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Fiktion versus HEMA: Mittelalterliche Kämpfe in Film und TV analysiert

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Andropinis:
Da wir jetzt im Bereich Südostasien sind - ist zwar eher modern aber ich halte "The Hunted" mit Tommy Lee Jones und Benicio del Toro für gut choreographiert. Die Kampfszenen lehnen sich an den philippinischen Stil "Sayok Kali" an. Duesbzgl. auf jeden Fall sehenswert.


--- Zitat von: Raven Nash am 20.08.2023 | 11:04 ---Aber ganz abgesehen davon: Selbst wenn die "Linie" intakt wäre - es würde nichts daran ändern das heute etwas gänzlich anderes unterrichtet wird, als vor 300 Jahren. Will man aber eben das wiederbeleben, muss man genauso mit den alten Texten arbeiten, wie im HEMA.
Und das hat man mittlerweile auch im Osten verstanden, was ich großartig finde.

Jetzt muss noch der Gedanke an die "lineare Evolution" aus den Köpfen raus, dann kann man endlich gut arbeiten.  :)
--- Ende Zitat ---

Im Großen und Ganzen bin ich bei Dir - zu  re-engineering ist es aus meiner Sicht allerdings ein Unterschied, ob das sozusagen "in house" erfolgt, oder ob ein anderer da was versucht. Ellis Amdur hat das mal ganz gut beschrieben; er ist Lehrer in zwei koryu Linien und das Oberhaupt einer der Linien hatte ihm und einem anderen fortgeschrittenen Schüler aufgetragen, ein paar Kata, die in der Linie verloren gegangen sind, wieder zu beleben. Man kannte dann die Abläufe aus den Schriften aber eben, und das ist das Entscheidende, auch die Prinzipien aus der gelebten Praxis der Linie. Also was macht diesen Stil aus, wie bewegt man sich und entwickelt Power, wie setzt man das um, welche Strategie steht dahinter usw. Das wird ein völlig Externer nicht in der Tiefe nachvollziehen können. Das was dann rauskommt muss nicht schlecht sein, entspricht dann aber weniger wahrscheinlich dem, was die jeweilige Schule ausmacht. Im worst case hat man dann eher irgendein Cosplay Pseudo-Ninja Gehampel, davon gibts in der Szene leider einige.

Raven Nash:

--- Zitat von: Andropinis am 20.08.2023 | 16:11 ---Also was macht diesen Stil aus, wie bewegt man sich und entwickelt Power, wie setzt man das um, welche Strategie steht dahinter usw
--- Ende Zitat ---
Das sind aber genau die Punkte, die ein Großteil der modernen Aktiven auch schon nicht mehr erlernt hat. Oder eben anders.
Was hab ich nicht alles schon für wunderbare Geschichten über die Anwendung so mancher Technik gehört! Insbesondere chinesische "Meister" haben da oft regelrecht mystische Stories auf Lager. Sie sind nur selten wahr. Forscht man nach, stellt man meistens fest, dass die Technik eigentlich nur noch aus Tradition praktiziert wird, und niemand mehr so recht weiß, wozu die einmal gut hätte sein sollen.

Es gibt ja die nette Entstehungsgeschichte eines Front Kicks aus dem iirc Wado Ryû Karate, der eigentlich aus einem anderen Stil kommt, aber falsch überliefert und dann zum Selbstläufer wurde. Wird bis heute unterrichtet.  :)


--- Zitat von: Andropinis am 20.08.2023 | 16:11 ---Da wir jetzt im Bereich Südostasien sind - ist zwar eher modern aber ich halte "The Hunted" mit Tommy Lee Jones und Benicio del Toro für gut choreographiert. Die Kampfszenen lehnen sich an den philippinischen Stil "Sayok Kali" an. Duesbzgl. auf jeden Fall sehenswert.
--- Ende Zitat ---
Die Choreo erinnert mich immer an den Endkampf von Under Siege - auch Tommy Lee Jones, aber diesmal der Böse, gegen Steven Seagal. Ich frage mich ja immer, wie man mit einem Messer im Eispickelgriff ein andere parieren soll.  ;D

Andropinis:
Under Siege ist trotz allem der beste Seagal Film. Die Alten konnte man sich ja noch ganz gut anschauen, die Neueren sind eine einzige Katastrophe.

Muss da mal bei Gelegenheit meine Wado Ryu Kontakte drauf ansprechen, kannte das mit dem Tritt noch nicht. Und zu den Stories - wem sagst Du das, bin selbst Karateka und Japanologe (mache beruflich aber was ganz anderes) und was da alles für Mist auf den Homepages steht, ist zum Haare raufen.

Tele:

--- Zitat von: Raven Nash am 20.08.2023 | 16:45 ---Die Choreo erinnert mich immer an den Endkampf von Under Siege - auch Tommy Lee Jones, aber diesmal der Böse, gegen Steven Seagal. Ich frage mich ja immer, wie man mit einem Messer im Eispickelgriff ein andere parieren soll.  ;D

--- Ende Zitat ---

Wie man ein Messer hält ist ja fast ne religiöse Frage. Ich hatte Mal einen Krav Maga Instructer, der mich überzeugt hat, dass "Eispickel-Griff" das non-plus-ultra ist. Habe unzählige Drills so gemacht und ich schwöre auch auf Eispickel-Griff. Du parierst den Arm, das Pendeln mit dem Körper ist viel intuitiver und die Führung des gegnerischen Angriffsarms immer von der eigenen Körpermitte weg.

YY:

--- Zitat von: Raven Nash am 19.08.2023 | 08:49 ---Nur eine Anmerkung dazu: Olympisches Fechten hat mit realem Kampf soviel zu tun, wie olympisches Kleinkaliberschießen mit gefechtsmäßigem Schießen. Nicht viel.

--- Ende Zitat ---

Daher ja auch nur "auf olympischem Niveau" und nicht "olympisches Fechten".

Könnte man genau so mit unbewaffneten Sachen formulieren oder mit Schusswaffengedöns - am Ende muss ich es dem Zuschauer eben auch zeigen und für manches bedeutet das, dass es langsamer sein muss als in echt, mit weitläufigeren Bewegungen oder anderweitig "für die Kamera". Sonst sehen die meisten Zuschauer es nicht, weil sie nicht wissen, worauf sie achten müssen.


Ein verwandtes Thema ist in die andere Richtung die Zuschauerkritik an Sachen, die "schlecht" sind, weil jemand nicht 100% optimal agiert - das ist dann wieder das Thema Perfektion, nur in die andere Richtung.

Mein Lieblingsbeispiel ist diese Szene. Hätte der Polizist eine bessere Lösung parat haben können? Klar. Der gezeigte Verlauf ist aber nachvollziehbar und glaubwürdig.




--- Zitat von: Andropinis am 20.08.2023 | 16:11 ---zu  re-engineering ist es aus meiner Sicht allerdings ein Unterschied, ob das sozusagen "in house" erfolgt, oder ob ein anderer da was versucht.

--- Ende Zitat ---

Das kann auch genau umgekehrt sein und der Blick von außen ergründet eher, worauf es ankommt und was in Vergessenheit geraten ist.


Ansonsten gilt für solche Sachen wie Raven Nash sagte: Gerätschaften nachbauen, Schutzausrüstung an und ausprobieren, welche Varianten überhaupt in irgendeiner Weise sinnvoll sind.
Da erfährt man meistens auch sehr schnell, dass groß "beworbene" und diskutierte Unterschiede unter den funktionalen Stilen letztlich verschwindend klein sind. Das ist die Verzierung auf dem Suppenlöffel, aber am Ende spricht man über die selben Sachen und ist zu 95% deckungsgleich unterwegs, während andere diskutieren, ob das Loch mitten im Löffel den Umriss eines Tigers oder eines Schmetterlings haben sollte.


--- Zitat von: Tele am 20.08.2023 | 18:58 ---Wie man ein Messer hält ist ja fast ne religiöse Frage.

--- Ende Zitat ---

Und das hat sogar zwei Achsen - Orientierung der Spitze und Orientierung der Klinge.

Ist aber letztlich wie 9mm vs. .45 ACP oder AK vs. M16...man kann sich darüber aufs Dämlichste die Köpfe einschlagen oder man schaut etwas genauer hin und stellt fest, dass die Unterscheidung erst dann wichtig wird bzw. die Frage überhaupt noch in relevanter Form besteht, wenn man ganz andere Fragen abgehakt hat.


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