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Wo entwickelt sich Hollywood hin?

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JollyOrc:
Das Problem ist ja nicht neu, und ich empfehle da sehr schwer dieses Buch https://litreactor.com/reviews/tales-from-development-hell-the-greatest-movies-never-made-by-david-hughes.html

Philipp.Baas:
Es spielen ja auch immer Äußere Interessen (Geld, Zeitdruck etc.) mit rein sowie nicht selten Egos oder das, was als persönlicher Stil gilt. Ebenso sind Fehlkalkulationen wohl oft ein Problem, was ich mir gut vorstellen kann. Ein Projekt mit mehreren hundert Beteiligten und plötzlich kosten Dinge mehr, die Leute haben schon Folgeverträge und werden an Tag X das Projekt verlassen und du bist weit hinter dem Zeitplan. Das alles drückt auf die Qualität, zwingt zum Umschreiben und Weglassen von Szenen. Zusätzlich ist Drehbücher schreiben echt nicht einfach. Autor und Regisseur haben dann unterschiedliche Vorstellungen und dann grätscht noch das Studio rein. Da passiert es schnell, dass zu viele Köche den Brei verderben.

Der 13. Krieger ist so ein Beispiel, wo es zwischen Regisseur und Autor so gekracht hat, dass das Werk darunter gelitten hat. Nicht selten knallt es ja bspw. zwischen Snyder und den Studios. Die Produzenten fürchten alle eine Geschichte wie "Heavan´s Gate" und United Artist, sodass sie in die Kreativprozesse eingreifen, was ich auch verstehen kann. Dann kommen noch die Testvorführungen und plötzlich stellt sich raus, dass das Publikum (das amerikanische vor allem) Nicht-Happy-Ends doof findet. Zack, wird unter hohem Zeitdruck nachgedreht und plötzlich gibt einiges keinen Sinn mehr. Und am Ende zählt nur, ob ein Film finanziell erfolgreich war.

Ich denke, dass wir durch die Meisterwerke, die trotz dieser vielen Interessen entstanden sind, verwöhnt sind. Wenn man sich überlegt, wie viele Leute an sowas beteiligt sind, ist es ein Wunder, dass so viele gute Filme erscheinen. Jeder, der schon einmal eine Gruppenarbeit in der Schule und Uni erlebt hat, weiß, was ich meine.

Raven Nash:
Das eigentliche Problem, das ich sehe, ist das Festklammern an Franchises. Man will grundsätzlich etwas, das sich in alle Richtungen ausschlachten lässt, nicht nur als Film/Serie. Dabei fehlt aber der (finanzielle) Mut, auch mal was Neues zu machen - man setzt auf bekannte Namen, auch wenn die dann in der konkreten Fassung absolut nichts mehr damit zu tun haben, wofür sie einst standen. Damit verdient man ja zumindest mal Geld.
Das sind dann die ganzen Remakes.

Auf der anderen Seite reitet man alles tot, solange noch irgendwie Geld rauszupressen ist. Siehe Star Wars und Marvel. Man will gar kein Geld mehr in wirkliche Qualität stecken, man erhöht einfach den Ausstoß. Irgendwas Gutes wird schon dabei sein, oder den Fans gefallen. Und wenn nicht, haben wir zumindest ein wenig Kohle gemacht.

Und dann natürlich noch das Bedienen von Fans. Nur sind die sich eben selbst nicht einig, was sie wollen. Wenn man dann noch meint, irgendwelche sozialpolitischen Ansichten vorantreiben zu müssen, anstatt einfach gute Stories zu erzählen...

Vash the stampede:

--- Zitat von: Talasha am  8.09.2024 | 10:02 ---Bei einem Bericht über James Gunns Superman las ich kürzlich, dass es mittlerweile Sitte ist mit dem Drehen an zu fangen bevor das Drehbuch fertig ist. Was zu enorm vielen NAchdrehs steigenden Kosten führt. Weiß da jemand mehr?

--- Ende Zitat ---

In der Netflix Dokumentation Filme – Das waren unsere Kinojahre (The Movies That Made Us) wird gesagt, dass Stirb langsam - Die Hard während des Drehs geschrieben wurde. Ist also nichts neues und keine Aussage über das Ergebnis oder den Entstehungsprozess.

Zugleich gibt es Aussagen darüber, dass durch StageCraft Improvisation und Änderungen fast unmöglich geworden sei, was ein fertiges Drehbuch voraussetzen würde. Was zumindest schlüssig klingt, weil die Szenerien vorher am Rechner stellt werden müssen.

Zum Thema an sich - und ja, ich habe mir das Video auch nicht angeschaut - und gehe daher nur auf die grundlegende Frage ein, wohin sich in meinen Augen Hollywood entwickelt.

Aktuell herrscht die Content Mafia vor. Es geht um Franchises und Markenrechte. Risiko wird gescheut, bei gleichzeitiger Verlustaversion. Filme, und vor allem das Marketing, ist teuer und so wird der grösstmögliche Markt bei keinstmöglichem Risiko angestrebt. Die Hoffnung auf das nächste grosse Ding ist gross, jedoch ohne den Willen danach zu suchen. Neue und oder kleine Themen sind schwierig bis unmöglich umzusetzen. Dies verhindert eine Reihe von (unabhängigen) Projekten und da durch die Konzentration auf Streaming spätere Vermarktungsoptionen entfallen bzw. reduziert sind, stellen sie ein zu grosse Gefahr in der Finanzierung dar.

Mittlere Budget gibt es fast nicht mehr, sodass Horror - wie und je - als eines der wenigen Low Budget-Produktionen bei grossem Gewinn erhalten bleibt.

Und wenn selbst Studios wie A24 anfangen, nach Gewinnoptimierung zu arbeiten, wird es echt bitter.

In den Serien haben sich Muster etabliert, die zu Langeweile führen. Plus die allgemeine Erschöpfung durch die Masse an Anbieter und zerfasertem Angebot. Inklusive den Kosten, die kaum jemand tragen kann oder will.

Und von Seiten Fandom ist ebenfalls eine grosse Enttäuschung zu spüren. Mal, weil erworbenes Wissen bedroht ist, mal, weil die eigene Sicht auf meine Marke als Allgemeingültig betrachtet wird, mal, weil die Rechteinhaber die Marke nicht verstehen oder aus rein finanzieller Sicht mit Füssen treten. Und bei letzterem wird oftmals nur rein aus Vermarktungsgründen entschieden und nicht weil eine angebliche Ideologie oder Überzeugung vertreten werden soll.

Mit anderen Worten bewegen wir uns gerade wieder zurück in der Zeit. Zurück in eine Zeit in der die Inhaber von Marken darüber entscheiden, was und wann wir schauen können. Sie wollen die Kontrolle zurück, die sich an physikalische Datenträger abgegeben haben. Durch Zerfaserung und Verknappung können Bedürfnisse beeinflusst und kontrolliert werden. Durch das Angebot Marke omnipräsent werden, bis übersättigt sind und dem nächsten ein Husarenstück gelingt, welches dann bis zur Erschöpfung verbrannt wird.

Wir erleben also einen verknappten Überfluss und eine erschöpfende kreativarme Dauerberieselung.

Doch gibt es nach wie vor, die visionären Perlen dazwischen. Die Geschichten, die neu und inspirierend sind. Oder anders, same same but different.

nobody@home:
Zwei Bestandteile der Gleichung sind sicher auch die rosarote Brille (was auch frühere Generationen von Machern schon an regelrechtem Müll produziert haben mögen, ist uns einfach im Gedächtnis nicht mehr präsent, wir erinnern uns halt gerne an unsere Favoriten) und die Tatsache, daß es heute dank Internet mit allen möglichen Angeboten und Plattformen auch für Informationen, Gerüchte, und wilde Diskussionen und Meinungsmache deutlich leichter ist, sich überallhin zu verbreiten. Wenn's in (beispielsweise) den 1970ern einen Riesenskandal in Hollywood gab, hat man davon mit etwas Glück in der Zeitung gelesen oder den Nachrichten gehört, sich seinen Teil gedacht, und ist dann wieder zum Alltag übergegangen -- heutzutage dagegen kann im Prinzip jeder Hansel zu jedem kleinen Furz eines Regisseurs oder Produzenten seinen Senf dazugeben und einschlägige Flame Wars für wenigstens ein paar Wochen am Laufen halten.

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