Eine Zusammenfassung des "Tales of the Old West" Schnellstarters.
Man spielt Leute im historischen Westen der USA um 1873. Keine Untoten, keine Nichtmenschen, keine Magie, nix Übernatürliches mit der Ausnahme von Glaube, der regeltechnisch hilft, einen Wurf zu wiederholen. Den Autoren ist bewusst, dass das kein einfaches Setting ist und das man nach eigenem Ermessen so viel oder wenig Klischee hineinbringen möge, und man doch zwei weiße Engländer nicht dafür Vorverurteilen solle, dass sie auch etwas über amerikanische Ureinwohner und die Sklaverei schreiben. Ein erwachsenes Spiel für Erwachsene, könnte man es zusammenfassen.
Charaktere haben 4 Attribute (Grit, Quick, Cunning, Docity) und 16 Fertigkeiten (Labor, Presence, Fightin' & Resilience für Grit; Move, Operate, Shootin' & Light-Fingered für Quick; Hawkeye, Nature, Insight und Animal Handlin' für Cunning; Performin', Makin', Doctorin' & Booklearnin' für Docity). Die "g" musste man an der Gardrobe im Austausch für ein Cowboy-Kostüm abgeben.
Gewürfelt wird wie bei YZE üblich mit (Attributwert + Fertigkeitswert) vielen W6 und eine 6 ist ein Erfolg. Extraerfolge heiße "Stunts" und erlauben es, den Erfolg auszuschmücken (3+ Erfolge geben außerdem einen Punkt Glaube). Bis zu fünf dieser Würfel sind "Trouble Dice" und fällt dort eine 1, wenn man seinen Wurf wiederholt (alle Würfel, die weder 1 und 6 zeigen), ist die Kacke am Dampfen, indem man auf eine Tabelle würfelt, die sagt, was jetzt schiefgeht. Glaube (man startet mit 4 Punkten und kann bis zu 10 ansammeln) kann genutzt werden, um 1er zu negieren. Wie üblich kann man auch erklären, anderen zu helfen, wodurch diese (von bis zu 3 Leuten) +1 auf ihren Wurf bekommen.
Im Kampf wird die Initiative durch Ziehen von Spielkarten aus einem Pokerdeck bestimmt, was an Savage Worlds erinnert, allerdings gibt es keine Joker – eine IMHO vertane Chance; aber vielleicht wollten sie auch nicht zu sehr abgucken. Danach hat jeder eine schnelle und eine langsame Aktion, ähnlich wie bei Coriolis. Lest die Details einfach selbst in den ca. 30 Seiten an Regeln nach, die zum Schnellstarter gehören.
Schaden wird wie üblich von den Attributen abgezogen, bei 0 ist man gebrochen. Ohne Grit ist man fast tot, ohne Quick völlig erschöpft, ohne Cunning unfähig klar zu denken und ohne Docity nur noch ein Häuflein Elend. Wirklich sterben kann man nur, wenn man einen tödlichen kritischen Treffer kassiert, wobei die Tabelle nicht ganz so tödlich wie die von Free League Spielen ist (Bei Bladerunner sind es glaube ich 25%). Jemand ohne Grid oder Quick kann aber auch per Ansage getötet werden, wozu ein SC aber nur fähig ist, wenn ihm ein Docity-Wurf misslingt, was auch noch ein Punkt Docity kostet.
Ich möchte auch noch kurz erwähnen, dass das eigene Reitpferd verschiedene Eigenschaften und Qualitäten hat – und verdammt teuer ist.
Die anderen dreißig Seiten des Schnellstarter beschreiben ein Abenteuer oder vielmehr ein Setting, indem ein Städtchen mit wichtigen NSCs beschrieben wird und eine Grundsituation von der ausgehend die Charaktere jetzt machen können, was immer sie wollen. Es gäbe einen Mord aufzuklären (und überhaupt erst mal zu entdecken) und ein gewissenloser Ostküstengeschäftsmann sollte vertrieben (und/oder getötet) werden, aber theoretisch könnten die SCs sich auch mit ihm verbünden.
Man bekommt zunächst einige Seiten Geschichtsunterricht, dann werden drei Szenen und ein möglicher Showdown beschrieben, die auftreten könnten. Schließlich gibt's noch Spieldaten inklusive der Beziehungen untereinander von den NSCs, die man hoffentlich versucht, auf die eigene Seite zu bringen.
Das Szenario ist dabei gleichzeitig ziemlich schwach, weil langweilig und uninspiriert naheliegend, und doch ganz nett, wie ich finde, denn die SCs sind (soweit ich das sehe) keine Superhelden oder sonst irgendwie stärker als die NSCs und brauchen Verbündete, wenn sie denn ihr Städtchen bewahren wollen.
Und sie wollen vielleicht mit den nahen Indianern zusammenarbeiten, was es auch nicht einfacher macht, da deren Ruf nicht der Beste ist und denen eigentlich auch das Schicksal der Weißen am Arsch vorbei geht. Somit ist hier eigentlich mehr Diplomatie gefordert und kluges Taktieren in einer Welt, die eher grau denn schwarz weiß ist – auch wenn der Gegner schon recht deutlich gezeichnet wird. Man könnte natürlich hier als SL auch noch mal mit weiß drübermalen und dem Geschäftsmann ein besseres Motiv als bloße Gier geben.
Als vordefinierte SCs (Charaktererschaffungsregeln bietet der Schnellstarter nicht, aber die könnte man leicht ableiten, da man leicht ausrechnen kann, wie viele Punkte junge, erwachsene oder alte Charaktere verteilen dürfen) haben wir Theodora Hinds, eine schwarze ehemalige Sklavin die nun mit Fellen handelt und mit Flynn befreundet ist; Bridget Lovelace, eine weiße Siedlerin und Ziehtocher eines Comanchen, die sich als Hired Gun durchschlägt und Tosahwi einen Freund nennt; Tosahwi Jones, ein Comanche und ehemaliger Kundschafter der Armee, der jetzt Büffeljäger ist und der beste Freund von Luis ist; der Ire Flynn Everett, ehemals Farmer und jetzt Prediger von Gottes Wort der Theodora eine Freundin nennt; der alte Mexikaner Luis Osorio, der mit Bridget befreundet ist und früher Fallensteller und Jäger war. Er reitet einen heißblütigen Mustang. Flynn besitzt ein geduldiges Muli, Tosahwi einen treuen Pinto, Bridget und Theodora je einen genügsamen Quarter.
Was halte ich nun davon? Ich finde die Pregens interessant und die leichte Anpassung der YZE (die ich ja sowieso mag) wirkt auch okay und spielbar. Ich mag es auch, wenn man normale Leute spielt, die ob ihrer Taten zu Helden werden, nicht weil sie von irgendwas oder irgendwem dazu befähigt wurden. Zudem Thematisiert das Abenteuer eigentlich sehr aktuellen Themen: Das Überwinden kultureller Grenzen und die Auswirkungen für Natur und Menschen von (gewissenlosem) Kapitalismus. Das ist dann natürlich auch ein möglicher Nachteil: Der Eskapismus ist doch sehr eingeschränkt. Bis auf die fehlenden "g" könnte das zu jeder anderen Zeit an jedem anderen Ort auch spielen.
Und forciert man als Spieler den Showdown mit Duell, der ja so typisch für einen Western wäre, wählt man eigentlich die schlechteste aller Optionen, denn die Gefahr, dabei umzukommen, ist hoch, hat doch der Gegner viel mehr Leute.
Kurzes Duell:
Darren hat Schießen 7 und Ziehen 4 und Auftreten 6.
Bridget hat Schießen 8 und Ziehen 9 und Auftreten 3.
Zunächst starrt man sich an. Darren hat 2 Erfolge beim Auftreten, Bridget nach dem Forcieren nur 1. Darren wirkt gefährlich und zu allem entschlossen. Er bekommt +1 auf Ziehen.
Beim Ziehen hat Darren 2 Erfolge und Bridget mit ihren 9W ebenfalls. Beide feuern daher gleichzeitig.
Darren schießt jedoch daneben und auch Bridget hat keinen Erfolg. Soviel zum Duell.
Die Regeln sagen in diesem Fall, der Kampf geht weiter, bis jemand tot ist oder aufgibt, aber wie genau, bleibt ungesagt. Ich vermute, es funktioniert nun normal, mit Initiativekarte ziehen und dann in Reihenfolge handeln.
Darren hat die höhere Karte und feuert erneut. Sein Manhatten Navy ist ein Single-Action-Revolver, d.h. Spannen und Schießen braucht beide Aktionen. Er hat 3 Erfolge (was ihm Glaube gibt und daher pusht er den Wurf, was aber nix bringt). Ich verstehe die Regeln so, dass ich mir die kritischen Treffer mit Erfolgen kaufen muss. Tue ich. 54 ist ein tödlicher Lungentreffer für 3 Punkte Schaden, was Bridget auf Grit 0 bringt und bricht. Sie wird in 1W6 -> 3 Tagen daran sterben. Genüsslich und mit einem fetten Grinsen legt Darren an, ihr in der nächsten Runde den Rest zu geben…