Ich fahre bei allem im Leben erstmal die Strategie, grundsätzlich zu vertrauen. Ich gehe treu-naiv davon aus, dass Leute die Wahrheit sagen, wenn sie mit mir reden. Ich checke nicht heimlich das Handy meiner Frau, mit wem sie was für Nachrichten schreibt. Ich überprüfe nicht ohne Anlass, ob meine Mitarbeiter auch brav das machen, was sie machen sollen. Und ich drehe auch bei Klausuren nicht jeden Stein um, um versteckte Spickzettel zu finden.
Aus dem gleichen Grund bin ich aber auch zutiefst verärgert, wenn sich dann zufällig herausstellt, dass jemand dieses Vertrauen missbraucht und die ungeschriebenen Regeln unseres Miteinanders verletzt. Und ich kann auf dummdreiste Rechtfertigungen wie "Was bist du auch so naiv..." oder "Das machen doch eh alle..." richtig, richtig pissig reagieren. Der Betreffende dokumentiert damit nur noch mehr, dass sein Wertesystem ein ziemlich anderes ist als meines. Ein freundschaftlich-kameradschaftlicher Umgang ist ab dem Moment bei mir vom Tisch und wird durch Distanz und Misstrauen ersetzt (ich bin vielleicht naiv, aber dann auch nicht ganz blöd).
Bei Rollenspielrunden ist mir der Fall bisher tatsächlich noch nie untergekommen, aber ich habe die Befürchtung, dass er das Vertrauensverhältnis zwischen mir und dem Mitspieler nachhaltig beschädigen würde. Und da ich mit absolut niemandem mehr in einer Runde spiele, dem ich nicht vertraue (ist übrigens Gruppenkonsens in allen meinen Runden), wäre es das dann entweder für mich oder für ihn.
Aber wie gesagt: Ist bisher noch gar nicht vorgekommen, und inzwischen hat sich unser Spielstil dermaßen in Richtung Casual-Bier-und-Brezel-Runde verschoben, dass ich damit auch nicht mehr rechne. Glück gehabt...
P.S.: Bisher habe ich vor allem das Argument gelesen, der mogelnde Spieler würde ja vor allem seine Mitspieler betrügen, weil sie in Gefahr wären und er nicht o.ä. Ich würde aber bei einem kooperativen Spiel wie dem Rollenspiel noch ergänzen wollen, dass ein Schummler den Erfolg der Gruppe entwertet. Vergleichen würde ich das weniger mit "Betrügen beim Mensch-Ärger-dich-nicht", sondern mit "Betrügen beim Fußball". Wenn ich mir vorstelle, ich schlage mir einen Sonntagnachmittag für einen Kreisligakick um die Ohren, gewinne hocherfreut und erfahre hinterher, dass ein Mitspieler den Gegner bestochen hat, damit sie absichtlich verlieren - es wäre das letzte Spiel, das ich mit dem Betreffenden auf dem Platz stehen würde.