Bis zur kommerziellen Nutzung der Eisenbahn war das in England tatsächlich der Standard. Zwischen 1770 und 1830 wurde das Kanalsystem Englands auf über 6000km erweitert, oft durch dafür eigens gegründete Aktienunternehmen. Oft relativ schmale Kanäle für dünne, aber lange Transportboote, die dann aneinander gehängt von Pferden wie Eisenbahnwagons gezogen wurden. Wenn die Eisenbahn aufgrund des teureren Materials in Herstellung und Verbrauch kommerziell nur in Sonderfällen interessant ist, würde diese Methode vermutlich länger der Standard bleiben.
Ja, es ist wirklich ein spannende Episode der Geschichte moderner Infrastruktur, dass bis in die Mitte des 19 Jhd soviel Arbeit, Planung und Geld in die Kanalsysteme flossen, die das Militär und die Wirtschaft der Länder total umzukrempeln begannen - und kurz darauf die Eisenbahn kam, die den Umkrempelprozess noch einmal neu startete und viele Kanäle ihrer Berechtigung beraubte.
Eine kleine Episode dazu, die mir ein Schwedenkenner erzählte: Was für uns die Idee zum
Nord-Ostsee-Kanal, war für die Schweden der
Götakanal. Ein Gedanke beider Kanäle war, wie man durch sie wirklich von Dänemark unabhängig werden könnte, da die Kanäle Wasserstraßen schufen, die nicht länger über dänisches Hoheitsgebiet führten.
Die Schweden aber hatten noch einen weiteren Gegenspieler fest im Blick, nämlich Russland. Wie konnten sie verhindern, dass Russland den zu bauenden Götakanal für sich als militärisch nutzbar erachtete? Die russischen Militärschiffe hatten eine normierte Breite - und die Schleusen des Götakanals wurden schlicht 20cm schmaler konzipiert als entsprechende russische Kriegsschiffe.