Autor Thema: Warum und wie ich Sicherheitstools am Tisch benutze  (Gelesen 4032 mal)

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Offline JollyOrc

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(Dies ist absichtlich nicht in "Rollenspiel & Gesellschaft", da ich keine Diskussion darüber führen möchte, wer denn hier die echte Hartwurst sei und wer nur eine verweichlichte Schneeflocke. Dieser Thread ist dafür, um Beispiele aufzuführen, wie und warum man diese Werkzeuge benutzt. Wer die Verwendung ablehnt, teile dies bitte NICHT hier mit, sondern beteiligt sich bitte einfach nicht am Thread. Macht im Zweifel einen eigenen auf. :) )

Für mich sind Sicherheitstools für das Rollenspiel das hilfreiche Netz um potentiell kontroverse Dinge zu bespielen. Ich nutze sie, um mehrere Dinge zu erreichen:
  • Die Leute wissen, worauf sie sich beim Spiel einlassen. Das bedeutet nicht, dass sie alle Plot-Details vorab bekommen, oder genau bestimmen können, was passiert. Aber wenn es allgemein sensible Themen gibt, von denen abzusehen ist, dass die a) grundsätzlich vorkommen können und b) da manche eventuell irgendwie ein Problem haben könnten, dann ist man vorgewarnt.
  • Mechanismen wie X-Card, Lines&Veils etc. geben Leuten die Möglichkeit, im Falle des Falles etwas auszublenden, ohne den Spielfluß und -spaß zu stoppen. Man muss dann nicht "aushalten", weil der unausgesprochene soziale Kontrakt einem aufzwingt, für die anderen mitzumachen. Man bemerkt "damit kann ich doch nicht um", und alle biegen elegant ab.
  • Die Gruppen, mit denen ich gespielt habe, spielen im Endeffekt so "mutiger", und gehen mehr an ihre Grenzen, weil sie darauf vertrauen, dass es ein Sicherheitsnetz gibt.

Konkret benutze ich im Grunde nur die drei genannten Dinge:
  • Lines - die Vorabsprache, welche Inhalte man gar nicht im Spiel haben will. Bei der Eat the Reich Gruppe letztens war das dann z.B. "Sexismus". War jetzt nichtmal entfernt für das tatsächlich gespielte Relevant.
  • Veils - diese Dinge dürfen vorkommen, sollen aber nicht ausgespielt werden. In unserer Kumpels-08/15-High-Fantasy-Gruppe sind das z.B. ausgespielte Liebesszenen (also alles was mehr ist als die Ansage "ich flirte den Paladin an"). Hat da keiner in der Zusammensetzung ein Interesse dran, das auszuspielen oder länger zu behandeln, aber die Figuren dürfen gerne off-camera Sex haben.
  • X-Card - wenn einem IM Spiel dann klar wird, dass da ein Inhalt das Spielerlebnis komplett zerstört, man das aber auch nicht groß mit den anderen diskutieren will.
Im Ergebnis spiele ich mit diesen Werkzeugen eigentlich genauso wie ohne - aber an einigen Stellen wird es halt deutlich klarer, was alle mitmachen wollen, und was eben nicht. Und im (eher unwahrscheinlichen) Fall des Falles, dass wir da doch irgendwie auf eine Schiene rutschen, die jemand in der Gruppe nicht verträgt, dann kommen wir von der auch glatt wieder runter, ohne dass es die Stimmung runterziehen muss.
« Letzte Änderung: 29.01.2024 | 14:55 von JollyOrc »
Fürs Protokoll: Ich bitte hiermit ausdrücklich darum, mich in der Zukunft auf schlechte oder gar aggressive Rhetorik meinerseits hinzuweisen. Sollte ich das dann wider Erwarten als persönlichen Angriff werten, bitte auf diesen Beitrag hier verweisen und mir meine eigenen Worte um die Ohren hauen! :)

Offline Weltengeist

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Re: Warum und wie ich Sicherheitstools am Tisch benutze
« Antwort #1 am: 29.01.2024 | 15:13 »
Lines und Veils heißt das also...

Wie meine Oma mal in anderem Zusammenhang (hüstel) sagte: "Och, das gab's früher auch alles. Wir hatte nur keine so schicken Namen dafür..." ~;D
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Offline Jiba

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Re: Warum und wie ich Sicherheitstools am Tisch benutze
« Antwort #2 am: 29.01.2024 | 15:21 »
Zitat
Wie meine Oma mal in anderem Zusammenhang (hüstel) sagte: "Och, das gab's früher auch alles. Wir hatte nur keine so schicken Namen dafür..." ~;D

...und damit Schwierigkeiten das zu theoretisieren, das zu iterieren und als Community zielgerichtet darüber zu sprechen.  ;)

Zitat
X-Card - wenn einem IM Spiel dann klar wird, dass da ein Inhalt das Spielerlebnis komplett zerstört, man das aber auch nicht groß mit den anderen diskutieren will.
Und genau an der Stelle struggle ich mit der X-Card gerne mal: Wie soll ich denn Inhalte am Spieltisch vermeiden oder nach Einsatz der X-Card elegant rausbasteln, wenn ich nicht darüber sprechen soll, was da genau da "ge-ixt" werden soll?

Ich kenne andere, feingliedigere Werkzeuge, wie etwa die Script Change Toolbox, die da differenzierter mit solchen Situationen umgehen können.

An meinen Spieltischen habe ich übrigens gemerkt, dass die X-Card meist eine Art symbolische Wirkung hat. Sie hinzulegen (oder besser noch: direkt am Tisch anzufertigen) und ein paar Worte dazu zu sagen dient mehr der Versicherung, dass wir am Tisch versuchen, anderen mit Respekt und Einfühlungsvermögen zu begegnen. Das allein hilft schon beim Aufbau von gegenseitigem Vertrauen, selbst wenn die Karte nicht benutzt wird (wurde sie bei mir noch nie; die Safety Tools oben dagegen schon).
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“Es ist wichtig zu beachten, dass es viele verschiedene Arten von Rollenspielern gibt, die unterschiedliche Vorlieben und Perspektiven haben. Es ist wichtig, dass alle Spieler respektvoll miteinander umgehen und dass keine Gruppe von Spielern das Recht hat, andere auszuschließen oder ihnen vorzuschreiben, wie sie spielen sollen.“ – Hofrat Settembrini

Offline Marduk

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Re: Warum und wie ich Sicherheitstools am Tisch benutze
« Antwort #3 am: 29.01.2024 | 15:22 »
Gerade bei meiner Vorliebe für Horror RPGs sind Lines & Veils nicht unwichtig. Wobei wir sowas eigentlich auch schon länger gemacht haben, als es den Begriff gab.
Der X-Card steh ich ein wenig ambivalent gegenüber: Ich erkenne den Sinn aber als Spieler mag ich sie komischerweise nicht so (anders sieht es aus, wenn ich SL bin), macht mich irgendwie nervös, weiß auch nicht warum.
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Offline felixs

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Re: Warum und wie ich Sicherheitstools am Tisch benutze
« Antwort #4 am: 29.01.2024 | 15:34 »
Also letztlich: Darüber reden und versuchen, sich gegenüber anderen anständig zu benehmen.
Ich denke, unter zivilisierten Menschen mit einem Mindestmaß an Empathie funktioniert das.

Bei dem Mechanismus "X-Card" frage ich mich immer zwei Dinge:
1) Wie sieht das physisch aus? Legt ihr wirklich eine Karte mit einem "X" auf den Tisch?
2) Was ist der Sinn davon, Diskussion über das "Ziehen der X-Card" zu verbieten?

1) ist selbsterklärend. Zu 2) vielleicht noch, dass ich mir vorstellen kann, dass ein Grund dafür ist, dass man den X-Kartierenden nicht weiter mit dem Thema belasten will. Und vielleicht auch, dass der Spielfluss erhalten bleiben soll. Ich verstehe, dass es (wie immer in sozialen Zusammenhängen), große Graubereiche und Abstufungen gibt - aber was spricht gegen eine kurze Klärung, z.B. um zu verstehen, worum es dem X-Kartierenden überhaupt geht?

Grundsätzlich hat sich in meinen Runden das immer so ergeben, dass Unwohlsein geäußert wurde. Natürlich kann es sein, dass manche ihr Unwohlsein runtergeschluckt haben (ich habe das auch manchmal gemacht), damit das Spiel weitergehen konnte. Ich bin nicht sicher (im Sinne von: ich weiß es wirklich nicht), ob eine X-Karte dabei geholfen hätte, bzw. ob man davon dann eher Gebrauch gemacht hätte.

Letztlich vermute ich, dass der entscheidende Faktor ein gutes Miteinander und ein freundlicher, schonender Umgang miteinander am Spieltisch ist. Das Problem ist, dass die Frage, wie genau sowas dann aussieht, sehr unterschiedlich beantwortet wird. Wenn ich aber mit Leuten zusammenkomme, mit denen ich mich gut verstehe, dann ist die Gefahr gering, dass Dinge passieren, die nicht passieren sollen. Und wenn doch, dann bin ich in der Lage, dagegen mein Veto einzulegen und das wird dann auch beachtet. Hat immer zuverlässig und ohne Hilfsmittel funktioniert.
Und das Gegenteil ist halt leider auch wahr.

Nun kann man vermuten, dass Leute, die einen raueren Umgang mit der Psyche anderer Menschen OK finden, gar nicht erst eine X-Kartenoption anbieten würden. Die X-Karte also als Symbol für problembewusstes und angenehmes Rollenspielmiteinander?
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Online Ludovico

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Re: Warum und wie ich Sicherheitstools am Tisch benutze
« Antwort #5 am: 29.01.2024 | 15:35 »
@Weltengeist
Bin da Deiner Ansicht.

Wo ist der Unterschied zu den normalen Absprachen, die Teil der Runde 0 sind und bei denen über Wünsche und Abneigungen und Erwartungen gesprochen wird (abgesehen von der X-Card)?
Das Ganze wird noch ergänzt mit regelmäßigem Feedback.

So wie es da steht, hab ich den Eindruck, dass es sich um Mittel handelt, die viele Spieler eh schon nutzen.
Gut, auch hier spielt die X-Card eine Ausnahme.

Ich selber sage den Spielern, dass sie, wenn ihnen etwas richtig stinkt, sich melden sollen, ansagen, was los ist und dann wird ein Weg drumrum gefunden.
Das erfordert allerdings ein gewisses Selbstverrauen und eine recht hohe Resilienz. Allerdings bevorzuge ich auch Spieler, die diese mitbringen oder auch Dinge einfach aushalten.
« Letzte Änderung: 29.01.2024 | 15:40 von Ludovico »

Offline Darius der Duellant

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Re: Warum und wie ich Sicherheitstools am Tisch benutze
« Antwort #6 am: 29.01.2024 | 15:38 »
Mein "safety tool" (bravo, unnötige Anglizismen) sind zwei Dinge:
- Eine "Runde Null" wo kommuniziert und abgeklopft wird ob Spieler bestimmte Dinge nicht oder nur "verschleiert" am Tisch haben möchten (die Info kann auch unter vier Augen erfolgen), klassisches Beispiel für letzteres ist z.B. expliziter GF, bei ersterem wäre es z.B. ne Arachnophobie.
- Eine /vorher/ klar und /explizit/ kommunizierte Einladung am Tisch den Mund aufzumachen wenn irgendwas nicht passt.
Das muss dann kein Seelestriptease sein, aber das Minimum das ich erwarte ist eine klar formulierte Bitte ("Pause" / "vorspulen" / "Spielt die Szene allein weiter und lasst mich derweil Kekse im Nebenraum essen") sowie ein Hinweis auf das Problem ("die Szene ist mir zu intensiv" reicht da schon, ein "spul bitte vorwärts!" nicht).

Grundsätzlich erwarte ich von jedem am Tisch gegenseitigen Respekt.
Das schließt aber auch den SL sowie andere Mitspieler und deren Zeit und den Vorbereitungsaufwand mit ein.
Das bedeutet aber auch dass ich mich nicht beliebig verbiege und einem Spieler mit Clownsphobie ggf. nahelegen würde, NICHT mehr bei "Gepettos Abenteuer im Circus Rotnase" mitzuspielen, wenn es da mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Stress kommt.
« Letzte Änderung: 29.01.2024 | 15:44 von Darius der Duellant »
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Offline Jiba

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Re: Warum und wie ich Sicherheitstools am Tisch benutze
« Antwort #7 am: 29.01.2024 | 15:41 »
An diejenigen, die die Absprachen bei Runde 0 machen: Schreibt ihr euch das auf, was die Spieler euch da mitteilen und legt das vor euch aus, damit ihr daran denkt?
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“Es ist wichtig zu beachten, dass es viele verschiedene Arten von Rollenspielern gibt, die unterschiedliche Vorlieben und Perspektiven haben. Es ist wichtig, dass alle Spieler respektvoll miteinander umgehen und dass keine Gruppe von Spielern das Recht hat, andere auszuschließen oder ihnen vorzuschreiben, wie sie spielen sollen.“ – Hofrat Settembrini

Offline felixs

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Re: Warum und wie ich Sicherheitstools am Tisch benutze
« Antwort #8 am: 29.01.2024 | 15:43 »
Hat jemand Beispiele, für unvorhergesehene Probleme oder Bedürfnisse, die einer Klärung bedurft hätten?

Phobien leuchten mir sofort ein, exzessive Gewalt und (körperliche wie seelische) Grausamkeit möchte ich selbst nicht haben (ist der Punkt, an dem ich manchmal meinen Einspruch runterschlucke, bin da offensichtlich schneller betroffen als die meisten anderen), Sexualität möchte und muss ich auch nicht dargestellt haben. Darüber hinaus fehlt mir ein wenig die Phantasie.

An diejenigen, die die Absprachen bei Runde 0 machen: Schreibt ihr euch das auf, was die Spieler euch da mitteilen und legt das vor euch aus, damit ihr daran denkt?

Nein. Es kam bisher aber auch nie irgendwas vor, was ich mir nicht sehr leicht hätte merken können.
« Letzte Änderung: 29.01.2024 | 15:48 von felixs »
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Offline Jiba

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Re: Warum und wie ich Sicherheitstools am Tisch benutze
« Antwort #9 am: 29.01.2024 | 15:44 »
Das erfordert allerdings ein gewisses Selbstverrauen und eine recht hohe Resilienz. Allerdings bevorzuge ich auch Spieler, die diese mitbringen oder auch Dinge einfach aushalten.

Können wir bitte damit aufhören, küchenpsychologisch über die angebliche Persönlichkeitsausstattung von Mitspielern zu fabulieren, nur weil die sich evtl. wohler damit fühlen, eine Karte hochzuhalten und dann was zu sagen, als nur was zu sagen, ohne eine Karte hochzuhalten. Meine Güte.  :P
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“Es ist wichtig zu beachten, dass es viele verschiedene Arten von Rollenspielern gibt, die unterschiedliche Vorlieben und Perspektiven haben. Es ist wichtig, dass alle Spieler respektvoll miteinander umgehen und dass keine Gruppe von Spielern das Recht hat, andere auszuschließen oder ihnen vorzuschreiben, wie sie spielen sollen.“ – Hofrat Settembrini

Offline JollyOrc

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Re: Warum und wie ich Sicherheitstools am Tisch benutze
« Antwort #10 am: 29.01.2024 | 15:44 »
Aus meiner Sicht haben Sicherheitstools und Gruppenabsprachen oder Session 0 eine starke Überlappung. Je nach Geschmack, Thema, und Gruppenzusammensetzung kann dann das eine oder andere sogar ganz wegfallen.

Ich habe übrigens tatsächlich eine physische X-Card aus Holz in meiner Rollenspieltasche:



Für mich besteht der Hauptvorteil davon darin, dass sie mich daran erinnert, die Gruppenabsprache "Ihr könnt bestimmte Inhalte störungsarm wegdrücken" damit explizit vor dem Spiel noch einmal anzusprechen. Sie sorgt also dafür, dass gerade Leute, mit denen ich ggfs. sonst noch nie gespielt habe, das dann auch wissen, oder Vergessliche das wieder ins Gedächtnis bekommen.

Fun Fact: Die hat bislang bei mir noch nie jemand bedient. Aber es wurden dann dadurch ausgelöst im Vorwege durchaus immer wieder mal Themen erwähnt, welche die Leute ungern oder gar nicht im Spiel erleben wollten.
Fürs Protokoll: Ich bitte hiermit ausdrücklich darum, mich in der Zukunft auf schlechte oder gar aggressive Rhetorik meinerseits hinzuweisen. Sollte ich das dann wider Erwarten als persönlichen Angriff werten, bitte auf diesen Beitrag hier verweisen und mir meine eigenen Worte um die Ohren hauen! :)

Online Ludovico

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Re: Warum und wie ich Sicherheitstools am Tisch benutze
« Antwort #11 am: 29.01.2024 | 15:46 »
An diejenigen, die die Absprachen bei Runde 0 machen: Schreibt ihr euch das auf, was die Spieler euch da mitteilen und legt das vor euch aus, damit ihr daran denkt?

Ne, weil ich mir das leicht merken kann. Das sind Sachen wie:
"Ich mag Folter nicht"
"Ich will Vergewaltigungen im Spiel nicht".
"Bitte nicht das N-Wort" (gerade bei Settings aus entsprechenden Epochen)
"Ich lege Wert auf Immersion."
"Gewaltbeschreibungen bitte nicht zu exzessiv."

Vieles ist ja auch bereits Settingabhängig.
Wenn es um eine Runde Schatten des Dämonenfürsten geht und ich ankündige als SL, dass ich es ziemlich hart und brutal gestalten möchte, dann sind die Absprachen anders als bei Star Trek.



Offline Darius der Duellant

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Re: Warum und wie ich Sicherheitstools am Tisch benutze
« Antwort #12 am: 29.01.2024 | 15:48 »
An diejenigen, die die Absprachen bei Runde 0 machen: Schreibt ihr euch das auf, was die Spieler euch da mitteilen und legt das vor euch aus, damit ihr daran denkt?


Auslegen definitiv nicht, schon alleine weil ich nur im RL spiele und sowas nicht notwendigerweise den Rest der Gruppe was angeht. Darum auch der Hinweis darauf dass so was ggf. unter vier Augen abgeklopft wird.
Aufgeschrieben wird es dann wenn es sinnvoll ist.
Ne Allerweltsphobie kann ich mir merken, aber bei komplexeren Sachen schadet es eventuell nicht.
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Offline felixs

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Re: Warum und wie ich Sicherheitstools am Tisch benutze
« Antwort #13 am: 29.01.2024 | 15:51 »

Ich habe übrigens tatsächlich eine physische X-Card aus Holz in meiner Rollenspieltasche:


Schickes Teil  :d


Für mich besteht der Hauptvorteil davon darin, dass sie mich daran erinnert, die Gruppenabsprache "Ihr könnt bestimmte Inhalte störungsarm wegdrücken" damit explizit vor dem Spiel noch einmal anzusprechen. Sie sorgt also dafür, dass gerade Leute, mit denen ich ggfs. sonst noch nie gespielt habe, das dann auch wissen, oder Vergessliche das wieder ins Gedächtnis bekommen.

Als Erinnerung vielleicht wirklich gar nicht so schlecht. Je nach gespieltem Szenario. Könnte mich überzeugen.

Wenn es um eine Runde Schatten des Dämonenfürsten geht und ich ankündige als SL, dass ich es ziemlich hart und brutal gestalten möchte, dann sind die Absprachen anders als bei Star Trek.

Finde ich vernünftig. Ggf. muss man dann noch darüber reden, was genau "hart und brutal" bedeuten soll. Aber grundsätzlich denke ich, dass das in die richtige Richtung geht.
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Offline haste nicht gesehen

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Re: Warum und wie ich Sicherheitstools am Tisch benutze
« Antwort #14 am: 29.01.2024 | 15:58 »
Konkret benutze ich im Grunde nur die drei genannten Dinge:
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Das sind genau die drei Maßnahmen, die ich auch verwende. Abgestimmt wird alles in der Session 0. Allerdings muss ich sagen, dass ich in rund 4 Jahren, in denen ich das jetzt nutze, noch nie erlebt habe, dass die X-Card verwendet wurde. Lines & Veils waren da auch eher ein Aufhänger für die Session 0 um mal darüber zu sprechen. Der Austausch hier, war aber immer ganz gut. Ich kombiniere das dann gerne noch mit einer FSK-Einstufung als grobe Orientierung vorab.

Offline Darius der Duellant

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Re: Warum und wie ich Sicherheitstools am Tisch benutze
« Antwort #15 am: 29.01.2024 | 16:02 »
Absprachen sind halt das Stichwort.
Man muss /miteinander/ kommunizieren um ein für alle langfristig gutes Spielerlebnis zu schaffen. Wenn das nur einseitig erfolgt, sehe ich kein Potenzial den Ist-Zustand langfristig zu verbessern.

Ich hatte in einer sehr lange laufenden Runde mit einer Kernspielerschaft + mal mehr,.mal weniger lang hinzukommenden Neuspielern auch zeitweise eine abschließende Rekapitulationsrunde.
Das war grundsätzlich zwar eine nette Sache, hat aber aus Zeitgründen nicht so gut funktioniert.
Die Leute waren am Ende der Runde schlicht Müde und es hat uns wertvolle Rollenspiel-Zeit gekostet. Kann aber in einer anderen Konstellation durchaus funktionieren, glaube ich.
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Offline Weltengeist

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Re: Warum und wie ich Sicherheitstools am Tisch benutze
« Antwort #16 am: 29.01.2024 | 16:49 »
@Weltengeist
Bin da Deiner Ansicht.

Wenn meine Ansicht mal das ist, was du denkst... ;D

Ich hab überhaupt nichts dagegen, solche Mechanismen zu benennen und in einer Art "Tipps und Tricks" zu verankern. Denn Hand aufs Herz: Wir haben viele, viele Jahre gebraucht, um das selbst rauszukriegen, und einige Sachen haben wir auch nur über Schmerzen gelernt. Da wäre es sicherlich hilfreich gewesen, wenn es schon früher Tipps gegeben hätte, wie man eine Session 0 gestalten kann. Die eine oder andere Runde hätte vielleicht länger gehalten...

An diejenigen, die die Absprachen bei Runde 0 machen: Schreibt ihr euch das auf, was die Spieler euch da mitteilen und legt das vor euch aus, damit ihr daran denkt?

Ich schreibe (jedenfalls als Spielleiter) tatsächlich alles auf, was in der Session 0 besprochen wird. Vor mich hinlegen muss ich es dann allerdings nicht - so kompliziert sind die No-Gos dann erfahrungsgemäß doch nicht. Es reicht, wenn der Zettel vorne im Kampagnenordner ist und ab und zu bei der Vorbereitung ein Blick darauf fällt. Habe jedenfalls noch nicht erlebt, dass ich das No-Go eines Spielers tatsächlich vergessen hätte.
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Online Ludovico

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Re: Warum und wie ich Sicherheitstools am Tisch benutze
« Antwort #17 am: 29.01.2024 | 16:53 »
Dann teile ich halt die Ansicht Deiner Oma.  ~;D

Offline gunware

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Re: Warum und wie ich Sicherheitstools am Tisch benutze
« Antwort #18 am: 29.01.2024 | 17:05 »
Bis jetzt war das so, dass wenn ich gesagt habe, wie wir spielen, was alles nicht vorkommen wird und was alles offscreen passiert, dann gab es keine Meldungen über zusätzliche NoGo's.
Anscheinend will ich nur weichgespült spielen
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Offline Zed

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Re: Warum und wie ich Sicherheitstools am Tisch benutze
« Antwort #19 am: 29.01.2024 | 17:30 »
Wir spielen seit Mitte der 90er in derselben Gruppe. Damals hatten wir an derartiges nicht gedacht sondern drauflosgespielt. Abgebrochen oder angesprochen hat mich als SL in den Jahren gottseidank niemand, da habe ich Glück gehabt, würde ich sagen. Denn wenn ich darüber nachdenke, dann mute ich meiner Gruppe so manches zu: Dämonen, Untote oder Figuren, die sich in die Ecke gedrängen fühlen, sind bei mir nicht zimperlich. Vom Film her kommend bin ich Fan von "Show, don't tell." - und so mancher fiese Plan der Oberbösen war zugleich wirklich unappetitlich.

Gewalt, auch heftige, fasse ich fast immer entweder zusammen, oder - wenn meine Gruppe "Detektiv an einem Tatort" spielt - schildere ich ausführlicher anhand von Spuren, die sich die Gruppe dann zu einem manchmal schauderlichen Bild zusammenreimt. Aber ich habe eine Sperre in mir, Live-Gewalt detailliert zu beschreiben. Oh, stimmt nicht ganz: Außer meine Gruppe vermöbelt die Oberbösen, dann gönn ich ihr auch mal detailliert den Triumph, der Schlag auf Schlag an ihrem Gegner vollzogen wird. Hm, eigentlich bin bei Gewalt wohl doch manches Mal explizit...

Je mehr ich drüber nachdenke, desto komplizierter wird die Sache mit der Gewalt. Ich denke jetzt, ich kann eigentlich nur sagen, dass ich Gewalt nicht prinzipiell detailliert schildere.

Meine natürliche Grenze war aber immer Sexualität, die gehört für mich nicht ins RPGespielte, und es wurde auch nie von meiner Gruppe provoziert, sie auszuspielen. Wir waren Mitte der 90er auch schon jenseits der Pubertät, das machte dieses Thema wohl weniger reizvoll.

In den drei Jahrzehnten dazwischen sind mir mittlerweile doch viele Leute begegnet, deren Schwangerschaften mehrfach scheiterten oder die mit ihrer Abtreibung noch heute zu kämpfen haben oder die Missbrauch erfahren haben oder deren Ehepartner:in (zu) früh verstorben ist oder die kürzlich Familienangehörige verloren haben - und Eltern unter uns hier werden es kennen: Die meisten Eltern können Gewalt, die an an Kindern ausgeübt wird, auch nicht im Spiel oder Film (mehr) gut sehen oder hören. Da ist also schon manches Thema problematisch, das im RPG auftauchen kann.

Kurz: Davon auszugehen, dass im Spiel die Menschen mit derartigen Vorfällen automatisch klarkommen, hielte ich heute für äußerst fahrlässig und unverantwortlich. Ich sehe die Verantwortung bei mir als SL, das Risiko zu senken, dass ich Leute erst triggere, und dann dadurch das Problem mitkriege oder es erst daraufhin gesagt bekomme.

Daher: Würde ich heute mit einer neuen Gruppe anfangen, dann würde ich diese Tools unbedingt nutzen.
« Letzte Änderung: 29.01.2024 | 17:33 von Zed »

Offline Issi

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Re: Warum und wie ich Sicherheitstools am Tisch benutze
« Antwort #20 am: 29.01.2024 | 18:15 »
Ich habe, glaub ich, immer das Glück gehabt, SL zu haben, die  qualitativ hochwertig leiten können, ohne jegliche Art von "Porn" dafür zu brauchen.

Sprich: Es wurde nie pervers, verstörend* oder eklig.
( *Also nicht dieses angenehme verstörend, wie man es beim Grusel manchmal braucht. Sondern das, wo man sich fragt, ob mit dem SL vielleicht was nicht stimmt)
)

So versuche ich es auch zu halten.
Da ich selbst vermutlich das größte Weichei am Tisch bin, funktioniert das idR. auch.

Online ghoul

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Re: Warum und wie ich Sicherheitstools am Tisch benutze
« Antwort #21 am: 29.01.2024 | 18:17 »
Ich warne die Spieler bevor ich Abenteuer mit schwierigen Inhalten bringe (z.B. LotFP-Module).
Für gewöhnlich ist das allerdings nicht erforderlich, auch keine X-Card etc, da meine meisten Abenteuer recht klassisch sind: Dungeon, Fallen, Kämpfe, Verhandlungen, Schätze ...
Tactician: 96%
PESA hilft!
PESA diskutiert.

Zensur nach Duden:
Zitat
von zuständiger, besonders staatlicher Stelle vorgenommene Kontrolle, Überprüfung von Briefen, Druckwerken, Filmen o. Ä., besonders auf politische, gesetzliche, sittliche oder religiöse Konformität.

Offline JollyOrc

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Re: Warum und wie ich Sicherheitstools am Tisch benutze
« Antwort #22 am: 29.01.2024 | 19:58 »
Ich habe, glaub ich, immer das Glück gehabt, SL zu haben, die  qualitativ hochwertig leiten können, ohne jegliche Art von "Porn" dafür zu brauchen.

Sprich: Es wurde nie pervers, verstörend* oder eklig.

das ist halt das Ding: Man weiß nicht immer, was für wen jetzt "Porn" oder auf die falsche Art pervers/verstörend/eklig ist. Das hat nix mit "Weichei-sein" zu tun, sondern ist einfach persönlich unterschiedlich.

Und da ist, wenn man bewusst auch nur einen Hauch abseits des 08/15 spielen will, so ein Sicherheitswerkzeug im geistigen Werkzeugkasten IMHO nicht verkehrt.
Fürs Protokoll: Ich bitte hiermit ausdrücklich darum, mich in der Zukunft auf schlechte oder gar aggressive Rhetorik meinerseits hinzuweisen. Sollte ich das dann wider Erwarten als persönlichen Angriff werten, bitte auf diesen Beitrag hier verweisen und mir meine eigenen Worte um die Ohren hauen! :)

Klingenbrecher

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Re: Warum und wie ich Sicherheitstools am Tisch benutze
« Antwort #23 am: 29.01.2024 | 20:20 »
XCard nur auf Cons und bei Fremden.

War das nicht auch der Grundgedanke? Also Save-Space auf Cons?

Ist das ganze nicht entstanden weil auf einer Con in einem Freeleague Spiel die Spielenden sexuell genötigt wurden?
Der Typ ist doch auf Lebenszeit auf diversen Cons gesperrt/verbannt.

Offline JollyOrc

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Re: Warum und wie ich Sicherheitstools am Tisch benutze
« Antwort #24 am: 29.01.2024 | 20:27 »
XCard nur auf Cons und bei Fremden.

und bei neuen Spielen. Und ja, wenn die Gruppe und das Spiel mit seinem Ton erstmal etabliert ist, fallen viele dieser Dinge bei mir mal langsam und mal schnell weg.
Fürs Protokoll: Ich bitte hiermit ausdrücklich darum, mich in der Zukunft auf schlechte oder gar aggressive Rhetorik meinerseits hinzuweisen. Sollte ich das dann wider Erwarten als persönlichen Angriff werten, bitte auf diesen Beitrag hier verweisen und mir meine eigenen Worte um die Ohren hauen! :)