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Religion in Mittelerde (und auch in "Rings of Power")
Zed:
--- Zitat von: Lyonesse am 20.09.2024 | 17:27 ---Weil auch die griechischen Götter so unberechenbar waren, dass man sie besänftigen musste.
Was sonst sollte man auch gegen Missernten, Krankheiten, Seuchen, Kriege, Unwetter, etc ... machen?
--- Ende Zitat ---
Sehr guter Punkt!
Da hat Tolkien wohl "getrickst": Obwohl wir annehmen können, dass es in Mittelerde auch Stürme gibt, die Schiffe versenken, wird nach meiner Erinnerung Ulmo nie angefleht, er möge sich beruhigen. Er wird einfach nicht beschuldigt, also muss er auch nicht besänftigt werden, also hat er keine "böse Seite".
Für die meisten Katastrophen sind letztlich sowieso Hexenkönige, Spinnen, Sauron oder Morgoth Schuld.
caranfang:
--- Zitat von: Bilwiss am 20.09.2024 | 17:22 ---Nein wie alle Spiele/Medien die von Middle-earth Enterprises(früher Tolkien Enterprises) lizensiert sind, hat MERS nur die Lizenz vom Hobbit und vom Herr der Ringe.
--- Ende Zitat ---
Falsch, denn dann hätte man die Bücher der Lord of Middle-earth-Reihe nicht veröffentlichen dürfen, denn in diesen werden u.a. Charaktere aus dem Silmarillion und den Nachrichten aus Mittelerde beschrieben.
Zed:
--- Zitat von: nobody@home am 20.09.2024 | 17:28 ---Das ergibt aus meiner Sicht auch einen gewissen Sinn: Eru als der eine "richtige" Gott, dem gegenüber die Ainur eher so was wie seine Engel (samt abtrünniger Luziferfigur Melkor/Morgoth) darstellen, hält normalerweise eher Abstand von der Welt, in der seine Geschöpfe spielen, und sein berühmtester direkter Eingriff führte direkt zum Untergang von Numenor -- so jemanden verehrt man, wenn überhaupt, lieber leise und aus der Ferne, als daß man ihn ständig um Gefallen anbettelt.
--- Ende Zitat ---
Ja, Eru ist so entrückt, und die Valar sind so präsent, dass Eru quasi gar nicht beachtet wird.
Die Valar können aber Kreaturen erschaffen: Ents und Zwerge zB. Sie mögen vom Status her Engel sein, die manchmal selber raten, was Eru von ihnen will - Manwe geht dann doch immer meditieren, aber vom Machtlevel her sind sie schon Gottheiten, würde ich sagen.
Zed:
@caranfang
Bitte lasst MERS aus diesem Thread raus, das ist sicher einen eigenen Thread wert!
andymk:
Ich werfe mal eine andere und vielleicht etwas ketzerische Hypothese in den Raum: Tolkien ist (nach heutigen Maßstäben) kein besonders tiefer World Builder gewesen.
Ja, er hat eigene Sprachen und Mythologien für seine Welt entwickelt, gut für ihn. Aber der Rest - Politik, Wirtschaft, Entfernungen, Bevölkerungsdichte, und eben auch Religion - ist doch sehr schemenhaft geblieben. Warum auch nicht? Der Herr der Ringe ist eben der Vorfahre, nicht der Archetyp, moderner Fantasy-Sagen, und hat seine eigenen Vorbilder in Heldenepen, Sagen und Märchen, die alle ohne allzu konsistente Welterzählungen auskommen. Solche Geschichte schwimmen in einem Meer von angedockter Mythologie, und verwenden daraus, was sie für ihren Handlungsbogen brauchen. So verhält es sich auch bei Tolkien und seiner selbsterfundenen Hintergrundmythologie. Er hat überhaupt kein Interesse, den HdR jenseits dieser vagen Andeutungen in einer konsistenten Welterzählung zu verwurzeln. Er ist eben kein Sanderson, kein Martin, kein Rothfuss - also Autoren, bei denen die Ausgefallenheit und Konsistenz der Welt mindestens so wichtig ist wie die Story darin. Mittelerde hingegen ist konzeptionell nichts anderes als eine verfremdete, fantastische Version von Tolkiens Heimat - eine Technik bzw ein Setting, das auch schon (früh)mittelalterliche Autoren von Sagas, Eben und Ritterromanen angewendet haben.
Vielleicht macht gerade dieses Vorgehen den HdR so zeitlos.
Will sagen: Man sollte an Tolkien den Weltbauer keine allzu hohen Maßstäbe anlegen - ohne ihn damit als Autor zu entwerten. Wenn er sich für den Inhalt seiner Erzählung nicht für Aspekte wie Religion interessiert hat, dann muss man da nicht allzu viel reininterpretieren oder versuchen, aus irgendwelchen Apokryphen doch noch ein konsistentes Konzept zu erfinden. Seine Geschichte enthält Elemente seiner eigenen religiösen Überzeugungen, ist aber sicherlich keine große katholische Metapher, sondern eben eine Heldengeschichte mit Fokus auf dem Kampf einer unwahrscheinlichen Gruppe von Individuen gegen das gesichtslose Böse. Das kann man auch völlig weltlich interpretieren.
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