhaltig verderben.
Ab dem HoMi bin ich mir da aber nicht so sicher -- soweit ich weiß, ging der Trend da hin zu Schilden, die man mit Riemen trug statt an einer Schildfessel, teilweise sogar an Trageriemen über die rechte Schulter -- da ist dann einfach nicht mehr viel mit offensivem Einsatz.

Und letzten Endes hilft uns das leider nicht viel bei der Frage weiter, wie man im RPG inzentivieren kann, SpäMi Plattenharnische nicht mit Schild zu kombinieren.

--

Pendragon thematisiert das explizit - das bedeutet aber auch, dass man nur in der Übergangszeit noch die alte Rüstung trägt, weil man grad keine Kohle für was Neues hat.

Ah, da bin ich bisher wohl einem völligen Irrtum aufgesessen, ich dachte Pendragon behandelt die Zeit König Artus', also mehr so 5./6. Jahrhundert, als sich rüstungstechnisch nicht wirklich was getan hat.  :think:

Zitat
Sprich: Eine Austattung, mit der man in der Mitte zwischen den beiden im Video getesteten Varianten landet, so irgendwo zwischen 10 und 20 kg. Meiner Erfahrung nach ist man damit fast genau so schnell wie ohne, jedenfalls solange die Belastung nicht zu lang andauert.
Damit wäre man also etwas schneller als man linear übers Gewicht berechnet erwarten könnte.

Ahja, verstehe. Ja, sowas lässt sich ja einigermaßen leicht implementieren. Kriegt der Mittel-gerüstete halt nicht 10 Fuß sondern 5 Fuß Abzug von seinen 30 Fuß Bewegungsweite.

--

Ich muss das Schild in Kombination mit Platte gar nicht "nerfen", ich muss nur die Waffen so gestalten dass Zweihandwaffen / Grapplingwaffen die einzigen Sinnvollen Optionen gegen Platte sind.

Das wäre sicherlich die eleganteste Lösung, dass sich das quasi von selber ergibt (wie auch von YY gefordert), wenn man ein System sowieso von Grund auf aufbaut.
Momentan bin ich allerdings gedanklich aus Sparsamkeitsgründen eher in der Ecke, ein D&D3-artiges System mit wenigen Kniffen entsprechend anzupassen. Mit Waffen-Properties könnte man aber wohl in die Richtung gehen.

Typischerweise erreicht D&D diesen Effekt nur mittelbar, indem Zweihandwaffen halt mehr Schaden machen und mehr Schaden besser ist. Auf die Trefferchancen jedoch hat die Waffenwahl keinen Einfluss. Man hat mit einem Kurzschwert, Langschwert, Zweihänder oder Luzerner Hammer gleicher Güte auch immer die gleiche Chance, einem Gegner mit einer bestimmten AC weh zu tun, auch da wieder egal ob die AC sich nun aus einer Plattenrüstung ergibt oder aus einem Pyjama und sehr viel Gewandheit.

Conan D20 geht schon eher in die Richtung, hier hat man je nach Klasse Parry- und Dodge-Progressionen (Schild addiert seinen Wert zu Parry gegen Nahkampf und zu Dodge gegen Fernkampfangriffe), Rüstung bietet Schadensreduzierung, und Waffen haben einen Armour Piercing Stat. Tritt man gegen stark gerüstete Gegner an, will man also eine Waffe mit möglichst hohem AP, und das sind hauptsächlich: Zweihandwaffen.

Leider haben sie es bei Conan dann mit dem Zusammenspiel der Werte nicht so ganz hinbekommen. Und das, obwohl es quasi keine magische Ausrüstung gibt. Würde man diese auch noch mit importieren, würde das System komplett zusammenbrechen, bin ich mir ziemlich sicher. Aber vielleicht kann man sich dennoch ein paar Anregungen aus deren Playbook holen.

Umgekehrt bin ich jetzt mit dem erwähnten RQ nicht so firm (1x gespielt), aber so ganz grob meine ich mich an die Regeln für Kampf und auch Schildeinsatz zu erinnern, und dass ich sie ziemlich scheisse fand.  ;D
Insbesondere auf Trefferzonen möchte ich wirklich gern verzichten, das hat noch nie zu was Gutem geführt.

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Dos döckt süch jötzt nücht müt moinem Könntnisstond.

Zu dieser Zeit entwickeln sich doch die "Spießer", oder generell schweres Fußvolk (aus dem sich später die Landsknechte entwickeln) mit Stangenwaffen. Schilde kommen da afaik fast nur noch als Setzschilde vor, die halt nur noch von einem Bruchteil der Truppen bedient werden. Und ja, so städtische Bürgertruppen tragen da regional weiterhin Kettenpanzer, weil das in dieser Phase die Billigrüstung darstellt - aber halt eben mit Stangenwaffe kombiniert und somit ohne freie Hand für Schild.

Nebenbei, der enorme Preisverfall des Kettenhemds ist wohl dadurch begründet, dass man im SpäMi das Drahtziehen weiterentwickelt hatte und so größere Mengen Draht deutlich billiger herstellen konnte als früher. Wo genau da jetzt der technische Durchbruch war, habe ich allerdings noch nicht rausgefunden.
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"I blame WotC for brainwashing us into thinking that +2 damage per attack is acceptable for a fighter, while wizards can get away with stopping time and gating in solars."

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Offline Aedin Madasohn

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Re: Waffen vs Rüstung
« Antwort #305 am: 3.08.2024 | 16:25 »
Nebenbei, der enorme Preisverfall des Kettenhemds ist wohl dadurch begründet, dass man im SpäMi das Drahtziehen weiterentwickelt hatte und so größere Mengen Draht deutlich billiger herstellen konnte als früher. Wo genau da jetzt der technische Durchbruch war, habe ich allerdings noch nicht rausgefunden.

Draht wird durch ziehen durch Lochplatten (Verjüngungsarbeit, Nürnberg legte sich erst schlafen, wenn auch die Drahtzieher Schluss gemacht hatten  ;D) hergestellt. Vom Stäbchen zum Drähtchen dann der ein oder andere Durchzug

- Fassen des groben Drahtendes mit Kneifzange und kräftig durch die Verengung ziehen. Wenn Hand die Zange nicht mehr zuhält ist Pause und wenn Oberarm nicht mehr will ist Pause. Effizenzende ist also absehbar

- besseres Werkzeug (Selbstklemmer an der Zange etwa)
- bessere Arbeitslänge im Werkraum für das Ziehen, bis neu gefasst werden muss (weniger Einrüstzeit bei mehr Werkzeit)
- Ziehen per Kurbel (je mehr gestreckt wird beim Verjüngungs-Durchgang, desto mehr Kraftaufwand. Blankes Ziehen aus Oberarm findet da seine Grenze. Per Kurbel lässt sich da per mechanischer Übersetzung ein besserer Ausdauerpunkt finden) und Drehrad und Fußlaufrad verbesseren dort die Effizienz. Es können auch Wasserräder, Laufhunde etc.pp. eingesetzt werden.
Nur einmal Einspannen und gleich den Effekt von zwei Löchern in einmal durchleiern mit Hilfe der (externen) Beinkraft erreichen
- Draht gleich auf Spindeln wickeln
- wenn die Qualität des Eisens besser wird, gibt es auch weniger Sprödigkeitsbruch bzw. Schlackeeinschlussbruch. Weniger Ausschuss und weniger neues Eintüdeln nötig. Auch das hilft schon, weil am Schmelzofen besser Schlacke vom Metall getrennt wurde 

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Re: Waffen vs Rüstung
« Antwort #306 am: 3.08.2024 | 16:27 »
Bei Arcane Codex klappt das mit den Schilden soweit ganz gut. Nach Vanilla geben die halt Rüstungsschutz (der vom Schaden abgezogen wird). Und wenn man als Volldose daher kommt, hat man eigentlich soviel Rüstungsschutz, dass die paar Punkte vom Schild nicht viel ausmachen und grundsätzlich Zweihandwaffen wegen mehr Schaden bevorzugt werden.
Ich hab dann noch einen Hausregelsatz, da geben Schilde Verteidigungswert (man wird also weniger getroffen). Allerdings kann dann der Schild getroffen werden. Und ich sag mal so: Waffen mit denen man durch eine Plattenrüstung kommt, machen auch mit den meisten Schilden kurzen Prozess. Insofern entscheiden sich die meisten Leute dann auch eher für ne schwere Waffe anstatt vielleicht 1-2 Wirktreffer mit dem Schild zu negieren. Und Sachen die der Schild aushält, die würde halt auch die Rüstung weitgehend aushalten. Brauch man also keinen Schild dafür.
Gleichzeitig kann es aber rein spielmechanisch auch Sinn machen mit weniger Rüstung und Schild rumzulaufen. Ist halt deutlich billiger und man hat weniger Abzüge.
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Re: Waffen vs Rüstung
« Antwort #307 am: 3.08.2024 | 16:30 »
Das ist vor allem fürs FrüMi sicherlich korrekt, da wurde der damals typische Rundschild absolut auch als Waffe eingesetzt -- so eine Schildkante in die Fresse kann einem den Tag schon recht nachhaltig verderben.
Ab dem HoMi bin ich mir da aber nicht so sicher -- soweit ich weiß, ging der Trend da hin zu Schilden, die man mit Riemen trug statt an einer Schildfessel, teilweise sogar an Trageriemen über die rechte Schulter -- da ist dann einfach nicht mehr viel mit offensivem Einsatz.

Vergiß nicht: auch der Buckler zählt noch als Schild, und der hat sich meines Wissens eine ganze Weile gehalten. :)

Zitat
Und letzten Endes hilft uns das leider nicht viel bei der Frage weiter, wie man im RPG inzentivieren kann, SpäMi Plattenharnische nicht mit Schild zu kombinieren.

Stimmt schon. Letzten Endes sind halt Schild und Rüstung dummerweise zwei recht verschiedene Formen von Verteidigung -- der Schild will halbwegs aktiv und gezielt eingesetzt werden, fängt dafür Angriffe aber potentiell deutlich weiter weg vom Körper des Benutzers ab und hat auch andere Tricks drauf, während die Rüstung eigentlich "nur" eine spezielle Art von Kleidung ist und eine eher passive Schutzwirkung bietet, so daß der Träger sich mehr auf andere Dinge konzentrieren kann. Außerdem war der Schild wohl lange Zeit mit der beste Schutz speziell gegen Schuß- und Wurfwaffen; klar, der deckt in den meisten Formen auch längst nicht den ganzen Körper, aber solange das die Rüstung ebenfalls nicht tut (wie's wohl vor der "perfektionierten" Platte meist der Fall war), kann man die beiden wenigstens kombinieren.

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Re: Waffen vs Rüstung
« Antwort #308 am: 3.08.2024 | 20:22 »
Draht wird durch ziehen durch Lochplatten (Verjüngungsarbeit, Nürnberg legte sich erst schlafen, wenn auch die Drahtzieher Schluss gemacht hatten  ;D) hergestellt. Vom Stäbchen zum Drähtchen dann der ein oder andere Durchzug
*snip*

Deine Beschreibung hat mich womöglich in der Tat auf die Lösung gebracht. Du beschreibst ja einen rein muskelkraftgetriebenen Prozess. Ab einem bestimmten Zeitpunkt hat man aber, zumindest in den wichtigen Drahtmacherzentren, Wasserkraft genutzt. Das würde insofern genau zusammenpassen. (Vergleiche dazu den Wikipedia-Artikel "Drahtziehen")

Vergiß nicht: auch der Buckler zählt noch als Schild, und der hat sich meines Wissens eine ganze Weile gehalten. :)
Rüstung ebenfalls nicht tut (wie's wohl vor der "perfektionierten" Platte meist der Fall war), kann man die beiden wenigstens kombinieren.

Hm. Ich hätte jetzt spontan gesagt, dass der Buckler doch sicherlich nur ein ziviler Sportgegenstand fürs Fechten / Duelle war, aber anscheinend tauchen die Dinger auch nach Ende des MA noch auf Darstellungen von Schlachten auf (behauptet abermals Wikipedia).
Das einzige was ich noch kenne ist die Tartsche, aber diese auch wieder in erster Linie als Reiterschild in Kombi mit Lanze, und dann anscheinend gerne so positioniert, dass sie genau die Schwachstelle der linken Achsel schützt.
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Re: Waffen vs Rüstung
« Antwort #309 am: 3.08.2024 | 21:49 »
Ah, da bin ich bisher wohl einem völligen Irrtum aufgesessen, ich dachte Pendragon behandelt die Zeit König Artus', also mehr so 5./6. Jahrhundert, als sich rüstungstechnisch nicht wirklich was getan hat.  :think:

So total ist der Irrtum nicht - irre viel passiert da bei den Rüstungen nicht, das ist schon ziemliche Kleinkrümelei mit Rüstungs- und Helmformen (anders als bei Paladin, da gehts bis zur Vollplatte).
Und implementiert wird das auch in der Art, dass man jetzt die neue Rüstung braucht, um den gleichen Schutzwert zu haben wie immer. Wer seine alte Rüstung behält, steht dann auf einmal schechter da.

Fürs Spielgefühl und die Austarierung der Werte ist das goldrichtig, aber natürlich sonst nicht sonderlich schlüssig ;)

Ahja, verstehe. Ja, sowas lässt sich ja einigermaßen leicht implementieren. Kriegt der Mittel-gerüstete halt nicht 10 Fuß sondern 5 Fuß Abzug von seinen 30 Fuß Bewegungsweite.

Oder 3, wenn ich mit meinem Transfer von modernem taktischen Geraffel richtig liege.

Bewegungsweite finde ich aber für Rüstungen auch nicht so spannend als Behinderung, da wären mir andere Sachen schon wichtiger. Die sind dann aber auch schnell wieder knifflig zu regeln.

Dos döckt süch jötzt nücht müt moinem Könntnisstond.

Zu dieser Zeit entwickeln sich doch die "Spießer", oder generell schweres Fußvolk (aus dem sich später die Landsknechte entwickeln) mit Stangenwaffen.

Das war wenig später und ging einher mit dem Bedeutungsverlust von Schild (und wenig später auch Platte) durch die Feuerwaffen bzw. allgemeiner mit der sog. Infanterierevolution.
Wo eh nur Schanzen hilft, führt man natürlich auch keinen Schild mehr und schießt entweder selbst oder hat eine lange und wirksame Nahkampfwaffe gegen einen nur am Torso wirklich gut gerüsteten Gegner.

Als die Plattenrüstungen aufkamen, gabs ja aber parallel dazu noch den klassischen Fußsoldaten mit Kette/Schuppe o.Ä. und Schild - auf den bezog ich mich.
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Offline Feuersänger

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Re: Waffen vs Rüstung
« Antwort #310 am: 4.08.2024 | 00:29 »
Also, an dieser Stelle mal, damit wir so ungefähr auf dem gleichen Stand sind und nicht aneinander vorbeireden, hier ein wirklich exzellentes Video zum Thema Rüstung durchs gesamte Mittelalter von A bis O. Ich hab es selber gerade erst heut abend zum ersten Mal gesehen, aber es passt hier wirklich wie die Faust aufs Auge:

https://www.youtube.com/watch?v=gHBugULWYHk

Das ist toll, weil er wirklich auf alles eingeht, von der Formentwicklung zwischen Frühmittelalter und Spätgotik, über die Richtigstellung verbreiteter Fehlinformationen wie die angebliche Verwendung von gepolsterter Unterkleidung, bis hin zu Analyse (und Demonstration) des Schutzwertes inkl Panzerungsstärke in Joule und dazu passend Energiegehalt verschiedener Waffen. (Jetzt müsste ich mir die Zahl nur noch merken, aber ich glaube es war sowas wie 100J um 1mm Stahl zu durchdringen).

Zugegeben, es ist manchmal etwas anstrengend, wenn er andauernd von "klassichen Michformen von gotichen und italienichen knechtichen Harnichen" redet, aber der Mann ist ein derartiger Nerd und hat offenbar die Fachliteratur so auswendig gelernt, dass ich ihm in der Sache voll vertraue.

Fürs Spielgefühl und die Austarierung der Werte ist das goldrichtig, aber natürlich sonst nicht sonderlich schlüssig ;)

Ah, verstehe. Ja das ist schon etwas weird. Ich glaube ich werde das nicht klauen.
(Was ich bei Pendragon ganz charmant finde, auch wenn ich es nur vom Hörensagen kenne, ist dass ein Erfolg umso besser ist je knapper er ist)

Zitat
Oder 3, wenn ich mit meinem Transfer von modernem taktischen Geraffel richtig liege.

Oder so. Ich habe in der Vergangenheit schon mit wechselnder Konsequenz versucht, den für D&D typischen 5'-Maßstab auf 1m umzustellen (also Kantenlänge eines Bodenplan-Kästchens), aber es gibt halt Ripple Effects.
Zu Behinderung von Tätigkeiten fällt mir auch nichts besseres ein als die handelsüblichen Abzüge auf den Fertigkeitswurf.

Zitat
Das war wenig später und ging einher mit dem Bedeutungsverlust von Schild (und wenig später auch Platte) durch die Feuerwaffen bzw. allgemeiner mit der sog. Infanterierevolution.

Laut dem o.g. Video ist der Schild "im 14. Jahrhundert ist fast komplett verschwunden". Ich nehme mal an er meint "im Verlauf des 14.Jh" und nicht Stichtag 1. Jänner 1301. Dann geht er auf die drei Ausnahmen in diesem "fast" ein, aber es sind halt eben nur: Ausnahmen. Und im 14.Jh gab es zwar schon die ersten Feuerwaffen, sie waren aber eben noch lange nicht flächendeckend verbreitet.

Zitat
Als die Plattenrüstungen aufkamen, gabs ja aber parallel dazu noch den klassischen Fußsoldaten mit Kette/Schuppe o.Ä. und Schild - auf den bezog ich mich.

Ja auch hier wieder, Plattenrüstungen wurden ja nicht per Stichtag eingeführt, insofern gab es sicherlich mal eine Phase wo das parallel existierte.
Komisch übrigens das mit den Schuppenpanzern -- künstlerisch werden die durchaus noch im SpäMi dargestellt, aber real existierende Exemplare muss man wohl echt mit der Lupe suchen, wenn es überhaupt welche gibt.
Artverwandt gibt es zwar die Brigantine, aber die wieder nicht im deutschsprachigem Raum - hier wechselte man beim Fußvolk anscheinend ziemlich nahtlos von Kette auf Platte. (natürlich da nicht Vollplatte sondern eben Halbharnisch).

Noch ein interessantes Tidbit: Kostenpunkt für einen Halbharnisch, wie er von einfachen Infanteristen im SpäMi verwendet wurde, im Rahmen von 4-6 Monatslöhnen eines Handwerkers. (Gerade in der Zeit, als Städte quasi eine Wehrpflicht hatten und die Bürger ihre Ausrüstung nach festen Vorgaben selber stellen mussten) Das ist doch auch schön, wenn man für die Ausrüstungslisten mal einen Kalibrierungspunkt hat. ^^

--

In other news, ich hab mir mal ein bekanntes antiquarisches Buch über Helme gegönnt. "Europäische Helme" vom Militärverlag der DDR, 1981, kennt der eine odre andere von euch sicher. Sind schon echt schicke Bilder drin. ^^
« Letzte Änderung: 4.08.2024 | 00:32 von Feuersänger »
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Offline Raven Nash

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Re: Waffen vs Rüstung
« Antwort #311 am: 4.08.2024 | 08:08 »
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Zu dieser Zeit entwickeln sich doch die "Spießer", oder generell schweres Fußvolk (aus dem sich später die Landsknechte entwickeln) mit Stangenwaffen. Schilde kommen da afaik fast nur noch als Setzschilde vor, die halt nur noch von einem Bruchteil der Truppen bedient werden. Und ja, so städtische Bürgertruppen tragen da regional weiterhin Kettenpanzer, weil das in dieser Phase die Billigrüstung darstellt - aber halt eben mit Stangenwaffe kombiniert und somit ohne freie Hand für Schild.
Muttu deinen Kenntnisstand erweitern!  ~;D

Wir haben in der Bologneser Tradition z.B. die Rotella als großen Rundschild in Gebrauch - in Quellen aus dem 16. Jhdt. Inklusive Anwendung gegen Stangenwaffen und Berittene. Und in den späteren Rapierquellen gibt es den immer noch.  ;)
Rondartschiere sind in den Gewalthaufen mit drin, ebenso wie die Kerle mit den Zweihandschwertern - um Formationen aufzubrechen. Mit dem Schild kann man Piken nach oben drücken und damit an den Ecken Unordnung rein bringen, damit die eigenen Piken durchkommen.

@Schuppenpanzer: Die werden auf Darstellungen gerne für antike Szenen genommen, weil man die für griechisch oder römisch hielt. Römer werden z.B. in Märtyrerbildern gern damit abgebildet. Nicht alles, was man gemalt hat, war zu der Zeit auch in Gebrauch.  ;)
Aktiv: Dragonbane
Vergangene: Runequest, Cthulhu, Ubiquity, FFG StarWars, The One Ring, 5e, SotDL, LevelUp! A5e, Vaesen
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Offline Lichtschwerttänzer

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Re: Waffen vs Rüstung
« Antwort #312 am: 4.08.2024 | 10:09 »
@Feuersänger

Keinen Coat of plates
“Uh, hey Bob?”
“What Steve?”
“Do you feel like we’ve forgotten anything?”
Sigh. “No Steve. I have my sword and my bow, and my arrows and my cloak and this hobbit here. What could I have forgotten?”
“I don’t know, like, all of our stuff? Like the tent, the bedroll, my shovel, your pot, our cups, the food, our water, your dice, my basket, that net, our spare nails and arrowheads, Jim’s pick, my shovel, the tent-pegs…”
“Crap.”