Autor Thema: [Rant] H.P. Lovecrafts Kurzgeschichten  (Gelesen 2662 mal)

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Offline flaschengeist

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[Rant] H.P. Lovecrafts Kurzgeschichten
« am: 27.10.2024 | 10:21 »
Kürzlich bin ich in der hiesigen Stadtbibliothek auf das "Lovecraft Lesebuch" (Suhrkamp Ausgabe von 1987 - hier gibts noch Schätze ;D) gestoßen. Also habe ich es ausgeliehen, um einen Blick ins Werk des Vaters des Cthulhu-Mythos zu werfen. Ein großer Fehler wie sich leider herausgestellt hat: Dass der Stil notwendigerweise anders als in modernerer Literatur ist, war mir klar. Mit einem solch barocken, langweiligen und esoterischen Schreibstil, der wie eine schaurige Kreuzung von Grimmelshausen mit Erich von Däniken wirkt, habe ich allerdings nicht gerechnet - wahrlich gruselig  :ctlu:. Nachdem ich mich jetzt durch "Celephais", "Die Katzen von Ulthar" (immerhin kommen Katzen vor - der einzige Pluspunkt), "Das Grauen von Dunwich" und "Cthulhus Ruf" gequält habe, reicht es mir endgültig. 
Zum Glück hatte ich noch "Metro 2033" auf dem Schreibtisch und das bildet einen Kontrast wie er größer kaum sein könnte: Spannend von der ersten Seite an, ich kann das Buch kaum aus der Hand legen.
Perfektion ist nicht dann erreicht, wenn es nichts mehr hinzuzufügen gibt, sondern dann, wenn man nichts mehr weglassen kann (frei nach Antoine de Saint-Exupéry). Ein Satz, der auch für Rollenspielentwickler hilfreich ist :).
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Online Irian

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Re: [Rant] H.P. Lovecrafts Kurzgeschichten
« Antwort #1 am: 27.10.2024 | 11:06 »
Jo, der Schreibstil des alten Rassisten ist definitiv sehr speziell, war er wohl auch schon zu seiner Zeit. Entweder man mag es (wie ich) oder man mag es, beides ist reine Geschmacksfrage und der Geschmack ändert sich halt auch gesellschaftlich mit der Zeit. Wobei man natürlich auch sagen muss, dass die Geschichten und Charakterisierungen von Lovecraft jetzt nicht unglaublich komplex sind, er ist halt eher ein "Ideen" Autor, oder vielleicht eher ein "Feeling" Autor. Lovecraft lese ich zumindest mit nem sehr bestimmten Mindset und nicht, weils halt die nächste tolle Horror-Geschichte auf der Liste ist.
Hinweis: Nein, ich will dir nicht verbieten, X, Y oder Z in deinem Rollenspiel zu tun. Nein, ich habe dich keinen Rassisten genannt. Ja, du darfst X, Y oder Z auch weiterhin tun (außer es ist illegal, dann ist es aber auch nicht mein Problem). Wenn du denkst, es gibt eine einflussreiche oder auch nur mäßig große Gruppe hier im Forum oder in der dt. Szene, die dir dein Rollenspiel verbieten will, liegst du sehr wahrscheinlich falsch, insb. weil es idR keinen interessiert, was du so tust.

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Re: [Rant] H.P. Lovecrafts Kurzgeschichten
« Antwort #2 am: 27.10.2024 | 12:02 »
Lovecrafts Schreibe ist definitiv auch schon im englischen Original einigermaßen eigen. Keine Ahnung, inwieweit sich dann die Suhrkamp-Übersetzung darauf noch zusätzlich ausgewirkt haben mag.

Andererseits wiederum sind natürlich viele literarische Originalvorlagen von hinreichendem Alter nicht gerade das, was der moderne Leser nach Jahrzehnten einschlägiger Popkulturverwurstung erwarten würde, wenn er doch mal ausnahmsweise dazu kommt, sie sich direkt vorzunehmen -- und unter dem Gesichtspunkt reiht sich derselbe H.P. Lovecraft schon fast nur noch einfach in den Reigen anderer berühmter Schreiberlinge der Geschichte ein. Die Zeit wird kommen, in der die Leute auch über Metro 2033 gähnen, wenn sie sich denn überhaupt erinnern, daß es dieses Machwerk jemals gegeben hat... ;)

Offline flaschengeist

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Re: [Rant] H.P. Lovecrafts Kurzgeschichten
« Antwort #3 am: 27.10.2024 | 12:16 »
Jo, der Schreibstil des alten Rassisten ist definitiv sehr speziell, war er wohl auch schon zu seiner Zeit. Entweder man mag es (wie ich) oder man mag es, beides ist reine Geschmacksfrage und der Geschmack ändert sich halt auch gesellschaftlich mit der Zeit. Wobei man natürlich auch sagen muss, dass die Geschichten und Charakterisierungen von Lovecraft jetzt nicht unglaublich komplex sind, er ist halt eher ein "Ideen" Autor, oder vielleicht eher ein "Feeling" Autor. Lovecraft lese ich zumindest mit nem sehr bestimmten Mindset und nicht, weils halt die nächste tolle Horror-Geschichte auf der Liste ist.

@Rassismus: Ja, das ist natürlich auch gewöhnungsbedürftig aber die Haltung "Kind seiner Zeit" hat es erträglich gemacht.
Fände schön, wenn du bissel was dazu schreibst, was du an seinen Geschichten magst. Klingt, als findest du sie zumindest inspirierend (z.B. für RPG Plots)?

Lovecrafts Schreibe ist definitiv auch schon im englischen Original einigermaßen eigen. Keine Ahnung, inwieweit sich dann die Suhrkamp-Übersetzung darauf noch zusätzlich ausgewirkt haben mag.

Gut zu wissen. Ist schon plausibel, dass eine 80er Suhrkamp-Übersetzung ihres dazu tut ;D. Ich hätte den Übersetzer genannt aber dieser kleine Band wurde von gleich vier Personen übersetzt.

Andererseits wiederum sind natürlich viele literarische Originalvorlagen von hinreichendem Alter nicht gerade das, was der moderne Leser nach Jahrzehnten einschlägiger Popkulturverwurstung erwarten würde, wenn er doch mal ausnahmsweise dazu kommt, sie sich direkt vorzunehmen -- und unter dem Gesichtspunkt reiht sich derselbe H.P. Lovecraft schon fast nur noch einfach in den Reigen anderer berühmter Schreiberlinge der Geschichte ein. Die Zeit wird kommen, in der die Leute auch über Metro 2033 gähnen, wenn sie sich denn überhaupt erinnern, daß es dieses Machwerk jemals gegeben hat... ;)

Yup, damit hast du en Detail ausbuchstabiert, was ich hiermit sagen wollte:

Dass der Stil notwendigerweise anders als in modernerer Literatur ist, war mir klar.



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Re: [Rant] H.P. Lovecrafts Kurzgeschichten
« Antwort #4 am: 27.10.2024 | 13:03 »
Zunächst Mal, mittlerweile lese ich das meiste eh nur in englisch, auch Lovecraft, die dt. Übersetzung habe ich schon lange nicht mehr angeschaut, wobei ich die aber auch nicht besonders negativ in Erinnerung habe (war damals aber auch deutlich jünger, mein Geschmack mag sich also auch einfach geändert haben was dt. Texte betrifft, nehmt das bitte nicht als Werbung für die Übersetzung, k.A. wie ich die heute finden würde).

Die Diskussion über Rassismus hatten wir schon anderswo, wo man das auch gerne vertiefen kann, ich würde aber der Theorie, dass er "Kind seiner Zeit" war, widersprechen, der war schon ziemlich hart drauf, auch für seine Zeit, soooo düster war das erste Drittel des 20. Jahrhunderts nun auch nicht. Aber, wie gesagt, dazu besser evtl. mehr im passenden Thread.

Lovecraft hat halt den Cosmic Horror groß gemacht. Also Ideen wie z.B. dass der Mensch die Wahrheit über das Universum gar nicht erfassen kann, dass Wahnsinn die einzig "sinnvolle" Antwort auf die echte Realität ist, dass die Menschheit letzten Endes völlig bedeutungslos ist, dass es Dinge gibt, die von uns soweit weg sind wie wir von Ameisen (oder mehr), dass die Menschheit quasi nur als (völlig illusionäre) Insel der "Rationalität" in einem Meer des Wahnsinns existieren kann, weil die Menschen die Augen vor jenem Meer verschließen.
Das sind so Ideen und Konzepte, die in sehr viele andere Werke eingeflossen sind - die das dann übrigens teilweise auch besser gemacht haben. Zufälliges Beispiel, weil neulich gesehen, ich halte Blindsight von Peter Watts auch für Cosmic Horror was auch mit manchen Ideen in die Richtung spielt.

Da liest sich dann Lovecraft ein wenig wie die Rückkehr zu den "Ursprüngen" von manchen Ideen, mit Schwächen in der praktischen Ausführung, klar, aber insgesamt ein doch interessanter Ausflug in diese Gedankenwelt. Er hat da auch ein interessantes Universum angedeutet (Worldbuilding war imho nie so sein Steckenpferd, er hatte er große Ideen als dass er Beziehungs-Diagramme gebastelt hätte - das machten dann seine Nachfolger eher schlecht als recht).

Ideen für RPG-Plots, ehrlich gesagt, k.A., vielleicht, vielleicht auch weniger. Die wirklich tiefen Dinge sind imho schon arg harter Tobak, da braucht man schon ne sehr spezielle Runde. Einzelne zufällige Ideen, Namen, etc., klar, kann man benutzen. Das wird ja auch viel gemacht und das findet sich ja quasi überall. Wobei ich da etwas der Purist bin, zumindest was Literatur betrifft, mit der nächsten Generation wurde ich z.B. nie so richtig warm.
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Re: [Rant] H.P. Lovecrafts Kurzgeschichten
« Antwort #5 am: 27.10.2024 | 18:46 »
@Irian

Danke für deine ausführlichen Erläuterungen  :d. Und was das Thema Rassismus angeht, deutet der verlinkte Thread darauf hin, dass meine Einschätzung voreilig war - scheint ja ein ganz schönes Faß zu sein.
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Re: [Rant] H.P. Lovecrafts Kurzgeschichten
« Antwort #6 am: 27.10.2024 | 19:12 »
@flaschengeist
Ich fand Lovecraft in Teilen etwas langatmig bei der Szenenbeschreibung. Aber seine Geschichten haben mich dennoch gepackt. Gerade Schatten über Innsmouth, Berge des Wahnsinns und Die Farbe aus dem All fand ich super.
Aber ich verstehe, dass nicht jeder mit ihm zurechtkommt und ihn mag.

Mir geht es zum Beispiel mit Gluchowski so. Ich hab mich durch Metro 2033 gequält. Mir war das auch viel zu langatmig und vieles auch zu banal
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und Spannung kam bei mir auch nicht so richtig auf.

Aber kann auch sein, dass ich mit osteuropäischen Autoren generell nicht klarkomme.
Sapkowskis The Witcher hab ich auch angefangen und aufgegeben.

Offline Niniane

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Re: [Rant] H.P. Lovecrafts Kurzgeschichten
« Antwort #7 am: 27.10.2024 | 19:22 »
Die Kurzgeschichten fand ich tatsächlich gar nicht sooo schlimm, vielleicht, weil er da seinen aussschweifenden Schreibstil nicht ganz so auswalzt. "The Outsider" finde ich nach wie vor von der Idee her ziemlich gut.

Aber ich habe mir ja dieses Jahr "An den Bergen des Wahnsinns", oder, wie ich es auch gerne nenne "At the mountains of boredom", angetan. Ich meine, ich kannte den Plottwist schon (ich habe "The Narrative of Arthur Gordon Pym", das HPL da ja zitiert, schon gelesen), aber trotzdem. Es war eine einzige Quälerei, ich glaube, "Architektur heute" ist spannender, und "show, don't tell" war in dem Buch anscheinend aus. Gruselig ist anders. Ganz anders.
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Offline flaschengeist

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Re: [Rant] H.P. Lovecrafts Kurzgeschichten
« Antwort #8 am: 27.10.2024 | 22:40 »
Gerade Schatten über Innsmouth, Berge des Wahnsinns und Die Farbe aus dem All fand ich super.

Von denen ist leider keine im Lovecraft Lesebuch von Suhrkamp, sonst hätte ich einer von denen noch eine Chance gegeben.

Sapkowskis The Witcher hab ich auch angefangen und aufgegeben.

Das Buch musste ich auch zur Seite legen, obwohl ich mich echt hart angestrengt habe.

Aber ich habe mir ja dieses Jahr "An den Bergen des Wahnsinns", oder, wie ich es auch gerne nenne "At the mountains of boredom" angetan [...]

Der Spruch hat mir gefallen  ~;D.
« Letzte Änderung: 27.10.2024 | 22:42 von flaschengeist »
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Re: [Rant] H.P. Lovecrafts Kurzgeschichten
« Antwort #9 am: 27.10.2024 | 22:49 »
Das ist ja immer irgendwie eine Geschmacksfrage ... viele Leute lieben Terry Pratchett ... ich liebe den Humor auch ... aber mit seiner Schreibe bin ich nie zurechtgekommen.

Lovecrafts Schreibe hingegen, hat mich fast immer gepackt. Natürlich nicht immer und jedes kleine Stück ... aber wenn ich so Sachen wie "Berge des Wahnsinns" lese (oder das Hörbuch höre, gelesen von David Nathan) ... dann bin ich gleich in einer völlig anderen Welt. Seine Schreibe ist natürlich hart altbacken ... und ich glaube schon zu seiner Zeit gewöhnungsbedürftig gewesen ... aber ich finds stark.
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Re: [Rant] H.P. Lovecrafts Kurzgeschichten
« Antwort #10 am: 27.10.2024 | 22:52 »
Ich finde Lovecraft tatsächlich besser auf deutsch als auf englisch...
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Re: [Rant] H.P. Lovecrafts Kurzgeschichten
« Antwort #11 am: 27.10.2024 | 22:58 »
Nur kurz eingeworfen: es gibt einen akzeptabel bepreistern Sammelband von TOR/Fischer, bei dem ich die Übersetzung als recht brauchbar empfinde - zumindest in digitaler Form.

Link: Lovecraft - Das erzählerische Gesamtwerk

Aus der Erinnerung: "Die Musik des Erich Zann" kann ich auch empfehlen.
Grundsätzlich kann ich den Eindruck aber schon nachvollziehen - gerade bei den längeren Werken empfand ich das Erzähltempo schon als arg gemächlich, daher ist der Leseversuch auch bei ungefähr der Hälfte obigen Buches stecken geblieben).

Randnotiz: ich mochte Metro 2033 (die beiden Nachfolger dann weniger) und zumindest die erste Hälfte der Hexer-Saga, und auch eine Reihe von Lukianenko-Büchern gelesen - so stark vor sich hin mäandert wie die letzten beiden Bücher der Hexer-Saga war der Großteil m.E. nicht, aber es gab schon eine Tendenz zum Einstreuen persönlicher philosophischer Überlegungen und nicht alle davon waren wirklich bahnbrechend.

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Offline JAW6

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Re: [Rant] H.P. Lovecrafts Kurzgeschichten
« Antwort #12 am: 27.10.2024 | 22:58 »
Ich empfehle mal vom festa Verlag den ersten Band von lovecrafts Geschichten zum cthulhu Mythos für schmale 13,95€. Da kann man nochmal anhand einer wirklich gut zu lesenden Übersetzung rausfinden, ob solche Geschichten den eigenen Geschmack treffen oder nicht.

Online ghoul

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Re: [Rant] H.P. Lovecrafts Kurzgeschichten
« Antwort #13 am: 27.10.2024 | 23:12 »
Suhrkamp finde ich nicht so gut. In "Der Ruf des Cthulhu" fehlen sogar Passagen!  :'(
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Zitat
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Re: [Rant] H.P. Lovecrafts Kurzgeschichten
« Antwort #14 am: 27.10.2024 | 23:21 »
Yup, damit hast du en Detail ausbuchstabiert, was ich hiermit sagen wollte:

Mmm, nicht ganz. Es geht nicht einfach nur darum, daß der Stil ein anderer war; ich hatte eher in die Richtung des Unterschieds zwischen dem ursprünglichen Original und den x-fachen Kopien und Weiterverarbeitungen seither gezielt, den man bei vielen hinreichend alten und populären Stoffen findet. Und dabei schneidet das Original gerade deshalb, weil es nach all der Zeit immer noch das Original ist, nicht immer und für jeden unbedingt besser ab -- wenn das so einfach wäre, bräuchten wir hier im Tanelorn ja auch keine Editierfunktion... ;D

Offline flaschengeist

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Re: [Rant] H.P. Lovecrafts Kurzgeschichten
« Antwort #15 am: 28.10.2024 | 21:42 »
Danke Schneeland, JAW6 und Ghoul für die Empfehlungen bzw. Info.

Mmm, nicht ganz. Es geht nicht einfach nur darum, daß der Stil ein anderer war; ich hatte eher in die Richtung des Unterschieds zwischen dem ursprünglichen Original und den x-fachen Kopien und Weiterverarbeitungen seither gezielt, den man bei vielen hinreichend alten und populären Stoffen findet. Und dabei schneidet das Original gerade deshalb, weil es nach all der Zeit immer noch das Original ist, nicht immer und für jeden unbedingt besser ab -- wenn das so einfach wäre, bräuchten wir hier im Tanelorn ja auch keine Editierfunktion... ;D

Willst du sagen, dass Lovecraft gerade deswegen besonders schlecht gealtert sein könnte, weil "sein" Genre ein populäres geworden ist? Also, dass frühe Autoren von später erfolgreichen Genres schlechter altern als frühe Autoren weniger erfolgreicher Genres (weil nach letzteren halt wenig kommt und damit auch wenig besseres)?
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Offline Kurna

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Re: [Rant] H.P. Lovecrafts Kurzgeschichten
« Antwort #16 am: 28.10.2024 | 22:06 »
Danke Schneeland, JAW6 und Ghoul für die Empfehlungen bzw. Info.

Willst du sagen, dass Lovecraft gerade deswegen besonders schlecht gealtert sein könnte, weil "sein" Genre ein populäres geworden ist? Also, dass frühe Autoren von später erfolgreichen Genres schlechter altern als frühe Autoren weniger erfolgreicher Genres (weil nach letzteren halt wenig kommt und damit auch wenig besseres)?

Es geht vielleicht nicht einmal darum, ob das Nachfolgende besser ist, sondern das Thema oder der Stil abgedroschen wirkt.
Es gibt z.B. viele Menschen, die heutzutage zum ersten Mal Matrix schauen und dann sagen "Boah, schon wieder Bullet Time, so langweilig", weil ihnen nicht klar ist, dass sie durch Matrix überhaupt erst populär geworden ist. Und selbst bei Leuten, die es wissen, ist der Effekt nicht mehr so stark wie damals, als der Film rauskam.
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Re: [Rant] H.P. Lovecrafts Kurzgeschichten
« Antwort #17 am: 29.10.2024 | 18:50 »
Es geht vielleicht nicht einmal darum, ob das Nachfolgende besser ist, sondern das Thema oder der Stil abgedroschen wirkt.
Es gibt z.B. viele Menschen, die heutzutage zum ersten Mal Matrix schauen und dann sagen "Boah, schon wieder Bullet Time, so langweilig", weil ihnen nicht klar ist, dass sie durch Matrix überhaupt erst populär geworden ist. Und selbst bei Leuten, die es wissen, ist der Effekt nicht mehr so stark wie damals, als der Film rauskam.

Schöne Erläuterung :). Bei Lovecraft dürfte das aber nicht mein Problem gewesen sein, ich bin nämlich eher ein Horror-Abstinenzler.
Im Fall von Matrix ist es übrigens bei mir so, dass ich den Film nach wie vor feiere (habe ihn erst vor einem halbem Jahr erneut gesehen) und Bullet Time generell in Filmen mag.
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Offline Megavolt

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Re: [Rant] H.P. Lovecrafts Kurzgeschichten
« Antwort #18 am: 29.10.2024 | 19:51 »
Mit einem solch barocken, langweiligen und esoterischen Schreibstil, der wie eine schaurige Kreuzung von Grimmelshausen mit Erich von Däniken wirkt, habe ich allerdings nicht gerechnet - wahrlich gruselig

Wo ich mir dann endgültig dachte: "Fuck off, Lovecraft", das war die Doppelseite in Berge des Wahnsinns, die er ganz offensichtlich aus einem biologischen Lexikon abgeschrieben hat. Auch das sicherlich als Kind seiner Zeit, das hat der Karl May mit seinen Landschaftsbeschreibungen auch gemacht, aber das muss man sich einfach nicht geben.

Der Lovecraft hat immer exakt eine einzige halbseidene Idee, und die walzt er dann endlos aus. Sperrigstes Foreshadowing, staubtrocken. Kein Twist. Einfach grade drauf zu und glatt raus damit. Eine Alien-Stadt im ewigen Eis beispielsweise, eine irgendwie schon brauchbare Idee eigentlich, aber wenn man fundamental nicht in der Lage ist, das in irgendeine Art von lesenswerter Geschichte zu verpacken, dann soll man es halt bleiben lassen. Der Lovecraft kann nicht plotten, er kann kein Pacing, er kann keine Twists, er kann keine Dialoge schreiben, er kann gar nix.

Und es gibt so wiederkehrende Sachen, die einfach haarsträubend sind. Auch wenn man ein schrulliges Wort wirklich sehr, sehr gerne mag ("zyklopäisch", o.ä.), darf man es nicht einfach nonstop verwenden. Das wirkt einfach mega beknackt.
Oder: Wenn man immer sinngemäß schreibt: "Und im Schrank sah er etwas SO SCHRECKLICHES, dass sein GEHIRN IMPLODIERTE." - was soll das denn bitte sein? Echt mal jetzt, was auf der ganzen weiten Welt und jenseits davon ist denn so so so schrecklich?
Der Lovecraft hat selber keine Ahnung. Ein- zwei Mal gehe ich das mit, danach ist mir das als erzählerischer Kniff zu blöd, sorry. Was um Himmels Willen hat er denn nun gesehen? Einen W21? Einen Prototypen von DSA6?

Beides würden wir und unsere Gehirne hier locker aushalten. Dem Lovecraft fehlen einfach zu viele Eigenschaften, die man als Schriftsteller gut gebrauchen kann.
« Letzte Änderung: 30.10.2024 | 17:23 von Megavolt »

Offline Smoothie

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Re: [Rant] H.P. Lovecrafts Kurzgeschichten
« Antwort #19 am: 29.10.2024 | 19:54 »
wer braucht Eigenschaften, wenn er Adjektive hat?
Inzwischen bin ich geneigt zu glauben, dass an der DnD Satanic Panic in den 80ern was dran war. Allein, es waren nicht die Inhalte. Es waren die Regeln, die aus der Hölle kommen...

Offline Megavolt

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Re: [Rant] H.P. Lovecrafts Kurzgeschichten
« Antwort #20 am: 29.10.2024 | 20:08 »
Lovecrafts Schreibe hingegen, hat mich fast immer gepackt. Natürlich nicht immer und jedes kleine Stück ... aber wenn ich so Sachen wie "Berge des Wahnsinns" lese (oder das Hörbuch höre, gelesen von David Nathan) ... dann bin ich gleich in einer völlig anderen Welt. Seine Schreibe ist natürlich hart altbacken ... und ich glaube schon zu seiner Zeit gewöhnungsbedürftig gewesen ... aber ich finds stark.

Ich kann aber widerum absolut verstehen, wenn diese Fremdheit ihren Reiz hat. Also no offense please.

Ich hatte mir nur so oft Mühe gegeben, dem Lovvy eine Chance zu geben und bin zu oft zu hart enttäuscht worden.  ~;D Lass dir deine Freude daran von mir nicht vermiesen.

wer braucht Eigenschaften, wenn er Adjektive hat?

Nice!  ~;D
« Letzte Änderung: 29.10.2024 | 20:11 von Megavolt »

Offline Kurna

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Re: [Rant] H.P. Lovecrafts Kurzgeschichten
« Antwort #21 am: 29.10.2024 | 20:34 »
wer braucht Eigenschaften, wenn er Adjektive hat?

Bezieht sich das auf Lovecraft oder Midgard 6?  ~;D

(Kleiner Insider für die, die die Diskussion um die neue Midgard-Edition verfolgen. :) )
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Offline tartex

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Re: [Rant] H.P. Lovecrafts Kurzgeschichten
« Antwort #22 am: 29.10.2024 | 22:08 »
Mit einem solch barocken, langweiligen und esoterischen Schreibstil

Ging mir mit 16 auch so. Seitdem ich mit 23 Jahren nochmals reingeschaut habe, bin ich aber großer Fan. Ich habe dann auch nicht versucht das als Konkurrenz zu nahegehenden Horror zu sehen, sondern gerade das Distanzierte spiegelt meine Wahrnehmung der echten Welt außerhalb medialer Konsumation dar.
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Re: [Rant] H.P. Lovecrafts Kurzgeschichten
« Antwort #23 am: 29.10.2024 | 22:34 »
Ich fand den altertümlich anmutenden Stil von Lovecraft immer sehr passend zum Inhalt seiner Geschichten. Als Teenager bin ich an dem Englischen Original oft verzweifelt, da er Wörter benutzte, die es für mich (noch) nicht gab (und teilweise immer noch nicht gibt). Das Niveau des Originals wurde in meinem interessierten Freundeskreis durchaus anerkannt.

Ich lese Lovecraft auch heute noch sehr gerne. Es ist gerade sein Stil, der mich noch fasziniert. Der Grund hierfür ist, dass er wie jemand schreibt, dem als Literaturgattung nichts mehr zuwider wäre als das Horrorgenre - und dennoch ist er mittendrin.

Offline tartex

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Re: [Rant] H.P. Lovecrafts Kurzgeschichten
« Antwort #24 am: 30.10.2024 | 08:54 »
Also habe ich es ausgeliehen, um einen Blick ins Werk des Vaters des Cthulhu-Mythos zu werfen. Ein großer Fehler wie sich leider herausgestellt hat

Das Mindset finde ich faszinierend, in dem Erkenntnisgewinn sich als Fehler herausstellt. Im schlimmsten Fall kannst jetzt deinen eignen Eindruck zu einem Autor wiedergeben, der eindeutig Kanon ist und den man daher auf jeden Fall mal gelesen haben sollte. Die ikonischen Geschichten verlangen jetzt ja auch nicht stundenlanges Knacken. Und nebenbei hast du noch einen Stil kennengelernt, der für dich nichts ist und kannst dich literarisch besser positionieren.
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