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[Werewolf: The Dark Ages | Ironsworn] Wölfe des Meeres

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Also hat Enders die Maske fallen lassen, er ist kein netter Kumpel, sondern ein skrupelloser Geschäftemacher mit großem Profithunger. Und er lässt sich nicht auf der Nase herumtanzen, indem man ihm seine Beute vorenthält, und sei es auch nur zeitweilig. Demetrius streitet nicht mit ihm, das scheint ihm jetzt offensichtlich sinnlos, nachdem der Schaden schon angerichtet ist. Er beantwortet in gestrengem Ton Enders' Fragen nach der genauen Lage des Beuteverstecks. Ohne Verwünschungen, ohne Anschuldigungen; nur seine tiefe Stimme ist grimmiger als sonst. Die beiden Kids gucken ihn sprachlos an, in Æstrids Blick steht fassungslose Wut.
Dann ziehen die Leibwächter ab.

Geht Enders mit ihnen mit? Er wollte sich ja eigentlich nicht die Hände schmutzig machen mit der Drecksarbeit, aber andererseits, ohne seine Getreuen im Lager zu bleiben ist riskant. Vielleicht wollen die Verarschten ja umgehend Rache. Die Orakelwürfel bestätigen klar, dass er mitgeht.

Als sie allein sind, sagt Æstrid sofort, „Wie konntest Du nur?“
Demetrius hat den Seefahrer begutachtet, ob da noch was zu retten ist, aber dieser ist tatsächlich sauber enthauptet. Er schaut auf zu ihr, und sagt, „Du meinst, wegen der Lage der vergrabenen Güter?“
„Tu' nicht so scheinheilig, Schwarze Furie!“, ruft Æstrid, „Wir hätten das im Kampf mit denen austragen können, oder … oder jemand hätte sich mit Enders duelliert? … Aber einfach aufzugeben!! Das Zeug da draußen ist ein kleines Vermögen wert!“
Demetrius erhebt sich wieder, und entgegnet, „Mäßige Dich bitte. Ein solches Manöver hätte nichts eingebracht, außer noch mehr Gewalt! So und so, Enders Olevsson hätte seine Beute schon bekommen. Sein Geheimnis um das Schiffsunglück wird er auch für sich behalten! Es war nur logisch, ihn jetzt nicht weiter zu provozieren.“
„Einfach Kleinbei geben, das ist aber unehrenhaft in den Nordlanden, das tun wir hier nicht!“, faucht Æstrid.
„Wir tun das, was die Vernunft uns gebietet, o Æstrid Lindegaard. Für mich ist das Thema nunmehr beendet. Wir werden diesen armen Teufel hier begraben müssen, und zwar tief und unbemerkt.“

Hat diese Entscheidung Bedeutung für Demetrius' Ansehen? Ja, sagen die Orakelwürfel, auch wenn der Wurf knapp ist; wir ziehen ihm also einen Punkt Ruhm ab dafür, dass er dem Konflikt ausgewichen ist, und geben ihm stattdessen einen Punkt Weisheit für seine Vernunft.

„Ich brauche meinen Anteil an diesen Gütern“, murmelt Æstrid verärgert, „die hätten mich meinen Zielen schlagartig näher gebracht!“
Veleif will sie aufmuntern, „Aber wer sagt Dir denn, dass Enders jetzt alles für sich behält? Er hat doch eben gesagt, wir würden unseren Teil bekommen.“
Sie funkelt ihn an, „Da meinte er, auf die Fresse! Er will uns auf die Fresse geben, wenn er nicht gleich versucht, uns die Rübe abzuhauen, wie dem armen Trottel dort.“
Veleif sagt defensiv, „Schon gut, schon gut. Entschuldige, ich wollte Dich nicht noch mehr aufbringen! ... Aber uns um unseren Anteil zu betrügen, das würde ihn noch mehr Ansehen kosten … und er hat durch das hier bereits viel verloren ... Lügen, täuschen, und einen Wehrlosen töten. Wenn er in Värval bleiben will, wie er sagt, dann kann er nicht unbegrenzt so weitermachen.“
„Aber vielleicht hat er da auch gelogen! Er ist wahrscheinlich ein Wikinger, ihn interessiert nur Beute! Vielleicht segelt er morgen fröhlich von dannen auf irgendeinem Drachenboot, das wie zufällig hier vorbei kommt. Dann kann ihm sein Ruf in unserem Lager und auf Gotland schnuppe sein!“


Da hilft nichts, unsere Helden müssen sich nach dem genauen Hintergrund von Enders Olevsson umhören. Am besten noch, so lange er und seine Mannen weg sind. Demetrius und Æstrid haben die nötigen Fertigkeiten, sie würfeln gemeinsam Charisma+Nachforschung, und sammeln vier Erfolge dabei. Aufgrund von den vagen Einzelheiten und Anekdötchen, welche sie bei den Siedlern erfragen, setzen sie ein klares Bild zusammen …

Tags darauf sitzen sie mit Thorgrima und Eibr am Strand, weit außer Hörweite des geschäftigen Lagers.
„… Er ist ein was?!“, fragt Thorgrima befremdet, als sie den Bericht vernommen hat.
Æstrid wiederholt, „Er ist ein Schattenherrscher! Von diesem Stamm aus dem Osten! Man sagt ihnen nach, dass sie die Machthungrigsten sind in der Garou-Nation. Sie nehmen anderen Stämmen ganze Caerns weg, durch politische Tricks! Da ist ein kleines Siedlerdorf die leichteste Übung, das lassen die von einem einzigen ihrer Blutsbrüder machen! Und dies ist Enders Olevsson!“
Eibr wirft ein, „Aber was ich nicht verstehe, ist dies: Was bringt es dem Stamm der Schattenherrscher, Värval zu kontrollieren? Sie haben keine Caerns auf Gotland, denen diese Siedlung dienen könnte. Ich würde auch bezweifeln, dass sie eigene Drachenboote haben, zumindest in diesen Teilen des Baltischen Meeres.“
Demetrius sagt, „Es ist nicht gesagt, dass er die politische Kontrolle über diese Siedlung für seinen Stamm an sich reißen will. Vielleicht arbeitet auch er im Auftrage der Fenrir! Es ist nicht unerhört, die Dienste exzellenter Blutsgeschwister an andere Stämme auszuleihen! Ich selbst bin ein Beispiel dafür; ich gehöre zu den Schwarzen Furien, und forsche dennoch derzeit auf Geheiss der Fenrir-Septe der Schweigenden Wälder.“
Æstrid und Thorgrima bemühen sich eisern, dem Gelehrten keine misstrauischen Blicke zuzuwerfen, als er dies sagt. Andererseits scheint jener Verräter, vor dem die Runen gewarnt haben, die Schlange in ihrer Mitte, ja jetzt enttarnt, in Gestalt von Enders Olevsson.

„Was unternehmen wir jetzt gegen den?“, fragt Thorgrima, „Wir können nicht gestatten, dass Verschwörer versuchen, uns Värval abzujagen.“
„Du, o Thorgrima Jonsdottir, unternimmst vorerst bitte gar nichts! Du brauchst noch Tage, bis Du halbwegs genesen bist“, ermahnt Demetrius.
„Warum stellen wir ihn nicht zur Rede?“, fragt Eibr, „Er soll uns seine Geschäfte darlegen!“
Demetrius nickt, das scheint ihm ein guter Vorschlag.
„Wir schmeißen den hochkant aus der Siedlung raus, sobald er unseren Anteil rausgerückt hat!“, sagt Æstrid schmollig, „Ich kenne alle anderen Händler, jedermann hier frisst mir nur so aus der Hand! Und ich habe mächtige Freunde in Visby. Ich mache einfach ein paar Gefallen geltend. Dann drängen wir den hier im Handumdrehen aus dem Geschäft!“
„Das klingt nicht verkehrt“, sagt Thorgrima, „mit dem Nachteil jedoch, dass wir dann nicht erfahren, was er hier im Schilde führt.
Æstrid schweigt biestig. Das stimmt leider.
„Wir könnten ihn bei Nacht und Nebel in einen Sack stecken und ihn entführen!“, sagt Veleif, „Dann ist zur Abwechslung er mal der Gefangene! Seine Freiheit im Tausch gegen unsere Antworten.“
Thorgrima schüttelt den Kopf, „Zu viele Leibwachen, und auch nicht sonderlich ehrenhaft. Nein. Wir tun, was Eibr vorgeschlagen hat, und unmittelbar darauf das, was Æstrid sagt. Æstrid, Du musst Deine Verbündeten kontaktieren und dieses Unterfangen vorbereiten. Das wird Tage dauern.“
Demetrius fügt hinzu, „Wohl gesprochen. Alternativ könnten wir nur noch andere Werwölfe einschalten. Zumal Olevsson selber Kontakt zu welchen pflegt, und zwar recht Skrupellosen, vergesst das nicht! Æstrid und ich haben beide freundliche Verbindungen zur Septe der Schweigenden Wälder.“
Die Gesichter von Veleif und Thorgrima werden vorsichtig.
Sie sagt, „Und Eibr und ich haben Verbindungen zur Septe der Kriegsgesänge. Die ist näher, und es braucht nicht viel, um den Kriegseifer der Fenrir dort zu wecken!“
Alle schweigen. Das Thema ist ja immer noch ungeklärt — die drei verschiedenen Septen, für die sie arbeiten, haben möglicherweise unvereinbare Ziele und Interessen, was die entstehende Siedlung betrifft.
„Wir lassen Fenris' Auserkorene da heraus, so lange es geht“, entscheidet Thorgrima, „unmittelbar haben wir es hier nur mit einem einzelnen Ætling eines gegnerischen Stammes zu tun. Das rechtfertigt noch nicht das Erscheinen von Jørds größten Kriegern! Es wäre eine Schmach, wenn wir mit diesem Kerl nicht alleine fertig würden!“


Selben tags treffen Enders und seine Mannen wieder ein, schwer bepackt. Das meiste der Beute werden auch sie in den Wäldchen des Umlands oder im Grafangr versteckt haben, damit es den Siedlern nicht auffällt, dass sie plötzlich so viel neues Zeug haben.

Aber sind sie so nett, Wort zu halten und die SCs zu beteiligen? Ja, sagt das Orakel.

Æstrid ist ziemlich verwundert darüber.
Enders sagt grinsend, „... Wohlan, wir hatten unsere Meinungsverschiedenheiten wegen der Sache. Dennoch habt ihr die eigentliche Bergungsarbeit ja gemacht, und Thorgrima hat eine fürchterliche Verwundung dabei eingesteckt. Diese Güter sind Euer, verdienter Weise! Wenn Ihr sie eintauscht, denkt immerzu daran, dass Enders Olevsson ein Mann seines Wortes ist. Wir hatten ein Abkommen, und alle haben es eingehalten! Ich freue mich, meine Verbündeten, auf unser nächstes gemeinsames Unternehmen!“
„Ein derartiges wird es nicht geben!“, sagt Thorgrima, „Geschäfte wie die Deinen dulden wir hier nicht. Wir wissen mittlerweile mehr über Deine Machenschaften, Herr Olevsson.“

Wie reagiert der Bezichtigte denn darauf? Das Orakel Themes sagt, Seize Nature. Hm, das ist etwas rätselhaft. Aber Seize, ergreifen, das ist ja die grundlegendste Taktik der Schattenherrscher.

„Ihr könnt weder meinem Stamm noch dem Fenrir-Rudel, mit dem ich zusammenarbeite, diese Jagdgründe noch streitig machen!“, sagt Enders Olevsson grinsend, er sieht aus, als müsste er ein triumphales Lachen unterdrücken, „Wir haben hier bereits alle Fäden in der Hand! Macht keine dummen Fehler, Freunde. Ihr könnt Eurerseits immer noch viel hier erreichen, während die Siedlung gedeiht, für Eure jeweiligen Herren … als meine Verbündeten!“
Thorgrima fragt streng, „Und Du versprichst, dass kein Blut von Sterblichen mehr vergossen wird?“
„Keinerlei Blut wird sinnlos vergossen werden!“, bestätigt Olevsson sofort, mit sehr ernstem Blick.
Als sie mit dem Schattenherrscher auseinander gehen, kommt den SCs die Formulierung jedoch komisch vor, und sehr dubios.


Also schickt Æstrid Boten nach Jølonslod aus, die Nachrichten an Bord eines der Schiffe bringen sollen, die regelmäßig hoch nach Visby fahren: Sie warnt in den Schreiben ihre Händler-Freunde dort vor Geschäften mit Enders Olevsson, der ein Ränkeschmied und Meuchler ist. Auf einer so kleinen Insel wird solcherlei Warnung nicht ohne Effekt sein! Ich würfle für Æstrid Manipulation+Kontakte, ihr Hintergrund hat drei Punkte, das ist ziemlich wirkmächtig. Die Einser tilgen jedoch den Erfolg bei dem Wurf! Die Händler in Visby scheinen gerade Dringlicheres zu tun zu haben als einen einzelnen Wikinger in seinem Handelstreiben zu sabotieren, der sich ganz am anderen Ende der Insel herumtreibt!

Schade eigentlich. Na gut, da werden viele Tage vergehen, bis unsere Helden überhaupt mitbekommen können, dass Æstrids Briefe nichts gebracht haben. In der Zwischenzeit gibt es zahlreiche andere Dinge zu tun.
Die SCs müssten selbst mal nach Jølonslod reisen, um zusammen mit Hauptmann Hargeir dem Jarl dort mitzuteilen, dass sie Erfolg hatten: Der erste Begrenzungswall ist fertig gestellt, und der Handel zwischen Jølonslod und Värval kann nun beginnen. (Dabei kann man auch gleich vor Olevssons Schergen warnen.) Dies sollte der Ironsworn-Move namens Undertake a Journey sein.
Sowohl das Beenden von Olevssons krummen Geschäften als auch das Vorsprechen beim Jarl von Jølonslod sollten Meilensteine für unsere gemeinsame Queste sein, was diese mit Würfelglück bereits zum erfolgreichen Abschluss bringen könnte.
Außerdem hat Veleif fasziniert von den letzten Worten des manischen Seefahrers berichtet: Nahe des Dörfleins Nemsø im Norden von hier scheint sich ein Hjulgrav zu befinden. Veleif ist auch mit seinen Folklore-Kenntnissen schon darauf gekommen, was das ist: In der alten Eisenzeit wurden auf Gotland die Gefallenen in sogenannten Radgräbern beigesetzt. Der Schriftgelehrte Demetrius hat davon gehört, dass viele Hjulgravs auf Gotland entweiht sein sollen. Die Toten dort sind ruhelos, und dies schien ja auch das zu sein, wovon der deliriöse Seemann gesprochen hatte! Vielleicht hat sogar das Auftauchen des Aashirschs mit dieser fluchbeladenen Stätte zu tun!

Nun denn: Zwischen all diesen Ansätzen müssen unsere Helden sich entscheiden.

Vorerst aber wird Æstrid ihren Teil der Beute in ihre Handelsbeziehungen stecken, und zu Profit und neuem Einfluss umsetzen. Sie hat schwere Schuldgefühle bei dem allen, da sie sich mittlerweile sicher ist, dass es im Grunde Diebesgut ist, und Unwissende dafür abgemurkst wurden, und dem letzten von denen hat sie selbst auch ihren Dolch zwischen die Rippen gesetzt! Aber den Krempel deswegen aus Gefühlsduseligkeit zu verschenken würde einer Nordfrau dennoch nicht gut zu Gesicht stehen! Dies ist logischerweise ein Meilenstein für Æstrids persönliche
Queste (Formidabel): Handelsnetzwerk auf Gotland aufbauen, von dem die Fenrir langfristig profitieren können, bevor sie von einem Garou-Gefährten erwählt wird.
Da die Queste als Formidabel definiert ist, bringt jeder Meilenstein einen einzelnen, vollen Punkt Fortschritt. Æstrid ist demnach nun bei einem von zehn Möglichen.

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Als Thorgrima wieder gänzlich genesen ist, berät sie sich mit Hargeir über eine Fahrt zurück nach Jølonslod. Ihr Hauptmann hat darüber auch schon nachgedacht, und ist einverstanden, und er will sich natürlich wie immer gerne mit seiner holden Schildmaid vom namhaften Menschenstamm der Stænnir schmücken, jetzt, wo sie wieder einsatzbereit ist.

Also machen wir den Move Undertake a Journey, und ich definiere diese Fahrt als Gefährlich, denn sie führt durch abgelegene Gewässer, und beinhaltet das Vorsprechen vor dem gestrengen Jarl von Jølonslod. Wenn die Helden diese Fahrt abschließen, erhalten sie den Hintergrund Beziehungen, um die dann etablierten Handelsbeziehungen zu Jølonslod zu repräsentieren. (Sie könnten theoretisch statt Handel auch andere ehrenvolle Arten von Beziehungen zwischen den beiden Siedlungen anstreben, nämlich Pakte, Unterwerfung, Fehden, oder Krieg. So habe ich mir das eingangs ja zurecht gelegt. Aber narrativ machen vorerst nur Handelsbeziehungen hierbei Sinn, immerhin ist Värval explizit mit diesem Ziel vom Jarl von Jølonslod gegründet worden.)

Das nächste Handelsschiff, das nach Jølonslod hinauf fährt, besteigen also auch Hauptmann Hargeir, Thorgrima, Veleif, Æstrid, und Demetrius. Bauholz und Kalkstein ist hier verladen worden, damit die Händler am Zielort die Rohstoffe sichten können, die an dem neubezogenen Standort Värval zu haben sind.
„Mir ist gar nicht wohl dabei, tagelang fort zu sein!“, raunt Æstrid Thorgrima zu, „Während wir weg sind, kann Herr Olevsson im Lager schalten und walten, ganz wie es ihm beliebt!“


Das Schiff (simpel benannt als die Nordwärts) legt ab vom Strand bei Värvals Bucht, und beginnt ihre Fahrt bei gutem Wind. Die SCs werden kräftig mithelfen müssen.

Sie alle sind seefest, aber nur Æstrid hat auch Punkte in der Fertigkeit Seefahrt. Daher übernimmt sie den Wurf für diese erste Reiseetappe. Ich lasse sie Seefahrt gepaart mit Wahrnehmung würfeln, da sie versucht, den Überblick über sowohl die Waren an Bord als auch den Horizont zu behalten. Einen Bonus-W10 bekommt sie auch, weil wir von einer befreundeten Siedlung aufbrechen, und die Seeleute daher gut ausgerüstet und ausgeruht sind. Sie kommt auf fünf Erfolge!
Æstrid erscheint den Leuten ebenso nützlich an Bord wie sie auf den Handelskarrés zwischen den Zelten Värvals erscheint! Das soll ihr einen Punkt Weisheit einbringen.
Was macht die automatische Spielleitung daraus? Die Challenge Dice (2W10) werden gerollt, und müssen jeweils 5 übertreffen (10 minus vorher erzielte Erfolge). Ein Strong Hit! Da dies eine Gefährliche Reise ist, werden zwei von zehn möglichen Punkten Fortschritt markiert.

Das Schiff macht gute Fahrt bei großartigem Wind und Wetter, und die Reise ist für alle an Bord eine helle Freude.

Was ist denn der erreichte Waypoint? Wir probieren mal die zugehörige Ironsworn-Tabelle aus. Das Ergebnis ist Cove, die Nordwärts hat eine geschützte Bucht erreicht.



Zum späten Abend ist der Wind abgeflaut, und es bietet sich an, hier die Nacht über Rast zu machen.
Veleif ist heiß darauf, von Bord zu gehen und die felsige Bucht etwas zu erkunden.
„Er ist wie ein junger Hund!“, sagt Æstrid, als sie ihm nachschauen, wie er enthusiastisch an Land watet.
„Geh' doch mit“, sagt Thorgrima beiläufig, „Du siehst selbst so aus als wärest Du neugierig auf die Umgebung!“
Æstrid schaut sie prüfend an, dann schüttelt sie schnell den Kopf, und murmelt etwas von wegen, sie habe noch behilflich zu sein, sich um die Ladung zu kümmern …

Was sagen denn die Orakelwürfel zum nächtlichen Aufenthalt in der Bucht? Weaken Pride. Jemand fühlt sich in seiner Ehre verletzt! Ist das wer aus der Mannschaft? Ja, sagt der Wurf.

Und es ist wegen Æstrid: Ihre geballte Kompetenz bei der Organisation der heutigen Reiseetappe hat den ersten Maat Vinn ordentlich grummelig gemacht, denn viele der Aufgaben, die die junge Händlerin übernommen hat, sind die seinen. Während alle gut drauf sind beim Abendessen an Deck, spricht er schlecht über sie: Frauen sollten sich zurückhalten an Bord, wenn sie denn schon mitfahren müssten! Weiber bedeuteten doch nur Streit auf einem Schiff!
Æstrid bemerkt die schlechte Stimmung gegen sich, und würfelt Erscheinungsbild+Empathie, um dem Maat zu entlocken, was ihn eigentlich frustriert. Das gelingt auch, und kaum ist es ausgesprochen, ist die Sache nicht mehr so schlimm. Wir verpassen Æstrid noch einen Punkt Ehre.

Am nächsten Reisetag wird früh in See gestochen. Æstrid hält sich höflich etwas mehr zurück als gestern, und Demetrius macht den Wurf für die Etappe, mit vier Erfolgen bei Intelligenz+Aufmerksamkeit, er hilft bei der Navigation mit seinen Seekarten.

Trotz ordentlicher vier Erfolge sagen die Challenge Dice, dass die Etappe ein Fehlschlag ist: Obwohl es durchaus vorangeht, verschlechtert sich das Wetter saumäßig, und der Move macht keinen Fortschritt; wir müssen auf der Tabelle Pay the Price würfeln. Die Etappe ist stressig, sagt diese. Die Ironsworn-Mechaniken für Stress braucht's hier nicht, wir zwacken einfach all unseren SCs einen temporären Punkt Willenskraft ab.
Während am Nachmittag die Mannschaft verzweifelt im pladdernden Regen an den Leinen hängt, um Segel und Ladung zu sichern, und nach all den Stunden in stumpfes, verzweifeltes Ausharren verfallen ist, beginnt Thorgrima zuerst summend, und dann laut singend eins ihrer Krieger-Lieder zu intonieren. Da würfeln wir mal Erscheinungsbild+Auftritt für sie, um zu sehen, ob sie die Moral der Mannschaft wieder steigern kann (immerhin habe ich ihr die Spezialisierung ‚walkürengleich‘ gegeben). Fünf Erfolge! Die Männer arbeiten wir besessen, um ihr zu gefallen, manche lachen schon wieder, einige singen sogar mit. Das soll ihr einen Punkt Ehre einbringen.

Damit erreichen sie dennoch spät am Abend Jølonslod. Die Lichter der kleinen Stadt glänzen gülden schon von Weitem. In einer kaum erschlossenen Gegend der Insel ist Jølonslod einer der Stützpfeiler der Zivilisation, die Siedlung hat Größe drei von fünf Möglichen, und wartet entsprechend mit einigen Annehmlichkeiten auf. Thorgrima kommt aus dieser Gegend, und kann bei der Gelegenheit gleich mal das Langhaus ihres Stammes besuchen, der Stænnir.

Am nächsten Tag heißt es, gemeinsam mit Hargeir eine Audienz mit Jarl Fenbron Thorolfsson zu bekommen. Das machen wir mit Charisma+Politik, das ist wieder Æstrids Ding, und sie erreicht fünf Erfolge.
Laut der Challenge Dice ein Strong Hit! Das ist unser zweiter Waypoint, jetzt haben wir also vier Punkte Fortschritt von maximal zehn.

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Jølonslod ist ein aufregender Schauplatz, längst nicht so groß wie die Stadt bei Hoborg oder gar Visby, aber dennoch sehr lebhaft! Æstrid verwendet nebenher die Gelegenheit, zu erfragen, was ihre Briefe ausgerichtet haben mögen. Die Händler aus Visby können vermelden, dass nicht davon geredet wurde, einen Meuchler namens Olevsson zu meiden. Da sind derzeit mächtige Wikingerschiffe vor Anker, und die bedeuten für die Händler in Visby ganz eigene Gefahren und Gelegenheiten. (Immerhin wissen die Charaktere aber dadurch jetzt, dass ihr Versuch, Enders Olevsson ökonomisch auszubooten unerfolgreich war.)

Was trägt sich denn in der Hafenstadt zu, bevor die SCs im Langhaus des Jarls vorsprechen dürfen? Acquire Enemy, sagen die Orakelwürfel! Das muss jemand sein, der über ein paar Ecken mit Enders Olevsson zusammenhängt, und Æstrids Erkundigungen am Hafen mit den Seelauten aus Visby mithört.
Die Orakelwürfel sind jedoch klar: Es ist weder ein Garou, noch ein Blutsgeschwister! … Also menschliche Wikinger? Das bejaht das Orakel.

„... Ihr seid also die Siedler aus dem neuen Lager, das der Jarl gründen lassen hat?“, fragt ein bärbeißig aussehender Kerl kurz darauf Demetrius.
„Wohlan. Mein Name ist Demetrius Zeniades. Wer bist Du, Herr?“, will dieser erstmal wissen.

Wir lassen das Orakel entscheiden! Der Hauptmann dieser Wikinger ist ein Mystiker, der seinen Status verbessern möchte.

Der große Rothaarige ist ungemein sehnig und hat tiefliegende, dunkel geränderte Augen. Prunkvolle Schmuckstücke von allen möglichen Plünderfahrten bedecken ihn, sowie zahlreiche Talismane aus Tierknöchelchen.



Ingulbjörn die Luchskralle, ein neuer Widersacher


„Bei Odins Bart, Fremder! Ihr solltet meinen Namen wohl kennen! Ingulbjörn die Luchskralle bin ich! Meinen Freund und Verbündeten Enders Olevsson habt Ihr beleidigt. Einer, mit dem ich gemeinsam auf Beutefahrt gefahren bin. Seine Feinde sind auch die meinigen!“
Thorgrima würfelt erfolgreich, ob sie den NSC kennt, und tritt neben den Griechen: „Deinen Namen hab' ich wohl gehört. Du bist aus Visby. Dann wisse, dass diese Stadt die meines Stammes ist, der Stænnir! Und Du willst Dich hier, auf Jølonslods offenen Straßen, mit uns anlegen?!“
„Schweig' nur, vorlautes Weib, ich rede mit ihm hier!“
„Mir mir redest Du, Ingulbjörn Luchskralle!“, grollt Thorgrima, „Die Ehre Deines Wikingerfreundes willst Du verteidigen? Indem Du hier öffentlich Streit suchst? Dies ist kaum schicklich! Wir sind heute noch Gäste des Jarls! Willst Du uns begleiten, dass wir Dein Gebaren und das von Enders Olevsson vor ihm anklagen?“
Thorgrima hat sich in Rage geredet, sie würfelt Charisma+Einschüchtern, mit einem Bonus-Würfel für ihren Heimvorteil. Sie erzielt drei Erfolge, und er setzt nur zwei dagegen.
„Glaube nicht, dass Ihr damit durchkommt, meine Waffenbrüder zu beleidigen, Weib!“, knurrt Ingulbjörn angepisst, „Hier oder anderswo! … Das Meer ist groß, und wenn man auf ihm fährt, können Feinde von überall her kommen …! Seht besser zu, dass Ihr einen guten Ausguck habt demnächst!“, und damit wendet er sich ab und stapft mit seinen grimmigen Kriegern davon.


Die Audienz bei Jarl Fenbronn Thorolfsson vom Stamme der Hærbjar sollte der nächste Waypoint für diese Unternehmung sein. Auf Jølonslods Marktkarrés haben die Helden sich teilweise neu eingekleidet, und in ihren Herbergszimmerchen ausgiebig gewaschen. Mit einem (ebenso herausgeputzten) Hargeir marschieren sie schließlich vor den hölzernen Thronsessel des Jarl.



„Jarl Fenbronn Thorolfsson, wir grüßen Dich!“, ruft Hargeir feierlich.
„Ihr kommt von Värval her zu mir zurück, um von Eurem Erfolg zu sprechen?“, fragt dieser gelassen.
„Sehr recht! Wir haben ein Lager gefunden und aufgebaut, wie Du uns geheißen, Jarl, und wir nannten es Värval! Während wir hier sprechen, wird die erste Ummauerung fertig gestellt!“
„Das ist frohe Kunde, Hauptmann Hargeir! Du uns unsere Schilmaid habt gut daran getan. Ich habe die Rohstoffe die bisher aus Eurer Gegend eingeschifft wurden schon sichten lassen, und sie sind gut!“
Thorgrima sagt, „Lasst häufiger Eure Schiffe bei uns Halt machen, Jarl, und die Siedlung wird schneller gedeihen! Wir brauchen Waffen und Nahrungsmittel, um besser voranzukommen.“
„Es sei, bei Odin!“, verkündet der Jarl gut gelaunt, „Ich freue mich darauf, umso schneller Güter von dort hier in Empfang zu nehmen!“

Thorgrima würfelt Erscheinungsbild+Etikette in dieser Situation, um die Reiseetappe abzuschließen, und erzielt vier Erfolge.
Die beiden Challenge Dice werden gegen sechs gewürfelt, und ein Weak Hit resultiert. Das bedeutet hier zwei weitere Punkte Fortschritt für unseren Move.

Damit haben wir sechs Punkte Fortschritt erreicht und ich könnte abschließend den Move namens Reach Your Destination machen. Die Challenge Dice müssen zehn minus Fortschritt überbieten, also jeweils sechs. Als Belohnung gibt’s dann einen Gratis-Hintergrund, in Form von Handelsbeziehungen für Värval nach Jølonslod. Das ist dann der Schlüssel, um Värvals Größe auf eins zu erhöhen. Aber wenn der Wurf zu scheiße ist, wird die ganze Reise umsonst gewesen sein! Das Risiko ist mir zu groß, ich hänge also lieber noch die Rückreise als zusätzliche Etappe dran, das ist ja auch sinnig.

Erstmal gibt es aber heute noch ein üppiges Mahl mit Gesang und noch üppigerem Umtrunk im Langhaus des Jarls! Fenbronn Thorolfsson verkündet an seiner reich gedeckten Tafel triumphal von seinem Unterfangen, mit dieser weiteren Kolonie namens Värval sein Jølonslod zu unterstützen. Die Siedler haben Ton und Kalkstein gefunden, und Jølonslods Handel wird von beidem kräftig profitieren. Er lässt sich ordentlich dafür preisen, aber lobt auch Hauptmann Hargeir, die Schildmaid Thorgrima, und ihre drei Freunde. Als das Bier großzügig fließt, fordert man die Schildmaid auf, von den Abenteuern der vier zu berichten, und sie lässt sich nicht lumpen, sie hat ja einiges zu erzählen, vom Sieg über den Hælvar-Balogg, den Aashirsch, und einen verrückten Seefahrer, und Veleif und sie haben frische Narben davon vorzuzeigen. Sie erzielt zwei Erfolge dabei; einige am Hof sind von ihrer Erzählung in Bann geschlagen, einige andere bezweifeln heimlich, dass es derartige Ungeheuer im Grafangr-Wald wirklich geben solle.
Das Geschichtenerzählen bei Hofe bringt ihr jedenfalls einen Punkt Ruhm und zwei Punkte Weisheit.


Als Veleif betrunken das Langhaus verlässt, fühlt er sich erneut beobachtet, wie auch schon während des Festmahls. Er sieht sich in der Menge um.
„Vater?“, fragt er verblüfft.
Ganz in der Nähe steht eine unbewegte Gestalt, die ihn beobachtet. Sie rümpft ihre Nase, als würde sie einem unerträglichen Übelgeruch ausgesetzt sein.
Und für sie stinkt es auch in diesen Straßen!, begreift Veleif Ivarsson, denn ihre Nase ist sehr viel feiner als die eines Menschen!
„Tante Valhulda …!“, sagt er halblaut.
Sie mustert ihn, während sie näherkommt. Sie trägt die üblichen, abgerissenen Klamotten aus farblosem Stoff. Ihr langes Haar ist kohlrabenschwarz, und Ohrgehänge aus zahllosen Knöchelchen hängen von ihren Ohren. Sie wäre eine schöne Frau, wenn der Blick ihrer Augen nicht so hart und unerbittlich wäre, grausam beinahe. Dennoch beginnt sie zu lächeln.
„Ich … ich … habe schon gedacht, da ist noch jemand, drinnen im Langhaus …“, stammelt Veleif.
„Die Vættir mögen Dich segnen, Junge“, raunt sie leise, „Der Träger Vrostgrimms ist der Gast des Jarl Fenbronn! Nicht schlecht!“
Sie bringt ihr Gesicht an seins, nicht, um ihm einen familiären Kuss zu geben, sondern um ihn zu beschnuppern.
„Sichere Wege auch für Dich, Valhulda! Was tust Du denn unter Menschen?“, fragt er, respektvoll und verunsichert.
„Ich bin gelegentlich im Langhaus ... Unsereins kommt und geht wie es nötig ist, wie Du ja weißt“, ihre Stimme klingt rau, als hätte sie lange nicht gesprochen. Sie ist wahrscheinlich noch in Trauer.
„Soll ich Dir von unseren Taten berichten, Valhulda?“
„Ich habe schon das meiste drinnen mitbekommen. Gut getan, Veleif! Gut getan … mehr muss ich nicht hören … ich werde bald nach Värval kommen, und ich bringe meinen Mentor mit. … Der Ritus der Anerkennung … erwarte uns ab dem nächsten Sichelmond …“
„Verstanden!“
„Überlebe wenigstens bis dahin, Träger von Vrostgrimm!“, sagt Valhulda, mit einem Lächeln, das kurz ihre weißen Reißzähne zeigt. Dann verschwindet sie in der Menschenmenge vor dem Langhaus.


Tags darauf fahren sie nach Hause zurück, auf dem Handelsschiff Ingmar. Für diese Etappe würfelt Æstrid erneut Wahrnehmung+Seefahrt, um die Crew zu unterstützen.
Obwohl sie nur einen Erfolg erreicht, ist einer der Challenge Dice uns hold, und es ist immerhin noch ein Weak Hit. Die Etappe ist demnach einen Waypoint wert und unser Fortschritt beträgt nunmehr acht.

Sie kommen unter günstigem Wind ganz gut voran; Thorgrima und Veleif duchen konstant die Küstenlinie ab, ob sich ein schnelles Drachenboot um eine der Biegungen herum schieben könnte … Ingulbjörn die Luchskralle sah nicht so aus wie jemand, der leere Drohungen aussprechen würde. Aber der Horizont bleibt glücklicherweise leer ...

Dann mache ich wieder den Move Reach Your Destination, mit den 2W10 als Challenge Dice. Die müssen jeweils zehn minus Fortschritt überwürfeln, als bloße Zweier. Das wird dann auch ein Strong Hit!
Unsere Helden bekommen durch die Handelsreise einen Punkt im Hintergrund 'Beziehungen (Handel): Jølonslod', und obendrein einen Erfahrungspunkt.

Damit haben die SCs ziemlich viele EXP zusammen. Ich kaufe Thorgrima ihr viertes Level in Nahkampf, wodurch sie eine Spezialisierung erhält. Die definiere ich auf ‚Schild‘, was ihr Blocken noch effektiver machen wird. Demetrius erhält zwei neue Fertigkeiten, Überleben und Seefahrt, beides hat er letztlich versucht, und daraus gelernt. Veleif soll Empathie auf zwei bekommen, und Seefahrt auf eins. Æstrid erhält ein zweites Level jeweils in Bogenschießen und in Seefahrt.

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Durch die beiden Reise-Moves (Absuchen des Umlandes nach Zeichen der Landvættir, und Vorsprechen beim Jarl Fenbronn) haben die Gefährten sechs Punkte Fortschritt erreicht bei ihrer
Queste (Unannehmlich): Gewährleisten, dass das Zeltlager Värval sicher befestigt werden kann
(jede Reise hat derer drei gegeben, weil der Schwierigkeitsgrad nur als Unannehmlich definiert ist). Man könnte versuchen, sie jetzt abzuschließen! Mit richtig viel Würfelpech müssen die SCs jedoch die Queste neu beginnen, dieses Risiko schreckt mich dann doch ab. Also sollten wir noch etwas Fortschritt ansammeln.

„… Es wäre jedenfalls ein gutes Zeichen, wenn es uns gelingt, unseren Schwur gegenüber der Siedlung zu erfüllen, bevor der nächste Sichelmond kommt!“, sagt Veleif abends am Lagerfeuer am einsamen Strand zu den anderen, „Denn mit dem Sichelmond kommt auch unser Ritus der Anerkennung! Das hat meine Verwandte vorausgesagt. Das wäre doch umso besser, wenn wir nicht nur von vielen kleine Taten zu berichten hätten bei unserem Ritus, sondern auch noch von einem erfüllten Eid!“
Thorgrima fügt hinzu, „Für den Ritus der Anerkennung nicht mehr von Enders Olevssons skrupellosem Werwolf-Rudel abhängig zu sein, das ist in der Tat eine gute Wendung!“
Æstrid sagt, „Wir könnten versuchen, den Eid endgültig zu erfüllen, indem wir Herrn Olevsson endlich das Handwerk hier legen!“
Demetrius nickt, „Das wäre mir durchaus Recht. Aber Æstrid, Dein Handels-Winkelzug von Visby aus hat nicht funktioniert. Und wir waren uns einig, dass wir in dieser Sache nicht unsere Allianzen mit den Fenrir-Septen geltend machen wollen.“
„Dann müssen wir den Scheißkerl doch in einen Sack stecken und entführen!“, grinst Eibr Svensson, „Wie Veleif vorgeschlagen hat!“
„Heda, mach' Dich nicht lustig über mich!“, empört sich Veleif.
Demetrius sagt, „Ich sehe noch einen Weg: Auch ich habe Kontakte nach Visby, aber Politische, nicht Merkantile wie Æstrid. Daher sind sie wahrscheinlich schwergängiger. In Jølonslod war ich auf dem Marktplatz kurz im Gespräch mit einem Diener eines der Ratsherren aus Visby, mit denen ich bekannt bin. Auch diese Herren würden etwas dagegen haben, wie Enders Olevsson hier draußen agiert.“
Æstrid fragt, „Aber schafft ein weiterer Brief es nach Visby noch vor dem nächsten Sichelmond? Und ist dann noch genug Zeit dafür, dass diese Politiker etwas unternehmen? Unser Zeltlager ist sehr abgelegen!“

Die Orakelwürfel sagen, dass das schon fast undenkbar ist, es ist ja bald bereits Halbmond!

Demetrius hebt die Schultern, „Durch die Handelswaren, die Herr Olevsson uns übergeben hat, haben wir etwas Extra-Einfluss, denke ich … wenn man einen berittenen Kurier finden und anheuern könnte, so könnte der bestimmt noch etwas ausrichten, wenn der Preis stimmt! … Aber alles in allem gibt es Grund zur Befürchtung, dass dies nicht so einfach gelingt. Ich selber müsste eigentlich hinauf nach Visby reisen, und mit meinen Kontakten reden. Das dauert aber entsprechend länger.“

Da befragen wir mal das Würfelorakel nach einem Stichwort seitens der Spielleitung. Defend Community kommt dabei heraus! Das klingt nach einem Frontalangriff durch Enders' Werwolf-Verbündete, oder durch Ingulbjörn der Luchskralle, oder gar durch Draugr aus dem Hjulgrav! Aber ist es denn nötig, die Gemeinschaft zu schützen vor einem militärischen Angriff? Vielleicht ist dieser auch anderer Art, denn wenn Enders' Kumpane dahinterstecken, dann haben sie nichts davon, die Siedlung platt zu machen. Enders will hier ja handeln. Die Orakelwürfel legen also fest, es ist tatsächlich Ingulbjörn, aber mit dem Vorhaben, sich hier eine Weile breit zu machen und zu belustigen.

Das Drachenboot trifft am nächsten Morgen ein, und geht in Värvals Bucht vor Anker. Die Siedler begrüßen die Wikinger freudig, wie alle anderen bisherigen Seeleute auch: Alle Handelswaren, die ihren Weg hierher finden, werden dringend benötigt. Ob Händler oder Wikinger sie bringen, ist den Nordleuten meistens wumpe. Der schmuckbehangene Hüne Ingulbjörn stapft gut gelaunt durch die Zeltreihen, umringt von seinen Mannen, wirft Kennerblicke auf alles und jeden. Einige Siedler kennen ihn, andere sind umgehend überzeugt davon, dass er einer ist, der wahrlich viel zu erzählen und viel anzubieten hat. Man sieht furchtsamen Respekt in den Gesichtern.

Die SCs werden von Æstrid zusammengetrommelt und gewarnt, die hat das Eintreffen des Gegenspielers als erste mitbekommen. Sie halten sich zwischen einigen der Zelte verborgen und beobachten die Neuankömmlinge. Enders und Ingulbjörn sind sich dort gerade begegnet, und es gibt ein großes Hallo und bärige Umarmungen.
„Ich trete ihm erneut entgegen“, sagt Thorgrima leise, „und frage ihn nach seinen Geschäften hier. Wenn die mir nicht schmecken, dann fordere ich ihn auf, baldmöglichst wieder abzulegen.“
Veleif raunt, „Und wenn er Dich auslacht?“
„Dann fordere ich ihn zum Duell!“
Alle schweigen ängstlich. Thorgrima Jonsdottir ist eisenhart; seit sie genesen ist umso mehr denn je … aber kann sie einen Brocken wie Ingulbjörn bezwingen? Aber ihr dies ins Gesicht zu sagen wäre eine Schmach für beide Beteiligten.

Draußen auf dem Marktkarré hat einer der Kerle der Luchskralle sich schon lachend eine der Frauen über die Schulter geworfen. Nachdem die Wikinger sich auch schon Bier von einem der kleinen Verkaufsstände genommen haben, das sie sehr wahrscheinlich nicht bezahlen werden. Die Luchskralle selber steht nur mit schallendem Lachen daneben.
„Ingulbjörn, alter Bursche, das kann ich nicht erlauben!“, lacht Enders Olevsson lautstark, „Dies hier ist unser Lager, kein französisches Kloster, an dem Du Dich ganz natürlich geben kannst! Diese Siedler, o Luchskralle, die stehen unter meinem Schutze! Ich brauche sie ja, wir wollen hier handeln!“
Ingulbjörn sieht Enders grimmig an und schweigt. Furchtsames Schweigen macht sich auch unter den Umstehenden breit. Dann lacht er plötzlich wieder, nimmt seinem Untergebenen die Frau von der Schulter, stellt sie wieder auf ihre Füße. Knallt seinen Humpen gegen den von Enders.
„Irgendwie hat das doch was Gutes, dass der Macker hier ist!“, raunt Veleif.
Æstrid zischt, „Oh nein, ich sag' Dir, was da vorne läuft: Die spielen Mummenschanz! Das, und Dinge dieser Art, wiederholen die in den nächsten Tagen ein paarmal. Und wenn das verdammte Wikingerpack endlich wieder davon segelt, dann gilt Enders Olevsson als der große Held in dieser Siedlung! Der, 'der die Luchskralle gebändigt hat', und noch ein paar gute Händel dabei rausgeschlagen hat! Oh, nach diesem heiteren Auftritt bin ich nicht mehr diejenige der Händler, die hier hübsch fein alle Fäden in Händen hält, dann wird das Enders Olevsson sein!“
Alle sehen Æstrid an. Scheiße ja, das klingt durchaus wahrscheinlich.
„Wir müssen ihn also bei seiner Ehre packen. Um ihn zum Ablegen zu zwingen“, raunt Thorgrima, „Aber wie? Ein Duell? Ein Sauf-Wettbewerb?“
„Ein Pfannkuchen-Wettessen nicht, das gewinnt der sowieso“, sagt Eibr.
Veleif raunt heiser, „Wir wetten mit ihm, dass er es nicht schafft, auch einen Aashirsch zu töten, draußen im Grafangr!“
Thorgrima sieht ihn an, „Veleif! Das ist ja tatsächlich eine gute Idee!“
„Was soll das denn heißen?“, fragt er entrüstet.
„Nichts! Nichts. Es ist eine gute Idee. Wir warten, bis die armen Durstigen dort vorne noch ein paar Humpen geleert haben. Dann bitten wir sie um eine Erzählung. Dann erzählen wir im Gegenzug eine Ruhmesgeschichte von uns — die mit dem Aashirsch! Schließlich fordern wir die Wikinger auf, uns zu übertrumpfen und ebenfalls einen zu erlegen!“
„Und wenn der Grafangr-Wald ihnen allen der Garaus macht?“, fragt Eibr.
„Auch gut …“, knurrt Thorgrima ungnädig.


Dann mal los! Den Wurf muss wohl die Schildmaid selber machen, da würfelt sie Charisma+Etikette. Sie soll einen Bonus-Würfel bekommen, da die Siedler ja ohnehin neugierig sind auf die Geschichte vom Aashirsch, die sie bisher nur gerüchteweise kennen. Sie leert einen Humpen zusammen mit den Neuankömmlingen, fordert charmant eine Geschichte von ihnen, und sie erzählen mit stolzgeschwellter Brust von einigen ihrer jüngsten Beutezüge. Die Siedler sind hochbeeindruckt, von der Findigkeit und Ruchlosigkeit dieser Wikinger. Eine Geschichte geht in die nächste über. Thorgrima muss sich schließlich lautstark Gehör verschaffen, um auf ihre eigene Geschichte überzuleiten. Da sie den erschlagenen Aashirsch aber verbrannt hätten, weil so etwas auf Jørd nicht sein dürfe, könnten sie es nicht beweisen — aber ein derart mächtiger Wikinger wie Ingulbjörn, der könnte das! Sie fordert ihn bei seiner Ehre heraus, ihren eigenen Erfolg in den Schatten zu stellen, indem er und seine Mannen ebenfalls einen lebenden Hirsch-Kadaver im Grafangr-Wald zur Strecke brächten. Sie erreicht vier Erfolge — und Ingulbjörn setzt bei Geistesschärfe+Empathie null dagegen! Die Orakel haben ihn ursprünglich als Mystiker definiert, er ist also jemand, der Spukgeschichten nicht nur glaubt, sondern ihnen auch große Bedeutung beimisst! Nun wird er sein Jagdgeschick und seine Furchtlosigkeit unter Beweis stellen müssen, oder aber ganz Kleinbei geben, und die Värval-Bucht umgehend wieder verlassen.

Die Orakelwürfel sagen, dass der Wikinger-Hauptmann die Herausforderung annimmt!

„… Zu meinen eigenen Bedingungen natürlich!“, ruft er fröhlich, „denn wenn wir es schaffen, Thorgrima Jonsdottir, Euren Ruhm in den Schatten zu stellen, dann will ich Tribut dafür sehen! Bierfässer und Ware will ich sehen. Oder Du, Holde, begleitest uns ein halbes Jahr auf unserem Drachenboot!“
Sie lacht ihn aus, und nickt dann, einverstanden.

Demetrius nimmt Thorgrima heimlich beiseite, als die Menge sich aufgelöst hat.
„Wie konntest Du diesen Bedingungen zustimmen, o Thorgrima Jonsdottir? Diese Leute sind, obschon keine Fenrir-Blutsbrüder, fähige Krieger! Es ist nicht ausgeschlossen, dass sie tatsächlich Erfolg haben, draußen im Walde!“
„Dann gehe ich mit an Bord ihres Schiffes, und schnuppere die salzige Luft!“
„Das ist nicht akzeptabel!“
Thorgrima schaut plötzlich sehr ernst, „Demetrius … ich habe eine Zwillingsschwester, die bald ihren Aufnahmeritus in den Stamm der Fenrir abgeschlossen haben dürfte. Eine Schwester, die ohne mich nicht sein kann, weil sie allzu sehr geplagt ist von den Stimmen der Vættir und von ihren eigenen Zweifeln! Wenn sie hört, dass ich nicht mehr hier bin, wenn sie mich braucht, dann wird sie sehr schnell Mittel und Wege finden, mir auf See zu folgen. Und dann wiederholt sich das, was Enders Olevsson kürzlich veranstaltet hat, an Deck dieses Handelsbootes — nur diesmal aus besseren Gründen!“
„Das … ist tollkühn!“, murrt Demetrius.
„Ja! Willkommen in den Nordlanden, Herr Zeniades!“, grinst die Schildmaid.



Die Orakelwürfel definieren, dass die wackeren Wikinger in den Grafangr ausziehen, und sie kehren am nächsten Tag auch schließlich zurück. Erfolgreich waren sie nicht! Es scheint keinen Überfluss an untoten Hirschen zu geben. Andere Ungeheuer scheinen ihnen begegnet zu sein, aber nur als Schatten und Silhouetten im ewigen Zwielicht. Sie haben einige Schrunden von den Unwegsamkeiten der Wildnis, und wirken reichlich unausgeschlafen.

Aber gehen sie auf ihr Schiff und legen ab wie versprochen, fragen wir die Orakelwürfel …?

„Wir haben unterwegs einen besseren Auftrag erhalten!“, tönt Ingulbjörn in gespielt guter Stimmung, „Es geht die Kunde von einer Gelegenheit zu fettem Gewinn! So gerne wir Euch Landratten helfen würden mit Eurem Spuk-Wald, die See ruft uns, und neue, glänzende Beutestücke! Das hat für uns Vorrang! … Wir achten also unser Versprechen der Stænnir-Schildmaid gegenüber, und verlassen Euch jetzt!“
Viele der Siedler wirken enttäuscht, weil sie die Angelegenheit nicht so ganz durchschaut haben. Viele andere wirken erleichtert.
Im Vorbeigehen raunt Ingulbjörn noch Thorgrima zu, mit einem bösen Grinsen, „Warte nur, Holde! Jetzt ist es nicht mehr nur zwischen Euch und Enders Olevsson, jetzt ist es zwischen Dir und mir persönlich! Zähle Deine Knochen!“
„Komm' doch, Du Narr!“, knurrt sie, ebenfalls grinsend, „Mein Schild und Schwert dürsten danach!“
Aber Ingulbjörn die Luchskralle ignoriert sie, und stimmt mit seinen Mannen eins ihrer Sauflieder an, während sie zu ihrem Boot marschieren.

Das hat gut geklappt! Thorgrima hat den Plan maßgeblich durchgeführt, sie bekommt fünf Punkte Weisheit. Veleif war der Ideengeber, der kriegt zwei, die anderen beiden haben geholfen, die kriegen je einen.

Damit haben die Helden ihren eigentlichen Widersacher, Olevsson, immer noch nicht abgesägt, aber immerhin verhindert, dass er seinen Einfluss hier vergrößern kann.

Veleif baut sich mit verschränkten Armen vor Enders Olevsson auf, als dieser am Kiesstrand in der Menschentraube steht, die den Wikingern nachgewinkt hat.
„Hast Du da nicht Deine Mitfahrgelegenheit verpasst, Herr Olevsson?“
Dieser grinst den Jungen an, „Kaum! Ich gehöre auf ein anders Schiff, und das fährt dieses Jahr noch nicht wieder! Warum fragst Du das, mein Junge?“
„Es wäre vielleicht besser gewesen, wenn Du mit Deinen Freunden gefahren wärst, Herr Olevsson. He, schwimme ihnen doch noch nach, sie haben noch nicht viel Fahrt aufgenommen! Vielleicht erreichst Du sie noch!“
„Was soll denn die Spöttelei? Värval ist groß genug für uns alle, mein Guter.“
„Ich weiss, was Du hier versucht hast. Auch das war wieder eine Täuschung, wie alles, was Du tust. Du wirst in Värval noch Dein Gesicht verlieren, Herr Olevsson! Vor allen, die von unserem Blute sind!“
Veleif versucht es mit Charisma+Einschüchtern, aber er setzt nur einen Erfolg gegen zwei Willenskraft-Erfolge des Widersachers. Der lacht ihn nur an, als hätte der Bube ihm einen Witz erzählt, und lässt ihn stehen.
Æstrid tritt neben Veleif, und sagt, „Lass' ihn! Wir werden ihn schon los. Thorgrima hat ihn und seine Kerls in ihre Schranken verwiesen.“
„Mir ist nicht wohl dabei, dass der hier herumpfuscht! Und auch wegen Dir, Æstrid! Der ist immer so schleimerisch freundlich zu Dir, aber wahrscheinlich will er Dich tatsächlich ausbooten, Dich und Verngrim! Der ruht nicht eher, bis er der größte Händler in Värval ist!“
„Und was hast Du damit zu schaffen?“, fragt sie, mit provokant vorgerecktem Kinn.
„Ich will Dir helfen!“, sagt er, und sein Gesicht wird sofort wieder unsicher.
Æstrid kichert, und küsst ihn auf die Wange.

Schalter:
Daraufhin schwindet am Nachthimmel allmählich der Halbmond, und wird zur Sichel. Das Kommen von Valhulda und ihrem Mentor steht damit unmittelbar bevor, und so der Ritus der Anerkennung. Veleif Ivarsson wirkt nicht wie einer, der sich auf Verwandtenbesuch freut — er wirkt wie einer, dem eine Prüfung bevorsteht, wie als würde er Valhulda fürchten! Er kniet sich förmlich hinein in die handwerklichen Arbeiten am fast fertigen Steinwall und an den ersten Gehegen und Hütten. Thorgrima und Demetrius merken ihm an, dass er befürchtet, sein Ruf könne noch nicht ausreichen für einen erfolgreichen Ritus der Anerkennung …
Und mathematisch stimmt das sogar, denn während (durch die Fahrt nach Jølonslod) nun Æstrid und Demetrius ihre Ehre-Punkte auf vollen zehn haben, und Thorgrima schon länger Ruhm auf vollen zehn, ist Veleif in beiden Kategorien nur fast voll! Und das, obwohl er der neue Träger von Vrostgrimm ist! Einer, von dem seine Blutsverwandten viel erwarten! Wahrscheinlich, fürchtet er, werden die Fenrir sich eine schreckliche Prüfung für ihn ausdenken, bevor sie ihn zum Ritus zulassen, oder — noch viel, viel schlimmer! — ihn einfach links liegen lassen!



An diesem Abend geht der erste Sichelmond auf. Eibr Svensson kommt aufgeregt zu Veleif gelaufen, als dieser gerade an einer der großen Feuerstellen der Arbeiter sitzt. Ein Wort von dem jungen Priester reicht, damit der Junge weiß, was Eibr gesehen hat!
Sie rennen leise zum Waldrand herüber.
„Dort, da habe ich sie gesehen. Dass muss sie sein! Ein einzelnes Tier, mit reflektierenden Augen! Kein normaler Wolf oder wilde Hund würde unserem Lager so nahe kommen, und schon gar nicht allein!“
„Ja! Ich danke Dir, Eibr Svensson!“, flüstert Veleif zurück.
Sein Herz schlägt ihm bis in den Hals: Dies ist seine Blutsverwandte. Vielleicht beginnen noch heute Nacht irgendwelche Prüfungen! Oh, hätte er sich bloss bei der handwerklichen Arbeit heute nicht so verausgabt! Leise schleicht er ins dunkle Unterholz, versucht eine Bewegung in Bodennähe auszumachen.

Er gibt sich alle Mühe beim Schleichen, obwohl er weiß, dass das eigentlich sinnlos ist — einer vom wahren Blut wird ihn in jedem Fall hören, jedes noch so kleine sich biegende Zweiglein. Außerdem steht der Wind nicht sehr günstig, und das Tier bekommt wahrscheinlich auch Veleifs Geruch zugetragen.
„Die Landvættir mögen Dich segnen, o Valhulda!“, raunt Veleif angespannt.
Ein leises, vorsichtiges Knurren ertönt. Tatsächlich, eine Wolfsstimme. Eibr hatte sich nicht geirrt!
„Sei' willkommen in unserem bescheidenen Lager! Ich bin es. Du kannst Dich zeigen, die Siedler ahnen nichts!“, raunt er weiter.
Man hört ein merkwürdiges Geräusch, das Knirschen von Knochen und Sehnen, ein Knacken von Gliedern, welche Form und Funktion wechseln! Veleif hat es lange nicht gehört, ein kalter Schauder läuft ihm über den Rücken.
„Wer … da …?“, wispert eine raue Stimme.
Valhulda hat weiterhin ihre Stimme kaum benutzt in ihrer Trauerzeit.
„Ich bin's! Veleif!“, sagt er beschwichtigend, und schiebt sich zwischen ein paar Zweigen hindurch auf eine kleine Lichtung.
Ein unbekannter Mann steht im Gegenüber!



„Du bist nicht … wo ist … bist Du etwa …?“, stammelt er tonlos.
„… Nachtwald-Aufwachen!“, sagt die Gestalt, und reißt dabei ausdrucksvoll die goldbraunen Augen auf.
„Ich … verstehe nicht …“, Veleifs Hand legt sich unwillkürlich auf den Knauf seines kleinen Handbeils, das neben Vrostgrimm in seinem Tragegurt steckt, obwohl der Garou dies als Herausforderung sehen könnte. Nicht bewusst drüber nachgedacht. Zu spät!
„Wo … Æstrid Lindegaard? Ich … Besucher.“
„Gehörst Du zu ihr?! Oder zu Enders Olevsson!“, bringt Veleif misstrauisch hervor.
„Gehöre … zu Æstrid Lindegaard.“
„Oh!“, sagt Veleif verblüfft, „Dann bist Du aus ihrer Septe! Der Septe der Schweigenden Wälder …? Du bist ein Verwandter von ihr!“
„Schweigende Wälder … wahr, wahr … bring' Æstrid hierher.“
„Ja, gewiss, Garou. … Warum bist Du hier? … Wir wissen von einem anderen Fenrir-Rudel irgendwo hier in der Gegend, das sich verborgen hält … sie sind uns wahrscheinlich nicht freundlich gesonnen! Bist Du wegen denen hier?“
Der Fremde zögert, dann sagt er schließlich, „Fragen, zu viele Fragen … hole Æstrid …!“
Der schmale Sichelmond kommt zwischen den Wolken hindurch, und bringt die Augen des Mannes zum Reflektieren, wie Tieraugen. Veleif nickt, und macht, dass er davonkommt!

„… Ich dachte, es wäre meine Verwandte!“, sagt Veleif aufgeregt, als er kurz darauf zusammen mit Demetrius hinter Æstrid her läuft, zurück zu der Stelle am Waldrand, „Aber es war ein Irrtum, er gehört zu Dir! Einer Deiner Verwandten aus der Septe der Schweigenden Wälder!“
„Ich habe keine Verwandten dort!“, raunt Æstrid im Laufen.
„Aber er sagte sowas!“
„Nein, das ist einer meiner Buhler!“
„Deiner Buhler?“
„Ja, was glaubst denn Du? Die Familien haben mich hierher geschickt, damit ein Gefährte mich erwählt, um mich zu vermählen! Was sollte ich sonst hier auf Gotland!“
„Äh, aber“, stottert Veleif, aber weiß nicht weiter.
„Welcher von ihnen? Wie hat er sich vorgestellt!“
„Äh, gar nicht! Er hatte nur so eine ganz komische Grußformel … ‚Nachtwald-Aufwachen‘ oder so …“
Æstrid hält kurz mitten im Lauf an, und sieht Veleif verdutzt an. Dann joggt sie sogleich weiter.
„Der ist kein Fenrir …“
„Aber Ihr kommt doch von einer Fenrir-Septe her!“
„Ist dies die Stelle?“, fragt sie aufgeregt.
„Ja! Dort vorn, auf einer kleinen Lichtung!“, nickt Veleif.
„Ihr wartet hier! Du auch, Demetrius!“
„Wir bleiben in Rufweite“, sagt dieser fest, „Für den Fall, dass Ihr etwas benötigt!“
Æstrid verschwindet eilig im Unterholz.
„Das versteh' einer“, sagt Veleif, nimmt seinen Helm ab, und kratzt sich ratlos am Hinterkopf.

Æstrid kämpft sich aus dem Unterholz hervor, möglichst leise, und hebt den Blick. Auf einem bemoosten Stein sitzt ihr Verbündeter, in einer seltsam gekünstelten Haltung. Er zwingt sich wieder dazu, nicht einfach zu kauern, wie ein Wolf es tun würde!
„Nachtwald-Aufwachen!“
Er lächelt, eine merkwürdige Geste, denn es breitet sich ganz natürlich auf seinem Gesicht aus, nicht angelernt, nicht kontrolliert — ein menschlicher Impuls, von jemandem, der gar kein Mensch ist.
„Was machst Du hier? Du solltest doch in den Jagdgründen der Septe sein und Deine Suche fortführen!“
„… Schien richtige Zeit … zu sehen … nach Dir, Æstrid!“, sagt der Garou zögerlich.
„Wieso? Gibt es Ärger? Hier unten sind einige andere Interessen im Spiel …!“
Nachtwald-Aufwachen sieht sie verunsichert an.
Dann sagt er vorsichtig, „Mein Mond …“
„Ach so? Weil gerade Halbmond war, meinst Du? Das ist doch Dein Mondzeichen. Bist Du etwa deswegen hergekommen?“
„Ja … Berichte mir … gehen sie gut, Deine … Geschäfte?“
„Ausgezeichnet sogar! Aber hier wimmelt's von Angehörigen anderer Machtgruppen! Wegen dem Ton und Kalkstein, der hier zu haben ist, und dem bisschen zusätzlichem Einfluss, das dieser Ort verspricht! Alle möglichen Konkurrenten! Der einzige aus unserer Septe ist Demetrius Zeniades, und auch dem ist nicht so ganz zu trauen!“
„Rieche ihn … die beiden anderen … nicht weit von hier …“
„Ja, ja. Die habe ich da vorne abgestellt. Die stehen Schmiere. Die Siedler dürfen Dich nicht sehen! So ohne Schuhwerk und alles, das glaubt Dir keiner, dass Du zu Fuss als Mensch hierher gewandert bist!“
„… Schuhwerk?“
„Ja, kein Schuhwerk! Noch dazu im Grafangr-Wald! Und sieh' Dich an, Du kannst immer noch nichts gegen die spitzen Ohren und leuchtenden Augen tun! Die halten Dich ja für einen Alben, wenn die Dich sehen sollten, für einen vom Schönen Alfar-Volk!“
Nachtwald-Aufwachen legt den Kopf schief.
„Das hast Du nicht ganz verstanden, oder? Egal. Hast Du Hunger? Soll ich Dir was zu Essen bringen?“
Er lehnt ab, „Unterwegs gejagt!“
„Also dann?“
„Bleibe in der Nähe! Vielleicht kommt Gefahr. … Nachtwald-Aufwachen ist Verbündeter von Æstrid Lindegaard … Wird Hilfe sein …“
„Welcher Art Gefahr?“, fragt sie vorsichtig.
„Gefahr … Mein Mond … schien richtige Zeit, herzukommen …“
„Was ist los in der Septe der Schweigenden Wälder?“
„Du vermisst … viele haben Wunsch … Du kommst zurück!“
„Ja, kapiert. Ich versuche, Dir bis morgen olle Klamotten zu organisieren! Solltest Du wieder als Mensch erscheinen müssen! Ich nehme an, die Nacht überstehst Du ohne Probleme. Du hast ja Mittel und Wege.“

Als Æstrid aus dem Dickicht hervorkommt, folgen die beiden Männer ihr zum Lager zurück.
„Welcherlei Kunde hat er gebracht?“, fragt Demetrius im Laufen.
„Er kann sich nicht gut ausdrücken …“
„Spricht er etwa auch nur Dänisch?“, fragt Veleif bedröppelt.
„Nein, er spricht gar keine Muttersprache. Er ist ein Wolfsgeborener.“
„Das ist einer Deiner Buhler?!“, fragt Veleif befremdet, „Einer, der seinen Antrag nicht mal aussprechen kann?!“
„Was? Buhler, Quatsch. Der nicht. Aber wahrscheinlich werden ein paar von denen demnächst hier vorbeischauen. Um zu sehen, wie’s mir geht. Nachtwald-Aufwachen wollte denen wahrscheinlich nur vorauseilen.“
„Hä? Warum das?“, fragt Veleif.
„Sein Mondzeichen ist Forseti, das des Richters. Ein Halbmond. Er will wahrscheinlich, dass alles mit rechten Dingen zugeht, wenn um mich geworben wird.“
„Und er ist kein Fenrir, nicht wahr?“, fragt Demetrius, „Nachtwald-Aufwachen ist ein Gast in der Septe der Schweigenden Wälder … wie Du und ich.“
„Ja, ja. Er ist auf der Insel verloren gegangen. Abgeschnitten von seinem eigenen Rudel.“
„Hm!“, sagt Veleif, plötzlich wieder enthusiastisch, „wenn Dein Bekannter eine Weile bleibt, dann könnten wir den brauchen! Stellt Euch vor, wir bringen den, und meine Verwandte, und deren Mentor dazu, uns gegen Olevssons verbündetes Rudel zu helfen? He, Leute, oder noch besser: Wir ziehen mit denen aus, gen dem Dorfe Nemsø, und erkunden das Radgrab, das es dort angeblich geben soll!“
„Ruhmreiche Unterfangen, alle beide“, nickt Demetrius, „und leider auch gefährlich!“
„Immer eins nach dem anderen“, murmelt Æstrid.

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