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[Rant] H.P. Lovecrafts Kurzgeschichten
flaschengeist:
Kürzlich bin ich in der hiesigen Stadtbibliothek auf das "Lovecraft Lesebuch" (Suhrkamp Ausgabe von 1987 - hier gibts noch Schätze ;D) gestoßen. Also habe ich es ausgeliehen, um einen Blick ins Werk des Vaters des Cthulhu-Mythos zu werfen. Ein großer Fehler wie sich leider herausgestellt hat: Dass der Stil notwendigerweise anders als in modernerer Literatur ist, war mir klar. Mit einem solch barocken, langweiligen und esoterischen Schreibstil, der wie eine schaurige Kreuzung von Grimmelshausen mit Erich von Däniken wirkt, habe ich allerdings nicht gerechnet - wahrlich gruselig :ctlu:. Nachdem ich mich jetzt durch "Celephais", "Die Katzen von Ulthar" (immerhin kommen Katzen vor - der einzige Pluspunkt), "Das Grauen von Dunwich" und "Cthulhus Ruf" gequält habe, reicht es mir endgültig.
Zum Glück hatte ich noch "Metro 2033" auf dem Schreibtisch und das bildet einen Kontrast wie er größer kaum sein könnte: Spannend von der ersten Seite an, ich kann das Buch kaum aus der Hand legen.
Irian:
Jo, der Schreibstil des alten Rassisten ist definitiv sehr speziell, war er wohl auch schon zu seiner Zeit. Entweder man mag es (wie ich) oder man mag es, beides ist reine Geschmacksfrage und der Geschmack ändert sich halt auch gesellschaftlich mit der Zeit. Wobei man natürlich auch sagen muss, dass die Geschichten und Charakterisierungen von Lovecraft jetzt nicht unglaublich komplex sind, er ist halt eher ein "Ideen" Autor, oder vielleicht eher ein "Feeling" Autor. Lovecraft lese ich zumindest mit nem sehr bestimmten Mindset und nicht, weils halt die nächste tolle Horror-Geschichte auf der Liste ist.
nobody@home:
Lovecrafts Schreibe ist definitiv auch schon im englischen Original einigermaßen eigen. Keine Ahnung, inwieweit sich dann die Suhrkamp-Übersetzung darauf noch zusätzlich ausgewirkt haben mag.
Andererseits wiederum sind natürlich viele literarische Originalvorlagen von hinreichendem Alter nicht gerade das, was der moderne Leser nach Jahrzehnten einschlägiger Popkulturverwurstung erwarten würde, wenn er doch mal ausnahmsweise dazu kommt, sie sich direkt vorzunehmen -- und unter dem Gesichtspunkt reiht sich derselbe H.P. Lovecraft schon fast nur noch einfach in den Reigen anderer berühmter Schreiberlinge der Geschichte ein. Die Zeit wird kommen, in der die Leute auch über Metro 2033 gähnen, wenn sie sich denn überhaupt erinnern, daß es dieses Machwerk jemals gegeben hat... ;)
flaschengeist:
--- Zitat von: Irian am 27.10.2024 | 11:06 ---Jo, der Schreibstil des alten Rassisten ist definitiv sehr speziell, war er wohl auch schon zu seiner Zeit. Entweder man mag es (wie ich) oder man mag es, beides ist reine Geschmacksfrage und der Geschmack ändert sich halt auch gesellschaftlich mit der Zeit. Wobei man natürlich auch sagen muss, dass die Geschichten und Charakterisierungen von Lovecraft jetzt nicht unglaublich komplex sind, er ist halt eher ein "Ideen" Autor, oder vielleicht eher ein "Feeling" Autor. Lovecraft lese ich zumindest mit nem sehr bestimmten Mindset und nicht, weils halt die nächste tolle Horror-Geschichte auf der Liste ist.
--- Ende Zitat ---
@Rassismus: Ja, das ist natürlich auch gewöhnungsbedürftig aber die Haltung "Kind seiner Zeit" hat es erträglich gemacht.
Fände schön, wenn du bissel was dazu schreibst, was du an seinen Geschichten magst. Klingt, als findest du sie zumindest inspirierend (z.B. für RPG Plots)?
--- Zitat von: nobody@home am 27.10.2024 | 12:02 ---Lovecrafts Schreibe ist definitiv auch schon im englischen Original einigermaßen eigen. Keine Ahnung, inwieweit sich dann die Suhrkamp-Übersetzung darauf noch zusätzlich ausgewirkt haben mag.
--- Ende Zitat ---
Gut zu wissen. Ist schon plausibel, dass eine 80er Suhrkamp-Übersetzung ihres dazu tut ;D. Ich hätte den Übersetzer genannt aber dieser kleine Band wurde von gleich vier Personen übersetzt.
--- Zitat von: nobody@home am 27.10.2024 | 12:02 ---Andererseits wiederum sind natürlich viele literarische Originalvorlagen von hinreichendem Alter nicht gerade das, was der moderne Leser nach Jahrzehnten einschlägiger Popkulturverwurstung erwarten würde, wenn er doch mal ausnahmsweise dazu kommt, sie sich direkt vorzunehmen -- und unter dem Gesichtspunkt reiht sich derselbe H.P. Lovecraft schon fast nur noch einfach in den Reigen anderer berühmter Schreiberlinge der Geschichte ein. Die Zeit wird kommen, in der die Leute auch über Metro 2033 gähnen, wenn sie sich denn überhaupt erinnern, daß es dieses Machwerk jemals gegeben hat... ;)
--- Ende Zitat ---
Yup, damit hast du en Detail ausbuchstabiert, was ich hiermit sagen wollte:
--- Zitat von: flaschengeist am 27.10.2024 | 10:21 ---Dass der Stil notwendigerweise anders als in modernerer Literatur ist, war mir klar.
--- Ende Zitat ---
Irian:
Zunächst Mal, mittlerweile lese ich das meiste eh nur in englisch, auch Lovecraft, die dt. Übersetzung habe ich schon lange nicht mehr angeschaut, wobei ich die aber auch nicht besonders negativ in Erinnerung habe (war damals aber auch deutlich jünger, mein Geschmack mag sich also auch einfach geändert haben was dt. Texte betrifft, nehmt das bitte nicht als Werbung für die Übersetzung, k.A. wie ich die heute finden würde).
Die Diskussion über Rassismus hatten wir schon anderswo, wo man das auch gerne vertiefen kann, ich würde aber der Theorie, dass er "Kind seiner Zeit" war, widersprechen, der war schon ziemlich hart drauf, auch für seine Zeit, soooo düster war das erste Drittel des 20. Jahrhunderts nun auch nicht. Aber, wie gesagt, dazu besser evtl. mehr im passenden Thread.
Lovecraft hat halt den Cosmic Horror groß gemacht. Also Ideen wie z.B. dass der Mensch die Wahrheit über das Universum gar nicht erfassen kann, dass Wahnsinn die einzig "sinnvolle" Antwort auf die echte Realität ist, dass die Menschheit letzten Endes völlig bedeutungslos ist, dass es Dinge gibt, die von uns soweit weg sind wie wir von Ameisen (oder mehr), dass die Menschheit quasi nur als (völlig illusionäre) Insel der "Rationalität" in einem Meer des Wahnsinns existieren kann, weil die Menschen die Augen vor jenem Meer verschließen.
Das sind so Ideen und Konzepte, die in sehr viele andere Werke eingeflossen sind - die das dann übrigens teilweise auch besser gemacht haben. Zufälliges Beispiel, weil neulich gesehen, ich halte Blindsight von Peter Watts auch für Cosmic Horror was auch mit manchen Ideen in die Richtung spielt.
Da liest sich dann Lovecraft ein wenig wie die Rückkehr zu den "Ursprüngen" von manchen Ideen, mit Schwächen in der praktischen Ausführung, klar, aber insgesamt ein doch interessanter Ausflug in diese Gedankenwelt. Er hat da auch ein interessantes Universum angedeutet (Worldbuilding war imho nie so sein Steckenpferd, er hatte er große Ideen als dass er Beziehungs-Diagramme gebastelt hätte - das machten dann seine Nachfolger eher schlecht als recht).
Ideen für RPG-Plots, ehrlich gesagt, k.A., vielleicht, vielleicht auch weniger. Die wirklich tiefen Dinge sind imho schon arg harter Tobak, da braucht man schon ne sehr spezielle Runde. Einzelne zufällige Ideen, Namen, etc., klar, kann man benutzen. Das wird ja auch viel gemacht und das findet sich ja quasi überall. Wobei ich da etwas der Purist bin, zumindest was Literatur betrifft, mit der nächsten Generation wurde ich z.B. nie so richtig warm.
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